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peter 20130228 1859592832Peter Meyer:
Der Mann, der gerne grunzen würde...

Ohne jeden Zweifel ist es das wichtigste Ostrock-Ereignis im nächsten Jahr: Die Puhdys feiern ihren 40. Bandgeburtstag. Logisch, daß die aktivste aller ehemaligen DDR-Rockgruppen eine ganze Menge vorhat, den Anlaß gebührend zu begehen. Die Tour startet am 1. Januar 2009 in der Berliner O2-World-Arena, eine neue CD wird folgen und allerlei andere Besonderheiten werfen ebenfalls ihre Schatten voraus. Reichlich Stoff also, der zu klären ist. "Deutsche Mugge" verlegte die Feierlichkeiten schonmal einen Monat vor und bat Tastenmann Peter Meyer um ein paar Statements. Und die sollten es in sich haben! Uns blieb nicht nur einmal die Sprache weg und wir versprechen euch eins: Euch wird es genauso gehen! Glaubt ihr nicht? Dann überzeugt euch selbst... und sagt dann nicht, wir hätten euch nicht gewarnt! Als zusätzliche Überraschung haben wir noch ein paar Fotos ausgegraben, die ihr garantiert noch nie gesehen habt... wir wünschen viel Spaß!
 

 

 
 
 
Hallo Peter, bevor wir starten: Gibt es eine Frage, die du unter keinen wie auch immer gearteten Umständen gestellt bekommen möchtest? Und welche und warum?
Nein, gibt es nicht. Ihr könnt mich alles fragen...
 
 

Super! Und los geht's. 40 Jahre Puhdys: Versuch bitte mal, mit einem Wort auszudrücken, was das für dich bedeutet.
Öh... mit einem Wort? Hm... (überlegt) Viel Freude!

 

Das sind zwei Worte... (grins)
OK. Dann Freude.

 

Ist das überhaupt noch etwas besonderes, wenn man im Grunde schon seit 30 Jahren an runde Geburtstage gewöhnt ist?
Naja, je höher die runden Geburtstage werden, desto bedeutender und besonderer empfindet man das schon, ganz klar. Der zehnte Bandgeburtstag war auch etwas besonderes, aber auf eine andere Art. Da hat man sich noch gar keine Gedanken gemacht, daß vielleicht auch mal der 20. kommt...

 

Überhaupt: Hättest du dir vor 30 Jahren vorstellen können, einmal 40 Jahre Puhdys zu feiern? Oder denkt man nicht in solchen Kategorien?
Nein, auf keinen Fall. Man hätte sich auch manches andere nicht vorstellen können, was so passiert ist nach den ersten Jahren. Aber 40 Jahre - das war soweit weg...

 

Woher kommt eigentlich die Motivation, nach so langer Zeit immer noch auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen?
Es macht einfach Spaß! Ich meine, die jüngsten sind wir nicht mehr... aber trotzdem noch auf der Bühne stehen zu können und Erfolg zu haben, soviel Applaus zu ernten und Sympathie entgegengebracht zu bekommen ist schon eine ganz tolle Sache, die die Motivation in sich trägt. Man erfährt immer wieder Bestätigung und hat viel Spaß dabei.

 

03 20130228 1066269532Ihr habt eine Menge vor im nächsten Jahr, beginnen wir mal mit der neuen CD: Was kommt da auf uns zu?
Dreizehn ganz tolle Lieder mit schönen Texten, die die 40 Jahre reflektieren. Die CD heißt ja "Abenteuer" und das bringt es auf den Punkt. Es geht um die vielen schönen Jahre mit unseren Fans und unsere Erlebnisse.

 

Wie sind die Songs entstanden? Wer ist für die Kompositionen und Texte zuständig?
Das hat alles Maschine gemacht. Die Kompositionen und auch die Texte.

 

Woher kommt heutzutage die Inspiration für neue Titel?
Also, was die Musik betrifft, hat Maschine ständig neue und tolle Ideen, die sicher auch immer wieder von neuen Bands und persönlichen Favoriten beeinflußt werden. Doch auch wenn er und wir alle von der Musik inspiriert werden, die um uns herum läuft: Am Ende entsteht bei uns immer Puhdys-Musik, die als solche erkennbar ist.

 

Womit beschäftigen sich die neuen Texte?

