![]() Bericht:
Andreas Hähle Fotos: Sandy Reichel |
PREMIERE MIT FEUERWEHR
Freude schöner Götterfunken. Ja, wer hätte das gedacht, dass nach Beethovens brachial-hymnisch-orchestral-choraler Entladung noch einmal jemand diese Verse der "Europa-Hymne" vertonen würde. Keiner. Keiner? Doch! Irgendwo in einem kleinen Dorf nahe Berlin vertonte der "kleine" Reinhardt "Maxs" Repke etliche Verse aus der schillernden Feder, unter anderem auch diese. Dass er dies bereits mit Gedichten von Heine, Busch und Rilke getan hat, dürfte hinlänglich bekannt sein. Nun also: Friedrich Schiller. Wieso, weshalb, warum - das hat er ausführlich in einem Interview für die deutsche mugge erklärt (siehe HIER).

Die Band ist dieselbe geblieben wie beim Rilke-Projekt. Auch das wird in besagtem Interview erklärt. Neu ist "lediglich" der Sänger in Gestalt des Hamburg-Amerikaners Dirk Darmstaedter (u.a. JEREMY DAYS). Dass Reinhardt Repke mit dabei ist, versteht sich eh von selbst. Immerhin ist er ja der Kopf des "Clubs". Weiter dabei sind: Markus Runzheimer (Bass), Andreas "Spatz" Sperling (Keyboards) und Tim Lorenz (Schlagzeug).

Die Premiere im Kornspeicher Alt-Ruppin bot ein angenehmes Ambiente. Heimelig, weiträumig. Etwas ab vom Schuss, verträumt. Ein schöner Hof, ein schönes Haus und schöne Menschen. Schöne Musik. Alles schön.
Es war ziemlich voll. Ausverkauft. Feuerwehr war auch da, nicht privat. Trotz einiger Querelen bei der Platzfindung ging das Konzert pünktlich los.
Eröffnet wurde der Abend jedoch erst einmal vom Betreiber des Kornhauses, Manni, der u.a. erklärte, warum es aus Brandschutz-Gründen eine sehr lange Sommerpause in diesem Hause geben soll und nicht mehr als 200 Menschen an diesem Abend eingelassen werden konnten.
Unter rhythmischen Samplerklängen und stürmischem Applaus betraten die Musiker die Bühne. Und das Spiel konnte beginnen. Recht relaxed. Mit einer Mischung aus Rezitation und Gesang. Ein ziemlich gelassener Auftakt. "Denn ernst ist das Leben und heiter ist die Kunst". Ebenso gelassen das "Liebesbündnis schöner Seelen". Der schwarzbehemdete hochaufgeschossene Dirk Darmstaedter kam mit Akustik-Gitarre und wie ein Liedermacher daher. Auf ihn richtete sich wohl auch ein großer Teil der Aufmerksamkeit des wohlgesonnenen Publikums. Eine sehr angenehme Stimme hüllte es ein. Einen großen Teil der Sangesparts übernahm kurioserweise Reinhardt Repke selber und am Ende des Programms haben - mit Ausnahme von Tim Lorenz - fast alle Musiker die Hauptstimme eines Liedes für sich beansprucht haben können.

Dass Schiller auch Rezepte verdichtete, wusste ich nicht, wie ich vieles von Schiller nicht wusste und kannte. Der CLUB DER TOTEN DICHTER stellte die Sudanweisung unter Beweis mit dem "Punschlied". Ausprobiert haben die Clubmitglieder dieses Rezept nicht. Angeblich fehlte eine Zutat, die es weder in Alt- noch in Neuruppin zu erwerben gab. Dafür präsentierte Reinhardt Repke einen verfaulten Apfel, dessen Duft sich schon bald während des Konzertes über die ersten Reihen entströmte. Weil Schiller diesen Geruch wohl sehr mochte und solche Äpfel in der Schublade aufbewahrte, um sich mit Hilfe dieses Duftes zum Schreiben zu animieren. Jetzt weiß man, was es heißt, Gedichte aufs Papier zu kotzen. Reinhardt Repke erzählte noch eine skurrile Geschichte von einer Puppe namens Laura vor dem seiner Ansicht nach schwerstem Titel des Programms: "An Emma". Die Geschichte - wie viele andere auch - wird er sicher noch öfter auf Konzerten erzählen in den nächsten zwei Jahren, wenn nicht sogar bei allen. Ich will da gar nicht vorgreifen. Hört Euch das selber an.
Nach "An Emma" die Minne "An Laura". Zu ukulelisch-karibischen Tönen mit klassischem Akzent. Teils wird gesungen, teils wird rezitierend geschwärmt. Da begann der Dirk Darmstaedter zu zithern, Reinhardt Repke sang, das Ganze untermalt und unterstützt von einem Unisono-Chor.


Dann zelebrierte der CLUB DER TOTEN DICHTER eine Vertonung eines kleinen Auszuges aus "Kabale und Liebe", einem - na, wir wissen das ja zur Genüge - Theaterstück. Sie nannten es "Du bist blaß, Luise". Es hat mir unglaublich gut gefallen
"Noch in meines Lebens Lenze" sang Markus Runzheimer das "Pilgerlied". Als würde der Bass-Akrobat durch den wilden Westen wandern.
Auch Andreas Sperling sang. Über die "Würde der Frauen". Unterstützt von Reinhardt Repke, der danach wieder selber sang "Willkommen, schöner Jüngling". Ein witziges Paradoxon auf der Setliste. Aber ein sehr schönes Lied.
Drei Versuche einer (!) Ansage. Versuch 1: Die Verlesung von Schillers Obduktionsbericht. Versuch 2: Die Geschichte von Schillers Scheitern als Professor in Jena.

Dann die obligatorische Vorstellung der Band. Wer Konzerte des Clubs schon erlebt hat, weiß: abendfüllend. Einfach ein Erlebnis für sich. Dann noch der Titel "Sehnsucht" und drei Zugaben. CD-Verkauf und Lagerfeuer.
Erfahrungsgemäß kann dies nur eine Ein-Stimmung sein. Das Konzertprogramm wird sich jetzt - Abend für Abend - aus sich selbst heraus entwickeln. Man kann nur gespannt sein. Aber Schönheit kann ich jetzt schon versprechen. Ich hab's so gesehen und erlebt. Der Kornspeicher bewarb sich schon mal für das letzte Konzert der langen Tour. Und es ist schon möglich, dass wir dann etwas ganz anderes erleben werden. Jedoch die Titel werden bleiben, schön und zelebrierend.
Allen künftigen Konzertbesuchern dieser Unternehmung wünsche ich viel Vergnügen!
Bitte beachtet auch:
- Off Homepage vom Club der toten Dichter: www.club-der-toten-dichter.de
- Homepage des Kornspeichers Neumühle: www.kornspeicherneumuehle.de
- Portrait über den Club der Toten Dichter: HIER