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Manchmal kommen einem Dinge in die Quere, die Pläne völlig über den Haufen werfen. Unsere geänderten Pläne sind dabei nur das kleinere Problem. Andere Beteiligte haben da weitaus größere! Der Reihe nach...Die Stern-Combo Meißen, später abgekürzt auch nur Stern Meißen genannt, ist eine 1964 von Martin Schreier, Norbert Jäger und Bernd Fiedler gegründete Art-Rock Band. Die SCM gilt heute als dienstälteste Rockband Deutschlands, und Schreier sowie Jäger sind als Gründungsmitglieder noch immer an Bord. Im nächsten Jahr feiert die Formation ihr 45-jähriges "Dienstjubiläum", weshalb die Einladung als Gast des Monats in unser Journal für 2009 schon längst beschlossene Sache war. Doch vor wenigen Tagen kam alles ganz anders... GANZ anders! Personelle Umbesetzungen und reichlich Unruhe in Reihen der Musiker und Fans machten es für uns absolut nötig, die Kapelle um Martin Schreier jetzt schon zu uns zu bitten. Den ehemaligen, im Juli entlassenen Musikern der Stern-Combo Meißen, haben wir hier an dieser Stelle auch Platz eingeräumt, um ihre Sicht der Dinge veröffentlichen zu können. Die Statements der Musiker Procop (bei uns übrigens das erste Statement von ihm zur Sache), Behm, IC Falkenberg und Nicolovius findet Ihr in einem Kasten etwas weiter unten auf dieser Seite. In zwei seperaten Interviews mit Thomas Kurzhals und Martin Schreier entstand ein Überblick über aktuelle und historische Geschehnisse rund um die Stern-Combo Meißen. Christian sprach mit dem "Kurzen" über seinen Wiedereinstieg, Knechtel Family traf sich mit Martin Schreier. Das Ergebnis beider Gespräche könnt Ihr exklusiv bei uns jetzt nachlesen. Viel Spaß...
 

 
 
 
Interview mit Thomas Kurzhals:

 

Nach sechs Jahren bist Du wieder zurück bei der Stern-Combo Meißen. Thomas, wie ist es dazu gekommen?
Letztes Jahr im August habe ich mir in Köpenick ein Konzert von "Stern" angehört. Ich habe eine Band vorgefunden, in der jeder für sich spielte. Es war nicht mehr das zu hören, was ich mir ursprünglich bei meinen Kompositionen vorgestellt und auch erwartet hatte. Die Kurzfassung vom "Weißen Gold" hat mich dann glatt umgehauen. Viele Passagen und Übergänge lösten bei mir nur noch Kopfschütteln aus. Daraufhin ging ich zum Manager, Detlef Seidel, und sagte, dass es wohl besser wäre wenn man aufhören würde. Ich ging nach 50 Minuten enttäuscht nach Hause. In den darauffolgenden Wochen rief mich öfter Norbert Jäger an und sagte, dass ich wieder zurückkommen muss, denn ohne mich würde es nicht weiter gehen. Außerdem wären die innerbetriebliche Stimmung und Spannung mittlerweile so unerträglich, dass er und sein Kollege an den Tasten, Eghard Schumann, dem Gründer der Band, Martin Schreier, den Ausstieg erklären würden, falls dieser Zustand nicht geändert würde. Nun gingen bei mir doch wieder die "Relais" an, und ich begann zu überlegen. Für und Wider gingen im Kopf hin und her. Ich dachte, dass ich doch ein wichtiges Stück Leben in der Stern-Combo Meißen gelassen habe. Und nach meinen Konzerteindruck in Köpenick kam in mir immer mehr das Verlangen auf: Das muss ich ändern, mit so einer Qualität kann doch nicht der Name Stern-Combo Meißen irgendwann zu Grabe getragen werden. Doch bevor das möglich war, musste ich noch mit Martin Schreier den Streit von vor sechs Jahren beilegen. Dass dies gelang, ist vor allem Norbert Jäger, dem dienstältesten Gründungmitglied und Egge Schumann zu verdanken, da diese immer wieder den Wunsch an Martin herangetragen haben. Also im Frühjahr 2008 machte ich dann den ersten Schritt und ging zu Martin. Ich machte ihm das Angebot zurückzukommen und das musikalische Zepter wieder in die Hand zu nehmen. Er winkte erst mal ab und sagte, dass in diesen schweren Zeiten, in denen Muggen immer weniger würden, man doch keine Band noch mal verändern könne. Nun was in den darauffolgenden Wochen heranreifte ergab das äußerst positive Gegenteil.

 

achtung 20130303 1098841270     Stellungnahmen:

Zur Sache möchten sich auch die entlassenen Musiker äußern. Diesen Platz räumen wir ihnen selbstverständlich auch ein. Klickt auf den jeweiligen Namen, und die Statements der vier Musiker können nachgelesen werden:


· IC Falkenberg
· Michael Behm
· Alexander Procop
· Frank Nicolovius

In mehreren Quellen war zu lesen, dass Ihr mit der Besetzung schon ein halbes Jahr lang geprobt haben sollt. Stimmt das?
Das stimmt natürlich nicht! Wahrscheinlich hat den einen Journalisten zur Pressekonferenz unser Mini-Konzert so beeindruckt, dass er annehmen musste, wir hätten schon ein halbes Jahr geprobt. Wahr ist, dass wir uns erstmals im Mai trafen, und dann zweimal im Juni und kurz vor dem Baabe-Konzert drei Tage mit PA und Lichtanlage geprobt haben. Diese kurze Probezeit war möglich, weil in der Stern Combo nun hervorragende Musiker und nicht zu vergessen ein hervorragender Sänger ihr bestes geben. Außerdem kommunizieren wir nicht mehr mit "Buschtrommeln" sondern mit Noten.

 

 

Was war der ausschlaggebende Punkt für einen neuen Sänger und personelle Umbesetzungen bei SCM?
Das Problem, dass Reinhard Fißler durch seine Krankheit nicht mehr aktiv mitwirken konnte war natürlich auch das Hauptproblem der Band. Wenn also die Combo noch mal erfolgreich durchstarten will, geht das nur mit einem Sänger, der sich in keiner Gastrolle befindet, sondern mit seinem ganzen Herzen und vollem Einsatz zur Verfügung steht. Und das, was in den letzten Jahren in der Combo als Kompromisslösung stattfand, hat auch mit zum allgemeinen Qualitätsschwund geführt. Was die personelle Umbesetzung der Positionen Bass, Schlagwerk und additional Keyboard anbetrifft, ist dies das Ergebnis, wenn man sich erhaben lächelnd über alles was im musikalischen Sinne in der Stern-Combo Meißen Positives vollbracht wurde stellt.

 

Einige Leute reden auch davon, dass das nicht die "feine Art" gewesen sei, wie die Umbesetzung - einige reden auch von Rausschmiss - abgegangen sein soll. Weitere Beschreibungen für die Vorgehensweise waren "unmenschlich" und gar "unprofessionell". Wie siehst Du die Sache?
Im Profilager gibt es diesbezüglich keine Faustregel. Jede Umbesetzung hat eben ihre Ursache. Wenn das Maß voll ist, gibt es meistens keine anderen Lösungen mehr.

 

Bei der Pressekonferenz in der vergangenen Woche habt Ihr der Öffentlichkeit schon einen kleinen Einblick in das gegeben, was demnächst zu sehen und hören sein wird. Welche wichtigen Änderungen habt Ihr denn jetzt schon vorgenommen?
Also erstens wird unser Sänger Larry B. im Zentrum stehen. Die meiner Meinung nach beste Rhythmusgruppe aller Stern-Combo Zeiten wird sich in die Herzen der Fans grooven. Darauf aufbauend werden in kürzester Zeit neue Songs entstehen, auch in Vorbereitung einer CD zum 45. Jubiläum der Band. Und jeden, der zu uns kommt, wird unsere Freude am Live-Spielen mit Sicherheit begeistern. Das war auch schon zum ersten Konzert in Baabe zu merken.

 

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Laut des Berichts einer anderen Internetseite soll sich Norbert Jäger an dem Tag nicht sehr gut benommen haben und soll an der Stelle der Pressekonferenz, wo über ICs "Entlassung" gesprochen wurde, lautstark applaudiert haben. Diese Wahrnehmung der Geschehnisse ist nur dort zu lesen. Ist da was dran?
Nun ja, der Betreiber von ostmusik.de, auf dessen Seite der von Dir angesprochene Bericht steht, sollte sich in Zukunft doch um eine unparteiischere und objektivere Berichterstattung bemühen. Bestes Beispiel ist das Team von "Deutsche-Mugge", bei Euch klappt das ja auch. Dass Michael Behm anwesend war, und durch bewusste Zwischenrufe gestört hat, ist dem Betreiber von ostmusik.de, der ja bei der PK vor Ort war, aber wohl entgangen.

 

Einige Fans haben sich auch über das in der Melodie & Rhythmus erschienene Interview und speziell über die Aussage, man wolle die Klassiker "entkernen", aufgeregt. Hast Du dieses Interview auch gelesen? Was hältst Du von diesen Aussagen?
Dieser gequirlte Aufsatz ist ein treffsicherer Bumerang.

 

Seit zwei Tagen gibt es einen Blog bei MySpace von Frank Nicolovius (siehe auch Kasten oben), der auch diverse Dinge kritisiert und seine Entlassung überhaupt nicht nachvollziehen kann. Hast Du seine Stellungnahme gelesen?
Ja, kopfschüttelnd, fast bedauernd. Er hätte besser noch mal Korrektur lesen sollen, bevor er seine Stellungnahme online stellt.

 

Glaubst Du, dass es einen Namensstreit um "Stern Combo Meißen" geben wird, ähnlich dem damals bei KARAT?
Nein, das wird sicher ausbleiben. Die Rechtslage ist eindeutig.

 

Du firmierst als "musikalischer Leiter"? Stimmt das, und welche Aufgaben hast Du damit übernommen?
Na, ich würde sagen, dass bei mir vieles zusammenfließt. Einer muss schon diesbezüglich die Verantwortung übernehmen. Bei Projekten mit Orchestermusikern ist das besonders wichtig. Aufgaben wären zum Beispiel Partitur schreiben etc. Bei umfangreicheren Werken schreibe ich für die Kollegen Einzelstimmen mit Studierzeichen. Dadurch werden die Probearbeit und die Verständigung erleichtert. Trotzdem soll jeder Kollege Vorschläge oder Ideen beim erarbeiten neuer Stücke einbringen.

 

Was wird es in Zukunft von SCM geben? Die Planung eines neuen Albums hast du vorhin ja schon erwähnt...
Ein neues Album ist nicht nur geplant, sondern es wird schon bald daran gearbeitet. Geplant ist es, eine neue CD pünktlich zum Jubiläum abzuliefern. Wir hoffen, dass wir im Zeitplan bleiben können.

 

Der Titel, den Du für Thomas Natschinski geschrieben hast, "TNTK08" stand auf der Setlist Eures Baabe-Auftritts. Wirst Du ihn mit zur Stern Combo nehmen?
Ja, wir werden ihn spielen. Die Kollegen freuen sich schon drauf.

 

Wie wird die Stern Combo jetzt mit Dir klingen?
Die Stern Combo klingt jetzt wieder wie in den 70-zigern, aber so, dass es auch ins neue Jahrtausend passt. Als Keyboards sind auch Orgel und Mini Moog für die meisten Solopassagen mit am Start. Dazu sprühen wir vor guten Ideen, die die Zukunft von SCM rosig aussehen lassen. Technisch haben wir uns über all die Jahre auch weiterentwickelt.

 

Der Sachsendreier ist in den letzten Jahren live sehr beliebt gewesen. Bleibt es dabei, dass die SCM weiterhin an diesem "Dreier-Treffen" teilnehmen wird?
Ich denke schon...

 

Tja, Thomas... damit sind wir auch schon am Ende. Möchtest Du abschließend noch etwas sagen?
Ich freue mich, dass ich wieder in der Stern Combo zurück bin. Ich freue mich auch, dass zwischen all den Kollegen die Chemie stimmt. Es macht unheimlich Freunde miteinander zu musizieren. All unseren Fans sende ich viele Grüße. Wir werden unser bestes geben. Bleibt schön neugierig und vor allem gesund.

 

 

Interview mit Martin Schreier:

 

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Eigentlich ist es keine große Affäre, wenn Bands sich personell verändern. Daß sich Musiker musikalisch nicht mehr verstehen und deswegen getrennte Wege gehen, kommt alle Tage vor. Tausendfach. Rock- und Popgruppen, die nur wenig oder gar keine Umbesetzungen in ihrer Geschichte stehen haben, sind rar. Auch in der DDR-Szene war das so, insbesondere, da das Land von überschaubarer Größe, die Musikszenerie dennoch vielfältig und variantenreich war. Es gab ein immerwährendes "Bäumchen-wechsel-dich"-Spiel, wenn Musikanten mit ihrer Situation unzufrieden waren. Das galt auch für den Nachwuchs. Oftmals rückten junge, hungrige Musikschulabsolventen nach, wenn ein Mitglied eine Gruppe verließ. Gerade die Stern Combo Meißen ist ein Paradebeispiel dafür. In den 44 Jahren ihres bisherigen Bestehens gaben sich über vierzig Personen die Klinke in die Hand und für viele war die Combo das Sprungbrett in ein individuelles Musikerdasein. Und dennoch geht auch bei einer in Sachen "Personalkarussell" so erfahrenen Band nicht immer alles glatt und reibungslos vonstatten, wie man an der aktuellen Situation unschwer erkennen kann. Nicht weniger als vier teilweise langjährige Mitglieder mußten die Combo verlassen und wurden durch einen neuen Sänger und drei andere ehemalige Kollegen ersetzt und das kurz vor dem 45. Geburtstag der Stern Combo. Seitdem rauscht der Blätterwald gewaltig, diskutieren Fans und Interessierte kontrovers und überschreiten dabei hin und wieder die Grenzen guten Geschmacks. Auch einige der betroffenen Musiker machten ihrem Unmut öffentlich Luft, was zwar verständlich und nachvollziehbar ist, in Form und Ausdruck jedoch nicht überall auf Zustimmung traf und trifft. Auch nicht bei Martin Schreier, Leiter und einziges durchgängig dabeigewesenes Gründungsmitglied der dienstältesten Rock-Gruppe mit DDR-Vergangenheit. In einem langen und offenen Gespräch schilderte er uns die Zusammenhänge und Ursachen, die zum "großen Knall" führten. Er tat das ruhig, sachlich, ausführlich und durchaus selbstkritisch. Und natürlich konnten wir ihn nicht ohne weiteres entlassen, ohne auch über die lange und wechselvolle Geschichte der Stern Combo gesprochen zu haben...
 