Das hängt immer mit dem Umfeld zusammen und was so passiert... Wir haben in den 40 Jahren sehr viele unterschiedliche Dinge erlebt, das spiegeln die Texte wider. Sie sind letztlich ein Dank an die Fans für das "Abenteuer Puhdys", das seit so langer Zeit jeden Tag von neuem beginnt.

 

Im Januar beginnt die große Tour zum Geburtstag. Werden wir besondere Shows erleben? Ist mit Überraschungen zu rechnen?
Auf jeden Fall. Allerdings möchte ich noch nicht so deutlich sagen, was da im einzelnen passiert. Unser erstes Konzert findet am 1. Januar in der O2-World statt, dann folgen neun Auftritte im Lande, Dresden, Rostock, Erfurt... Dann sind wir nächstes Jahr auch wieder mit "Ostrock in Klassik" unterwegs, im Frühjahr "unplugged" im Westen, im Herbst im Osten. Im März zur Buchmesse wird ein neues Buch vorgestellt und im Mai in der Burg Storkow eröffnet eine Puhdys-Ausstellung.

 

Oh, eine Ausstellung? Was wird es da zu sehen geben?
Also, Kurator der Sache ist Quaster. Er sammelt schon seit Jahren alles, was es von den Puhdys so gibt. Fotos, Poster, Geschenke unserer Fans, viele davon selbstgebastelt... Das alles wird da zu sehen sein.

 

11 20130228 2072595812Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß z.B. Harry Jeske und Gunther Wosylus nächstes Jahr mit euch auf der Bühne stehen?
Das... kann ich im Moment nicht sagen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist...

 

Wie ist eigentlich das Verhältnis zu diesen beiden?
Von Gunther haben wir lange nichts mehr gehört. Er ist ja in Hamburg und beschäftigt sich mit Studioeinrichtungen. Irgendwann war er auch mal wieder bei einem Konzert von uns, das ist aber schon wieder zwei, drei Jahre her... Soviel Kontakt gibt es zu Gunther nicht. Bei Harry ist es so, daß er die Hälfte des Jahres, wenn hier schlechtes Wetter ist, auf den Philippinen wohnt. Wenn er die andere Hälfte des Jahres hier ist, dann wohnt er in Wismar. Und (fängt an zu lachen)... wir werden ja oft gefragt, ob wir noch Kontakt zu Harry haben und er ist ja auch so ein Verrückter... Als wir vor ein paar Jahren genau zu der Zeit, in der er eigentlich in Deutschland ist, in Wismar gespielt haben, war er gerade in Spanien im Urlaub. Er ist halt ständig unterwegs, von daher ist ein großer Kontakt nicht möglich. Aber vor ca. zwei Jahren hatten wir ein Konzert in Treptow, da war er bei mir zu Hause, wir haben Kaffee getrunken und sind dann zusammen hingefahren. Und dieses Jahr hat er eine neue CD herausgebracht und es gab eine Autogrammstunde hier im Saturn. Da bin ich hingegangen und habe mir ein Autogramm geholt.

 

Da wir gerade davon sprechen: Ihr habt die Band in all den Jahren nur zweimal umbesetzt, wobei Harry wahrscheinlich sogar noch immer dabei wäre, wenn ihm seine Gesundheit keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Wie kommt es, daß ihr eine solche Konstanz im Line-up aufweist, die ihresgleichen sucht?
Naja, die Frage könnte man auch so formulieren: Wie kommt es, daß ihr im Gegensatz zu vielen anderen es so viele Jahre zusammen aushaltet? (lacht) Ich sage immer: Das ist wie bei einer Ehe, man muß verschiedene Dinge und Befindlichkeiten berücksichtigen. Es ist bestimmt nicht einfach, so lange beieinander zu sein, aber wenn man einiges beachtet - wie zum Beispiel nicht gemeinsam im Auto fahren, nicht gemeinsam in den Urlaub fahren, nicht gemeinsam einkaufen gehen (lacht), nicht gemeinsam Geburtstag feiern... also, man muß immer auch einen gewissen Abstand wahren. Sicher gibt es auch hin und wieder Probleme, doch wir sind zum Glück alles Typen, die zuhören und mitdenken und so alle Probleme aus der Welt schaffen können.

 

Gibt es nie Streit?
Doch, gibt's auch.

