Heiner Lürig

 

von der Gruppe

 

Hausboot

 


001 20130225 1864471056Anfang November erschien mit „Strom ab“ das Erstlingswerk des musikalischen Projekts HAUSBOOT, bestehend aus Heiner Lürig und Tino Eisbrenner (ausführliche Rezension:). Während Tino Eisbrenner vielen Leuten sicher ein Begriff sein dürfte, wird es bei Heiner Lürig schon etwas schwieriger. Nur wer ganz genau hinschaut und weiß, wer sich in der Musikszene tummelt und wer mit wem arbeitet, hat den Namen auch schon mal gehört. Lürig ist ein großartiger Komponist, der so manch schönem Text das passende Klanggewand verpasst hat. Komponisten seiner Art gibt es nicht mehr viele. Wie kaum ein anderer versteht es Lürig, melodiöse Kompositionen zu mit Inhalt gefüllten Texten zu schreiben. Die Musik ist eine aufregende Mischung aus Chanson, Pop und Deutschrock. Es fällt einem mit Stefan Waggershausen höchstens noch ein weiterer Komponist dieser Art ein, aber dann wird es schon schwierig. Lange Jahre war er der kongeniale Partner von Heinz Rudolf Kunze und schrieb ihm viele seiner Hits. Sein Bandkollege bei HAUSBOOT ist eben erwähnter Tino Eisbrenner, der in den 80ern als der „Junge mit der roten Mütze“ bekannt wurde. Schon komisch, woran sich die Menschen alles erinnern. Dabei hat er mit Jessica ein exzellentes Album abgeliefert, das ihn handwerklich als wirklich großen Musiker enttarnt hat. Auch als Solist ist er inzwischen schon häufig angenehm aufgefallen. Zig eigene CDs sind in 20 Jahren entstanden. 
Die Zusammenarbeit zwischen Komponist Heiner Lürig und Texter Tino Eisbrenner hat im Projekt HAUSBOOT jetzt ein musikalisches Zuhause gefunden. Die CD haben wir Euch unter „NEUHEITEN“ auf Deutsche Mugge bereits ausführlich vorgestellt. Jetzt soll uns aber auch einer der Schöpfer, Heiner Lürig, noch etwas dazu erzählen...
 

 

Wie lange habt ihr gebraucht, bis die CD fertig war?
Angefangen haben wir mit ersten Ideen schon 2008. Da begann der ganze Prozess des Schreibens. Die Texte mussten passen, und deshalb wurde die Musik noch ein bisschen auf die Texte angepasst. Als das passiert war, kam die Band dazu. Das war Anfang 2009. Im Februar haben wir angefangen aufzunehmen. Danach habe ich das Album zusammen mit Hans Martin Buff, den ich sehr schätze, bei mir im Madagaskar Studio abgemischt. Richtig fertig incl. Mastering waren wir im Mai 2009.
 
 
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Wie kann man sich das Arbeiten bei Dir und Tino Eisbrenner vorstellen? Wie sind die Songs entstanden? Das war eine sehr spezielle Arbeitsweise, weil es in diesem Fall ganz anders war, als ich das bei anderen Produktionen gemacht habe. Die Musiken waren vorher komplett fertig, und Gesangsmelodien waren auch schon drauf… Auf diese Melodien hat Tino Texte geschrieben, teilweise hat er sie noch mal umgearbeitet, weil er der Meinung war, da ginge vielleicht noch was.

 

Waren das Kompositionen, die Du für jemand anderen gemacht hast... vielleicht für Kunze?
Ich bin jemand, der immer komponiert. Ich habe immer Melodien im Kopf… für manche Sachen arbeite ich das schon fertig aus, andere Dinge liegen als Fragmente vor, teilweise nur auf Zetteln, damit ich sie nicht vergesse. Aber die Lieder für das Hausboot-Album waren Songideen, die ich schon durchgearbeitet hatte und die eigentlich auch dafür vorgesehen waren, wenn ich mal eine eigene Band oder ein eigenes Projekt mache. Ich brauchte nur noch darauf zurückgreifen, und dass das jetzt so super mit Tino geklappt hat, ist ein Glücksfall.