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Das interessanteste und heiß diskutierte Thema derzeit ist die personelle Veränderung bei Stern. Schildere doch bitte mal aus deiner Sicht, wie es zu dem Entschluß kam, diesen radikalen Schnitt zu machen. Wie hat sich die Bandsituation zuvor dargestellt? Man hatte durchaus den Eindruck, die Band sei intakt... War sie es?
Nein, das schien nur nach außen so. Intern jedoch hat es schon gewaltig gebrodelt. Das hatte bereits vor längerer Zeit begonnen... Vorausschicken möchte ich allerdings erstmal, dass ich die Situation, wie sie jetzt eingetreten ist, in gewisser Weise bedaure. Grundsätzlich hatte ich nämlich gar nicht vor, die Band zu verändern und dafür auch keinen zwingenden Anlaß gesehen. Es war alles soweit okay, wir haben unsere Muggen souverän absolviert und uns auch gut verstanden. Leider kam es dann zu einer ganz blöden Entwicklung, die sukzessive an der Substanz und dem Zusammenhalt der Band ganz erheblich genagt hat. Es ging dabei hauptsächlich um die Erfindung der "Unplugged"-Variante durch meinen Freund IC, das war der Stein des Anstoßes, der anfangs von uns gar nicht so ernst genommen wurde. Wir dachten nicht, daß das plötzlich eine so große Relevanz annehmen könnte, sondern hielten das lediglich für eine Idee, die man eben mal so hat und über die man diskutiert, die aber letztlich wegen absolut geteilter Meinung innerhalb der Gruppe nicht zur Durchführung kommt. Es ist schon eine Weile her, daß der Gedanke aufkam, so in der Mitte des letzten Jahres, würde ich sagen, und seitdem schwelt das Thema. Bei der Hälfte der Band wurde der Vorschlag von Anfang an und unmißverständlich als nicht praktikabel angesehen. So etwas ist natürlich innerhalb von Gruppenstrukturen eine sehr schwierige Situation, und so hätten die Befürworter der Sache - allen voran der, der sie initiiert hatte, nämlich IC - von der ersten Sekunde an sehen müssen, daß ein Plan, hinter dem die halbe Band nicht steht, nicht funktionieren kann und von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.
 
 
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Angekündigt war das Akustik-Projekt zum 45. Bandgeburtstag im nächsten Jahr. Vorgestellt haben es IC und Michael Behm in der Melodie & Rhythmus. Dabei fiel auf, daß du weder auf dem abgedruckten Bild zu sehen, noch im Interview selbst involviert warst. Wie ist das zu erklären?
Da muß ich weiter ausholen...

 

Nur zu!
Also, die Situation stellte sich so dar, wie gerade geschildert. Die Hälfte der Gruppe, die die Akustikgeschichte nicht befürwortete hatte die Idee abgehakt und befasste sich nicht mehr ernsthaft damit. Allerdings haben wir immer wieder über diverse Umwege erfahren, dass die anderen vier Kollegen bereits intensiv daran arbeiteten und das über eine längeren Zeitraum. Wir haben uns darüber immer gewundert und konnten uns das nicht erklären, haben sie ab und zu zur Rede gestellt, was das denn werden soll. An dieser Stelle ist erwähnenswert, dass ich vor Jahren selbst die Idee hatte in kleiner Besetzung für die "Saure-Gurken-Zeit", aber nicht unplugged, aktiv zu werden. Diesen Gedanken habe ich nach Gesprächen und eigenen Überlegungen verworfen, da es mit Sicherheit zu atmosphärischen Störungen in der Band gekommen wäre. Um den Faden wieder aufzunehmen: Die Lage spitzte sich im Laufe der Monate immer mehr zu, weil wir merkten, daß unsere Freunde und Kollegen - gegen die ich übrigens nach wie vor keine bösen Gefühle oder Feindschaft hege, mit Akribie an der Sache dranblieben. Sicher aus verständlichen Gründen, denn man dachte wohl, daß man in der Zeit, in der keine Open Airs stattfinden, einfach schön in Clubs spielen könnte. Ein nachvollziehbarer Gedanke, aber immer problematisch, wenn nicht die ganze Band mitgenommen wird. Und bei uns wurde das tatsächlich zum Problem. Jedenfalls ging die Entwicklung hinter den Kulissen Monat für Monat weiter und verfolgte uns regelrecht, obwohl darüber nicht weiter gesprochen wurde. Wir merkten, daß da faktisch eine Spaltung der Gruppe stattfand. Wenn wir zu Konzerten fuhren, separierten sich die vier Kollegen, um über ihre Pläne zu sprechen und waren immer ganz euphorisch und bei uns anderen sank die Stimmung dadurch immer mehr. Es entstand ein mentaler Riß zwischen uns. Für mich war das besonders schwierig, weil ich immer irgendwie dazwischen saß und beide Seiten versuchten, mich zu beeinflussen. Wobei ich nochmals erwähne, daß ich von Anfang an der Meinung war, daß "Stern Meißen Unplugged" nicht relevant sein kann. Auch musikalisch nicht. Wenn man Bands sieht wie Karat oder Lift, mit ihren Songs - da würde eine Akustik-Variante eher Sinn machen. Aber bei der Stern Combo spielte von jeher der massive Einsatz von Technik und Sounds eine tragende Rolle, sie hatte immer eine Mixtur aus großen Werken, klassischen Instrumentierungen oder Bearbeitungen und ganz komplexen Stücken mit geschichtlichem Inhalt am Start, die nach einer gewissen Form der künstlerischen Darstellung verlangen. An diesen strukturellen Fundamenten der Stern Combo rüttelten die Pläne der Unplugged-Abteilung ganz erheblich und da hätte ich zumindest großen Gesprächsbedarf gesehen. Und noch etwas hat mich sehr stutzig gemacht: Daß die vier Kollegen sich in ihrem stillen Kämmerlein ausdachten, daß ihnen der Name "Stern Combo Meißen" nicht gefällt und sie das Projekt "Stern Meißen" zu nennen gedenken. Also, eine Umbenennung der Band, ohne mich zu konsultieren, ist natürlich ein Unding! Da war ich ziemlich angefressen, als ich das erfahren habe. Man kann doch nicht mit zwei Namen unterwegs sein... Außerdem wurde Personalpolitik betrieben und so mir nichts dir nichts einfach mal ein Gitarrist für das Projekt eingekauft. Auch dafür hätte mir ein Mitspracherecht zugestanden... Und nicht zuletzt die beiläufige Entscheidung: "Wir machen eine Unplugged-CD zum 45. Bandgeburtstag..." So etwas muß doch besprochen werden! Es geht nicht an, daß vier Bandkollegen eine CD-Veröffentlichung planen mit einem Projekt, das intern umstritten ist. Das war schon alles starker Tobak, der Skepsis und Mißtrauen in der "Alt-Fraktion" verursachte. Aus heutiger Sicht betrachtet: Begründet und bewiesen. Trotzdem hat mich die Situation in der Band natürlich bewegt und ich suchte nach Auswegen. Ich bin nun eher jemand, der diese Dinge nicht konfrontativ sondern eher vermittelnd angeht, was ich übrigens schon seit 44 Jahren so mache. Aber es ist eben so im Leben, daß man an manchen Stellen klar reden muß und Kompromisse nicht mehr angebracht sind... Irgendwann regte sich in der "Unplugged-Abteilung" dann wohl auch das schlechte Gewissen darüber, daß man ganz alte Stern-Mitglieder wie Norbert Jäger oder unseren Manager Detlef Seidel und mich als Chef mit der Planung einfach überging. So tauchten sie eines Tages unangemeldet bei mir auf und setzten mich erheblich unter Druck. Mich wollten sie ja unbedingt gewinnen, da das Stück ansonsten keine Legitimität gehabt hätte, wenn ich am Ende mein OK nicht gegeben und mich nicht daran beteiligt hätte. Ich hörte mir alles an und überlegte: Was kann man jetzt machen, wie die Situation entschärfen, welche Kompromisse finden, die beiden Seiten gerecht werden? Sie redeten und redeten und ich sagte immer wieder: "Es kann nicht ein Teil der Band ein Akustik-Projekt machen und der andere bleibt außen vor. Das wird eskalieren und zum Bruch führen." Ich hegte auch tatsächlich den Gedanken, daß so ein internes Gezerre die Basis der Gruppe zerstört, ein Fortbestand keinen Sinn mehr hat und wir nach 45 Jahren Stern die Sache beenden. Dennoch habe ich versucht, eine letzte Einigung zu erreichen und dem Drängen nachgegeben. Ich sagte: "OK, ich habe zwar keinen Draht dazu und sehe auch keinen Sinn darin aber um des lieben Friedens willen: Laßt uns einen Versuch machen." Ich bezog mich also in die Sache ein, knüpfte daran aber ein paar Bedingungen, wie die, daß unser Manager weiterhin exklusiv tätig sein kann oder daß man immer angeschlossen und informiert ist. Ich dachte, das sei ein weiser Spruch und alles andere würde sich finden, wenn man erstmal darüber spricht, doch da habe ich mich geirrt und einen Fehler gemacht. Der Konflikt brodelte weiter und weiter, von den Absprachen wurde keine eingehalten, es wurde weiter im stillen Kämmerlein operiert, ich wurde nicht einmal angerufen oder gar zu einer Probe eingeladen, auch Detlef Seidel wurde über den aktuellen Stand der Dinge nicht informiert. Auf der anderen Seite verfinsterte sich das Befinden auch immer mehr, denn die beiden anderen Kollegen Norbert Jäger und Egge Schumann stellten die Kardinalfrage. Sie hatten nun überhaupt keine Anbindung mehr und wollten unter diesen Umständen nicht mehr mitspielen. Nun stand ich genau vor der Situation, die ich hatte vermeiden wollen und vor der Frage: Stirbt jetzt die Band oder wie geht es weiter? Ich grübelte tagelang, was zu tun wäre. Klar hing mein Herz an der Combo und an der Musik, die wir traditionell immer vertreten haben und die unsere Fans auch von uns hören wollen. Auch die anderen "alten" meinten, daß es doch schade um Stern wäre und daß sie die alte Musik gerne weiterspielen würden. Aber unter den gegebenen Umständen war das nicht mehr möglich, so daß nur noch eine Möglichkeit blieb, nämlich die andere Geschichte zu beenden und die Band umzubesetzen. Das Verhalten der "Unplugged-Fraktion" empfanden wir als Vertrauensbruch und die Gemeinsamkeit war spätestens im April '08 endgültig beendet. Dazu kommen noch weitere Dinge, die ich erwähnen muß: Ich hatte IC gesagt, daß die Akustik-Sache nur dann Bestand haben könne, wenn man gleichgewichtig an der traditionellen Stern-Ausrichtung weiterarbeitet und zwar mit dem Frontmann IC Falkenberg. Das war Bedingung, denn vor ungefähr zwei Jahren haben wir schon hier gesessen und darüber diskutiert, wie es nach dem endgültigen Ausfall von Reinhard Fißler weitergehen soll. IC hat sich von selbst angeboten und wollte die Position umfangreich übernehmen, einschließlich kreativer Aktivitäten für die Stern Combo Meißen. Daraus ist jedoch nie etwas geworden, vielleicht auch verständlicherweise, er hat viel zu tun, macht viele Solokonzerte, macht dieses Projekt und jenes Projekt... ich schätze ihn ja trotz allem auch heute noch. Er ist ein sehr fähiger, kreativer und fleißiger Mann, aber es hat mich schon schwer irritiert, daß er in Interviews und überhaupt in der Öffentlichkeit niemals davon gesprochen hat, daß er Bestandteil der Band oder aktuell dabei ist. Er gab sich stets als "ehemaliger Sänger von Stern Meißen" nie als derzeitiges Mitglied. Er hat seine Kreativität nur im Zusammenhang mit sich selber gesehen, nicht mit der Band. Und das wiederum erschien uns im Kontext mit der "Unplugged-Geschichte", wo die Grundidee von ihm ausging, als äußerst merkwürdige Konstellation, von der nichts Gutes zu erwarten sein konnte. Dies und das vorher Geschilderte machte uns sehr nachdenklich und stutzig. Die Atmosphäre wurde immer schlechter. Tja, und dann haben wir "alten" Kollegen uns im April noch mal zusammengesetzt und diskutiert: Geben wir die Band zum 45. Geburtstag auf und beenden die Geschichte aufgrund dieser ganzen Entwicklung, Interessenskonflikte und Teilung oder machen wir in anderer Besetzung weiter und trennen uns von den Kollegen? In dieser Zeit ereignete sich nun ein Umstand, der unsere Gedanken bezüglich einer Neu-"Alt"-Besetzung zusätzlich beförderte. Unser alter Kollege und ganz wichtiger Mitstreiter Thomas Kurzhals besuchte mich auf einen Kaffee - ich wunderte mich schon - und eröffnete mir, daß aller Streit begraben ist und er großes Interesse an einer Mitwirkung habe. Er hätte aus der Ferne mitbekommen was bei Stern abläuft, und es wäre ihm eine Herzensangelegenheit, der Band zu helfen und sie wieder nach vorne zu bringen. Das hat mich schon sehr gefreut, ich habe aber nicht gleich zugestimmt, sondern mich bedeckt gehalten.

 

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Bist du da nicht gleich vor Überraschung vom Stuhl gefallen?
Äh... nicht ganz. Wir hatten uns bei der einen oder anderen Gelegenheit schon vorher immer mal wieder getroffen und ganz normal miteinander geredet. Beim 70. Geburtstag von Klaus Schmidt hab ich sogar mit seiner Begleitung ein Stern-Combo-Lied gesungen. Das war sehr lustig und die zwischenmenschliche Atmosphäre sehr entspannt. Insofern war die Offerte ein paar Monate später nicht ganz überraschend. Jedenfalls, vor dem Hintergrund der Entwicklung und der Bandsituation spielte Thomas' Angebot eine große Rolle bei der Entscheidung und eröffnete uns auf einen Schlag eine Menge Möglichkeiten. Wir hatten ja sowieso große Probleme. Einerseits hielt IC seine Zusage nicht, der Band als Frontmann zur Verfügung zu stehen, und aufgrund Reinhard Fißlers Krankheit mußten wir uns mit einigen technischen Hilfsmitteln durchschlagen, um die Songs für die Fans einigermaßen gewohnt rüberzubringen...

