Thomas Kurzhals
 
von der Stern-Combo Meißen
Interview vom 1. März 2007
 
Thomas Kurzhals, geboren am 13. Dezember 1953 in Ronneburg bei Gera, spielte jahrelang bei der Stern Combo Meißen und bei KARAT. Heute gehört ihm ein eigenes Tonstudio vor den Toren von Berlin. In seiner musikalischen Karriere hat Thomas Meilensteine der Deutschen Rockgeschichte geschrieben. Insgesamt war er 24 Jahre lang auf der Bühne aktiv - 17 bei der Stern Combo und 7 bei Karat. Seit fast 5 Jahren konzentriert er sich ausschließlich auf den Betrieb und den Ausbau seines Tonstudios. Christian von Deutsche Mugge traf sich mit Thomas auf einen Plausch über seine Karriere, seine Kompositionen, seine derzeitige Tätigkeit und seine Zukunftspläne....
 
 
 
emil 20120923 2050902993Hallo Thomas! Herzlich willkommen!
Ja, Hallo!


Wie ist der junge, in Ronneburg geborene Thomas Kurzhals zur Musik gekommen?
Das ging schon sehr früh los. Mein Vater spielte bei der Wismut in einem Schalmei-Orchester. Ich war damals 2 ½ Jahre alt. Bei einem Platzkonzert in Ronneburg auf dem Markt hatte ich mich einfach daneben gestellt und auf einer kleinen Trommel mitgespielt. Da hat man schon bemerkt, dass ich irgendwie begabt war. Mit acht Jahren habe ich meine Eltern dann genervt, wann ich denn endlich Akkordeon-Unterricht bekäme. Ich wollte es selbst, und wurde nicht zur Musik gezwungen. Mein Wunsch war damals schon, dass ich mal Musiker werden möchte. So habe ich mit 8 ½ Jahren mit Akkordeonspielen angefangen, hatte keine Probleme, die Noten zu lernen und ich kam damit auch sehr schnell vorwärts, bis ich mit 11 Jahren auf Klavier umgestiegen bin. Irgendwann habe ich dann noch mal den Lehrer gewechselt, der mich auch auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Dresden vorbereitet hat. In meiner Teenager-Zeit, zwischen 12 und 14, konnte ich mein erstes kleines Taschengeld schon mit Musik verdienen. Bei Vereinsfesten habe ich mit einem Schlagzeuger zusammen gespielt. Er war damals schon 60 Jahre alt, hieß Emil und spielte auch Akkordeon. Allerdings nicht mehr ganz so sauber. Im Jahre 1970 habe ich dann mein Musikstudium in Dresden begonnen. Aufgrund guter Leistungen habe ich sogar ein fünftes Studienjahr dazu bekommen.


Was haben Deine Eltern gesagt, als sie erfahren haben, dass ihr Sohn kein Dachdecker, Arzt oder Lokomotivführer, sondern Profi-Musiker werden will?
Sie haben mir den Wunsch erfüllt und das auch gefördert. Meine Eltern haben dafür gesorgt, dass ich einen Lehrer bekam und wollten eigentlich auch, dass ich Musiker werde. Mein Vater wäre das auch gerne geworden, nur reichte in seiner Kindheit eben das Geld nicht aus, so dass er sagte: "Dann soll es aber der Sohn werden!". Viele Leute um mich herum haben gesagt: "Was willst Du werden? Musiker? Das ist ein Zigeuner-Beruf! Lern lieber was Vernünftiges". Ich habe mich davon aber nicht abbringen lassen, mein Ziel war klar gesteckt.