 

Wie seid Ihr überhaupt zusammengekommen? Ich habe gelesen, dass Ihr Euch 1999 kennen gelernt habt...
Das war 1999 nicht die erste Zusammenarbeit, denn kurz nach der Wende wurden Heinz (Heinz Rudolf Kunze, Anm. d. Verf.) und ich von Fritz Puppel und Toni Krahl von CITY angesprochen und gefragt, ob wir eine Band „Jessica“ produzieren wollten. Ich kannte die Band vorher nicht, Heinz - glaub ich - auch nicht, und wir haben gesagt: „Ja, warum denn nicht? Das ist eine ganz interessante Konstellation.“ Dann kamen die Jungs vorbei und dabei war eben auch Tino als Sänger der Band „Jessica“. Dann gab es noch eine weitere Zusammenarbeit bei einer CD mit dem Titel „Willkommen in der Welt“. 003 20130225 1188512117Das lief dann aber schon nicht mehr unter dem Namen „Jessica“ sondern unter dem Namen „Eisbrenner“, bzw. ab dieser Produktion nannte Tino sich nur noch „Eisbrenner“. Heinz hatte ihm dazu geraten: „Wenn man schon so einen Namen hat, dann heißt man nicht nur so, sondern man nennt auch das Projekt so.“ Danach haben wir eine Weile nichts mehr voneinander gehört. Irgendwann fragte mich Tino, ob ich seine neue Platte produzieren würde. Das war 1999. Das habe ich gern gemacht und auch ein paar Titel dazu beigesteuert. Es ist eine wirklich tolle Zusammenarbeit gewesen, und ich merkte, dass da noch mehr drin ist… also, dass eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Tino und mir möglich war.

 

Wer hatte die Idee, das gemeinsame Projekt „Hausboot“ aus der Taufe zu heben?
Ich habe Tino gefragt, ob er bei diesem Projekt dabei sein will. Damals hieß das Projekt aber noch nicht „Hausboot“. Wir haben viele Arbeitstitel dafür gefunden und irgendwann, als die Platte fertig war, haben wir es dann so genannt. Tino wollte sowieso eine neue Platte aufnehmen, und ich habe ihm dann vorgeschlagen, das als eigenständiges Bandprojekt zu machen. Eben auch deshalb, weil die Arbeitsteilung zu dem Zeitpunkt schon klar war: Ich schreibe die Musik und Tino die Texte.

 

Wo habt Ihr die Fotos für das Album gemacht? Im Booklet sind sehr interessante Bilder abgedruckt...
Die haben wir in Amsterdam aufgenommen. Ein Bekannter hat uns Hilfestellung geleistet, indem wir für ein paar Fotos sein Hausboot nutzen durften. Ansonsten haben wir schöne Locations gesucht und Martin Huch, der ja auch bei uns in der Band mitspielt, hat die Bilder gemacht. Martin ist nicht nur ein Meister auf seinen Pedal- und Lapsteelgitarren, sondern auch ein super Fotograf. Wir haben in Amsterdam zwei Tage verbracht und versucht, diese Atmosphäre, die wir auch in den Songs haben, dort einzufangen.

 

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Welche Hoffnungen und Ziele habt Ihr mit dieser Idee?
Oh, da bin ich recht bescheiden. Ich würde mich schon freuen, wenn ein paar Leute die Platte erstmal nur gut finden, ein paar Redakteure uns kennen lernen und spielen würden, und wir die Chance bekommen, auf zwei kleinen Tourneen im nächsten Jahr auch live, dann auch mit der ganzen Band, an die Leute heran zu kommen. Dass so etwas, wenn es ganz neu ist, eine Weile braucht, weiß ich auch. Ein weiteres Ziel wäre, mit Tino an neuen Ideen zu arbeiten, und wieder in Zusammenarbeit mit Phil Friederichs, der unser Ideen- und Vertriebspartner ist, dahin zu kommen, dass es zur Veröffentlichung einer zweiten CD kommt.

