Bericht:
Volker Tonn Fotos: Volker Tonn (alle Live-Fotos) Pressematerial (Textillustration) Videos: Volker Tonn |
Record Release Konzert
So, nun haben es die vier Jungs also geschafft. Die erste richtige Platte ist raus. Eine richtige Schallplatte aus Vinyl. Diese gibt es allerdings nur in einer auf 100 Stück limitierten Auflage. Für die Freunde der schwingenden Nadel also eine echte, aber vergleichsweise erschwingliche Rarität, die beinahe schon zum Dumpingpreis abgegeben wird. Der Rest der Tonträgerkäufer muss sich mit den digitalen Produkten bescheiden.
Aber von Anfang an: Ungewöhnlich für mich, reiste ich diesmal mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an und ersparte mir damit die lästige Parkplatzsuche in Berlins Szene-Viertel rund um die Kulturbrauerei. Ca. 20 Minuten vor dem für 20:00 Uhr angesagten Beginn war ich vor Ort und wurde von MARTIN GLAß, dem Produzenten der Band, herzlich begrüsst.
Den Auftakt machte vor einer noch übersichtlichen Zuhörerschar und überpünktlich ein guter Freund der WAKE WOODS, nämlich LEON OSTROWSKI, Kopf der Berliner Band THE FOLKS und nun auch auf Solopfaden als Singer- und Songwriter unterwegs. Von seiner akustischen Gitarre begleitet, brachte LEON zwei Stücke zu Gehör und verschwand ebenso schnell, wie er aufgetaucht war. Die Arbeit im Studio wartete. In der Nachbetrachtung war das zweifellos die voluminöseste und beste Gesangsstimme des Abends.
Unverzüglich danach kam nun pünktlich um 20:00 Uhr die angekündigte Supportband BRÜH BROTHERS IN FLAMES zum Zug. Und schon wurde es voller vor der Bühne. Der Frontmann und Sänger ist zugleich auch der Schlagzeuger und wird von einem Gitarristen und einem Bassgitarristen begleitet. Heute gesellte sich für ein paar Titel auch der Saxophonist zu einem der seltenen Gigs in kompletter Formation hinzu.
Der Stil wird von den BRÜH BROTHERS IN FLAMES als "Theater-Punk" definiert, und das Programm mit der Rezitation eines Stücks von MAX STIRNER und von eher seltsam jaulenden Tönen aus den Gitarren untermalt, eingeleitet. Das Meiste davon ging allerdings im Gewirr der Saalakustik unter.
Leider fehlt es der Formation an Übung, da deren Mitglieder in verschiedenen Städten studieren und man sich zu selten zusammenfinden kann um am Repertoire und der Akustik zu feilen. Für mich stellte sich Vieles beim erstmaligen Zuhören eher als "Schrammel-Punk" dar, was nicht zuletzt auch an der suboptimalen Abstimmung der Soundanlage gelegen haben mag. Einzelne, ruhigere Passagen, trugen deutliche, mich eher ansprechende Züge von Art-Rock mit durchaus funkigem Einschlag und dann wieder mit, mich abschreckenden, Free-Jazz-Elementen. Die meisten Stücke waren instrumental und bei den wenigen Gesangseinlagen kam die Stimme des Frontmanns nicht richtig zur Geltung. Das hielt aber eine überschaubare, dafür umso agilere, Fanschar nicht davon ab, sich zu den dominierenden Schlagzeug-Beats ausgiebig zu bewegen. Dazu wurde mit knapp einer Stunde Spielzeit ausreichend Gelegenheit gegeben. Es sind durchaus interessante Ansätze zu einem eigenen Stil erkennbar. Es bedarf aber noch einiger Übung und mehr technischem Finesse um aus dem Status eines Freizeitprojekts herauszuwachsen.
Nach einer Umbaupause, während derer sich der Saal fast völlig leerte, weil alle zu einer Pausenzigarette in die Raucher-Lobby oder auf den Hof gingen, kamen nun vier Jungs kurz nach 21:00 Uhr zum eingespielten Intro-Track auf die Bühne. Das Intro ist mit Fahrstuhlgeräuschen unterlegt. Eine Anspielung auf den Titel des Debütalbums "5th Floor", welches vorgestellt werden soll.
Da standen sie, THE WAKE WOODS:
Ingo Siara (Gesang, Bass, Kontrabass)
Helge Siara (Gitarre, Mundharmonika, Gesang)
Tobias Rachuj (Gitarre, Gesang)
Till Reuter (Drums, Percussion)
Der Bandname hat keinen Bezug zum Horrorfilm aus dem Jahr 2011 sondern ist die englische Adaption des Familiennamens der Mutter von INGO und HELGE SIARA, den Initiatoren der Band. In ihrer Mutter, Christine Wachholz, einer Halbschwester der bekannten DDR-Schlagersängerin Bärbel Wachholz, haben die SIARA-Brüder zugleich auch eine professionelle Gesangslehrerin und Förderin ihrer musikalischen Talente.
Der Saal hatte sich während des Intros ganz schnell beträchtlich gefüllt und den Opener machte "Carolina", welches schon unserem Kollegen Torsten die Kinnlade hat herunterklappen lassen, und welches auch der krachende Einstiegstitel in den Tonträger "5th Floor" ist.