 

Welche Veränderungen in Stil und Arbeitsweise haben die beiden "neuen" eingebracht? Worin unterscheiden sie sich von ihren Vorgängern?
Also, Klaus hat sich sehr schnell eingefügt und als dann die "Neue Deutsche Welle" aufkam und wir die Lieder "TV Show" und "Jahreszeiten" machten, hat er die gleich gesungen und schon damit eine Veränderung eingebracht. Aber er ist natürlich in seiner ganz Art völlig anders als Gunther Wosylus, auch in Sachen Drive und Stil. Bei Bimbo ist es ebenso, er ist ein sehr guter Bassist und hat viel mit in die Band gebracht.

 

Zurück zum Geburtstagsjahr: Eine DVD soll auch erscheinen. Was wird da drauf sein?
Es passiert im Moment so viel... Es wird zum Beispiel gerade eine Dokumentation über 40 Jahre Puhdys gedreht, die wird am 30. Dezember im RBB gesendet und erscheint auch als DVD. Es soll auch eine DVD von der BMG geben, aber was da so drauf sein wird, weiß ich selber noch nicht. Und das erste Januarkonzert wird ebenfalls für eine DVD mitgeschnitten.

 

Wie wichtig ist dir persönlich eigentlich das Medium DVD? Wird es die herkömmliche CD irgendwann ersetzen?
Nein. Es hat nie ein neues Medium das alte ersetzt. Es gibt immer noch Vinylplatten, es gibt immer noch Videos. Das Fernsehen hat nicht das Radio abgelöst und so wird auch die DVD nicht die CD verdrängen.

 

Wir sprechen hier ganz selbstverständlich von der "herkömmlichen CD"... dabei ist "herkömmlich" ja eigentlich das Vinyl. Spielt das für die Puhdys noch eine Rolle? Oder anders gefragt: Wird die neue Platte evtl. auch als Vinyl erscheinen?
Nein, die wird es nicht auf Vinyl geben. Aber es rufen immer mal DJs bei mir an, die produzieren manchmal zwei, drei Lieder von uns auf Vinyl für Diskotheken.

 

Im April soll es ein "Unplugged"-Konzert parallel zum eigentlichen Auftritt geben. Was reizt euch an einem Akustik-Set?
Es ist halt anders. Wir spielen andere Lieder, die sonst nicht so häufig in unseren Konzerten auftauchen. Es werden auch andere Musiker mit dabeisein, der Sohn von Klaus, der von Maschine und der von Ole als Pianist und Keyboarder. Desweiteren unterscheidet es sich von der Größenordnung und der Akustik her, es sind also keine 10.000 Leute da, sondern nur 1000 oder 800. Das ist einfach eine Abwechslung.

 

Habt ihr dafür spezielle Arrangements erarbeitet oder werden einfach nur die elektrischen Instrumente durch akustische ersetzt?
Es sind auf jeden Fall spezielle Arrangements.

 

Habt ihr vor, dieses Konzept evtl. auszubauen und auf ein Album und eine Tour auszudehnen? Oder auf eine DVD?
Ja, das alles wird es im nächsten Jahr vielleicht auch geben.

 

Wie ist es eigentlich zu erklären, daß sich die Altersstruktur eures Publikums in all den Jahren nie verändert hat? Ihr spielt ja immer noch vor Jung und Alt wie ehedem...
Das ist schwer zu erklären. Zum einen ist es wohl so, daß auch unsere alten Lieder von jungen Leuten für gut befunden werden. Neulich kam hier einer vorbei, der fand "Ikarus" toll. Obwohl das schon 1974 produziert worden ist, steht da ein 18jähriger drauf! Wir spielen die alten Lieder ja auch immer noch live... Und zum anderen haben wir aber ebenso stets neue Platten veröffentlicht. Ich sag es meistens so: Nostalgie und Ostalgie sind gut und schön, aber ich finde es nicht gut, wenn man sich darauf ausruht. Das spielt sicher eine Rolle dabei, daß wir viel junges Publikum anziehen. Die ersten Reihen bei den Konzerten sind immer sehr junge Leute.

 

05 20130228 1828363207Gibt es Unterschiede zwischen Ost- und West-Publikum?
Nein, eigentlich nicht. Nur, daß wir im Osten flächendeckend bekannt sind, während es im Westen immer noch ein paar "schwarze Löcher" gibt.

 

Seid ihr eigentlich noch international unterwegs oder beschränken sich eure Aktivitäten ausschließlich auf deutschen Boden?
Wenig Ausland. Demnächst werden wir wieder mal in Belgien sein, aber im Grunde spielt sich alles hier ab.

