Alex Diehl am 11. März 2014 in Berlin
Ein Bericht mit Interview von Antje Brandt mit Fotos von Jens Lorenz

Das Showcase im Berliner Hard Rock Café war Teil einer Promotion-Tour, die Alex Diehl mit seiner Band durch einige ausgewählte Städte Deutschlands führte, um seine neue CD "Ein Leben lang" vorzustellen. In München, Berlin, Hamburg und Köln machte er dabei Station. Die ausgekoppelte Debüt-Single "Robin Hood" ist bereits seit Anfang März auf dem Markt und diese konnte zumindest mich überzeugen. Als wir nach dem Interview vor die kleine Bühne zurückkehrten, wollte ich meinen Augen kaum trauen. Tatsächlich hatte man mittlerweile Mühe sich seinen Weg durch die Gäste zu bahnen. Glücklicherweise hatten wir bereits im Vorfeld unsere Plätze "reserviert", denn jetzt noch einen freien Stuhl zu finden war ein schier aussichtsloses Unternehmen. Ich wage mal zu behaupten, dass das nichts mit den Freigetränken und dem Fingerfood zu tun hatte, welches zum Showcase gereicht wurde. Es dauerte dann auch nicht mehr lange, bis die erst zaghaften, dann aber immer bestimmteren Rufe zu hören waren: "Wir wollen den Alex sehen".
Ganz so unbekannt wie im Vorfeld gedacht, war dann Alex Diehl wohl doch nicht mehr. Dieser ließ sich dann auch nicht mehr lange bitten und kurz nach 21:30 Uhr betrat er begleitet von einem Bassisten, einem Keyboarder und einem Schlagzeuger die Bühne. Angekündigt als unplugged-Session waren die Percussions natürlich minimalistisch bestückt, der Bass war dennoch ein E-Bass. Alex selbst spielte ausschließlich auf Akustik-Gitarren.
Nun ist es ja nicht immer ganz einfach, in relativ kleinen Räumen einen optimalen Mix am FOH (vor der Bühne) zu finden. Am Anfang konnte man den Text von "So fangen Legenden an" auch wirklich kaum verstehen, da der Monitor von Alex viel zu laut war. Das Problem bekamen die Techniker dann aber schnell in Griff, und im Laufe des Abends gab es am Sound dann auch nichts mehr zu kritisieren. An Alex Diehl selbst auch nicht. Wie auf seinem gesamten Debütalbum, welches aus Zeitgründen natürlich nicht komplett vorgestellt wurde, haben alle Texte einen mehr oder weniger autobiografischen Hintergrund. Die Aussage seines ersten Songs war eine Ermutigung für alle die, die in ihrem Leben keinen Ausweg zu sehen scheinen, die am Boden liegen und denen es schwer fällt wieder aufzustehen.

Auch der Selbstmord eines Bandkollegen ("Ein Feuer brennt") kam zur Sprache. Man muss Alex wirklich kennen, um nicht Gefahr zu laufen, von seinen Eindrücken und Geschichten erschlagen zu werden. Ohne das persönliche Kennenlernen im Vorfeld, hätte ich so manches Mal während des Konzertes ungläubig die Augenbrauen zusammen gezogen.

"Zeiten ändern sich", "Neue Tore in alten Mauern" und "Weitergehen" folgten im Laufe des Abends. Damit wäre das kleine Konzert dann eigentlich auch schon zu Ende gewesen. Wäre, wenn es denn da das nicht das Publikum gegeben hätte, das ganz unmissverständlich auf einer Zugabe bestanden hatte. "Dancing in the Dark", war dann als erster Zugabe-Titel tatsächlich auch der einzige Cover-Song des Abends. Nicht eins zu eins gecovert sondern mit eigener Note versehen. Während man am Beginn des Konzertes noch den Eindruck gewinnen konnte, dass Axel Diehl ziemlich nah an Klaus Laage dran ist, so ließen sich im weiteren Verlauf - nicht nur wegen dieses Songs - auch gewisse Parallelen zu Bruce Springsteen ziehen. Dabei, das sei hier ausdrücklich betont, ist das nicht so gemeint, als dass Alex Diehl Musik und Stil übernimmt. Im Gegenteil. Der Bayer hat schon jetzt seinen eigenen Weg gefunden und es längst nicht nötig auch nur irgendwen zu kopieren. Den endgültigen Abschluss des Konzerts bildete dann "Platz für dich in meinem Herzen".


Mit 17 verlässt Du mitten in der Mathe-Klausur die Schule, um Musiker zu werden. So steht es geschrieben auf deiner Homepage. Wahrheit oder Werbegag?
Nein, so ist es ernsthaft passiert. Ich habe kein Abi und auch keine Ausbildung. Heute denke ich darüber natürlich etwas anders. Es war ein sehr steiniger Weg, den ich mir da ausgesucht habe. Eigentlich war ich bis zu dem Zeitpunkt ein sehr guter Schüler. Gitarre spielen und Schreiben waren schon lange ein Teil von mir. Angefangen hat es mit einer Schulband, die dann zu meiner eigenen Band wurde. Wir spielten eigene Stücke, die sich in Richtung Alternativ einordnen ließen. Wir wurden regelmäßig für Feiern und Veranstaltungen zwischen München und Salzburg gebucht.