 

Also Konserve?
Das würde ich jetzt nicht sagen. Das meiste ist live gespielt worden. Aber es gab technische Hilfsmittel in Bezug auf Backgrounds und anderes, die man aufgrund der bescheidenen Gesangsmöglichkeiten mit einbezog, was international durchaus üblich ist. Aber so richtig Freude dran hatten wir nicht. Insofern wäre die Mitarbeit von IC dringend erforderlich gewesen, daß er das live ordentlich rüberbringt und sich auch der alten Songs annimmt. Das zerfiel aber zunehmend, er war bei einer Mugge nicht da und bei der nächsten auch nicht und wir mußten uns durchschlagen und waren gar nicht glücklich dabei. Auch da war eine schwere Belastung der Band vorauszusehen und es gab etappenweise immer wieder die Überlegung, daß wir uns nach einem Ersatz für Reinhard Fißler umschauen müssen, denn IC als vielbeschäftigter Künstler verfolgte natürlich hauptsächlich seine eigenen Interessen. Das kann man ihm nicht anlasten oder vorwerfen, das ist ganz normal. Aber für uns war dadurch die Situation beschissen.

 

Man kann sich gar nicht so richtig vorstellen, daß IC die alten Stern-Songs singt...
Doch, hat er gemacht und er hat sich dabei auch viel Mühe gegeben! Aber so richtig sein Ding waren diese Stücke nie und wirklich glücklich gefühlt hat er sich dabei wohl auch nicht. Also, die alten Stücke zu singen wie "Also was soll aus mir werden" oder "Weißes Gold", das war klar nicht sein Ding. Er ist musikstilistisch eben auf einer anderen Baustelle zu Hause. Aber versucht hat er es und er hat es auch eine Weile durchgezogen.

 

Nehmen wir den Faden von vorhin wieder auf: Die Situation war verfahren und dann kam die Offerte von Thomas Kurzhals...
...und wir entschlossen uns, die Gelegenheit beim Schopfe zu fassen und die Band umzubesetzen. Was ich auch dazu sagen muß: Die Stern Combo war in den 44 Jahren immer Heimat für viele Musiker. Viele namhafte Musiker haben im Laufe der Zeit bei uns gesungen oder gespielt... Uwe Haßbecker von Silly, Peter Rasym von den Puhdys, Werther Lohse, Vroni Fischer... für sie und andere war die Stern Combo eine Zeitlang Heimat. Und jetzt waren zwei Musiker, die in den 80er Jahren einen Teil des Weges der Combo begleiteten und später nach der Wende bei Vroni Fischer waren, bereit, wieder bei der Stern Combo mitzumachen. Axel Schäfer (bg) und Frank Schirmer (dr) konnten wir für das Projekt zurückgewinnen. Also sind im Grunde genommen nur alteingesessene Stern-Leute wieder zusammen, um die Band nicht sterben zu lassen und sie weiter voranzubringen. Der andere Weg, das sage ich ganz deutlich, wäre ein Irrweg gewesen. Und ich lasse mich da auch von niemandem vom Gegenteil überzeugen. Im Zusammenhang mit Stern wäre eine Unplugged-Geschichte ein Irrweg. Dazu ist auch noch folgendes interessant: Ich wurde über die Aktivitäten der Akustik-Fraktion ja nie richtig informiert oder gar daran beteiligt, habe aber per Umweg über ein kleines Label, dem das Projekt angeboten wurde, erfahren, daß sich auf der geplanten CD zum größten Teil IC-Stern Meißen-Songs der achtziger Jahre befunden hätten. Und das unter dem Banner 45 Jahre "Stern-Combo Meißen"...
Da war mir zumindest in Grundzügen klar, woher der Wind weht. logo 20130303 1587365569Es tut mir für die anderen Kollegen sehr leid, daß sie sich da haben vereinnahmen lassen. Sie hätten aufmerksam werden und das Gespräch suchen müssen, was sie nicht ausreichend getan haben. Sie haben sich in ihrem Konglomerat - drei Kollegen plus Gast IC - uns gegenüber sehr mutig und stark gefühlt. Und ich muß gestehen, daß diese Stärke anfangs auch auf mich gewirkt hat, denn ich hatte ja niemals daran gedacht, deswegen die Band umzubesetzen. Dieser Gedanke entwickelte sich erst, als sich die Lage zuspitzte. In dem Zusammenhang muß ich noch eine weitere Sache erwähnen: Es geht mir wahrlich nicht darum, Geschichten zu erzählen, um weitere Konfrontationen zu provozieren, aber eine Begebenheit ist wichtig, um die Gesamtsituation richtig zu erfassen, weil sie mir einiges bewußt machte. Am 26. April 2008 hatten wir ein Konzert mit dem "Sachsendreier" in Rammenau bei Bischofswerda. Diese Sachsendreier-Muggen sind immer eine tolle Sache, weil viele Leute kommen und da möchte man natürlich immer sehr konzentriert sein und gut aussehen. Da passierte es, daß ich auf der Treppe zur Bühne von unserem Bassisten Alex Procop erfuhr, daß IC an diesem Tag die alten Stern-Combo-Songs nicht singen wolle. Keine Ahnung warum, ob er indisponiert war oder was auch immer. Das sagte man mir kurz vor der Show so nebenbei. Dies war für mich natürlich völlig frustrierend und bestärkte mich in der Entscheidung, die Band zu verändern. Denn es hat überhaupt keinen Sinn, in einer Band zu spielen, die nur von ICs Gnaden abhängt. Eindeutiger kann man gar nicht vor Augen geführt bekommen, daß es so nicht weitergeht. Von daher weiß ich genau, daß die Entscheidung die Band umzubesetzen, richtig war. Das einzige, was man uns mit Recht vorwerfen könnte ist, daß wir nicht schon eher die Konsequenzen gezogen und die Gretchenfrage gestellt haben.

 

Das steht tatsächlich auf unserem Zettel...
Ist ja auch richtig und ebenso stimmt es, daß wir nun unsererseits die Sache konspirativ betrieben haben. Aber um das korrekt zu bewerten muß man die Ursachen und die Grundvoraussetzungen kennen und einbeziehen. Wenn man die Diskussionen in verschiedenen Foren betrachtet... Heute hat sich ja auch unser ehemaliger Keyboarder Frank Nicolovius zu Wort gemeldet. Wenn ich lese, was er da von sich gibt, verstehe ich die Welt nicht mehr. Das tut mir auch leid und ich muß dazusagen, daß der Frank mir immer ein sehr sympathischer Mensch war, ist er jetzt noch. Daß er sich jedoch so nasführen läßt, hätte ich mir nicht vorstellen können. Klar, daß er jetzt aus allen Wolken gefallen ist, aber daß wir so konspirativ gehandelt haben, war doch faktisch nichts weiter als die Antwort darauf, wie sie sich die ganze Zeit verhielten. Und natürlich wollten wir, auch wenn das jetzt hart klingt, die letzten Konzerte nicht in einem totalen Stimmungstief mit verhärteten Fronten absolvieren, wo man sich auf der Bühne feindlich gesonnen gegenübersteht. Um das zu vermeiden, haben wir den Schnitt an dieser einen bestimmten Stelle gemacht: So Leute, bis hierher und nicht weiter, das war's für euch. Ich kann verstehen, daß mancher das nicht unbedingt als die "feine englische Art" empfindet und sehe das selber auch so. Nur war das eben der Situation geschuldet, die sich zu einem Punkt entwickelt hatte, an dem es nicht mehr anders ging. Interessant ist, daß es in der ganzen Szene - ich habe ja nun mit Dutzenden von Kollegen telefoniert, die mich wegen dieser Sache anriefen - zu 90% Verständnis gibt. Dafür, daß wir es gemacht haben und auch dafür WIE wir es gemacht haben. Und die meisten hatten vor allem deshalb Verständnis, weil sie die Story in der "Melodie & Rhythmus" gelesen hatten. Da schwante fast allen, die das gelesen haben, nichts Gutes, denn sie empfanden das, was da gesagt wurde, als Chuzpe. Wir selber übrigens ebenso und es war letztlich die Bestätigung für alles, was wir vermutet hatten. Ich habe das IC auch persönlich gesagt: "Mit dieser Geschichte habt ihr doch klar bewiesen, wie ihr denkt." Da war keine Rede davon, daß die "Unplugged-Sache" die ursprüngliche Gruppe nicht berührt und trotzdem an der eigentlichen Stern-Band weitergearbeitet wird. Nein, das kam vielmehr so rüber, daß SIE jetzt die Band sind, in den 45. reinfeiern und dafür eine Akustik-CD präsentieren. Und dann noch die Chuzpe zu sagen, daß die alte Musik "entrümplungswert" ist! Starker Tobak, kann ich nur sagen, starker Tobak... Also, ich hatte ja die ganze Zeit Gewissensbisse und habe mir viele Gedanken gemacht, konnte nächtelang nicht schlafen. Freude hatte ich dabei bestimmt nicht. Aber wir wurden leider geradezu dazu genötigt, so zu handeln, wenn es die alte, traditionelle Band weiter geben und in diesem Stile etwas Neues und Kreatives in Angriff genommen werden soll. Dazu war dieser Schritt zwingend notwendig, ganz klar! Nun haben wir ja in der "neuen" Besetzung schon eine Mugge gespielt, in Baabe auf Rügen, und die macht mich sehr sehr zuversichtlich. Ich will nicht arrogant klingen, aber wir sind dort mit sehr viel Spieleifer und einer prima Atmosphäre aufgetreten. Ich war total nervös, weil ich ja nicht wußte, wie die Leute uns und vor allem unseren neuen Sänger Larry B. annehmen würden... Doch es passierte genau das, was wir uns erhofft hatten und worüber ich mich sehr gefreut habe. Die Leute haben drauf gestanden und das Konzert war Klasse. Anschließend haben wir gleich Pläne gemacht für ein neues Programm und kreative Prozesse... der Optimismus ist damit in die Band zurückgekehrt. Und der wäre in der anderen Konstellation, mit welchen Kompromissen auch immer, nicht mehr möglich gewesen. Das ist das, was ich zu der ganzen derzeitigen Situation zu sagen habe.

 

Alles sehr interessant, du hast uns eigentlich auch fast alle Fragen vorweggenommen. Wir möchten aber trotzdem noch mal auf die "Melodie & Rhythmus"-Geschichte zurückkommen...
Ja?

 

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Also, wenn die Situation tatsächlich so war, wie eben geschildert und wir haben ja keinen Anlaß, das zu bezweifeln, verstehen wir überhaupt nicht, wieso man dann die "Problemfraktion" alleine auf die Öffentlichkeit losläßt und ihr somit erst die Möglichkeit verschafft, ihre Pläne einem breiten Publikum unter dem Banner "Stern Meißen" vorzustellen. Das macht irgendwie keinen Sinn. Wären wir selbst beteiligt gewesen, hätten wir gerade das unter allen Umständen verhindert...
Ach so, ja... Entschuldigung. Das hatte ich vergessen zu sagen... Da habt ihr natürlich völlig Recht. Es war so, daß der Kompromiß, der meine Beteiligung an der Akustik-Sache beinhaltete, irgendwann weggeschmolzen ist, weil die Voraussetzungen, unter denen er geschlossen wurde, nicht mehr gegeben waren. In dieser Situation rief mich Michael Behm an und sagte mir, daß ich zu einer Fotosession für die Unplugged-Variante kommen solle. Daraufhin teilte ich ihm mit, daß ich für diese Sache aufgrund der Ereignisse nicht mehr zur Verfügung stehe und das ganze als gescheitert betrachte. Das habe ich ihm ganz klar gesagt und er meinte: "Das ist aber schade Martin, da müssen wir noch drüber reden." So als Fazit. Ein paar Tage später rief er mich wieder an, diesmal wegen des Interviews. Da habe ich ihm genau dasselbe noch mal gesagt, habe auch erwähnt, daß ich IC als Frontmann oder Gast von Stern-Combo Meißen nicht akzeptieren und präsentieren kann, wenn er sich bei einem Konzert aus einer Laune heraus den alten Songs verweigert und ich das Projekt auch aus diesem Grunde ablehne. Da hätten doch eigentlich die Alarmglocken schrillen müssen! "Moment mal, uns kommt die Legitimität für das Projekt abhanden, da ist Diskussionsbedarf..." Aber sie haben das beiseite gewischt. Es wurde nichts besprochen, keiner rief mich an. Sie haben es ignoriert und das Interview in ihrem Sinne durchgezogen.

 

Ist damit zu rechnen, daß die Akustik-Geschichte von den "Ehemaligen" trotzdem durchgezogen wird? Und könnte es damit zu einem Streit um den Namen Stern Combo Meißen kommen?
Dazu kann ich nur sagen, daß sich mit dem Bruch unserer Zusammenarbeit die Akustik-Pläne zumindest unter dem Namen "Stern Meißen" erledigt haben. Wenn sie das in einer anderen Konstellation trotzdem machen wollen, z.B. unter dem Banner dessen, der es erfunden hat - also IC Falkenberg - , können sie es gerne machen, da habe ich kein Problem damit. Aber sie können natürlich nicht davon ausgehen, daß sie die Sache "Stern Meißen" nennen dürfen. Da müßte ich dann fragen: "Mit welchem Recht?" Wir haben uns dazu erstmal nicht geäußert sondern sind davon ausgegangen, daß die Vernunft den Kollegen sagt, daß es absurd wäre, wenn sie den Namen verwenden würden. Aber ich habe vor ein paar Tagen einen Brief von Frank Nicolovius bekommen, aus dessen Juristenchinesisch ich entnehmen muß, daß sie ihr Projekt wohl doch Stern Meißen nennen wollen. Das werden wir keinesfalls akzeptieren.