 

Ihr wart ja früher auch oft und erfolgreich in der Sowjetunion unterwegs...
Jaaa, klar. Aber das hat immer auch etwas mit Geld zu tun. Doch vielleicht entwickelt sich da irgendwann noch mal etwas.

 

Hättest du nicht noch mal Lust auf so ein Abenteuer?
Naja, so wie früher monatelang in Sibirien herumzuackern - das muß ich heute nicht wirklich noch mal haben. Aber in Moskau, Leningrad, Irkutsk oder Nowosibirsk wieder mal vorbeizuschauen, wäre eigentlich gar nicht so schlecht.

 

Wird es im nächsten Jahr auch wieder "Ostrock in Klassik" geben?
Ja, wie schon gesagt.

 

Woher kam eigentlich die Idee zu diesem Event und wie findest du die Entwicklung, die das Projekt genommen hat? Überrascht, daß es so eingeschlagen hat?
Das erste "Ostrock-Klassik" auf dem Gendarmenmarkt in Berlin, war ja noch eine andere Abteilung, da dachte noch niemand an eine Fortsetzung. Ein Jahr später wurde das aber wieder aufgegriffen und zur Tour ausgebaut, damals mit SILLY und KARAT. Ich war schon sehr überzeugt davon, daß das eine tolle Sache ist. Daß es jedoch SO groß werden würde, hätte niemand gedacht. Aber es ist auch sehr einfach zu erklären, denn "Ostrock in Klassik" ist eine hohe Konzentration von Hits.

 

Wie gehst du mit der Bezeichnung "Ostrock" um? Was bedeutet der Begriff für dich und ist er nicht eigentlich ein bißchen überholt?
Ach, das ist schon OK. Jeder hat seine Wurzeln. Unsere liegen im Osten, also ist "Ostrock" auch in Ordnung.

 

Es gibt in diesem Zusammenhang so etwas wie, nennen wir es mal "Mißstimmung", die die Nichtmitwirkung von RENFT betrifft. Warum ist eigentlich noch niemand auf diese legendäre Band zugegangen?
Nun ja, es gibt auch noch ein paar andere, die noch nicht dabei waren. CITY zum Beispiel, die im nächsten Jahr mitmachen. Es ist halt nicht ganz einfach, in den zur Verfügung stehenden zwei Stunden alles unterzubringen, was eigentlich mit reinmüßte. Natürlich gehört RENFT dazu, genau wie Veronika Fischer, IC oder Holger Biege, da habt ihr schon recht. Aber alle auf einmal geht halt nicht.

 

Beschwert haben sich einige Fans auch darüber, daß die beteiligten Bands zwar "Wer die Rose ehrt" als Hommage aufführen, aber kein Wort über den Komponisten verlieren, ihm das Lied noch nicht mal nach seinem Tod gewidmet haben (in München). Ist das nicht ein bißchen respektlos gegenüber Cäsar im Besonderen und Renft im Allgemeinen? Wie siehst du das?
Stimmt, das ist ein Fehler. Ein Fehler, der irgendwie durchgerutscht ist.

 

Also keine "Verschwörung", wie hier und da von einigen gemutmaßt?
Nein, auf keinen Fall. Wenn man das so betrachtet, wie ihr es gerade formuliert habt, ist die Kritik völlig gerechtfertigt.

 

Jetzt ein paar Fragen aus der Rubrik "Was wir schon immer mal wissen wollten": Warum habt ihr euch bei der Gründung 1969 wieder für den Namen "Puhdys" entschieden? Der gehörte doch im Grunde genommen zu einer Gruppe, die es so nicht mehr gab?
Der Name besteht ja aus den zusammengewürfelten Anfangsbuchstaben unserer Namen. Eigentlich war es Zufall, daß es sich so ergeben hat und wir fanden den Namen im Grunde genommen Scheiße. Aber als wir uns 1969 wieder zusammenfanden, hatten sich alle schon dran gewöhnt und fanden es gut. Und ich muß dazusagen - ich weiß, wovon ich da rede - es ist wahnsinnig schwer, einen passenden Namen zu finden.