 

Mit „Wunschkind“ habt Ihr ein relativ kleines Label gewählt. Wie seid Ihr da rangekommen?
„Wunschkind“ ist aber trotzdem ein Wunschkandidat gewesen. Ich habe mit Phil Friederichs schon mehrere Sachen zusammen gemacht. Angefangen hat das mit der DVD „25 Jahre Heinz Rudolf Kunze“. Das hat er damals sehr aufwendig gemacht, und das Projekt ist auch sehr schön geworden. Bei dieser Zusammenarbeit habe ich gemerkt, dass Phil jemand ist, mit dem ich gut zurecht komme und mit dem man gute Ideen entwickeln kann. Ich glaube, es ist heute nicht mehr so entscheidend, dass man eine dicke Plattenfirma hinter sich hat, wenn es sowieso nur ein kleines Projekt ist, sondern dass man jemanden hat, der sich liebevoll darum kümmert und der dann die wichtigen Ideen beisteuert. Das will ich jetzt ausprobieren. Bei einer weiteren Arbeit hat mich Phil sehr gut beraten: Er gab den Projektleiter bei den Remastered–Alben von Heinz Rudolf Kunze, zu meiner vollen Zufriedenheit. Deshalb habe ich auch ein Zutrauen zu ihm, wenn er jetzt dieses Projekt begleitet. Phil kommt ja aus der DVD-Ecke und das CD-Geschäft ist für ihn ganz neu. Es ist halt spannend - für uns beide.

 

Wir drücken Euch die Daumen!
(lacht) Vielen Dank!

 

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Du hast es angesprochen: Im kommenden Jahr wird es dazu auch eine Tour geben. Was wird den Besucher erwarten? Wie weit seid Ihr mit den Planungen, oder habt Ihr noch gar nicht angefangen?
Doch, wir fangen jetzt an. Wir sind an dem Punkt, wo wir uns alle auf einen Zeitplan geeinigt haben. Natürlich habe ich schon ein wenig vorgearbeitet, und den einen oder anderen angefragt. Wir haben uns jetzt auf einen Zeitraum im Mai 2010 geeinigt, und die Musiker haben sich dafür freigehalten, so dass wir dann auch den ersten Teil der Tournee spielen könnten, und ganz ausführlich proben… Tja, und ich bin auch schon sehr gespannt, welche Titel wir denn außer denen von der ersten CD spielen werden, denn die reichen ja nicht für ein volles Live-Programm. Da wird sicher einiges von Tino und von mir, das es bereits gibt, dazu kommen. Ich bin auch schon darauf gespannt, wenn wir demnächst die Setlisten mal abgleichen, auf denen die Wünsche von Tino und mir stehen. Sicher wird der eine oder andere Musiker auch Spaß daran haben, Lieder zu spielen, die Tino und ich schon vorher veröffentlicht hatten. Dabei ist zu erwarten, dass ein tolles Programm dabei heraus kommt, denn Tino und ich haben viele Titel geschrieben, die nur darauf warten, auf einer „Hausboot“-Tour von Raoul, Marius, Martin und Alejandro gespielt zu werden.

 

Es wird sicher auch interessant sein zu hören, wie Tino einen Heinz Rudolf Kunze-Song singt...
Das möchte ich auch gerne hören. Er weiß ja schon, was auf ihn zukommt. Ich kann mir auch vorstellen, dass er das gerne macht, die eine oder andere fremde Nummer zu interpretieren. Es geht ja nicht um Nachsingen. Tino wird das schon auf seine eigene Art hinbekommen...

 

Kommen wir zu Dir, Heiner. Eigentlich müsstest Du doch viel bekannter sein, als Du bist. Oder?
Ganz ehrlich: Ganz klein, unten auf der Platte zu stehen reicht mir völlig. Und wenn man dann wirklich genau hinguckt, dann findet man meinen Namen auch… Mir gibt das eine große Freiheit, so arbeiten zu können wie ich das möchte.