 

Du hast das Internet-Statement von Frank Nicolovius erwähnt. Darin wird Larry Brödel als Notlösung bezeichnet, die bei einem früheren Probesingen wegen Mangel an eigenem Profil und Ausstrahlung als ungeeignet empfunden worden war und jetzt lediglich wegen fehlender Alternativen den Posten des Sängers bekam. Mal abgesehen davon, daß es unserer Meinung nach ziemlich daneben ist, wenn jemand seine Wut am Schwächsten ausläßt (der ja gar nichts dafür kann) - jetzt steht die Aussage im Raum und man sollte sie vielleicht nicht unkommentiert lassen...
Ich halte diese Aussage für höchst unpassend und sie stimmt auch nicht. Wie erwähnt steckten wir irgendwann in der Bredouille, den Ausfall Reinhard Fißlers mit technischen Hilfsmitteln kompensieren zu müssen, auch weil IC bei dieser oder jener Mugge gar nicht dabei war, weil er andere Verpflichtungen hatte, was wir ihm nicht zum Vorwurf gemacht haben. Aber die Situation nervte schon gewaltig und wir kamen zu dem Schluß, daß wir einen neuen Sänger brauchen. Es gab da eine Art Casting, bei dem wir uns verschiedene Sänger anhörten, unter anderem auch Larry B., der mit Abstand den besten Eindruck hinterließ. Doch er war eindeutig der einzige, der die alten Songs tragfähig rüberbringen konnte. Er hat mir damals auch schon erzählt, daß er als junger Mann ein großer Fan der Stern Combo war und unsere Songs und Texte aus dem ff kannte. Das sagte mir, daß er nicht nur ein guter Sänger ist, sondern sich auch mit der Band identifizieren kann. Das stand als Fazit im Raum. Es gab keine Entscheidung, doch wir wollten noch darüber reden. Und in diesem Atemzug kam die Diskussion auf, daß es ja IC gibt, der als ehemaliger Frontmann der Gruppe die naheliegendste Lösung sei. Diese beiden Sachen fielen in etwa zusammen. Wir haben uns dann zusammengesetzt und mit IC geredet, der sich bereit erklärte mitzumachen und die Sache auch kreativ anzuschieben. Woraus dann ja, ich wiederhole mich, leider nichts wurde. So ist das seinerzeit gelaufen und deshalb stimmt die Aussage von Frank nicht.
In dem Zusammenhang muß ich noch mal erwähnen, daß wir kürzlich ein Konzert mit der neuen Besetzung gespielt haben, und da hat jeder gemerkt, daß Larry zu uns paßt, wie die Faust auf's Auge. Er ist ein prima Sänger und ein Klasse Rock'n Roller, den ich als sehr fähig einschätze. Von daher kann ich die herabwürdigende Darstellung von Frank weder teilen noch gutheißen. Er tut mir irgendwie ein bißchen leid. Ich frage mich angesichts seines Statements: War er an das Thema nicht richtig angeschlossen und konnte er deshalb die Probleme nicht einschätzen? Die Positionen, die er darlegt, sind mit Verlaub wirklich sehr eigenartig und unrealistisch. Da wird Ursache und Wirkung vertauscht.

 

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Habt ihr mit Reinhard Fißler gesprochen und wie steht er zu der Sache?
Wir haben mehrfach mit ihm gesprochen. Aber er befindet sich natürlich in einem Gewissenskonflikt und bezieht keine Position für die eine oder die andere Seite. Das kann man von ihm auch nicht verlangen, zumal er mit Michael Behm freundschaftlich verbunden ist. Ihm liegt jedoch viel daran, daß die Band in ihrer Substanz erhalten bleibt, in ihrem traditionellen Gewand.

 

Wie denkst du, werden sich eure Fans verhalten? Es gibt ja durchaus kontroverse Diskussionen...
...die beste Antwort, die wir geben können, sind gute Konzerte und alles, was kreativ nachkommt.

 

Da wären wir gleich beim Thema: Was habt ihr vor? Wird es komplett neues Material geben?
Es gibt eine ganz klare Absprache und den Konsens zwischen uns, daß wir eine CD zum 45. Jahrestag machen werden. Daran knüpfen wir unsere Zukunft.

 

Das Material wird sicher in die Richtung gehen, die man von der Stern Combo bis einschließlich "Stundenschlag" kennt...?
Das kann man so sagen! Wir werden zweigleisig fahren. Einerseits im funkig, groovigen Stil wie bei dem erwähnten CD "Stundenschlag" und mit einer Weiterführung unserer Klassikambitionen.

 

Du bist dir doch sicher klar darüber, daß die Geschehnisse euch jetzt unter besondere Beobachtung und auch besonderen Druck setzen? Die einen werden fieberhaft darauf warten, daß euch etwas mißlingt und die anderen hegen sehr große Erwartungen. Wie gehst du damit um?
Das ist mir sehr wohl klar und das läßt mich auch nicht kalt. Wir werden einfach versuchen, was die Musik angeht, mit besten Vorsätzen nach vorn zu denken und etwas Tolles auf die Beine zu bringen. Sonst hätte das alles ja auch gar keinen Sinn.

 

Habt ihr schon Pläne für den 45. Geburtstag und wenn ja, welche?
Das wird ja nun sowieso eine heiße Angelegenheit, weil die Fans von überall herkommen werden um sich anzuhören, was und wie wir jetzt spielen - in diesem Sinne: Laßt euch überraschen!

 

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Zeitsprung: Wann hast du dich entschlossen, Musiker zu werden? Und was waren deine Beweggründe?
Das kann ich ganz genau sagen. Ich habe mich entschlossen, Musiker zu werden als ich fünfzehn Jahre alt war und in die neunte Klasse ging. Mein drei Jahre älterer Bruder und ich waren beide große Fans von Little Richard. Das war ein phantastischer Musiker, den ich auch heute noch liebe. Kurze Zeit später kamen die Beatles und die ganze Popmusik, Rolling Stones, The Kinks, Small Faces... Das war eine Revolution und die hat mich total inspiriert, so daß ich mich spontan entschied: Ich werde Schlagzeuger und jetzt geht's los! Das Spielen habe ich mir autodidaktisch angeeignet, ich hatte ja keine musikalische Vorbildung, hab zwar mal eine Weile Klarinette gelernt, aber das konnte mir natürlich nicht helfen. Ich hatte damals einen Freund, mit dem ich immer im Kinderferienlager war, der konnte Gitarre spielen. Das war Benno Fiedler, der dann später Bassist der Stern-Combo wurde. Mit ihm bin ich heute noch befreundet. Und dann gab es bei uns in Meißen einen Steinbruch, in dem wir immer baden gegangen sind. Dort stand stets ein Fenster offen, aus dem Little-Richard-Musik tönte, zu der jemand am Klavier mitspielte. Das klang richtig gut und so stöberte ich den Klavierspieler mit Hilfe meines Bruders auf. Er hieß Norbert Jäger... Er kam dann dazu und so ging das los. Wir waren sehr enthusiastisch, haben erstmal ein paar Jahre im Amateurbereich die Bühnen unsicher gemacht und wurden irgendwann in den 70er Jahren Profis.

 

Der Legende nach fand das erste Konzert der Stern Combo Meißen auf einer Rentnerfeier statt. Stimmt das und wenn ja, wie kam es dazu und wie lief das ab?
Ja, das stimmt. Wir hatten also immer fleißig geprobt und alles rauf- und runtergespielt, was in den Charts und angesagt war. Soweit, öffentlich zum Tanz zu spielen - darum ging es damals - waren wir aber noch nicht. Trotzdem fragte uns jemand, ob wir nicht auf dieser Rentnerfeier spielen könnten, für die alten Leutchen. Also haben wir uns ein paar Unterhaltungslieder auftrainiert, alte Stücke wie "Im Wald da sind die Räuber" und solche komischen Faschingssongs und haben die dann auf der Feier ganz leise gespielt. Die Rentner waren sehr angetan, daß wir jungen Burschen das extra für sie gemacht haben.

 

Unter welchen Rahmenbedingungen seid ihr damals eurer Musikertätigkeit nachgegangen? Die 60er Jahre in der DDR waren doch sicher keine leichte Zeit...
Das ist absolut richtig. Das ging ja in alle Bereiche der damaligen Existenz als Musiker. Es war alles sehr schwierig, aber wir haben uns davon nicht beirren lassen und haben uns so gut es ging geholfen und praktisch durchgeschlagen. Die Probleme waren sehr vielschichtig und vielfältig. Einerseits mußte man üben, um musikalisch voranzukommen, andererseits mußte man arbeiten gehen, denn man war als Amateur per Gesetz dazu gezwungen. Außerdem mußte man sich auf dubiosen, oft auch gefährlichen Wegen das nötige technische Equipment besorgen, das es in der DDR nicht gab. Natürlich mußte man auch ständig vor den Behörden auf der Hut sein. Vorgeschrieben war 60:40, das heißt, nur 40% des Programms durfte aus Liedern bestehen, die nicht aus dem sozialistischen Lager kamen. Die restlichen 60% hatten sich aus eigenen Titeln oder solchen aus der DDR oder ihren Bruderländern zusammenzusetzen. Dieses Verhältnis war aber nicht das Hauptproblem, es hatte vielmehr noch einen großen Pferdefuß, der niederschmetternd war: Es gab die sogenannte V.E. (Verbotene Einfuhr, Anm. d. Verf.), die die meisten Songs betraf, die in den westlichen Charts zur Zeit angesagt waren. Doch genau diese Titel wollte das Publikum hören und wir haben sie natürlich auch gespielt, uns dabei aber erheblichen Gefahren ausgesetzt. Wir hatten unsere Spione, die die Spione der Staatsmacht aufzustöbern und uns vorzuwarnen hatten. Meistens ist das gelungen, manchmal aber auch nicht und dann war die Konsequenz ein regionales Auftrittsverbot. Das waren schon turbulente Zeiten...

 

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Bis zur ersten Schallplatte hatte die Gruppe schon eine beachtliche Anzahl an Entwicklungsstufen hinter sich gebracht. Beschreib doch bitte mal den musikalischen Werdegang der Stern Combo in den ersten 10 Jahren.
Wir haben als Amateure begonnen und waren sehr ehrgeizig, haben viel geprobt und geübt. In den 60er Jahren bis Anfang 1970 haben wir alle Amateurstufen durchlaufen. Man wurde als Band in der DDR eingestuft, daß heißt, man gab ein Konzert vor "offiziellem Publikum", wurde durch eine Jury bewertet und bekam anschließend eine Einstufung zugewiesen, mit der festgelegt wurde, wieviel Gage man verlangen kann. Die höchste Stufe war die Sonderklasse, damit war man dann Profi. Wir haben, wie gesagt, alle Stufen durchlaufen, und hatten auch den Ehrgeiz, immer die nächste Stufe zu erreichen. Irgendwann ging das aber nicht mehr weiter und gleichzeitig wurde die internationale Musik immer vielschichtiger und interessanter. Es kamen Cream, Jimi Hendrix, später dann Bläser-Bands wie Blood, Sweat & Tears, Chicago, Flock und Yes. Diese Musik hat uns sehr beeindruckt und inspiriert und sie führte zu einer Zäsur. Wir wurden uns klar darüber, daß wir es noch viel, viel ernster meinen müssen mit unserer Musik, jeder für sich selbst in seiner persönlichen, musikalischen Entwicklung und auch die Band als Ganzes. So gingen wir den Schritt in die vorläufige Professionalität und verbanden ihn mit Fern- und Abendstudium an der Musikhochschule Dresden. Wir erweiterten die klassische Rockbesetzung der Stern Combo durch drei Bläser und Veronika Fischer als Sängerin. Das war der Schritt ins Profilager. Unser Ehrgeiz ebbte aber nicht ab, wir haben im Gegenteil weiter sehr intensiv an uns gearbeitet. 1971 kam es zur ersten Produktion beim VEB Deutsche Schallplatten, der Song hieß "Ein Tag in der Stadt" und war gar nicht mal schlecht. Auch aus heutiger Sicht, ich habe ihn erst vor kurzem wieder mal gehört. Die Schritte zu einem komplett eigenen Programm waren in den frühen 70er Jahren aber noch eher zaghaft, das kam dann erst 1975 im Zuge einer erneuten Umbesetzung (Unter anderem kam Thomas Kurzhals. Anm. d. Verf.). Da wollten wir es dann wissen und mit einem Konzertprogramm nur aus eigenen Titeln bestehen. Und zwar ohne Gitarre, nur mit Keyboards und in der Stilrichtung, die wir heute noch als Basis der Stern Combo Meißen betrachten. Dafür wurde damals der Grundstein gelegt. Zunächst mit langen, komplexen Songs wie "Kampf um den Südpol" und klassischen Adaptionen, wie "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" (Mussorgsky), "Finlandia" (Sibelius) oder "Rhapsody In Blue" (Gershwin). Später kamen dann noch unsere Ambitionen zu rock-sinfonischen Werken hinzu, die ihren Ausdruck in "Weißes Gold" (mit klassischem Orchester) und "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" fanden. Gerade letzteres hat uns unglaublich viel Aufmerksamkeit und Anerkennung verschafft, da es alles andere als konventionell war.

 

Es waren vor allem zwei Projekte, die für Aufsehen sorgten: Zum einen das Programm "Poetisches Konzert Nr.1" mit Annekathrin Bürger und Rolf Römer und zum anderen die "Fusion" mit den Klosterbrüdern. Wie kamen diese Projekte zustande, was steckte dahinter, wie erfolgreich waren sie?
Also, zum "Poetischen Konzert Nr.1" müßte ich eigentlich sagen... und ich sage es auch so: Das war auch ein Irrweg. Es war nicht uninteressant, in dem Metier mal etwas zu tun, man konnte dabei viel lernen und kam dadurch auch mal in eine andere Künstlergilde. Doch für unsere eigentliche musikalische Entwicklung war das wenig relevant, wie wir seinerzeit schon festgestellt haben.