 

01 20130228 1772826819Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Textdichter Wolfgang Tilgner, der euch quasi von Anfang an zur Seite stand? Und warum habt ihr nach der Wende nicht mehr mit ihm gearbeitet?
Also, man kann nicht sagen, daß wir nach der Wende nicht mehr mit ihm zusammengearbeitet haben. Vielmehr haben wir schon Jahre vorher kaum noch etwas mit ihm, Burkhard Lasch oder Ulrich Plenzdorf gemacht. Das war der Entwicklung der Band geschuldet. Es ist ohnehin - wenn ich das mal sagen darf - eine ganz spezifische Sache der Ostbands, daß sie mit Lyrikern zusammengearbeitet haben. Im Westen war das nie so verbreitet, die Rocker der Welt wollen ja eher ihre Probleme auskotzen. Bei uns im Osten hat sich das anders ergeben. In unserem speziellen Falle war es so, daß wir mit der Frau von Wolfgang Tilgner in der Sowjetunion unterwegs waren, da kam es zur Sprache, daß ihr Mann Texte schreibt. Als es dann soweit war, daß wir fürs Fernsehen deutsche Lieder machen sollten, erinnerten wir uns daran und wandten uns an ihn. Daraus entstand dann diese Zusammenarbeit. Die war anfangs sehr intensiv, trudelte sich im Laufe der Jahre aber mehr und mehr aus, weil Maschine immer mehr Texte selber schrieb. Das gilt auch für Burkhard Lasch. Mit Ulrich Plenzdorf wollten wir eigentlich noch mal zusammenkommen, aber immer wenn wir ihn fragten, legte er uns seine Filmbücher vor und sagte sinngemäß: "Hier sind viele Texte drin, nehmt euch, was ihr braucht und macht was draus." Das war jedoch nicht unsere Arbeitsweise, bei uns entstanden die Texte immer zur Musik. Deshalb kam es leider nie zu einer wirklichen Zusammenarbeit mit ihm, denn "Geh zu ihr" und "Wenn ein Mensch lebt" waren ja nicht von uns, sondern von Peter Gotthard komponiert worden.

 

Könntest du dir vorstellen "Von der Liebe ein Lied" wieder mal live zu spielen?
Schwierig, denn da bräuchte man wieder ein ganzes Orchester dazu... aber OK: "Ostrock in Klassik"! (lacht)

 

Auf der LP "Sturmvogel" befindet sich der Song "Auf dem Wege". Bei diesem hört man das gleiche Gitarrensolo wie bei "Wie ein Pfeil", der einige Jahre zuvor veröffentlicht wurde. Zufall oder Absicht?
Keine Ahnung, das ist mir nie aufgefallen... (lacht)

 

Auf der gleichen Platte habt ihr erstmals eine Coverversion aufgenommen, "Schlafe ein und fang die Träume" von der polnischen Gruppe "2+1". Wie seid ihr auf den Titel aufmerksam geworden und was hat euch daran so gefallen, daß ihr ihn ins Programm genommen habt?
Es gab damals dieses Festival in Sopot. Da haben wir diese Band gesehen, als sie den Titel spielte. Er gefiel uns und deshalb haben wir ihn gemacht.

 

Die LP "Rock And Roll Music" stellte ein Novum in der DDR-Musiklandschaft dar. Wie kam es zu der Idee, ein Cover-Album auf englisch zu machen und wie liefen die Arbeiten daran ab?
Nun, das ist ja erstmal die Musik, die wir früher schon gemacht haben und auch gerne gemacht haben. Woher die Idee kam, weiß ich nicht mehr, vielleicht von AMIGA. Wir haben ja vorher mal was von SWEET aufgenommen, da wurden Devisen gespart... Und für die Leute im Lande war es auch gut, denn man konnte die Originale ja nicht kaufen. Übrigens ist "Rock And Roll Music" die meistverkaufte Platte der DDR geworden. Gefolgt von "Computer-Karriere".

 

Uns interessiert das vor allem deshalb, weil die Lieder sich - genau wie Jahre zuvor "Schlafe ein und fang die Träume - wie Puhdys-Songs anhörten und den Originalen ziemlich überlegen waren...
Die Lieder waren halt authentisch.

 

Sicherlich, aber eben auch anders. Ihr habt da bestimmt sehr akribisch dran gearbeitet.
Ja schon... Erstaunlicherweise war ich nie ganz sicher, ob das Englisch so gelungen war. Aber irgendein Kritiker aus Amerika hat mal über die Platte geschrieben, er fände es erstaunlich, daß eine deutsche Band SEINE Musik so authentisch rüberbringen kann. Er bewertete das sehr positiv. Das hätte ich nie gedacht. Aber man kann das selber sowieso nie so beurteilen.

