Tino Standhaft & Band am 10. und 11. März 2014 in Leipzig

 

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Ein Konzertbericht von Hans-Peter Lauschke mit Fotos von Matthias Ziegert


Seit einer bemerkenswerten Reihe von Jahren - seit 2005, um genau zu sein - ist es in der Messestadt gute Tradition, dass sich so Anfang März Rock- und auch Bluesfans im zentral gelegenen Musentempel "Krystallpalast Varieté Leipzig" in der Magazingasse einfinden. Und das nicht, wie sonst üblich, am Party-Wochenende, sondern jeweils zu Wochenbeginn. Man kennt und grüßt sich unterdessen, sieht allenthalben in vertraute, erwartungsfrohe Gesichter. Der all dies ursächlich zuwege bringt, die Szene zu ungewöhnlicher Zeit am ungewöhnlichen, sonst eher Varieté und Artistik verpflichteten Ort zusammenführt, ist der umtriebige, weit über die Grenzen der Metropole hinaus bekannte Blues-Rock-Gitarrist und -Sänger Tino Standhaft, jeweils unterstützt durch seine aktuelle Band bzw. eine bunt projektbezogen zusammengecastete Crew.

Bereits die aktuelle Ankündigung ließ aufhorchen: Konnte man sich sonst bereits rasch einen Reim auf das zu Erwartende machen, so verhieß "Tino Standhaft & Band spielen Rolling Stones" im Vorfeld Spannung pur. Welche Songs würden sie auswählen? Wie würde die Instrumentierung und wie die Arrangements ausfallen? Wie würden sich die Musiker zum Show-Gehabe der Vorbilder positionieren? Würde es, wie sonst auch, einen Special Guest geben? Das Interesse mithin war groß und postwendend genügte der anberaumte singuläre Montag-Abend-Termin nicht, wurde, der großen Nachfrage wegen, vom Veranstalter ein Folgekonzert bestätigt und anberaumt.

Von Beginn an kam kein Zweifel auf, dass es sich bei Tino Standhaft und Band um exzellente, hervorragend aufeinander eingespielte Musiker handelt. Dennoch verging geraume Zeit, bis die Protagonisten auf der Bühne so richtig zueinander fanden, Sicherheit ihr Agieren kennzeichnete und der Funke auf das interessierte wie kundige Publikum übersprang. Doch spätesten nach dem dritten Titel war "alles klar" und der Abend nahm spürbar Fahrt auf. Mit "Let's Spend The Night Together", "Last Train" und "Ruby Tuesday" ging es los, in besonders angenehmer Erinnerung verblieben darüber hinaus etwa "Under my thumb", "Wild Horses", "Melody", "Play with fire", "Gimme Shelter" oder auch "Honky Tonk Woman", "You Can't Always Get What You Want" und "Lady Jane". Die Band bestätigte einmal mehr ihren unterdessen redlich erworbenen guten Ruf - ihre musikalische Klasse. Die Rhythmusgruppe besteht aus dem in sich ruhenden Hallenser Bassisten Renaldo Viehmann sowie dem versierten Drummer Björn Kerstan, welcher just an diesem Tage seinen 27. Geburtstag feierte und der das teilweise nicht eben einfache rhythmische Gefüge mit stoischer Ruhe gekonnt bediente.b 20140314 1620938872 Norman Daßler, als sogenannter zweiter Gitarrist langjähriger Partner des Bandleaders, bekommt genügend Raum zur künstlerischen Entfaltung zugestanden. Tino Standhaft brillierte in seiner selbstauferlegten Doppelrolle als Mick und Keith, zeigte sich dem Vorhaben stimmlich und spielerisch gewachsen. Wobei er nicht wie Mick nebst allerlei Verrenkungen über die Bühne tänzelte, sondern, gleich seinem Kollegium, am Platze auf der Bühne verblieb, was, inklusive der obligatorischen Stehlampe, ein kultiges Bild abgab. Unbedingt zu erwähnen ist die versierte Bratschistin Shir-Ran Yinon, welche, analog zum Club-Gig im "Papa Hemingway" Ende vergangenen Jahres, mit ihrem versierten Spiel das Line Up bereicherte und Tino ab und an gesanglich unterstützte. Erwartungen des Publikums wurden des Öfteren konterkariert, scheinbar vertraute musikalische Strukturen der Stones-Songs überraschend umgestellt.