Noch während Deines Studiums an der Musikhochschule Dresden bist Du der Stern Combo Meißen beigetreten. Wie kam es dazu?
Während meiner Studienzeit habe ich schon in zwei Amateurbands gespielt und mir zum Stipendium etwas dazu verdient. Damals war die große Sturm- und Drangzeit und wir spielten alles mögliche auf "Weltmeister"-Orgeln aus der DDR nach. Die klangen alle etwas komisch, aber trotzdem habe ich meine Sache da richtig gut verkauft. Während des Auftritts bin ich dann auch mal ein bisschen ausgeflippt und habe auf den Knien gespielt… wie das eben damals so üblich war, mit langen Haaren und so. Ein gewisser Martin Schreier hat dann von mir gehört, als ich bei der Exitas Combo aus Freiberg gespielt habe. Man hatte ihm erzählt, dass dort ein geiler Organist spielen soll, und da gingen bei ihm die Ohren auf und er warb mich dort ab. Das war für mich ein großer Sprung, denn die Stern Combo hat damals schon professionell gespielt. Tja… so bin ich zur Stern Combo gekommen.


Du hast eine Menge Songs für die Band geschrieben. Welche findest Du persönlich am schönsten?
Damals waren ja auch modebedingt Adaptionen sehr gefragt. "Eine Nacht auf dem kahlen Berg" finde ich eine sehr gelungene Adaption. Von den etwas kürzeren Stücken finde ich, dass mir der Titel "Was bleibt" gut gelungen ist. Diesen Song habe ich für meinen Kollegen Reinhard Fißler später noch einmal für seine letzte Solo-CD neu arrangiert. Was auch gut war - "Das Paar", "Stundenschlag" und "Der Eine und der Andere" vom Album "Stundenschlag"... das war so eine Gratwanderung zwischen Kommerz und Elementen aus dem Jazz-Rock. Damals hatten wir Uwe Hassbecker an der Gitarre. Diesen Titel habe ich ihm mehr oder weniger auf den Leib geschrieben. Uwe hat in dem Song auch ein tolles Solo gespielt. Meine Sache bei der Stern Combo waren mehr die größeren Werke. Das Konzept-Album "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" haben wir z.B. zwei Jahre lang live gespielt und konnten die Leute damit begeistern, ohne dass es davon einen Tonträger im Laden zu kaufen gab. So verhielt sich das auch mit "Weißes Gold", das heute noch sehr gefragt und inzwischen ein Stück Geschichtsunterricht ist.


Du hast während Deiner ersten Stern-Zeit 11 Jahre mit der Gruppe musiziert. Was sind für Dich die schönsten Erinnerungen an die 70er und frühen 80er bei der Stern Combo?
Die schönste Zeit waren eigentlich die ersten Jahre bei der Stern Combo, weil man da noch ein bisschen naiv und unbefangen war. Man konnte sich die ersten Eindrücke verschaffen, wie es draußen auf dem "Tanzsaal" so ist, und wir hatten auch viel Spaß zusammen. Wir haben oft und viel gespielt, meist von Mittwoch bis Sonntag. Das hieß damals bei uns "Zum Tanztee" und bedeutete fünf Stunden spielen mit einer großen Pause dazwischen. Das war wirklich eine schöne Zeit. Genauso schön war es, als wir unseren eigenen Stil und unser Format gefunden hatten. Bis dahin hatten wir nur Coverversionen gespielt bzw. nachgespielt. Das war für uns eine wichtige Zeit. Das Nachspielen von z.B. "Emerson Lake & Palmer" oder den "Temptations" hat uns natürlich in unserem weiteren Schaffen sehr beeinflusst. Das sind Zeiten, die ich heute nicht missen möchte.