 

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Aber immerhin hast Du mit „Dein ist mein ganzes Herz“ einen der bekanntesten Deutschrocktitel aller Zeiten komponiert...
Wer auf der Platte genauer liest, weiß das dann auch. Der Song hat mir die Möglichkeit gegeben, über viele Jahre auf ganz hohem Niveau zu arbeiten. Dafür bin ich sehr dankbar. Wir haben – meiner Meinung nach - auch nicht nur einen Titel gemacht, der sehr gut ist, sondern eine Reihe von Songs. Wenn man diese Reihe von Titeln mal genauer betrachtet, dann sind da auch etliche Nummern, die musikalisch nicht schlechter sind und eben dazu geführt haben, dass man so lange am Start ist. Ich habe allein mit Heinz jetzt 25 Jahre zusammengearbeitet… Wir nehmen zwar im Moment keine Platten mehr miteinander auf, aber wir arbeiten immer noch eng zusammen. Da hat sich damals also ein Team gebildet, das wirklich in der Lage ist, über viele Jahre konstant auf ziemlich hohem Niveau etwas zu produzieren. Und wenn Du sagst, ich müsste viel bekannter sein… vielleicht liegt das auch an meinem Naturell. Ich drängele mich nicht so nach vorn.

 

Wenn ich aber trotzdem mal kurz bei „Dein ist mein ganzes Herz“ bleiben darf: Damit hatte Heinz Rudolf Kunze plötzlich wirklich den ganz großen Erfolg...
absolut...

 

Wie ist dieser Song entstanden? Du hast ihn komponiert, Heinz Rudolf Kunze hat ihn betextet...
Der Song war aber schon vorher da. (lacht)

 

Ach ja?
Das scheint so ein bisschen auch meine Arbeitsweise für erfolgreiche Musiken zu sein, dass ich ganz viel in einen Song reinstecke, ohne den Text vorher zu kennen. Wenn dann ein Texter dazu in der Lage ist, etwas darauf zu schreiben, das dieses Gefühl des Komponierten genau umsetzt, dann scheint das erfolgreich zu sein. Und entstanden ist „Dein ist mein ganzes Herz“ ganz einfach: Heinz und ich haben uns im März 1985 bei einer Rockpalast-Aufzeichnung in Hamburg kennengelernt. Das Konzert hab ich mir angesehen, um einfach mal für mich festzustellen: Wer ist Heinz Rudolf Kunze? Ich kannte ihn vorher nicht so sehr gut. Er war sehr beeindruckend, als Musiker und als Person auf der Bühne. Wir haben uns zwei Wochen später bei mir in der Wohnung in Hannover-Linden getroffen und dann spontan einen Titel zusammen komponiert. Allerdings sei angemerkt, dass ich einen Text von ihm vertont habe, den er mitgebracht hatte. Das war die Nummer „Fallensteller“. Wir haben dann Demos aufgenommen und ein neues Album vorbereitet. Damals hat wirklich jemand von der Plattenfirma, der Mitarbeiter Horst Lüdke von der A&R-Abteilung, gesagt: „Da geht noch was! Heiner, Du hast bestimmt noch irgendeinen Titel in der Schublade, der noch hitmäßiger ist“, wie er sich ausdrückte. Der Mann hatte Recht, ich hatte noch was in petto, kann man ja auch nicht „Nein“ sagen, wenn man so nett gefragt wird...Heinz hat einen super Text drauf geschrieben und das war - glaube ich – ein wesentlicher Punkt in unserer Zusammenarbeit, dass uns das gelungen ist.

