TRANSATLANTIC am 8. März 2014 in Berlin

 

Ein Konzertbericht mit Fotos von Bodo Kubatzki



Sie sind die Supergroup des Progressive-Rock, TRANSATLANTIC. Die Amerikaner Neal Morse (ehemals Spock's Beard, Flying Colors) und Mike Portnoy (ehemals Dream Theater, Flying Colors, The Winery Dogs, Bigelf), der Engländer Pete Trewavas (Marillion) und der Schwede Roine Stoldt (The Flower Kings) produzieren seit 14 Jahren Platten mit ihrem transatlantischen Nebenprojekt und touren nach jeder Neuerscheinung durch die Konzerthallen der Welt. Ihre 2014er Album "Kaleidoscope" wurde 2013 im Sommer in nur zwei Wochen live eingespielt, die Aufnahmen anschließend von den Musikern weiter verfeinert und vor kurzem veröffentlicht. Herausgekommen ist, wie bei den bisherigen Alben auch, ein Retro-Prog-Album im Sound-Gewand der 70er Jahre mit Synthie- und Mellotronklängen und viel beatleeskem Satzgesang. Das galt es nun live zu erleben.

Der Astra-Club in einem Szene-Viertel im Berliner Friedrichshain machte von außen einen eher verwahrlosten Eindruck, bot jedoch ausreichend Platz für das zahlreich erschienene Publikum. Und es sollte heiß werden an diesem frühlingshaften Samstag in den nächsten knapp drei Stunden. Mit einem Videoclip hieß die Band das Berliner Publikum willkommen. Die Musiker wurden mit frenetischem Beifall begrüßt. Ted Leonhard, sonst Sänger bei Spock's Beard und Enchant, wurde als hochkarätige Verstärkung mit auf die Bühne geholt. Der in den vergangenen Jahren an dieser Position agierende Pain-Of-Salvation-Mann, Daniel Gildenlöw, ist offenbar noch immer erkrankt.

Den ersten Teil des Konzertes füllte eine unglaublich kraftvolle Interpretation des Eröffnungsstücks "Into The Blue" vom neuen Album und dem Titel "My New World" vom Debüt-Album aus. Was da an Virtuosität und emotionaler Spielweise von der Bühne kam, ist kaum zu beschreiben. Mike Portnoy ließ an seinem seitlich rechts stehenden Drumkit, das im Vergleich zu Dream Theater Zeiten eher spartanisch wirkte, die Drum-Sticks tanzen bzw. tanzte selbst um sein Schlagzeug herum. Er entpuppte sich an diesem Abend auch als sympathischer Entertainer. Auf der linken Seite thronte Strahlemann Neal Morse auf seinem Keyboard-Podest. Stimmlich zwar etwas angeschlagen, sang er einen Großteil der Songs, wirbelte zwischen seinen Keyboards hin und her, und griff hier und da auch mal zur Gitarre. Als Meister an der Gitarre erwies sich jedoch Roine Stolt. Egal ob bluesiges Solo, rockige Improvisation oder filigrane Untermalung eines Songs, Roine versteht sein Handwerk. Es ist mir auch immer wieder eine Freude mitanzusehen, mit welcher Spielfreude Pete Trewavas seinen Bass bearbeitet, der ihm stets etwas zu groß geraten scheint. Ich werde dabei nie den Eindruck los, dass sich Pete bei TRANSATLANTIC so richtig austoben kann. Im Zusammenspiel mit Mike Portnoy groovte und rockte es ungemein. Ted Leonhard unterstützte die Band, meist im Hintergrund agierend, in unaufdringlicher Weise an Gitarre, Keyboards, diversen Percussion-Instrumenten und als fünfter Sänger. Nach ca. 50 Minuten geballter Prog-Power gönnte die Band sich und dem Publikum mit der typischen Neal Morse Ballade "Shine" eine erste Verschnaufpause. Neben der Tatsache, dass alle Musiker bei diesem Song Gesangspassagen belegten, begeisterte mich vor allem das fantastische Gitarrensolo von Roine Stolt.

Mit dem folgenden Medley aus Songs des Konzeptalbums "The Whirlwind" schien der nächste Prog-Wirbelsturm loszubrechen. Die Leidenschaft der Musiker für ihre Musik erfüllte spürbar den Raum. Morses präzise Keyboardläufe, Roines Gitarrensoli, das rhythmische Fundament von Trewavas Bass und Portnoys Drums, sowie die multiinstrumentale und gesangliche Unterstützung Ted Loenards, belegten einmal mehr den Status der Prog-Supergroup. Komplexe Rhythmusstrukturen und diverse Tempiwechsel wurden scheinbar spielend leicht bewältigt. Der transparente und druckvolle Sound sorgte für ein akustisches Erlebnis. Videoprojektionen verliehen dem Stück eine visuelle Dramatik. Mit "Beyond The Sun" und dem nahtlosen Übergang zum Longtrack "Kaleidoscope" zeigten TRANSATLANTIC noch mal alle Facetten, die ihre Musik ausmachen, ein ruhiges Intro (leider ohne Cello), lange Instrumentalpassagen, stellenweises Gefrickel, viel Dynamik, viel Satzgesang, diverse Synthie- und Gitarrensoli, fantastische Schlagzeugarbeit und ein fulminantes Ende, eben Retro-Prog erster Güte. Bei Part IV "Walking The Road" überzeugte Pete Trewavas als Gesangssolist, was mit viel Beifall bedacht wurde.

Mit dem nächsten Song schuf sich die Band eine weitere kurze musikalische Verschnaufpause. Bei den Strophen der hymnischen Ballade "We All Need Some Light" wechselten sich Neal, Roine und Ted am Mikrofon ab. Der mehrstimmige Refrain wurde nahezu vom gesamten Auditorium mitgesungen. Das konnte schon Gänsehaut verursachen.

Nach diesem kurzen Moment des Runterkommens heizte die Band bei "Black As The Sky" vom aktuellen Album noch mal so richtig ein. Dass Petes bei den schnellen Bassfiguren keinen Krampf in seinen Fingern bekam, grenzt für mich an ein Wunder. Es schien Schwerstarbeit zu sein, was er auf seinem Instrument leisten musste, doch meisterte er diese mit einem breiten Grinsen im Gesicht und vollführte teilweise Luftsprünge dabei.

Wer glaubte, nach nunmehr fast zwei Stunden Spielzeit wäre das Konzert beendet gewesen, der hatte sich geirrt. TRANSATLANTIC gönnten uns mit Auszügen aus "All Of The Above" und "Stranger In Your Soul" einen weiteren Longtrack als Zugabe. Unglaublich, wie viel Energie die Jungs in ihre Konzerte stecken. Das Berliner Konzert war für mich das erste Prog-Highlight des Jahres 2014 und es wird schwer zu toppen sein. Doch, das Jahr ist ja noch jung.



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Bitte beachtet auch:

• Off. Homepage von TRANSATLANTIC: www.transatlanticweb.com
• Homepage des 'ASTRA Kulturhaus' in Berlin: www.astra-berlin.de






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