 

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Wie lief das ab? Ihr habt gespielt und Annekathrin Bürger und Rolf Römer haben dazu rezitiert?
So ungefähr. Und Annekathrin Bürger hat sogar im Chansonstil einen Titel gesungen, den wir begleitet haben. Entstanden ist das so: Wir waren eine sehr angesagte Band, die aber nicht so im öffentlichen Blickwinkel stand wie beispielsweise die Puhdys. Und genau so eine Gruppe wurde für ein Filmprojekt gesucht, bei dem Rolf Römer Regie führte und Annekathrin Bürger die Hauptrolle spielte. Der Film hieß "Hosteß". Durch unsere Freundschaft mit Nina Hagen sind wir da reingerutscht und haben dann mitgespielt. Als Musikband mit Nina Hagen, mit der ich übrigens auch persönlich sehr befreundet war. Und daraus resultierte dann die Zusammenarbeit bei "Poetisches Konzert Nr.1", einem Programm mit Gedichten von Johannes R. Becher (Schöpfer des Textes zur DDR-Nationalhymne "Auferstanden aus Ruinen", Anm. d. Verf.). Natürlich hatten wir großen Respekt und auch Ehrfurcht vor diesen beiden großen und bekannten Schauspielern, so daß wir nicht von vornherein "Nein!" sagen wollten. Wir haben uns darauf eingelassen, nach kurzer Zeit aber erkannt, daß das nichts für uns ist und die Sache wieder beendet. Die "Fusion" mit den Klosterbrüdern war dagegen eine Herzensangelegenheit und für die damalige DDR-Musikszene eine absoluter Akzent, das kann ich so angeberisch sagen. Niemand hatte bis dato so etwas auf die Beine gestellt oder auch nur daran gedacht. Beide Bands waren damals Musikgruppen, die noch ein bißchen im Schatten der größeren und etablierteren operierten, aber bereits eine sehr große Anhängerschar besaßen. Zu den Konzerten sind uns immer Tausende mit Parkern hinterhergereist und haben die Sicherheitsbehörden ordentlich aufgescheucht, denen das alles sehr suspekt war. Wir befanden uns mit den Klosterbrüdern in einer Art "Seelenverwandschaft". Wir haben uns gemocht, uns öfter getroffen, etwa bei gemeinsamen Konzerten oder in Raststätten und haben häufig rumgesponnen, daß wir echt mal was zusammen machen müßten. So kam mir die Idee, ein gemeinsames Programm zu erarbeiten. An dieser Stelle kam ein weiterer Freund von mir ins Spiel: Axel Gothe, der heute in New York wohnt. Er hatte vorher bei uns Bariton-Saxophon gespielt und mit uns an der Musikhochschule studiert. Er war immer ein fleißiger Musikarbeiter, hatte immer kontroverse und interessante Ideen... Und er hat für "Fusion" den größten Teil der Musik geschrieben. Leider gibt es davon kein Tondokument, auch deshalb nicht, weil einige der beteiligten Musiker später nach dem Westen gingen, einschließlich des Komponisten. Die Musik war eine großartige Mischung aus Jazz, Funk und Klassik der Richtung "Neue Musik". Das war nichts Populäres aber etwas ganz Besonderes, das wir mit eiserner Energie, eisernem Willen und großem Interesse durchzogen. Extra dafür hatte ein Freund von mir eine Tonanlage konstruiert, mit der wir Quadrophonie machen konnten! Also das Projekt war nicht nur musikalisch einmalig, sondern auch in der technischen Ausführung. Das war... das war ein Knaller! (Martin hat sich während der letzten Sätze in einen wahren Begeisterungssturm hineingeredet, der immer akzentuierter und lauter wurde. Wir merkten deutlich, wie stolz er noch heute auf die Geschichte ist. Anm. d. Verf.) Und überall, wo wir spielen, treffe ich heute noch Leute, die mich auf diese Sache ansprechen. Die Fans waren damals fasziniert davon, obwohl es eine sehr schwierige Musik war. Auch deshalb, weil wir als Musiker total hinter dem standen, was wir da machten und auf der Bühne überzeugten. Das war nicht nur eine Mugge oder irgendeine oberflächliche Geschichte, das war eine richtige Herzenssache. Es war auch eine Zäsur, wir erkannten, daß wir jetzt nicht mehr weiter Temptations und Emerson, Lake & Palmer nachspielen können, sondern eigene Musik machen müssen, mit der wir uns von anderen Bands durch spezielle Instrumentierung abheben. So entstand die Idee, nur noch mit Keyboards und ohne Gitarre zu spielen, denn in den Keyboards sahen wir die Zukunft. So spaltete sich Fusion wieder auf, Lothar Kramer kam zu uns und unser Gitarrist ging zu den Klosterbrüdern, aus denen dann Magdeburg und Reform entstanden.

 

Wie kam es zur ersten Schallplatte und dazu, daß es ein Live-Album wurde?
Das war auch eine ganz verrückte Geschichte... Ab 1975 waren wir ausschließlich mit eigenen Titeln unterwegs. Und natürlich haben wir versucht, mit AMIGA Kontakt aufzunehmen, denn die Schallplatte war der nächste logische Schritt. Der zuständige Musikredakteur, Dr. René Büttner, wollte aber partout keine Platte mit uns machen. Ich weiß bis heute nicht warum. Er hat immer abgeblockt und war einfach nicht zu interessieren. Das hat uns sehr deprimiert. Doch zum Glück hatten wir mit Walter Cikan einen sehr guten Freund, der Produzent beim Rundfunk war. Er hat auf unsere Musik gestanden. 1975 wurde "Der Kampf um den Südpol" im Rundfunk veröffentlicht und schlug ein wie eine Bombe! In sämtlichen Hitparaden war der Titel vertreten und sprang von 0 auf 1. Daran hatte niemand gedreht, das war einfach so und lag daran, daß wir durch unsere intensive Live-Tätigkeit einen großen Fanstamm hatten. Aber auch das bewegte Büttner nicht zum Umdenken, doch er konnte unsere Erfolge im Rundfunk und auf der Live-Szene nicht mehr so einfach abtun und bot einen Kompromiß an. Der Rundfunk sollte ein Konzert mitschneiden, das AMIGA dann für eine Platte übernehmen würde. So wurde es gemacht und danach gingen Büttner die Gegenargumente aus, denn die Platte wurde ein paar hunderttausend mal verkauft. Ab diesem Zeitpunkt konnten wir kontinuierlich LP veröffentlichen.

 

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Wie live war die Aufnahme letztendlich tatsächlich?
Bitte??? Na die war absolut live! A-B-S-O-L-U-T live, ohne jede Nachbearbeitung, die damals technisch gar nicht möglich gewesen wäre. Wir waren eine sehr fleißige Band und immer im Bestreben, auf der Bühne überzeugend und perfekt zu spielen. Da haben wir sehr viel Energie investiert, das hinzubekommen. Ich weiß noch ganz genau: Die erste Platte live einzuspielen mit unserer relativ komplizierten Musik, war eine Herausforderung sondergleichen für uns. Wir haben uns akribisch vorbereitet, intensiv geübt, damit bei dem Konzert ja nichts schiefgeht. Und das hat sich gelohnt, denn das Ergebnis spricht für sich.

 

Es wurde also wirklich nur ein einziges Konzert mitgeschnitten?
Ja, EIN Konzert. Im Chemiewerk Nünchritz.

 

Für die Texte war hauptsächlich Kurt Demmler zuständig. Wie kam der Kontakt zustande und wie war die Zusammenarbeit mit ihm?
Naja, Kurt Demmler war in der Szenerie ja bekannt, bekannt als sehr guter Textautor. Irgendwann haben wir den Kontakt gesucht, Meißen ist ja nicht weit von Leipzig entfernt. Er fand Gefallen an unserer Musik und hat dann phantastische Texte für uns gemacht. Natürlich haben wir uns auch gestritten mit ihm, er ist nicht ganz unkompliziert und von einer einmal gefaßten Meinung nicht leicht abzubringen. Da gab es schon manchmal Zoff, aber wir haben uns am Ende immer wieder vertragen und weiter gut zusammengearbeitet.

 

Wie entstand die Idee zu "Weißes Gold" und mit welchen Schwierigkeiten war die Umsetzung verbunden?
Eine ganz komplexe Geschichte... Die Idee, das heimatliche Thema aufzugreifen, stammte von mir. Mein erster Klassenlehrer, ein gewisser Herr Grossmann, hatte eine Novelle geschrieben über die Entstehung des "Weißen Goldes" und über das Schicksal des Erfinders Böttcher. Deswegen war ich an das Thema sehr angeschlossen, als Meißner sowieso. So kam ich auf den Gedanken. Umgesetzt haben es dann mehrere Kollegen gemeinsam unter Federführung von Thomas Kurzhals. Zunächst entstand eine pseudo-englische Fassung als Arbeitsgrundlage. Damit und mit besagter Novelle sind wir dann zu Demmler gegangen und haben ihn gebeten, einen guten Text dafür zu erstellen. Allerdings hat uns seine Interpretation überhaupt nicht zugesagt, sie erfaßte die Sache nicht so, wie wir uns das vorstellten. Die Texte waren sehr tiefgründig und philosophisch, wir vermißten aber einen naturbelassenen Anteil. Unsere Intension war eher "Heimatkunde, 7. Klasse". Und so haben Norbert Jäger und ich uns hingesetzt und beschlossen, Texte aus eigener Hand zu erarbeiteten. Norbert war lyrisch begabt, wenn auch handwerklich nicht so gut wie Demmler, und hat dann Texte geschrieben, die mehr unseren Vorstellungen entsprachen. Mit denen konnten wir besser leben, also haben wir sie auch genommen. Doch es kam natürlich, wie es kommen mußte: Demmler war sauer und es entstand ein in der DDR-Geschichte einmaliger Rechtsstreit zwischen einer Band und ihrem Texter. Es kam zum Prozeß in Leipzig, der mit einem Vergleich endete. Anschließend haben wir weiter mit Kurt Demmler gearbeitet...

 

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Wie habt ihr das Konzept auf die Bühne gebracht?
Es war ein rock-sinfonisches Werk und unsere Fans mochten diese experimentelle Musik, diese Mischung aus Rock und Klassik. Für die Bühnenpräsentation haben wir uns viel Mühe gegeben, sie dramaturgisch mit Bildwerfern aufgepeppt, um eine visuelle Unterstützung zu haben und natürlich auch wieder quadrophonischen Klang aufgefahren.

 

Die Stern Combo war seinerzeit mit einer, gerade für DDR-Verhältnisse, riesigen Anlage unterwegs. Wie habt ihr die eigentlich zusammengebracht? Wie aufgebaut, gepflegt, transportiert?
Ja... (lacht) das war schon immer ein besonderes Anliegen von mir, daß wir technisch auf höchstem Niveau operieren konnten und auch immer so ein bißchen voraus waren. Einfach etwas Besonderes in Sachen Qualität und Quantität auf die Beine zu kriegen. Was uns übrigens auch bis zum Ende der DDR gelungen ist. Natürlich war das stets ein sehr schwieriges Unterfangen... ich meine, wir haben als Band ganz gut verdient und wir Musiker auch, doch das meiste Geld floß gleich wieder in die Technik und in die Instrumente, wofür auch wir die üblichen Kurse bezahlen mußten, 1:5, 1:6 später 1:8... Das war schon ganz schön happig. Logistisch funktionierte das wie ein Betrieb, wir hatten mehrere Techniker und große Transportkapazitäten. Zum Schluß waren wir mit zwei großen LKW und zwei großen Hängern unterwegs und haben 15 Tonnen Material durch die Gegend bewegt, das dann alles auf- und nach dem Konzert wieder abgebaut und verstaut werden mußte. Einfach war es sicher nicht, aber das war es uns wert. Natürlich sind die Autos auch mal liegengeblieben, das gehörte dazu. Aber Muggen sind deswegen keine ausgefallen.

 

Mit "Der weite Weg" kam 1979 euer drittes Album auf den Markt. Neben den gewohnt ausufernd langen Artrock-Titeln gab es da auch schon Songs, die kürzer und kommerzieller waren, etwa "Der Motor" oder "Gib mir was du geben kannst". War das schon ein erster Versuch, die komplette Kunstschiene in Richtung "Diskorock" zu verschieben? Oder was waren die Hintergründe dafür?
Es hatte sich im Laufe der Zeit mehr und mehr herauskristallisiert, daß wir ein Problem hatten. Denn jedesmal, wenn uns Rundfunk und Fernsehen angesprochen haben, daß sie uns gerne spielen würden, erwiesen sich unsere Stücke als zu lang. Also habe ich angeregt, daß wir als Band auch den einen oder anderen Titel in kürzerer und kommerziellerer Form machen sollten. Wobei es so war - das sehe ich auch heute noch so - , daß "Gib mir was du geben kannst" unserem Habitus eher entsprach. Bei "Der Motor", obwohl der von mir ist, bin ich da skeptischer. So richtig bin ich mit meinem Machwerk nie klargekommen und habe auch nie richtig hinter dem Song gestanden, obwohl er sehr erfolgreich war. Selbst heute, wenn wir Konzerte spielen und den "Motor" weglassen, beschweren sich die Leute. Die wollen den hören.

 

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Mit "Der Motor" seid ihr damals auch im Fernsehen aufgetreten, unter anderem bei "Rund". Auch da habt ihr euch mehr als Normal-Rocker präsentiert, mit Latzhose und Bauchorgel. Als Sänger fungierte Michael Behm. Die Stimme, die dabei zu hören war, klang aber irgendwie gar nicht nach ihm...
Nee, die Stimme war ja auch die von Norbert Jäger (lacht). Er war aber zu dem Zeitpunkt nicht mehr dabei, weil er musikalisch andere Wege gehen wollte. Als uns die Leute von "Rund" in die Sendung einluden, wollten sie aber genau diesen Song haben. Und da ist uns halt nichts besseres eingefallen, als Michael Behm das Lied mit der Stimme von Norbert Jäger singen zu lassen. Die Episode ist nicht so glücklich aber wahr.

 

Die folgende "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" ging gewissermaßen wieder einen Schritt zurück. Gewollt oder Zufall?
Das war gewollt. Man kann ja nicht sagen, daß wir damals schon den Schwenk in Richtung kommerziellerer Musik gemacht hätten, trotz "Der Motor", der nur ein Tupfer war. Unsere Grundausrichtung blieb bei experimenteller und stilistisch schwieriger Musik. "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" hat viele Leute sehr begeistert.

 

Was steckte hinter dem Konzept?
Das kann ich gar nicht so genau sagen. Wir haben uns einfach darauf geeinigt, wieder ein rock-sinfonisches Werk anzugehen, das - zumindest was die DDR-Szene anging - Avantgarde ist. Das war unsere Zielrichtung. Die haben wir besprochen, konzipiert und ausgeführt und waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Inhaltlich gab es da gar nicht so eine genaue Vorstellung, die Texte hat Demmler auf den musikalischen Entwurf geschrieben.

 

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Das war das letzte "große Werk" der Stern Combo, die schon nicht mehr "Combo" hieß. Wieso eigentlich nicht?
Das hing damit zusammen, daß man uns nicht nach dem Westen fahren ließ, trotz großer und guter Angebote übrigens. Die Gründe habe ich erst nach der Wende erfahren.

