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ANETT KÖLPIN

 Interview aus dem Frühjahr 2007

 

003 20121125 1456160581Vor einigen Monaten wurde im Rahmen der Jubiläums-Editionen der AMIGA auch das einzige Album der Gruppe DATZU (1988) auf CD herausgegeben. Diese Platte hat gewissermaßen eine Sonderstellung in der DDR Musikgeschichte, da sie die vielleicht erste und einzige echte Indie–Veröffentlichung der AMIGA war, wenn gleich das Album in den Wirren der Wendezeit nicht die gebührende Beachtung fand. Ganz maßgeblich wird das Album durch den unwahrscheinlich flexiblen und dynamischen Gesang Anett Kölpins geprägt. Die Sängerin steht in gewisser Weise in einer Linie mit Veronika Fischer, Angelika Mann, Uschi Brüning und ähnlichen großen Frauenstimmen. Als DATZU sich 1990 auflöste wurde es auch sehr ruhig um Anett Kölpin ... Das allein wäre Grund für ein Interview. Den letzten Anstoß, diese und weitere Fragen auch wirklich zu stellen, gab ein Konzert von Thomas Putensen in Berlin, bei dem völlig unerwartet die ehemalige DATZU-Frontfrau den Backgroundpart übernahm.
 

 

Hallo Frau Kölpin, wie geht es Ihnen?
Danke, gut.
 
 

Freunde haben Sie unlängst beim Putensen-Programm in Berlin gesehen. Wie kommen Sie zu diesem Auftritt?
Ich kenne Putensen schon sehr lange und er bewegte mich sogar vor einigen Jahren, wieder mit einem eigenen Programm auf die Bühne zu gehen. Jetzt fragte er, ob ich im Background seines Jazzprogramms mitmachen möchte.

 

Treten Sie mit Ihrem eigenen Programm noch auf?
Nein. Ich hatte schon nach dem Ende von DATZU nicht mehr den unbedingten Drang, auf die Bühne zu müssen. Ich bin dazu vielleicht heute auch nicht mehr extrovertiert genug. Zumindest bin ich immer etwas zögerlich gewesen, wenn es darum ging, Eigenes auf die Bühne zu bringen.

 

Wie kam es dann zu dem Programm?
Ich habe schon als Kind Klavier gespielt und in jungen Jahren eigene Lieder geschrieben. Ich hatte immer Spaß am Prozess, zu Hause zu schreiben und an dem was ich damit ausdrücken konnte. Irgendwann besann ich mich dann wieder darauf und stellte fest, wie nahe mir diese eigenen Sachen waren. Damit musste ich für mich aber nicht unbedingt auf die Bühne. Putensen gefiel, was ich machte, und er lud mich für 2 oder 3 Lieder zu seinen Theaterkonzerten in Greifswald ein. Dort traten auch andere seiner Freunde - so zum Beispiel Zöllner, Herzberg oder Michaelis - als Gäste auf.
Der Auftritt kam so gut an, dass jemand sagte: "Stell Dir doch mal 'ne Band zusammen. Ich miete das Theater und Ihr gebt ein ganzes Konzert." So kam es nach über 10 Jahren zu einem eigenen Bühnenprogramm.

 

Was zeichnete das Programm aus? Schlossen Sie da an, wo Sie mit DATZU aufgehört hatten?
Ja und nein. Mir waren und sind Texte sehr wichtig. Gute Lieder gab es ja auch bei DATZU. Alles in allem war das Programm etwas besinnlicher als die DATZU-LP. Musikalisch war es leicht jazzorientiert. Lieder, Singer-Songwrigterstücke leicht angejazzt, das ist Musik die ich schon immer gern gesungen habe. Im Programm hatte ich auch ein paar sehr schöne Lieder zu Texten von Karma und Steineckert, die ich geschrieben habe.

 

Es gab die Ankündigung eines neuen Albums. Was ist daraus geworden?
Ja, es gab Überlegungen. Es gab einen Konzertmitschnitt, der eventuell hätte auf einer CD erscheinen sollen. Das Projekt hab ich aber nicht sehr energisch verfolgt und als dann auch noch das Material durch technische Probleme verloren ging, habe ich das Album aufgegeben. Ich besitze von diesem Konzert kein Material mehr. Überdies bin ich ein Mensch der es mag, wenn Dinge sich ergeben (lacht). So ist es auch mit einem neuen Album. Wenn es sich ergibt...
Ich habe vor etwa einem Jahr eine Platte mit sehr schönen Klavierstücken von Lutz Gerlach gehört. Das hat mir sehr gefallen. Und da mir Putensen seit fast ebenso langer Zeit zuredet, zur Hiddenseer Jazzwoche doch mit eigenen Songs aufzutreten ... wer weiß, vielleicht spreche ich Lutz Gerlach und ein paar Kollegen ja doch einmal an... Überdies sind mir gegenwärtig aber andere Sachen wichtiger.