"Carolina" ist als Single-Auskopplung schon vor ein paar Wochen veröffentlicht worden. Diesen "5th Floor" sucht man auf der Tracklist allerdings vergeblich. Der Titel bezieht sich auf den inzwischen ehemaligen Probe- und Lagerraum der Band im 5. Stock. Besonders unvergesslich sind die Nächte, wo man nach einem langen Konzertabend vor einem nicht funktionierenden Fahrstuhl stand und dann das ganze Equipment über die Treppe hinaufschaffen musste. Da bekommt man ihn unweigerlich, den "5th-Floor"-Blues. Eher ist es ein progressiver Blues-Rock, der zuweilen ein wenig an AEROSMITH oder RORY GALLAGHER erinnert. Diese Vergleiche mögen evtl. etwas hoch gegriffen erscheinen, beschreiben aber sehr gut die Stimmung, die Vielseitigkeit und das Potenzial der Formation. Kraftvoll, treibend und gar nicht leise, trotzdem mit wohltuend differenzierten Instrumenten und Stimmen. Natürlich steht INGO SIARA als Sänger und Frontmann besonders im Fokus und er macht den Job am Mikrofon und mit seiner Bassgitarre ausgezeichnet.
Die Arbeit an den Gitarren teilen sich HELGE SIARA und TOBIAS RACHUJ. HELGE und TOBIAS wechseln alle paar Minuten ihr Instrument und mit phantastischen Riffs, eingängigen Melodieläufen und Sondereinlagen mit dem Geigenbogen auf der Gitarre wird diesen Instrumenten eine erhebliche Bandbreite an Tönen entlockt, auch wenn dazu immer wieder nachgestimmt werden muss und Effekte neu eingeregelt werden müssen. Das Ergebnis ist dann sehr hörenswert und trägt sicher zu einem guten Teil dazu bei, den Auftritt akustisch abwechslungsreich zu gestalten.
Mit TILL REUTER am Schlagzeug hat die Band ganz sicher einen Glücksgriff gelandet. Auch hier ist die fundierte Ausbildung deutlich erkennbar und es zeigt sich, dass weniger auch deutlich mehr sein kann. Ein solch wohldosiertes Schlagzeug, welches unverrückbar den Takt vorgibt ohne Vorlaut zu klingen, was aber doch immer wieder auch deutliche Akzente setzt, will erst mal gespielt sein.
Es wurde dann das komplette Album in leicht veränderter Reihenfolge gespielt und mit vier Stücken ergänzt, die teilweise schon vor fast 2 Jahren auf einer EP den Weg an die Öffentlichkeit gefunden haben. Insgesamt eine sehr homogene Vorstellung, ohne dass es irgendwie langweilig oder eintönig wurde. So fügten sich langsamere, aber gleichwohl wuchtige Nummern, wie das von HELGE vorgetragene "Never Die" sehr gut ein. Zuvor gab es mit "I Want You" eine gleichfalls von Helge vorgetragene öffentliche Premiere. Ein grosses Lob auch an den Mann am Mischpult, der letztlich für den guten Klang mit verantwortlich war. Anders als in den heimischen Wohnzimmern kann man an so einem Ort mit einem wuchtigen Bassfundament auftrumpfen, welches noch in 3 Meter Abstand zur Bühne einen gut spürbaren Luftzug verursacht. So können die Aufnahmen des Albums in aller Regel nur unzureichend die Wucht und Lautstärke wiedergeben, die hier sprichwörtlich spürbar war und auch den Reiz eines solchen Konzerts mit ausmacht. Einziger, aber deutlicher Wermutstropfen war das Licht, welches der Haustechniker fabrizierte. Da kam unverkennbar der Diskotheken-Macher durch. Einfach zu wenig beständiges Licht, kaum Ausleuchtung der "Randfiguren", dafür ständig wechselnde Effekte und fast beständiger Nebel aus der viel zu oft aktivierten Nebelmaschine.
Mit "What You Gonna Leave It For" verabschiedeten sich THE WAKE WOODS nun unter anhaltendem Applaus vom Publikum. Aber nur, um kurz darauf für die Zugabe wiederzukommen. Der Titel "Alcohol" wurde dafür von INGO mit einem extra aus Eisenhüttenstadt herangeschafften Kontrabass begleitet, bevor das Konzert mit "Slide" einem immer wieder neu erfundenen Klassiker der WAKE WOODS und einer angehängten und ausgedehnten Instrumental-Improvisation ein fulminantes Ende fand. Um der Band schon einmal einen Vorgeschmack auf zukünftige Ereignisse zu geben, wurde von lieben Freunden vor dem Abgang von der Bühne noch eine liebevoll selbst gestaltete "goldene CD" überreicht.
Im Anschluss gab es noch ein gemütliches Treffen in einem Restaurant-Raum des Frannz Club mit Freunden und Fans. Natürlich ließ es sich auch der ehemalige Band-Manager RAINER SCHÄL nicht nehmen, seine früheren Schützlinge zu diesem Anlass zu besuchen. Er hat THE WAKE WOODS mit auf diesen Weg gebracht und ist den 4 Musikern immer noch freundschaftlich verbunden. Der ehemalige Manager der WAKE WOODS kann aus gesundheitlichen Gründen diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen und das Management liegt nun in den Händen von MARTIN GLAß, der sich rührig um seine Schützlinge kümmert.
Bitte beachtet auch:
- Off Homepage von THE WAKE WOODS: www.thewakewoods.de
- Homepage des Frannz in Berlin: www.frannz.com
Live-Impressionen
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