 

Zwischenfrage: Gab es eine LP von euch im Westen?
Ja, gab es. Das hat ein gewisser Peter Schimmelpfennig gehändelt. Aber das hatte für uns keinen großen Wert, denn da die Band drüben nicht aufkreuzen konnte, war das gegenstandslos. "Weißes Gold" ist übrigens auch in Japan und Brasilien erschienen...
Jedenfalls hatte sich das West-Thema also erübrigt und wir sind statt dessen im Ostblock herumgefahren. Im Laufe der Zeit wurde uns der Name Stern Combo Meißen lästig. Wir waren damit nicht so recht glücklich und fanden ihn auch nicht mehr zeitgemäß, also haben wir uns entschlossen, das "Combo" zu streichen und nur noch als Stern Meißen aufzutreten. Das hätten wir natürlich nicht gemacht, wenn wir hätten im Westen spielen dürfen. Dort war ja nur eine Platte mit dem alten Namen erschienen, da hätte es für Verwirrung gesorgt, wären wir nur noch als Stern Meißen aufgetreten.

 

Und warum durftet ihr nun nicht rüberfahren?
Wie gesagt, wir hatten Angebote. Zwei Major-Firmen wollten unsere Platten herausbringen und eine große Agentur war bereit, eine Tour auf die Beine zu stellen. Für die waren wir ein vielversprechender Act. So eine kleine Provinzband aus dem Osten, die eine ganz besondere Musik macht. Und dazu noch deutsch, sehr experimentell und quadrophonisch. Für den westlichen Markt der 70er wären wir schon sehr interessant gewesen und ich bin überzeugt davon, daß die Band eine andere Entwicklung genommen hätte, wenn uns diese Möglichkeit nicht verwehrt geblieben wäre. Aber wir waren eine Band, die politisch nicht so ganz angepaßt war. Von dem großen öffentlichen Trara haben wir uns immer ein bißchen ferngehalten, da bewahrten wir uns stets eine gewisse Distanz. Klar, ganz ohne ging nicht, denn dann hätte die Konsequenz sein müssen, auszureisen. Das wollten wir nicht, da wir an unserer Heimat und unseren Familien hingen. Aus meinen Gauck-Unterlagen habe ich erfahren, daß ich in gewissen Kreisen als "politisch unzuverlässig" galt. Ich hatte in meinem Freundeskreis Leute wie Nina Hagen und Wolf Biermann, war beteiligt, als sich verschiedene Künstler der DDR gegen die Ausbürgerung Biermanns aussprachen und hatte auch immer eine sehr kritische Meinung zum System mit seiner fundamentalen, geschichtlichen Ausrichtung, die dem Stalinismus entsprang. Die Haltung des Ostblocks zu Dingen wie dem "Prager Frühling" oder dem "Sechs-Tage-Krieg" in Israel hat mich immer wieder auf die Palme gebracht. Und wie das eben so üblich war, waren zwei Dutzend Leute auf mich angesetzt, die alles "nach oben" berichteten, was ich so von mir gab. Das war letztendlich der Grund, warum wir im Westen nicht touren durften.

 

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"Stundenschlag" sah die Band in anderem Gewand und mit neuen Musikern. Trotzdem sind da unserer Meinung nach einige eurer schönsten Lieder drauf, die man auch heute noch mit der "klassischen" Zeit der Band verbindet. Die Balance zwischen leichter eingängigen, moderneren Songstrukturen und dem Kunstanspruch der bisherigen Combo schien gelungen. Wie siehst du die Platte aus heutiger Perspektive?
Das habt ihr soeben treffend formuliert, das könnte ich nicht besser sagen. Ganz genau so sehe ich das auch. Durch reinen Zufall habe ich mir kürzlich die Platte mit ein paar Freunden noch mal sehr konkret angehört. Ein befreundeter Tonmann war dabei... Wir waren sehr angenehm überrascht darüber, was wir da in den frühen 80er Jahren auf die Beine gestellt haben! Nicht nur vom musikalischen Anspruch her, sondern auch bezüglich der Songs selber und der Studioarbeit mit den bescheidenen vorhandenen Mitteln. Ein rundum gelungenes Werk, das sich auch heute noch sehen lassen kann.

 

Du hast in dieser Zeit auch angefangen zu singen. Einfach nur Lust gehabt oder wie kam das?
Ich habe ja die ganze Zeit über eine ganze Menge Songs geschrieben. Und da war halt mal einer dabei, der dem Reinhard einfach nicht lag. Rein von der Stimmlage her. Er hatte eine scharfe, funkige und zum Teil soulige Stimme. Bei diesem Song ("Leben möcht ich") war die Charakteristik jedoch eine andere. Und da habe ich mich dann zurückerinnert, daß ich in den 60er Jahren auch schon viele Songs gesungen hatte und wollte es einfach mal wieder versuchen. Das war natürlich recht lustig mit meinem sächsischen Akzent, aber es gab trotzdem einige, die das mochten. (lacht)

 

Warum wurde diese Form nicht beibehalten, sondern dann radikal zum Pop transferiert? Und warum habt ihr nicht gleich Nägel mit Köpfen gemacht und den Bandnamen geändert? Wäre das nicht konsequenter und für eure Fans nachvollziehbarer gewesen?
Äh... nee, das war ja anders. Wir haben bis Anfang der 80er Jahre unseren Stil weitestgehend durchgezogen, standen auch dahinter, da das unserer Ansicht von Musik entsprach. Aber es war auch so, daß wir als Profis davon gelebt haben und existentielle Fragen immer im Raum standen. Nun hatte sich der Musikgeschmack erheblich geändert. Es kam die "Neue Deutsche Welle", viele Bands machten einfache, schlichte Lieder und hatten damit riesigen Erfolg. Und es schwand das Interesse an der experimentellen, komplizierten und vielseitigen Musik, die wir bis dahin vertraten. Da haben wir ein Problem auf uns zukommen sehen. Freilich, hätte man uns unsere Angebote im Westen in den 70er Jahren wahrnehmen lassen, hätte sich an unserem Stil nichts geändert, davon bin ich fest überzeugt. Wir hätten das beibehalten, wären internationaler geworden und hätten ein ganz anderes Medienumfeld gehabt. Und auch eine viel größere Interessengemeinde als in der kleinen DDR. So aber mußten wir uns verändern und uns dem Zeitgeist anpassen, das war existentiell notwendig, einfach um weiter davon leben zu können. Wir haben uns jedoch trotzdem bemüht, vom handwerklichen Aspekt her eine gewisse Tendenz beizubehalten, nur eben alles auf ein einfacheres, nachvollziehbareres Gleis zu stellen. Anfangs, die ersten zwei-drei Monate - daran kann ich mich noch genau erinnern - hatten die Fans Probleme damit, IC als Ersatz für Reinhard zu akzeptieren. Das gab sich aber recht schnell und wir kamen zunächst mit "Wir sind die Sonne" wieder in die Hitparaden. Nach kurzer Zeit waren wir wieder so populär wie vorher, nur für ein etwas anderes Publikum... Klar waren einige Fans, die uns seit den 70ern die Treue gehalten hatten, enttäuscht. Dafür kamen neue und jüngere hinzu und wir waren immer noch eine angesagte Band. Es waren ja auch phantastische Musiker dabei, Peter Rasym am Baß, Uwe Haßbecker an der Klampfe. Thomas Kurzhals ging zu Karat, für ihn kam Andreas Bicking an den Tasten und am Saxophon. Also es blieb trotz allem eine handwerklich tolle Band.

 

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Wie wichtig empfindest du heute diese Pop-Phase von Stern?
Naja, ich habe diese Epoche eigentlich immer vertreten. Viele aktuelle und nicht mehr ganz so aktuelle Kollegen hatten damit stets ein bißchen Probleme. Mit der Ausrichtung der Band in den 80er Jahren und auch mit dem Frontmann. Als nach Reinhards Ausfall 2004 die Idee aufkam, mit IC einen altgedienten Stern-Mann zurückzuholen, stieß das nicht unbedingt auf allgemeine Freude, weil sich damit eben auch eine Episode verband, die bei manchen Musikern eher ungeliebte Assoziationen hervorrief. Das knüpft wieder an das Eingangsthema an. Diese plötzliche Gemeinsamkeit mit IC und seiner Idee von der "Unplugged"-Variante war mir auch vor diesem Blickwinkel schon sehr suspekt.

 

Wie habt ihr die Wende und die Zeit danach erlebt?
Das war eine historische Zäsur, die bis zum Lebensende Spuren hinterlassen wird. Im Bezug auf unseren eigentlichen Job, auf die Band war es zunächst natürlich niederschmetternd. Zu merken, daß man mit seiner Musik keine Chance mehr hatte... das war schon hart. Aber das mußte man akzeptieren. Es war auf einmal erreichbar, daß man Pink Floyd sehen konnte oder Michael Jackson. Dafür mußte man Verständnis aufbringen, daß sich das Interesse zunächst in diese Richtung legte. Es ging jedoch relativ schnell, daß man sich zumindest auf dem Gebiet der nun ehemaligen DDR wieder auf die alten Bands besann und auf die eigene Jugend. Persönlich muß ich sagen, rein ökonomisch und existentiell gesehen war die DDR für mich gemütlicher und leichtfüßiger. Dennoch würde ich sie nicht zurückhaben wollen, ich finde es gut, in einer pluralistischen, bürgerlich-demokratischen Gesellschaft zu leben und sehe auch gute Perspektiven für neue Generationen und meine eigenen Kinder.

 

Trotz Hartz IV und solchen Dingen...?
Natürlich kann man dem System kritisch gegenüberstehen, was ich auch durchaus tue. Ich lese jeden Tag die Zeitung und bin allgemein sehr politikinteressiert. Aber ich stelle mir auch die Frage, trotz aller Probleme, Zerrereien, Ungerechtigkeiten, politischer Blödheiten, die es so tagtäglich gibt: Gibt es eine bessere Alternative? Nein, die gibt es nicht und die gab es auch nie. Vielleicht wird es einmal etwas besseres geben, eine Gesellschaftsform, die gerechter und besser ist. Doch zur Zeit ist das Utopie

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Es hat einige Jahre gedauert, bis ihr als Band wieder aktiv geworden seid. Wie kam es dazu und mit welchen Vorstellungen und Zielen seid ihr herangegangen? Und wie sah dann die Wirklichkeit aus?
Das war eigentlich ganz einfach. Wir haben einige Jahre nicht gespielt, da hatte jeder mit sich selbst zu tun. Und dann kam Seidel an und sagte: "Mensch... MENSCH, war'n so schöne Zeiten und es gibt noch viele Fans von uns, die mich anrufen und diverse Veranstalter melden sich auch regelmäßig..." Und dann merkte man auch, daß so manche Band von damals wieder auftrat... Also gaben wir uns den entscheidenden Ruck und sagten: "Klar, laßt uns wieder spielen, just for fun..." Spaß haben, Freude haben, die alten Spielorte wiedersehen, unsere alten Fans treffen und unsere alte Musik mit den alten Kollegen wieder aufleben lassen. Das war so der Blickwinkel, aber natürlich lange nicht die Akribie und Power, die wir früher da reingesteckt haben, als wir noch 25 Jahre jünger waren. Das war die Situation. Und um den Kreis zu schließen: Ich hätte nicht gedacht und nicht gewollt, daß sich daraus das entwickelt, worüber wir anfangs gesprochen haben.

 

Für Schlagzeilen und volle Konzertsäle sorgte das Projekt "Sachsendreier" mit Lift und Electra. Wie entstand die Idee und welche Konzeption steckte dahinter?
Werther Lohse und ich tranken ein Käffchen bei mir und wir kamen auf die Idee, die drei sächsischen Bands, die sich vom Stil her sogar ein bißchen ähneln oder zumindest ähnliche Ambitionen hegen, zusammenzubringen und unter einem einheitlichen Banner zu präsentieren. Vielleicht wäre es für die Fans ganz interessant, wenn sie die drei alten Kunstbands aus Sachsen auf einem einzigen Konzert sehen können. Daraus entstand der Sachsendreier. Und jeder, der da mitwirkt und mitspielt, fährt immer gerne zu den Muggen!

 

Wird es weitere Konzerte in dieser Konstellation geben?
Das wird bleiben. Solange nicht eine Band aussteigt oder wir merken, daß es kein Interesse mehr daran gibt... Wir freuen uns auf jedes Konzert!

 

Wie denkst du über die heutige Musikszene?
Die ist ja so vielschichtig... Ich habe eine junge Tochter, die mir alles vorspielt, was so angesagt ist, so daß ich einigermaßen informiert bin. Aber im Grunde bin ich konservativ und hänge an meinen alten Zeiten. An den 60er Jahren, an Spencer Davis, The Mamas & The Papas, Moody Blues, Cream, Jimi Hendrix, die Bläserbands... das hat sich schwer eingebrannt. Heute ist alles sehr schnellebig und vielschichtig, aber gäbe es für alles das kein Interesse, wäre es ja nicht so. Die ganz kommerzielle Linie liegt mir persönlich nicht und mit Volksmusik kann ich erst recht nichts anfangen... In der Rock- und Pop-Welt gibt es jedoch viel Gutes, nur kann man das bei der vorhandenen Breite nicht mehr gänzlich erfassen. Man müßte sich täglich 10-20 CDs kaufen und den ganzen Tag damit zubringen, sich zu informieren. Das kann maximal ein Musikwissenschaftler machen...

 

Hast du Idole und Vorbilder? Wie sieht dein privates Musikprogramm aus?
Zum Beispiel die Band, die ich gestern in der Zitadelle gesehen habe: Chicago. Für mich beispielhaft. Solche Musikgrößen wie Michael Jackson, Jimi Hendrix, Steve Winwood... das sind meinerseits sehr verehrte Musiker. Die gab es übrigens auch in der ehemaligen DDR! Musiker, die ich sehr achte und schätze, z.B. Holger Biege. Ein großartiger Komponist und Sänger. Oder Franz Bartzsch, Andreas Bicking, Ed Swillms... Vor diesen Leuten habe ich damals den Hut gezogen und tue es heute noch. Selbst die Puhdys gehören dazu! Wer über eine so lange Zeit so erfolgreich und professionell bleibt, den kann ich nur bewundern, auch wenn ihre Musik nicht unbedingt meinem Geschmack entspricht.