 

Ab wann war denn klar, dass Ihr zusammen arbeiten wolltet?
Eigentlich bei diesem ersten Treffen 1985 im März, wo wir uns bei mir zuhause getroffen haben. Er hatte mir dann auch spontan zugesagt. Er sagte, er würde jetzt auch nicht weiter suchen. Heinz hat sich noch mein kleines Studio angeschaut, damals noch mit Otari-8-Spur-Maschine, und er fand das alles ganz inspirierend bei mir...

 

Ich hab gerade herausgehört, dass Du zwar sehr lange im Kunze-Team warst, aber jetzt nicht mehr. Warum?
Das erste Mal bin ich aus einer Situation heraus ausgestiegen, die ich von der Plattenfirma sehr unglücklich fand. Das war im Jahre 2002. Die Produktmanager gaben Heinz solche Ratschläge wie: „Such Dir mal ne junge Band“, „Such dir mal neue Produzenten“, und so was. Ich weiß nicht, aber an diese Patentrezepte der Plattenfirma habe ich nicht geglaubt, und bevor ich störe, gehe ich lieber selber. Ich habe Heinz gesagt: „Du, probier das gerne selbst aus. Kein Problem.“ Daraufhin hat er eine Platte mit einem anderen Team, mit jüngeren Musikern und einem anderen Produzenten, aufgenommen, und ich glaube, er war nicht wirklich glücklich damit. Und der Hit war das auch nicht... Dann ergab es sich durch eine sehr erfolgreiche Musicalarbeit, die ich mit ihm weitergeführt habe, dass wir gemerkt haben, dass es immer noch sehr viel Spaß macht, zusammen zu arbeiten. Dann hab ich`s noch mal versucht und weitere zwei Alben für ihn produziert. Und das scheiterte letztendlich an Personalien… ich habe mich einfach nicht mehr wohl gefühlt. In der Zusammenarbeit mit seinen neuen Musikern gab es Probleme, denn ich habe mit denen keine gemeinsame Sprache gefunden, und umgekehrt die mit mir auch nicht. In so einer Situation muss man dann auch sagen können: „Das funktioniert nicht, lass es sein!“ Da Heinz aber gerne mit diesen Musikern weiterarbeiten wollte, hab ich mich eben zurückgezogen und mir gesagt: “Dann machst Du jetzt mal was Eigenes. Ich versuche es einfach mal.“

 

Nichtsdestotrotz, Du sagtest es ja schon, Du und Heinz Rudolf Kunze werden auch in Zukunft wieder mal zusammen arbeiten...
Ja, das tun wir auch, denn wir haben auf der anderen Seite noch Projekte, die für uns sehr erfolgreich gelaufen sind. Das ist einmal die Entwicklung von Theaterstücken. Wir haben eine Reihe von Shakespeare-Theaterstücken zum Musiktheater bearbeitet und das wurde hier in Hannover bereits sechs Jahre gespielt. Da sind über 100.000 Leute gewesen, das war also richtig erfolgreich. Wir haben aktuell gerade mit unserem Partner Hannover Concerts einen 5-Jahresvertrag unterschrieben, der uns ermöglicht, im Gartentheater in Hannover-Herrenhausen unsere inzwischen drei Shakespeare-Muiscals in den Sommermonaten Open Air zu zeigen. Ein phantastisches Ambiente dort für diese Art Unterhaltung.

 

Auf Deiner Webseite steht, dass Du außerdem Produzent bist und dein eigenes Studio hast. Seit wann hast Du ein eigenes Studio?
Das hab ich auch schon sehr lange, ich glaube seit 1979.

 

Oh, doch schon so lange...
Ich habe ganz klein und „very basic“ angefangen mit einem Vierspurstudio, habe dann zur Zeit, wo ich Heinz kennen gelernt habe, eine Achtspurmaschine gehabt und das hat sich dann weiter entwickelt bis zu einem richtigen, großen Studio mit großen Bandmaschinen, und heute eben auch mit einem sehr aufwendigen Computersystem, mit dem aber richtige Instrumente aufgenommen werden können. Ich habe mir dann 1993 einen Traum erfüllt: Neben meinem Wohnhaus wurde noch ein Haus gebaut, in dem das Tonstudio untergebracht ist und das ich nur für Musikprojekte nutze.