Tino Standhaft hat mit den Jahren einen sehr eigenwilligen Humor entwickelt, welcher zuweilen das Publikum foppt und in die Scherze einbezieht. So ahmte er launig mehrfach jene grotesken Sprachformeln nach, mit denen sich Mick Jagger für gewöhnlich nach dem Befinden seines Auditoriums erkundigt bzw. selbiges, etwa bei Regen, zum Durchhalten animiert. Björn Kerstan tat es dabei Charlie Watts gleich, zur akustischen Untermalung auf die Pauke zu hauen, um auch noch jene Gäste weit oben im Rang zu erreichen. Tino Standhaft bekannte, dass er durch das Betrachten von Dokus über die Stones motiviert werde, auch im Alter weiterzumachen; beim Publikum könnten beispielsweise Filme der Olsenbande oder mit Gojko Mitic ähnliche kathartische Wirkung erzielen.

Die enthusiasmierte Besucherschar forderte und bekam eine ganze Reihe Zugaben. Tino besaß die Traute, kurz vor Ultimo ein eigenes Werk, nämlich "Second Chance", ins Programm einzubinden. Ob seiner musikalischen Struktur und künstlerischen Geschlossenheit hätte es auch den Stones gut zu Gesicht gestanden. Natürlich erwies sich das Leipziger Publikum als bibelfest und zollte diesem Coup frenetischen Beifall.

Stones-Cover-Bands gibt es wie Sand am Meer. Doch je näher sie dem Original zu kommen suchen, umso mehr droht die Gefahr der Beliebig- und Austauschbarkeit. Warum sollte man sich als Besucher das antun?c 20140314 1420788737 Zumal man das Vorbild noch immer live erleben oder gut produzierte Ton- und Bildträger konsumieren kann. Tino Standhaft und Band haben bewiesen, dass es anders, selbstbewusster und besser geht: Sie näherten sich den Stones clever, ein Stück weit verwegen, auf subtile, originäre Weise, indem sie nicht darauf abzielten, die vermeintlich dienstälteste Formation der Welt auf den Zehntelton zu treffen, sondern indem sie deren Oldies den eigenen, charismatischen künstlerischen Stempel aufzudrücken verstanden. Heraus kam ein Konzertabend, der lange nachhallen wird, der nach Fortsetzung ruft und diese offenbar bekommen wird. Es stehen bereits einige weitere Termine fest, an denen Tino & Co. es wieder mit Mick, Keith, Ron, Charlie und Co. aufnehmen werden. Es wäre ja auch jammerschade gewesen, angesichts des Vorbereitungsaufwandes inklusive diverser Proben das Programm lediglich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden zu spielen. Und wer weiß, vielleicht gesellen sich weitere Titel des britischen musikalischen Weltkulturerbes auf die Setlist des ambitionierten Leipziger Quintetts, welche den Stones würdige Referenz erweisen und das eigene Licht zurecht nicht unter den berühmten Scheffel stellen!

Drei Euro ins Phrasenschwein: Nach dem Konzert im Krystallpalast Varieté Leipzig ist übrigens vor dem Konzert ... Am 16.03. und 17.03.2015, dann möglicherweise um ein Keyboard verstärkt, werden Tino und Gefolge Clapton-Songs zelebrieren.


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Termine:

• 28.06.2014 - Dresden - Kunsthof Gohlis (Tino Standhaft & Norman Daßler)
• 29.08.2014 - Leipzig-Eutritzsch - Parkbühne Bretschneider-Park
• 04.10.2014 - Zschaitz-Ottewig - Gasthof Zur Post
• 31.01.2015 - Magdeburg - Feuerwache

Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere Termine und Infos auf der Homepage des Künstlers



Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von Tino Standhaft: www.tinostandhaft.com
• Homepage vom 'Krystallpalast' in Leipzig: www.krystallpalast.de





 
 

   
   
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