 

Bei uns läuft im Moment eine Abstimmung über die Lieblingstitel unserer Besucher. Die Songs müssen entweder in deutscher Sprache gesungen sein oder von deutschen Interpreten stammen. Wie sähen deine Top-Ten aus?
Oh je, da gibt es so viele, was soll ich dazu sagen... Zum Beispiel schätze ich Grönemeyer sehr, da gab es so viele schöne Titel. "Bochum", "Männer" und das hier (fängt an zu singen) "Ooh, womit hab ich das verdient, daß der mich so blöde angrient..." (Martin meint "Was soll das?" von 1988, Anm. d. Red.). Find ich total Klasse. Auch den einen oder anderen Song von Xavier Naidoo, dessen Stimme mich so ein bißchen an Holger Biege erinnert...

 

Uns eher an Werther Lohse...
Tatsächlich ja? Was könnte man noch sagen... also, über diese Frage müßte ich jetzt länger nachdenken. Mir fallen auch so viele Songs aus der DDR-Epoche ein, die ich in meine Top Ten eingliedern würde. Genauso, wie aus der westlichen Szene...

 

Du kannst dir gerne noch ein bißchen Gedanken machen und uns später die Liste zukommen lassen...
(Er ist aber nicht zu bremsen) Da fällt mir gerade ein Titel ein von Franz Bartzsch, hier... hier... "Geh dem Wind nicht aus dem Wege".

 

Das waren die Puhdys...
Nee, nicht "Geh dem Wind...", Quatsch, was erzähl ich denn... "Wind trägt alle Worte fort"!

 

Lift!
Nee, das war Franz Bartzsch! Ein Song, den er auch selber gesungen hat.

 

Ja genau. Franz Bartzsch und Lift.
Ach so, ja. Stimmt. Ich glaube, da war sogar noch Gerhard Zachar dabei. Das war so ein Song, der mich damals absolut überzeugt hat! Oder "Der blaue Planet" von Karat, auch total Klasse! Oder das hier: (singt) "...in jener Nacht..." von Veronika Fischer. Nicht zu vergessen "Am Fenster" und das von Dirk Michaelis...

 

"Als ich fortging"
Richtig. Ein ganz phantastischer Song! In dieser Richtung... Ich würde sogar ein Lied aus der Stern-Ecke nehmen: "Also was soll aus mir werden". Den halte ich, nicht weil er von mir ist, sondern in Verbindung mit Reinhard Fißler und dem Text von Kurt Demmler, für den gelungensten Stern-Titel aller Zeiten. Wenn ich zehn Titel aus dieser Zeit aufzählen müßte, würde ich das mit dazunehmen. Ja, und aus der Westecke wäre auch dieser oder jener neuere Song dabei, zum Beispiel von Xavier Naidoo, da fällt mir aber jetzt der Name nicht ein... (stutzt) Und dann gabs von Holger Biege noch ein Stück! Moment, wie hieß der... den fand ich so Klasse. (singt) "Dadada dadadadada..."

 

"Sagte mal ein Dichter"
Genau! Ganz phantastisch... Da haben wir ja schon ein paar beieinander.

 

Richtig. Aber wir haben so den Eindruck, daß du dich mit dem Festlegen einer Reihenfolge schwertun würdest.
Stimmt. Also ich würde garantiert... garantiert... Aus heutiger Zeit gibt es auch noch ein paar andere Lieder, die mir meine Tochter immer vorspielt. Das sind ebenfalls Titel dabei, die absolut Klasse sind. (An dieser Stelle bremsen wir ab, sind aber überzeugt, daß Martin ein unverbesserlicher Musikfreak ist, der noch stundenlang über das Thema referieren würde, wenn man ihn ließe... Anm. d. Verf.)

 

Noch ein paar Worte an unsere Leser?
Laßt euch nicht ablenken von irgendwelchen Geschichten, die nebenbei ablaufen, wie aktuell bei uns. Die Priorität hat immer die Musik!

 

Herzlichen Dank für das offene Gespräch!

 

 
Interview: Knechtel Family, Christian Reder
Bearbeitung: kf, cr
Fotos: Pressematerial SCM + Stern Akustisch, Archiv Detlef Seidel, Martin Schreier privat
 

 

 

 


Stellungnahme: IC Falkenberg
 
Anmerkung der Redaktion: Wir haben von allen ehemaligen, im vergangenen Monat bei der Stern-Combo Meissen entlassenen Musikern, Stellungnahmen zur aktuellen Situation bekommen. Diese Statements (oder wie in diesem Falle Interviews) haben wir in der uns zugesandten Form belassen. Sie sind unbearbeitet und geben die Meinung der jeweiligen Musiker wieder.

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Stern Combo Meißen hat noch am vergangenen Wochenende gemeinsam gespielt. Wie kommt es, dass neben Ihnen noch Alexander Prokop, Frank Nicolovius und Michael Behm die Band verlassen müssen?
Nach dem Konzert in Sermuth wurde die komplette Band zusammengerufen. Ich dachte, es gibt News und wir reden über die Zukunft der Band. Dann wurde uns in sarkastischem Ton von Detlef Seidel, dem Manager der Band, mitgeteilt: "Ihr seid raus! Ihr braucht nächsten Sonnabend nicht nach Baabe zu kommen."
 
 

Welchen Grund hat Band-Mitbegründer Martin Schreier für diesen Schritt angegeben?
Der Vorwurf lautet, wir wären Separatisten. Dazu muss man folgendes erklären. Im letzten Jahr gab es die Idee, zum 45-jährigen Bandjubiläum ein Album "Stern Meißen – akustisch" aufzunehmen und eine kleine Tour daran zu koppeln. Dieses Vorhaben wurde Anfang März diesen Jahres von Martin Schreier befürwortet. Martin war immer offen für Kreativität und hat die Band über all die Jahre geformt und befördert. In dieser Band ist er der von allen respektierte Chef, ohne seinen Segen geht nichts.

 

Es heißt, nicht alle Bandmitglieder seien mit dem Projekt einverstanden gewesen?
Das ist richtig. Zwei wollten nicht mitmachen. Terminschwierigkeiten und praktische Erwägungen wurden als Gründe nach mehreren Gesprächen genannt. Wir fanden das schade, mussten das akzeptieren. Die Zeitschrift "Melodie und Rhythmus" hatte von dem Vorhaben gehört und bat um ein Interview. Leider sagte Martin Schreier, unser Bandchef, seine Teilnahme am Interview und am Fotoshooting kurzfristig ab, also blieben von den zum Interview eingeladenen nur Micha Behm und ich.

 

Vor wenigen Wochen erschien die Geschichte ...
Genau das wird uns jetzt auch vorgehalten. Obwohl Martin den gemeinsamen Termin, damals noch unverständlich für uns, absagte.

 

Für die vier ausgeschiedenen Musiker gibt es ja nun aber schon Nachfolger.
Thomas Kurzhals, Frank Schirmer und Axel Schäfer sind alte Stern Meißen-Leute. Ja, wir kennen uns alle schon sehr lange und gut. Sänger Michael Brödel ist ganz neu.

 

Das bedeutet ja aber, dass Ihnen ehemalige Kollegen in den Rücken gefallen sind?
Ja, es ist schade, dass man das so wahrnehmen muss. Mit Frank Schirmer und Axel Schäfer stand ich in den Achtzigern mit Stern Meißen vor ausverkauften Sälen, und ich hab mit ihnen mein letztes Soloalbum eingespielt. Für Micha Behm ist es der zweite Rauswurf. Gemeinsam mit seinem Freund und dem Ex-Stern Meißen-Sänger Reinhard Fißler musste er Anfang der Achtziger die Band verlassen.

 

Der neue Sänger, Michael Brödel, soll geäußert haben, dass die Band in der neuen Besetzung schon seit mehreren Monaten probt.
Das habe ich auch gehört. Es erstaunt einen ja schon. Ein solcher Personalwechsel, vor allem am Mikrofon braucht einen deutlichen zeitlichen Vorlauf, um dann auch bestehen zu können.

 

Wie gehen Sie nun mit der Situation um?
Ich bin sehr enttäuscht und traurig. Es ist keine Art und Weise, so mit Leuten umzugehen, mit denen man so lange Zeit gemeinsam auf der Bühne stand, es geht ja schließlich um vier Musiker einer Band. Ich finde es äußerst bedauerlich, dass die neue Stimme der Stern Combo Meißen vor einem so konfliktbeladenen Hintergrund an den Start gehen muss.

 

Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Ich produziere mein neues Album, das unter dem Titel "So nah vom nächsten Meer" am 19. September veröffentlicht wird. Mittlerweile ist das mein zehntes Soloalbum. Stilistisch bleibt es vielfältig und akustisch, allerdings mit einer starken Brise Elektronik. Ansonsten gehe ich davon aus, dass wir die Projektidee "Stern Meißen – akustisch", in welcher Form auch immer, weiterentwickeln und aufführen werden.

 

Das Gespräch führte Ivette Fischer für die Sächsische Zeitung, und wurde uns von IC Falkenberg zur Veröffentlichung bei Deutsche Mugge zur Verfügung gestellt.

 



Stellungnahme: Michael Behm

Anmerkung der Redaktion: Wir haben von allen ehemaligen, im vergangenen Monat bei der Stern-Combo Meissen entlassenen Musikern, Stellungnahmen zur aktuellen Situation bekommen. Diese Statements haben wir in der uns zugesandten Form belassen. Sie sind unbearbeitet und geben die Meinung der jeweiligen Musiker wieder.

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Hier ein paar Gedanken, die helfen können Licht in das Dunkel zu bringen. Ich meine die Geschehnisse der Band Stern Combo Meissen, die mir in meiner aktiven Mitgestaltungszeit von fast 20 Jahren sehr ans Herz gewachsen ist. 20 Jahre musikalische Mitgestaltung in der dienstältesten Rockband des verlorenen Landes.
Nun der Reihe nach, als Martin auf einer Fahrt zu einem unserer Konzerte die, seine Idee, äußerte, man müsste in abgespeckter Form unplugged spielen, um auch in den Wintermonaten in kleinen Klubs spielen zu können, war mir nach kurzer Überlegung klar, das geht aber nur, wenn wir alle Kollegen mit in das Projekt mit einbeziehen würden. Was Martin aber anders zu sehen schien, denn wie ich von meinen Kollegen erfahren musste, äußerte Martin kurz zuvor, dass er sich dieses Projekt ohne mich und Ecke Schuhmann vorstellte, entstehende Ähnlichkeiten sind rein zufällig: schon bei der Gründung des so erfolgreichen Sachsendreiers war ursprünglich geplant ohne viele der Leistungsträger aus den drei Bands auszukommen, um den Profit zu erhöhen, nachzulesen im Buch Sachsendreier.
Nicht desto trotz, ich war immer ein ehrlicher und fairer Zeitgenosse. Wie gesagt so getan, wir sprachen also mit allen Kollegen. Ecke Schuhmann winkte gleich ab:"… mir fehlt dazu die Zeit, ich habe viel zu viel mit meiner Volksmusiksendung (Silbereisen) zu tun, für die ich produziere, arrangiere und komponiere". Ich hatte allerdings das Gefühl, dass es ihm an Selbstvertrauen mangelte, sich da einbringen zu können, was ich aber nicht nachvollziehen kann. Ich entnehme das früheren Äußerungen von Ihm ´Ich kann doch froh sein hier spielen zu dürfen.
Norbert Jäger seinerseits sagte bei dem ersten Gespräch `ja das kann ich mir vorstellen`, jedoch hielt die Vorstellung nicht lange an und trotz vieler Telefonate zwischen mir und Norbert, blieb er dann beim nein. Wir wollten unsererseits nichts Unversucht lassen, um sie doch noch zu überzeugen, erstellten wir ein paar Demos, die wir Ihnen nach Fertigstellung präsentierten, anders als Martin Schreier und Detlef Seidel, die das Ergebnis als gut befanden, blieben die beiden bei Ihrem nein.
Da Martin uns Grünes Licht gab, dachte ich, wir sind erwachsene Menschen, jeder muss wissen was er tut und was nicht. Und vielleicht überlegen Norbert und Ecke es sich noch anders. Also forcierten wir die ganze Sache und meinerseits hielt ich die ganze Zeit über Kontakt mit Martin, setzte ihn über jeden unserer Schritte in Kenntnis .Natürlich ist mir beim letzten Telefonat, wo ich Ihn zum Fototermin bat und zum Interview mit der Melodie und Rhythmus nicht entgangen, dass er mit dieser seiner Entscheidung plötzlich wir er sagte Bauch-schmerzen bekam. Ich versuchte Ihm die Gründe zu entlocken, was mir jedoch nicht gelang. Daraufhin bot ich ihm an, wir müssten uns noch mal zusammensetzen, obwohl ich der Meinung bin, dass ein Bandchef, sofern er Probleme mit einer von ihm ins Leben gerufenen Idee sieht, sich doch selbst zu Wort melden und äußern sollte oder auch gegebenenfalls ein Veto einlegen muss. Vielmehr noch sollte ein Bandchef auch so ehrlich mit seinen ihn fast 20 Jahre "dienenden" Kollegen umgehen, dass er Konsequenzen und Veränderungen bespricht und lange Zeit vorher ankündigt und nicht wie hier geschehen, nebenher im stillen Keller und hinterm Rücken anschiebt, eine Nachvollziehbarkeit steht hier in weiter Ferne - heute weiß ich natürlich, dass zu diesem Zeitpunkt die neue Besetzung schon zwei Monate probte. Also sagte ich mir: Micha zum zweiten mal belogen betrogen, ich erinnere mich sehr gut an den Moment, damals als Reinhard und ich an einen Tisch in der Kneipe gebeten wurden und man sagt kurz zu uns: Ihr seid draußen! Ihr steht für die alte Sternmusik! Wir wollen etwas Neues machen. Ich hatte meinerseits aus Loyalität zu Stern Meissen Angebote von Silly, City und Karussel ausgeschlagen.
Heute das Gleiche, nicht etwa Danke Micha, sondern Tschüß: `Ihr seid draußen und zum nächsten Konzert braucht ihr gar nicht erst anzureisen!`. Ein Ausspruch von Bernd Aust nach einem Sachsendreier Konzert ´Micha du bist der Beste`´ ich frage: wieso? Aust:`Man kann Fehler machen aber du gibst immer 100 Prozent! ` Immer 100 Prozent gegeben und trotzdem am Ende mit lehren Händen dastehen, wie geht das zusammen.
Tja, Martin mir scheint, Ihr habt uns nicht verdient. Ich, der ich der größte Kritiker war, was das Zusammenwürfeln von Alt und Neu betraf , musste mich eines besseren belehren lassen, speziell in der Arbeit an der akustischen Umsetzung des Stern Repertoires habe Ich die wirklichen Fähigkeiten von IC Falkenberg kennen und schätzen gelernt und ich weiß das das auf Gegenseitigkeit beruht und das stimmt mich nun wirklich traurig, denn genau das gewachsene Miteinander war in den letzten Konzerten von den Fans und von uns zu spüren. Ich weiß all unsere Aktivitäten galten immer dem Wohle dieser Band, Stern-Combo-Meissen. Das haben wir, denke ich auch nach dem die Band nach der Wende nicht mehr existent war, und sie durch uns neu aufgebaut worden ist, bewiesen und im speziellen nach dem durch Krankheit bedingten Ausscheiden unseres Sängers Reinhard Fissler, wo wir die nicht zu füllende Lücke, die er hinterlassen hatte, mit unseren Gesangsaktivitäten neu inszeniert und die Lieder somit am Leben erhalten haben.
Für Halb-Play-Back-Aktivitäten entschuldige ich mich hiermit, bildet euch eine eigene Meinung bei einem unserer nächsten Konzerte mit "Stern Meissen - akustisch", ich kann es auch immer noch Live. Ich wünsche der Stern-Combo-Meissen trotzdem alles Gute. Wir werden gezwungenermaßen unseren eigenen Weg gehen müssen.
Euer Stern Schlagzeuger Michael Behm




Stellungnahme: Alexander Procop

Anmerkung der Redaktion: Wir haben von allen ehemaligen, im vergangenen Monat bei der Stern-Combo Meissen entlassenen Musikern, Stellungnahmen zur aktuellen Situation bekommen. Diese Statements haben wir in der uns zugesandten Form belassen. Sie sind unbearbeitet und geben die Meinung der jeweiligen Musiker wieder.