 

Wer hat bei Dir schon alles produziert? Oder entstehen dort grundsätzlich nur Deine Projekte?
Das ist schon mein musikalisches Wohnzimmer... Aber man kann auf meiner Homepage www.heinerluerig.de genauer nachschauen, man muss nur unter Produzent gucken und da unter Diskographie. Dort findet man erstmal eine ganze Menge, was ich mit Heinz gemacht habe, und zwischendurch auch hier und da Produktionen, die mit anderen Künstlern entstanden sind. Aber du musst dir das einmal so vorstellen: Wenn man mit einem Künstler wie Heinz Rudolf Kunze zusammen arbeitet, der einen ernormen Ausstoß an Ideen hat, und dann auch noch in der Band mitspielt, ist das ein ziemlicher Teufelskreis. Du denkst dir ein Album aus, dann nimmst du es auf, spielst es auf Tournee und anschließend kommst du nach Hause und musst gleich wieder anfangen zu komponieren, weil nächstes Jahr das neue Album kommen soll. Das ist vielleicht das einzige, was mich in der Zusammenarbeit mit Heinz über die Jahre auch belastet hat, dieses Hamsterrad: Von der Bühne kommen und schon wieder für das nächste Jahr und das nächste Album komponieren zu müssen. Ich hatte den Eindruck: „Ich brauche mehr Pausen, bis mir wieder gute Titel einfallen.“ Man muss sehr darauf achten, dass man den Spaß an der Sache behält.

 

Was hast Du eigentlich vor Deiner Zeit bei HRK gemacht? Ging es da auch schon in den professionellen Bereich?
Ja, ich habe vorher schon in einer Band gespielt, mit der ich auch einen Plattenvertrag bekommen habe: „Bernward Büker Bande“. Mit dem Projekt waren wir bei EMI Electrola und haben mit denen zwei LPs aufgenommen. Das war das einzige professionelle Projekt, das ich vorher gemacht hab. Ich hab davor in diversen Amateurbands gespielt. Ich spiele ja nicht nur Gitarre, sondern auch Klavier und habe deshalb auch teilweise in Bands das Rock`Roll-Klavier gespielt, z.B. als junger Mensch in Hamburg auf der Reeperbahn morgens um halb eins. Das kann ich mir heute nicht mehr so recht vorstellen, aber es war so.

 

Wie bist Du zur Musik gekommen? Infiziert durch den Musikunterricht in der Schule? Wann war der Moment, als für Dich feststand, dass Du mal Musiker werden möchtest?
Ich wollte nie Musiker werden. Das ist ja das Komische. Ich wollte auch nie ein Studio haben (lacht). Die Dinge kommen aber dann einfach so, die wollen zu einem… Ich wollte eigentlich Medizin studieren. Nach meinem Zivildienst habe ich fünf Jahre gewartet. An der medizinischen Hochschule in Hannover hab ich als Hilfskraft gearbeitet, um einfach in dem Thema schon ein bisschen drin zu sein. Damit habe ich meine Wartezeit auf den Studienplatz überbrückt. Ab 1979 habe ich dann nur noch Musik gemacht. Ich hab dieses kleine Studio aufgebaut mit allem, was ich so brauchte, um erstmal meine Produktionen vorzubereiten oder Ideen aufzuarbeiten. Das wurde teilweise für Bands als Proberaum genutzt. Ja, und der Rest entwickelte sich daraus.

 

Seid Ihr mit Heinz Rudolf Kunze auch live in der DDR unterwegs gewesen?
Oh ja!