 

Wie seid ihr an die Texte herangekommen?
Ach Mensch... das kann ich euch im einzelnen gar nicht mehr sagen. Eine Geschichte gibt es aber dazu: Wir waren Anfang der 70er Jahre in Turku, einer Stadt in Finnland, wo ein Festival stattfand, auf dem wir spielten. Da war auch Chuck Berry dabei, wir wohnten im selben Hotel. Von ihm wollte ich mir den Text zu "Brown Eyed Handsome Man" geben lassen, aber er wußte den selber nicht (lacht).

 

Geht es bei "Sterne verspäten sich nie" um eine bestimmte Person? Oder ist der Text rein fiktiv?
Der ist frei erfunden, glaub ich.

 

Mit "Far From Home" habt ihr ein zweites Album auf englisch produziert, diesmal mit eigenen Songs. Nach welchen Kriterien habt ihr die Stücke ausgesucht und wie findest du das Ergebnis aus heutiger Sicht? Waren damit bestimmte Absichten verbunden und wurden die erreicht?
Ja, welche Kriterien... Da hat der Produzent (Colin Richardson - Anm. d. Verf.) viel mitgeredet und eingebracht. Diesen oder jenen Song angeregt, andere auch verhindert, die in England vielleicht nicht so gut angekommen wären. Also, vom Text her. Wir kamen ja aus einem anderen politischen Lager und manches hätte man da nicht verstanden. Das spielte auf jeden Fall eine Rolle. Es war halt ein Versuch - den auch andere unternommen haben - mit unserer Musik auf dem anglo-amerikanischen Markt zu landen.

 

Die Cover-Version des Lift-Klassikers "Wasser und Wein" auf der LP "Schattenreiter" weist große Ähnlichkeiten zum BARCLAY JAMES HARVEST-Hit "Life Is For Living" auf. Gleiche Frage: Zufall oder Absicht?
Absicht!

 

Beim ersten "Rock für den Frieden"-Festival 1981 hattet ihr kein Friedenslied am Start. Auf der dazugehörigen LP seid ihr mit "Was vom Leben bleibt" vertreten. Wie ist das zu erklären? Gab es da keine Vorschriften?
Nein, Vorschriften gab es keine. Es war nicht so, daß da nun jeder mit einem Friedenslied aufkreuzen mußte, wir schon gar nicht. (lacht) Als wir 1978 nach Kuba zu den Weltfestspielen gefahren sind, waren wir auch die einzigen, die kein "Weltfestspiel-Lied" im Gepäck hatten. Wir haben uns da nie nach Aufträgen oder Vorschriften gerichtet, sondern immer nur das gemacht, was uns eingefallen ist. Auch "Was vom Leben bleibt" ist nicht speziell für "Rock für den Frieden" entstanden. Das hat Maschine im Auto kreiert, als er zufällig eine Gitarre auf dem Schoß hatte und anfing "La la la" zu singen... (lacht)

 

02 20130228 1499724752Ihr habt beim Song "He John" Originalzitate aus Lennons "Imagine" verwendet. Wie kam es dazu und war das mit Problemen verbunden?
Nein, da gab es kein Problem. Es war so, daß wir gerade in London waren, um "Far From Home" abzumischen, als John Lennon erschossen wurde. Da haben wir spontan dieses Lied geschrieben.

 

Zählte "He John" dadurch als "40%-Titel"?
Weil da das Zitat enthalten war? Nee, glaub ich nicht.

 

Wie war das früher mit euren Texten? Hattet ihr auch mal Ärger?
Jaaa, gab's auch... aber wir sind dem Ärger eigentlich immer dadurch entkommen, daß wir über 20 Jahre mit dem gleichen Redakteur zusammengearbeitet haben (Karl Heinz Ocasek - Anm. d. Verf.) und Probleme immer im Vorfeld aus dem Wege räumten. Nicht, daß wir ein Lied über die Mauer gemacht hätten, weil man das sowieso nicht durfte. Es haben sich nach der Wende ja viele Musiker als "Revolutionäre" gefeiert, aber das ist Quatsch. Die einzigen Revolutionäre waren RENFT, weil sie die Tabus brachen, an die sich die anderen hielten.