Dein Vater macht selbst auch Musik. Trotzdem bist Du, nachdem Du Dein Abi geschmissen hast, zu Hause rausgeflogen. Sollte man nicht meinen, dass er zumindest Verständnis für deine Entscheidung hatte?
Probleme zwischen meinen Eltern und mir gab es schon seit meinem 13. Lebensjahr. Musik bietet in ihren Augen eben keine materielle Sicherheit. Ich hab angefangen, auf YouTube verschiedene Videos einzustellen, und auch bei Facebook schaffte ich mir eine Basis. So wurden Produzenten auf mich aufmerksam. Innerhalb von zwei Monaten habe ich dann zum März 2011 eine Band gecastet, eine Tour geplant und was sonst noch so dazu gehört. Ich war wie besessen. Da ich wusste, dass gerade der Anfang schwierig wird, bin ich wieder zu meinen Eltern gefahren und habe sie um Unterstützung gebeten. Glücklicherweise haben sie mir auch geholfen. Weihnachten 2012 kam dann leider der Tiefpunkt. Ich saß alleine in einem WG-Zimmer, ohne Geld, meine Familie war aufgrund der Erkrankung meiner Schwester am Boden und ich fernab der Heimat.

Ich habe Haudegen auf zwei Tourneen begleitet. Wir haben zufällig dasselbe Management. Außerdem habe ich "Zu Hause" von ihnen gecovert. Das hat die Jungs scheinbar so überzeugt, dass die Anfrage kam, ob ich mit auf Tour kommen möchte. Es war ein riesen Geschenk, und ich habe die Chance genutzt. Plötzlich wollten die Leute dann auch meine Platten kaufen.
Du bist erst 26 Jahre alt. Nichtsdestotrotz steht auf deiner Homepage, dass Du Dir selbst Anfang 2013 mit Deinem selbst organisierten Showcase eine letzte Chance gegeben hast. Hattest du den Traum vom Beruf als Musiker schon aufgeben?
Der Showcase sollte in einem Jugendclub in Berlin-Marzahn stattfindet. Mir wurde gesagt, dass wohl kaum jemand ausgerechnet nach Marzahn kommen wird. Dieser Stadtteil von Berlin hat ja nun nicht den besten Ruf. Ich übernahm den Vorverkauf selber und auch die Organisation. Wäre das nix geworden, hätte ich wohl wieder in Coverbands gespielt und Musikschüler unterrichtet. Doch es gingen nicht nur die vorhandenen 100 Plätze weg. Gleich 400 Leute wollten mich sehen. Ich habe an dem Abend einen Seelenstriptease hingelegt.
Hast Du musikalische Vorbilder oder Musiker, die Dich inspiriert haben?
Oh ja, nämlich Coldplay. Ich bin sonst ein schlechter Konzertgänger, aber von Coldplay habe ich schon einige Konzerte erlebt. Mir gefallen die Melancholie und die Traurigkeit in ihrer Musik.

In "Robin Hood" sprichst Du Misstände in einer gnadenlosen Gesellschaft zwischen kapitalistischer Gier und Überwachungswahn an. Ein brisanter und - für einen 26-jährigen - ungewöhnlich politischer Text. Bist du ein Weltverbesserer?
Nein, aber manchmal habe ich eine Gewisse Wut in mir, dass ich nicht den Mund halten kann. Ich versuche einen kleinen Beitrag zu leisten, indem ich zum Beispiel weniger Fleisch kaufe, billig produzierte Ware von riesen Unternehmen meide und dafür aber dann auf Qualität achte. Ich möchte die "guten fairen Firmen" unterstützen. Schon zu Schulzeiten war ich Klassen- und Schulsprecher. Im ersten Ausbildungsjahr zum Krankenpfleger, welche ich nach kurzer Zeit, um mich nur noch der Musik zu widmen abgebrochen habe, hab ich mich in der Jugend- und Auszubildendenvertretung engagiert. Irgendwie war ich schon immer vorn dabei.
Dein Debütalbum "Ein Leben lang" erscheint am 23. Mai diesen Jahres. Auf was dürfen wir uns freuen?
Ich weiß, dass ich ein junger Mensch bin. Ich habe einen Weg eingeschlagen, der mich viel hat sehen lassen. "Weitergehen" ist zum Beispiel unglaublich traurig. Darin geht es um die Krebserkrankung meiner kleinen Schwester, was einfach traurig für mich war.

Fühlst du dich jetzt mit deiner Musik angekommen?
Ja, auf jeden Fall. Gerade gestern habe ich eine Mail von einem Konzertbesucher bekommen. Er schrieb, dass er durch den Gig und meine Musik die Kraft gefunden hat, seinen Job zu kündigen. Das hat ihn schon ewig beschäftigt. Er ist dann auch gleich losgezogen und hat den Arbeitsvertrag für einen Job unterschrieben, den er schon lange haben wollte, auch wenn's weniger Kohle gibt, dafür aber glücklicher macht. Wenn Musik das schafft, ist es ein krasses Gefühl.
Bitte beachtet auch:
• Off. Homepage von Alex Diehl: www.alex-diehl.de
• Homepage des Hard Rock Café in Berlin: www.hardrock.com/cafes/berlin