 

Welche Erinnerungen hast Du an diese Reisen?
Das war sehr beeindruckend, weil es dort natürlich eine ganz andere Gefühlslage gab.
Wir waren das erste mal im Jahre 1987 dort. Weil ich vorher überhaupt keine privaten Kontakte in die DDR hatte, bin ich mit großen Augen dahin gefahren und war sehr angetan von der Herzlichkeit der Menschen. Die Situation des ständig vorhandenen Überwachungsapparates hat mich aber sehr bedrückt. Wenn man nach den Konzerten sozusagen wieder aus den Toren raus war, war das ziemlich befreiend. Ich konnte deswegen sehr gut nachempfinden, was die Menschen gefühlt haben, als 1989 die Mauer fiel und sie dann auch raus durften aus diesem Staat. 1989 waren wir das letzte Mal da, und wir haben gespürt, dass da soviel Energie war und dass irgendwas passieren würde. Man merkte, dass die Menschen sich das einfach nicht mehr gefallen lassen wollten, dort eingesperrt zu sein. Wir haben in dem Jahr viele Leute kennen gelernt, und auch nach den Konzerten intensiv mit ihnen gesprochen. Ich denke, wir waren ziemlich dicht dran an diesem Geschehen. Wir hatten damals ein Gespür, was passiert und haben geahnt, dass alles nicht mehr so sein würde wie vorher, wenn wir nächstes Mal dorthin fahren würden.

 

Hast Du zur Zeit der DDR von der Musik aus dem Osten etwas mitbekommen? Von Karat und Puhdys jetzt mal abgesehen...
Leider nein.

 

Hast Du sie dann später entdeckt? Da gab es ja außer Tino Eisbrenner noch andere ganz fantastische Sachen...
Ja klar, und teilweise hab ich davon auch über Tino erfahren, der von diesen Bands erzählt hat. Renft habe ich mir z.B. angehört. Eine wirklich spannende Musik. Bei unseren ersten Zusammentreffen haben wir viel Zeit mit Zuhören verbracht, um zu erfahren, wie man als Musiker in der DDR überleben konnte. Das hat mich sehr interessiert.

 

Ich nenn Dir jetzt ein paar Stichworte, bitte antworte ganz spontan, maximal in zwei Sätzen, was Dir dazu einfällt:

Castingshows?
Interessiert mich nicht.

 

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Klasse Musikstil

 

Neue Deutsche Welle
Kann ich mich noch gut dran erinnern.

 

Schlager
Damit kann ich nichts anfangen.

 

Musicals
Auch so ein besetzter Begriff...

 

Wirtschaftskrise
Wirtschaftskrise, Schweinegrippe... nächste Frage.

 

Nach „Schlager“ habe ich deshalb gefragt, weil man ja hier in Deutschland alles in Schubladen einsortiert.
Ich weiß...

 

Wenn jemand sagt, Hausboot ist ganz toller Schlager, was würdest Du dem entgegnen?
Da wird der Begriff Schlager auf etwas angewendet, wo er ganz bestimmt nichts zu suchen hat. Ich weiß ja, wenn ich richtigen Schlager höre, wie die musikalisch gemacht sind und worauf es da ankommt... oder besser nicht ankommt.

 

Meistens ist es Schlager, wenn nicht harte Gitarren drauf sind und auf Deutsch gesungen wird.
(lacht) Wahrscheinlich ist es dann in diesem Sinne Schlager. Diese Entscheidung, eben keine Brettgitarren zu verwenden und diese Lieder in ihrer Substanz so zu belassen wie sie sind, macht aus den Titeln aber noch lange keine Schlager. Aber wer entscheidet darüber...?

 

Möchtest Du unseren Lesern noch etwas sagen oder fällt Dir etwas ein, das Du noch loswerden möchtest?
Ich habe keine Anliegen, die ich hier loswerden möchte (lacht). Ich stehe morgens auf und sage: „Der Tag kann gut werden“, und meistens gelingt es auch. Ich bin ein positiv eingestellter Mensch und hoffe, dass ich mit dieser Art viele Menschen erreichen kann.

 

Interview: Christian Reder
Übertragung: Steffen Huth
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Heiner Lürig privat, Pressefotos Hausboot
 
 
 
 
 

   
   
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