 

Naja, es gab ja von euch auch "Ich will nicht vergessen" mit den "Leuten drüben und hier, die gemeinsam die Ängste besiegen"...
Ja OK. Dieses Lied "Denke ich an Deutschland", das übrigens nicht so heißen durfte - da haben sich viele gewundert: "Warum dürfen die das?" Deutschland, das Wort gab es in der DDR sonst nur bei "Neues Deutschland"... Dazu kann ich nur sagen, da hat eben ein mutiger Chefredakteur sein Kreuz hingehalten und gesagt: "Wir machen das!" So kam es auf die Platte. Im Ost-Fernsehen oder im -Radio wurde es aber nicht gespielt. Doch im Grunde war es harmlos. Es ging nicht um die Mauer und auch nicht um die Umwelt.

 

Auf der LP "Computer-Karriere" habt ihr mit "TV Show" und "Jahreszeiten" zwei Titel gehabt, die der gerade grassierenden "Neuen Deutschen Welle" nachempfunden waren und die sehr erfolgreich liefen. War das eigentlich ernst gemeint oder eher als Persiflage zu verstehen?
Das kann jeder so auffassen, wie er will. Aber es ist schon so, wenn man die "Neue Deutsche Welle" oder einen anderen Stil, der gerade läuft, aufgreift, wird einem unterstellt, auf den Zug aufzuspringen. So fielen dann auch die Kritiken aus. Doch uns hat es einfach Spaß gemacht, Klaus ist da reingegangen und hat das gesungen und wir fanden es alle so lustig... Insofern ist es völlig Wurscht, ob es als Persiflage gemeint war oder nicht: Es war ein Erfolg und es hat Spaß gemacht.

 

In Vorbereitung auf dieses Gespräch haben wir uns mehrere Puhdys-Konzerte auf Video angeschaut. Dabei haben wir festgestellt, daß bei "Das Buch" vieles aus der Konserve kommt. Ist der Titel live nicht reproduzierbar?
Wir haben immer geglaubt, daß er nicht reproduzierbar ist und ihn deshalb viele Jahre aus der Konserve gespielt. Aber seit mindestens drei Jahren spielen wir auch "Das Buch" live und es funktioniert.

 

Was machst du eigentlich lieber: Neue Songs spielen oder zum 3000. Mal das Publikum "Alt wie ein Baum" singen hören?
Beides. Es ist ja so: Wenn wir bestimmte Lieder zum 3000. Mal spielen und die Leute mitsingen, klingt es doch jedesmal anders. Das bleibt immer interessant.

 

Gibt es Puhdys-Songs, die du am liebsten aus dem Konzertprogramm streichen würdest, weil du sie schon so oft gespielt hast?
Nee, eigentlich nicht.

 

Und umgekehrt: Gibt es Songs, die ihr schon lange nicht mehr gespielt habt und die du gerne mal wieder im Programm hättest?
Ja, aber es gibt mittlerweile so viele... die kann man nicht alle spielen. Fünfzig Prozent sind die Titel, die das Publikum immer wieder gerne hören möchte. Die anderen fünfzig sind dann eben neue, die wechseln auch ständig. Das ist so ein Ritual, das sich nicht vermeiden läßt.

 

Zum 15. Geburtstag habt ihr einige alte Lieder zu einem Medley zusammengefaßt. Wäre das vielleicht ein Weg?
Wir spielen das Medley ja in veränderter Form noch immer. Sicher könnte man sagen: "Machen wir eben noch ein Medley..." Aber seht mal: Wir haben jetzt das eine Medley im Programm und ein weiteres mit Songs von der "Under Cover". Und nun noch eins? Das ist problematisch, ein Konzert sollte nicht nur aus Medleys bestehen...

 

Wieso eigentlich nicht? Wir haben vor einigen Jahren mal Alice Cooper gesehen, der hat fast nur Medleys gespielt (abgesehen von neueren Titeln) und dadurch beinahe alle seiner Klassiker aufgeführt. Das war am Ende eine Setlist von ca. 50 Songs! Wir fanden das super...
Na gut, OK, das ist vielleicht eine Möglichkeit. Aber man darf natürlich trotzdem nicht vergessen, daß es immer wieder Leute gibt, die viele Titel komplett hören wollen... Also, ich neige ja eigentlich auch dazu, alles schön kurz zu halten... insofern gebe ich euch schon Recht. Medley - jaja. Aber man muß dennoch die Balance halten.