 

Welche sind das? Womit beschäftigt sich Anett Kölpin gegenwärtig?
Zum einen singe ich für Agenturen. Das geht von Musical über Latino bis zu Klassikbearbeitungen. Im Studio von Thomas Natschinski habe ich in der Vergangenheit hin und wieder Backgrounds für einige Kollegen eingesungen. Die Palette reicht dabei von Jürgen Walter bis Anke Lautenbach (lacht). Dann habe ich seit langem immer wieder für Kinder gearbeitet. Ich habe unter anderem mit Putensen Kinderfernsehen gemacht und ein paar musikalische Sandmännchensendungen. Vor 3 Jahren gab ich Gesangs- und Klavierunterricht. Weiter mit Kindern zu arbeiten macht sehr viel Spaß, da freu ich mich drauf. Jetzt setze ich mich dafür noch einmal 2 Jahre in Potsdam auf die Schulbank. An der Uni mache ich ein Weiterbildungsstudium "elementare Musikpädagogik". Der Hintergrund ist, Kindern sehr früh spielerisch konzeptionell, kreativ - so zu sagen mit allen Sinnen - an Musik heranzuführen. Dazu habe ich einige Songs geschrieben, mit denen die Kinder musikalische Strukturen erleben und so Musik begreifen lernen können.

 

Sie sprachen von Kollegen mit denen sie sich vorstellen könnten, in einer Band aufzutreten. Verfolgen sie die Musikszene? Welche aktuellen Interpreten gefallen Ihnen?
Intensiv verfolge ich die Szene nicht. Einige Dinge finde ich sehr gut, die wecken dann natürlich auch Interesse. Mir sind die Musiker ebenso wichtig wie die Musik. Ich mag Leute, die authentisch sind, denen man abnimmt, was sie singen und spielen. Die dabei als Persönlichkeit erkennbar bleiben. So jemand ist Judith Holofernes von "Wir sind Helden" ebenso wie Anke Schenker, die vor mir bei DATZU sang. Spannend finde ich im Augenblick zum Beispiel Silly mit Anna Loos. Eine Band könnte ich mir mit Musikern wie Stefan Schirrmacher und Matthias Lauschus gut vorstellen, mit denen ich ja auch schon gearbeitet habe. Das soll keine Wertung sein, weil es viele Kollegen gibt, die ich schätze und mit denen ich mir vorstellen könnte zu arbeiten.

 

Wie kamen Sie vom Studium weg zu DATZU?
Das war eine Empfehlung von Anke Schenker. Wir studierten zusammen. Ich sang als Anke nach dem Studium von DATZU engagiert wurde im letzten Studienjahr beim Weinert Ensemble (u.a. mit Tobias Morgenstern d.R.). Anke wollte fort von DATZU. Es stimmte wohl musikalisch nicht. Sie wollte anderes machen und schlug mich der Band als Nachfolgerin vor. So war zu meinem Examen DATZU unangemeldet Gast und ich war danach die neue Sängerin der Band.

 

Fühlten Sie sich musikalisch wohl?
Ja durchaus. DATZU waren und sind exzellente Musiker und es gab eine Vielzahl guter Lieder mit verschiedensten Stilelementen und in verschiedenen Stimmlagen. Mit Abstand betrachtet gefallen mir aus der Zeit "Wenn es wärmer wird", "Kinderland" und "Tigerin" am besten. Allerdings führte "Wenn es wärmer wird" auch zu recht heftigen internen Spannungen, da ich das in englisch noch stärker fand und Rainer Oleak den Titel gar nicht mochte.

 

Damit sind meine Fragen fürs Erste beantwortet. Ich bedanke mich für die angenehme Plauderei und hoffe, Anett Kölpin doch bald, spätestens 2008 zur Jazzwoche auf Hiddensee mit eigenen Liedern live erleben zu können. Ich meine, eine 3-Oktaven-Altstimme wie die Ihre, zu melancholischen angejazzten Liedern gehört einfach auf eine Bühne.

 

Interview: Fred Heiduk
Bearbeitung & Vorbereitung: kf, fh, cr
Bild: Anett Kölpin privat

   
   
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