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"Okay, wir machen das jetzt so!". So lautete Martin Schreiers Entscheidung am 13.3.08 zum vorgeschlagenen, heftig diskutierten Akustikprojekt der vier entlassenen Musikern der SCM. Wie nahm das Unheil seinen Anfang?? Im Juli 2007 spielte die SCM im Rahmen des Sachsendreiers in Neubrandenburg. Wie immer herrschte auf der Bühne während des Konzertes geordnetes Chaos. Altstern-Sänger sangen, ohne das irgend jemand in der Nähe eines Mikrofons stand, Anfang und Ende eines Songs waren oft reine Glückssache. Warum war das so? Die Combo spielte seit 1999 zu vorproduzierten Playbacks. Alle Keyboards und Gesänge kamen zu 95% vom Band. Nur IC überzeugte durch echten Gesang und Bühnenpräsenz. Für die noch live spielenden Musiker und Sänger (Behm, Procop, Schmidt, Nicolovius ) war dieser Zustand unerträglich, da aufgrund der häufigen Pannen, bedingt durch sinnlose Sauferei und technischer Fehler, auch das Publikum deutlich merkte, dass die Stern-Combo nicht mehr live spielte. Auf der Rückfahrt nach Berlin wurde im Bandbus von Procop, Behm, Schmidt und Nicolovius die Idee geboren, eine unplugged Variante des Programms zu entwickeln, die in erster Linie ohne technische Hilfsmittel auskommt, und den Songs durch neue Instrumentierung und Arrangements eine moderne und völlig neue Qualität geben sollte. Leider stieß diese Idee bei Egge Schumann und Norbert Jäger auf kein positives Echo. Egge Schumann erklärte sofort er habe sowieso keine Zeit zum Proben irgendwelcher neuen Sachen, da er durch seine Arbeit als Schlagerproduzent voll ausgelastet ist. Norbert Jäger fehlte jegliche Vorstellungskraft für solch ein Projekt und er sah sich sowieso außerstande, die alten Sterncombo-Songs in einer anderen, als die über Jahre gespielte Varianten, merken zu können. Weiterhin sah er für sich ein schwerwiegendes logistisches Problem zu den Proben ständig nach Berlin kommen zu können. Auch Martin Schreier zeigte sich von dieser Idee wenig begeistert, da er eine völlig andere musikalische Vorstellung hatte. Hinzu kam von Schumann, Jäger und Schreier unterschwellig die Angst, wieder live spielen und singen zu müssen. Das hat uns (Procop, Behm, Schmidt und Nicolovius) trotz alledem nicht davon abgehalten, drei Songs bei mir im Studio aufzunehmen, um eine Diskussionsgrundlage für die anderen Kollegen zu schaffen. Am 7. Februar 2008 kamen alle Musikerkollegen (außer Norbert Jäger) und Detlef Seidel zu mir nach Stolzenhagen, um sich die Songs anzuhören und um noch einmal über die Realisierung dieses Projektes zu reden. Wieder erwarten haben die Demosongs Martin Schreier sofort überzeugt und auch der Manager Detlef Seidel fand das Produkt "gar nicht so schlecht". Dreh- und Angelpunkt aller weiteren Diskussionen war nicht mehr die Frage nach dem Akustikprojekt, sondern der Fakt, dass zwei Kollegen (Norbert Jäger und Egge Schumann) nicht an dem Projekt beteiligt sein wollten. Für Detlef Seidel war es undenkbar, dass es eine kleinere Variante der Stern Combo Meissen geben könnte, an der nicht alle beteiligt sind. Außerdem wurde die Diskussion dann unsachlich, als wir an den Punkt ankamen, dass für so ein Akustikprojekt auch andere Veranstaltungsorte und Veranstalter angesprochen werden müssen. An diesem Tage kamen wir zu keinem schlüssigen Ergebnis und die Entscheidung wurde vertagt. Am 18.03.08 gab Martin Schreier, nach bestimmt langem Überlegen, sein Jawort für diese neue und für uns alle musikalisch anspruchsvolle Variante der Musik der SCM. Von diesem Tage an gingen wir wieder dem Alltagsgeschäft nach, spielten weiterhin unsere Konzerte, ohne zu ahnen, dass Detlef Seidel und Martin Schreier schon längst eine Umbesetzung der Band vorgenommen hatten und die "Separatisten" durch andere Musikerkollegen ersetzt wurden. Die Band in neuer Besetzung probte bereits heimlich, während wir nichtsahnend unsere noch verbliebenen Konzerte spielten. Über diesen Vertrauensbruch und die Art des Umgangs mit mir, bin ich von meinem ehemaligen Bandchef und Musikerfreund Martin Schreier zutiefst enttäuscht. Ein gegebenes Ja-Wort ist für mich immer noch bindend. Im übrigen hatte Martin Schreier im Januar 2005 selber die Idee eine SCM-"Light"-Variante ins Leben zu rufen, um in den Wintermonaten ohne Egge Schumann und Michael Behm auf Clubtour zu gehen. Trotz alledem sehe ich der Zukunft dieses Akustikprojektes sehr zuversichtlich entgegen, denn es ist immer gut, wenn man als Künstler den Drang hat sich weiter zu entwickeln und verkrustete Strukturen hinter sich zu lassen.
Alexander Procop im Juli 2008

 



Stellungnahme: Frank Nicolovius

Anmerkung der Redaktion: Wir haben von allen ehemaligen, im vergangenen Monat bei der Stern-Combo Meissen entlassenen Musikern, Stellungnahmen zur aktuellen Situation bekommen. Diese Statements haben wir in der uns zugesandten Form belassen. Sie sind unbearbeitet und geben die Meinung der jeweiligen Musiker wieder.

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Für alle, die an den Vorgängen rund um die personelle Umbesetzung bei der Stern-Combo-Meissen vom 12.7.08 interessiert sind, habe ich versucht, an dieser Stelle mal ein paar persönliche Gedanken dazu zu formulieren:
In den verschiedenen Internetforen kursierten in den letzten Tagen die unterschiedlichsten Gerüchte und Spekulationen über den personellen Wechsel in der Stern-Combo, so dass ich es doch für nötig halte, als einer der Betroffenen, nun auch etwas dazu zu sagen, um so vielleicht etwas mehr Klarheit zu schaffen. Es hat selbst für uns unmittelbar Beteiligte einige Tage gebraucht, um zu realisieren, was da eigentlich vorgegangen war. Viele Fans rätseln, ob dies nun eine normale Umbesetzung, oder ein Rausschmiss war. Ich denke, es war auf jeden Fall das Letztere, die Umbesetzung diente lediglich der (heimlichen) Vorbereitung unseres Rauswurfs. Offiziell wird es seitens der Band nun so dargestellt, als ob es lediglich um einen neuen Sänger ging; dass auch noch drei weitere Kollegen, Alex Procop, Micha Behm und ich, zusammen mit IC Falkenberg von heute auf morgen gehen mussten, wird jetzt gerne übergangen. Es handelt sich dabei immerhin um Kollegen, die z.T. schon 15 Jahre in der Band gespielt hatten und bei denen man jetzt fast so tut, als wären sie nie da gewesen. Es ist ja nicht die alleinige Tatsache der Umbesetzung, die betroffen macht, sondern die Art und Weise, wie diese langfristig geplant und durchgezogen wurde, wobei man von langjährigen Kollegen und vermeintlichen Freunden belogen und hintergangen wurde. Man hat uns Vier regelrecht getäuscht und mit falschen Zusagen in Sicherheit gewiegt, um den Wechsel in Ruhe vorbereiten zu können und gleichzeitig Vorwände für dessen Durchführung zu schaffen.
Fakt ist, dass uns durch Martin Schreier persönlich Ende April grünes Licht für unser kleines Projekt Stern Meißen Akustisch gegeben wurde, wobei schon geklärt war, dass sich zwei Kollegen, aus unterschiedlichen Gründen, daran nicht beteiligen würden. Martins Mitwirkung stand zu diesem Zeitpunkt für uns außer Frage. Als wir daraufhin Initiativen bezüglich der Öffentlichkeitsarbeit starteten, hielt er sich plötzlich auffallend zurück und meldete erneute Bedenken an. Daher fanden Fototermin und Interview für "Melodie+Rhythmus" leider ohne ihn statt, wobei wir immer hofften, er würde seine geplante Teilnahme an dem Projekt doch noch wahrnehmen. Bei unseren Recherchen nach dem 12.7. fanden wir nun unter anderem heraus, dass bereits am 8.4.08 durch die Art-Agentur Seidel beim Patent-und Markenamt der Schutz der Namen „Stern-Combo-Meissen" und „Stern Meissen" beantragt wurde, also zu einem Zeitpunkt lange vor der Zusage an uns.
Ebenfalls jetzt im Nachhinein stellte sich heraus, dass vermutlich bereits seit ca. Anfang Mai mit den neuen Kollegen heimlich geprobt wurde. Daher ist wohl klar, dass es sich bei der ganzen Aktion um einen, seitens des Managements vermutlich schon seit Anfang des Jahres geplanten, Ausschluss von fast zwei Dritteln der Band handelt, mit dem Ziel, sich nicht nur unserer weiteren Mitwirkung zu entledigen, sondern möglichst auch alle weiteren künstlerischen Aktivitäten unsererseits, die irgendwie in Verbindung mit der Stern-Combo gebracht werden könnten zu unterbinden. Ich glaube, dass ein solcher Vorgang, selbst in der wechselvollen 44-jährigen Geschichte dieser Band einmalig sein dürfte. Als offizielle Begründung für diesen extremen Schritt muss nun unser sogenannter "Separatismus", mit dem Akustik-Projekt herhalten. Die wirklichen Gründe dürften jedoch viel komplexer sein und sollten vielleicht an anderer Stelle noch genauer beleuchtet werden – hier würde das jetzt den Rahmen sprengen.
Nur noch ein Wort zu dem "neuen" Personal: Die Entscheidung für M.Brödel als Sänger sehe ich als reine Notlösung. Er stand schon mal vor über einem Jahr zur Diskussion, war auch zum Probesingen gekommen, damals jedoch, trotz seiner stimmlichen Qualitäten, allgemein als ungeeignet empfunden worden. Es mangelte ihm wohl hauptsächlich an eigenem sängerischen Profil und Ausstrahlung, was für einen Frontmann der in der Tradition eines Reini Fissler und IC Falkenberg antreten soll, natürlich problematisch ist - SCM ist halt keine Cover-Band. Dass man sich nun doch für ihn entschieden hat, zeigt, wie schwer die Neubesetzung dieser Stelle war und dass einfach momentan kein besser geeigneter Mann zur Verfügung stand, aber mit aller Gewalt schnell ein "Ersatz" für IC hermusste.
Was mich persönlich am meisten irritiert ist die Neuverpflichtung von Thomas Kurzhals, dessen tiefes Zerwürfnis mit der Band ja erst zu meinem Eintritt bei Stern-Combo-Meissen vor fast sechs Jahren führte. So groß war damals die Erleichterung über seinen Fortgang, so tief schienen die Gräben zu sein, dass ich es immer für ausgeschlossen gehalten hätte, dass da jemals noch eine Zusammenarbeit stattfinden könnte. Es ist schon erstaunlich, dass all diese Probleme nun mit einem mal, zumindest momentan, nicht mehr existieren sollen. Man kann den Kollegen nur wünschen, dass sich Geschichte in diesem Fall nicht wiederholt. Inzwischen erfuhr ich noch, dass bereits im Dezember 2007 erste Gespräche zwischen T.Kurzhals und M.Schreier, bezüglich einer erneuten Mitwirkung, stattgefunden haben - ein weiterer Beleg dafür, wie absurd die Behauptungen sind, die Konkretisierung unseres Akustik-Projekts vom Frühjahr 08, oder gar das "Melodie+Rhythmus"-Interview vom Juni wären der Grund für die fristlose Kündigung gewesen.
Als Fazit kann ich sagen, dass es bei all dem nie um fairen Umgang miteinander ging, sondern nur darum uns auf möglichst unwürdige, erniedrigende Weise nachhaltig auszugrenzen und alle unsere, im Zusammenhang mit dem SCM-Repertoire stehenden, künstlerischen Bemühungen gleichzeitig zu torpedieren. Natürlich werden wir uns darum bemühen, dieses Kalkül nicht aufgehen zu lassen, aber es gibt schon Anzeichen dafür, dass uns seitens des SCM-Managements nun erst mal ein wenig die Schlammschlacht droht. D.Seidel hatte uns schon wenige Tage nach dem Rauswurf schriftlich und ultimativ dazu aufgefordert, einen neuen Namen zu wählen, der mit keiner Silbe an SCM erinnern sollte. Man kann sich nur wünschen, dass bei einigen Betonköpfen doch noch die Vernunft siegt und ein fairer Umgang miteinander wieder möglich wird.

F.Nicolovius, am 24.7.2008

 


   
   
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