 

Du bist der einzige Puhdy, der in 40 Jahren nie etwas anderes gemacht hat, richtig? Was würde dich reizen, musikalisch mal "fremdzugehen"?
Nie etwas anderes? Ja doch... in der Zeit zwischen 1989 und 1992 gab es ja keine Puhdys. Maschine hatte da "Maschine & Männer" am Start, Quaster verlieh eine Lichtanlage... und ich habe Diskothek gemacht, als DJ. Ich dachte, das ist unheimlich schön. Aber dann habe ich mal versehentlich zu Silvester ein 8-stündiges Programm durchgezogen, seitdem kann ich keine Musik mehr leiden... (lacht). Aber mal "fremdgehen", hm... paßt mal auf, ich bin ja nun schon fast hundert, wa... (senkt die Stimme fast zu einem Flüstern) und vielleicht wär's gar nicht schlecht, irgendwann Musik für alte Leute zu machen... (Rumms! Sorry, uns fiel gerade die Kinnlade herunter... - Anm. d. Verf.)

 

...!?!?!?
(lacht laut los) Hehehe, damit habt ihr jetzt nicht gerechnet, wa? Hehehe...

 

Ähm, in der Tat...
Hahaha!

 

Und wie soll man sich das jetzt vorstellen? Volksmusik mit Schifferklavier?
Ja, zum Beispiel, hahaha...

 

Was hat dich dazu gebracht, Profimusiker zu werden? Wo liegen deine Wurzeln?
Naja, ich habe ja schon mit 8 Jahren angefangen, Akkordeon zu spielen, später dann Saxophon und Klarinette und habe auch während des Studiums schon immer Musik gemacht. Da hatte ich tierisch Spaß dran. Und daraus fiel dann die Entscheidung, nachdem ich einiges andere versucht hatte. Ganz am Anfang wollte ich Ingenieur werden... Das hat mir alles nicht gefallen und dann gab es nur noch das eine Ziel: Musiker zu werden!

 

13 20130228 1217128736Gab es bestimmte Musiker, die dich beeinflußten?
Ja, aber keine bekannten. Nicht so wie bei meinen Kollegen, die mit der Gitarre ihre Idole nachmachten und für die es nichts anderes gab, als beispielsweise Chuck Berry, bei dem sie dann in Finnland mit Tränen in den Augen vor der Bühne standen und hinterher ziemlich enttäuscht waren.

 

Bei mir war das anders, ich lebte auf meinem Dorf und wurde inspiriert von irgendeinem Akkordeonspieler oder einem Saxophonisten, der damals "Rock Around The Clock" geblasen hat.

 

Dein größter, bis dato noch unerfüllter Lebenstraum?
(überlegt) Wir runden das ab und ich lande wieder bei den STONES in Peking.

 

Letzte Frage: Die Puhdys haben sich schon in vielen musikalischen Spielarten versucht und ihnen stets ihren eigenen Stempel aufgedrückt. Gibt es einen Stil, den ihr gerne mal umsetzen würdet, euch aber nicht traut?
Fällt mir jetzt nicht ein...

 

Na, komm schon! Wie wär's zum Beispiel mal mit Country?
Hm... nee, paßt uff: Ich steh ja unheimlich auf Death Metal (Rumms! Sorry... - Anm. d. Verf.). Aber ich kann nicht so singen, keiner von uns kann das... Wißt ihr was ich meine? Wo die so "grunzen".

..

Aber hallo!
Das kann ich eben leider nicht. Maschine hat neulich gesagt, ich soll das mal irgendwie auf der Bühne machen, aber das klappt nicht... Ich find das so geil, ich hör das im Auto immer.

 

Harry könnte das vielleicht...
Nee, dazu ist seine Stimme nicht kräftig genug, hehehe...

 

Vielen Dank für diese hochinteressanten Einblicke und viel Spaß im kommenden Jahr!


Liebe Leser, ihr seht, es bleibt spannend! Wer weiß, was uns in Zukunft noch von den Puhdys und Peter erwartet. Der erste 100jährige Death Metal Shouter der Welt, der die Leute im Altersheim mit "Slowly We Rot" angrunzt? Ganz ehrlich: Da könnten auch die STONES in Peking nicht mehr mithalten...

 
 
Interview: Knechtel Family
Vorbereitung: cr, kf
Fotos: Privatarchiv Peter Meyer, Pressematerial Plattenfirma + MultiArt
 
 
 
 

   
   
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