Nach besagten 11 Jahren bist Du 1984 zu KARAT gewechselt. Was waren die Gründe für den Wechsel und wie kam es dazu?
Bei der Stern Combo gab es zu der Zeit einen Sänger-Wechsel, und es war abzusehen, dass wir uns ein ganz neues Publikum aufbauen mussten. Die Leute, die früher zu unseren Konzerten gekommen sind, haben uns damals eine klare Absage erteilt, haben das einfach nicht akzeptiert und kamen nicht mehr. Das war auf einmal wie ein Loch, als wir plötzlich kaum noch Konzerte gespielt haben. Wir merkten es sehr, dass uns die Leute wegliefen. Das alles hatte zur Folge, dass der Haussegen innerhalb der Band schief hing. Das war schon nicht mehr feierlich und machte auch keinen Spaß mehr. Ich hab damals schon immer vor mir hergesagt: "Ach, wenn ich jetzt eine Alternative hätte, würde ich sofort gehen. Mir macht's keinen Spaß mehr". Ich hatte dann den Hit "Wir sind die Sonne" komponiert, den ich vorhin bei der Aufzählung meiner gelungensten Songs vergessen habe - der gehört mit dazu -. Da ging es dann so langsam wieder raus aus der Talsohle. Als ich dann kurz vor Weihnachten von einer einwöchigen Tournee wieder nach Hause kam, sagte meine damalige Frau: "Henning Protzmann war heute da und der will Dich für Karat einkaufen". Er hatte sich im Vorfeld erkundigt und herausgefunden, dass ich zum "Reisekader" gehörte (Wer zum Reisekader gehörte, konnte auch im Westen auftreten und reisen, Anm. d. Red.). Davon wusste selbst ich noch gar nichts. Noch im gleichen Jahr habe ich dann bei der Stern Combo gekündigt und bin zu Karat gewechselt. Das waren die Hauptgründe für den Wechsel. Es gab noch viele andere Gründe, die auch eine Rolle gespielt haben, die jetzt aber den Rahmen sprengen würden, wenn ich das jetzt alles aufzählen sollte.


Du bist bei KARAT auf den großen Ed Swillms getroffen. Was waren Deine ersten Gedanken in Richtung Ed, als die Anfrage von der Band kam?
Ich wollte das erstmal gar nicht wahr haben. Ich dachte damals, das sei ein Gag oder ein Silvesterscherz. Da hab ich auch gleich zum Henning gesagt: "Was wollt Ihr denn mit mir? Ihr habt doch mit Ed einen Komponisten und Keyboarder". Henning meinte dann, dass die Band jemanden brauchte, der die Songs von Ed gut spielen kann und der auch immer zur Verfügung steht. Ed war öfters schon aus gesundheitlichen Gründen ausgefallen. Thomas Natschinski spielte noch als Gast bei Karat mit, nur letztendlich hatte er dann auch gesagt, dass er seine anderen Projekte weiterverfolgen wollte. Er hatte der Band dann mitgeteilt, dass sie sich auf lange Sicht um eine Alternative bemühen sollte. Das hat Henning dann auch schnurstracks gemacht. Es gab damals nur zwei Keyboarder, die "reisen" durften. Das waren ein gewisser Rainer Kirchmann von Pankow und eben ich. Ich wusste davon - wie gesagt - gar nichts. Diese Umstände waren sicher auch ein Grund für mein Angebot. So ist das dann damals gekommen.


KARAT hatte zu diesem Zeitpunkt gerade die wohl beste Zeit ihres Bestehens: Goldene Schallplatte, Konzerte im Westen, volle Häuser… Wie hast Du die Zeit damals empfunden und kannst Du Dich noch an Dein erstes Konzert mit KARAT erinnern?
Für mich war das erstmal überwältigend! Mein erstes Konzert mit Karat war in Bergenbrück bei Osnabrück in einem Zelt vom Zirkus Althoff. Das werde ich nie vergessen. Die Luft war anders, es hatte ein Fluidum, das ich bis dahin nicht kannte. Ich hatte mich gut vorbereitet. Ed spielte dort auch mit und ich musste mich sofort wieder umgewöhnen. Ich hatte ein Vierteljahr die ganzen Titel von Ed so geprobt, als müsste ich sie alleine spielen. Auf einmal kam dann Ed wieder mit dazu und ich musste umdenken, weil man sich die Arbeit auf der Bühne teilen musste. Das war schon ein bisschen "Blut und Wasser-Schwitzen". Ich habe es dann aber trotzdem gemeistert und empfand es auch nicht als negativ. Von den ganzen Eindrücken war das für mich damals schon Wahnsinn.


Mit dem Album "Die fünfte Jahreszeit" kamen eine Menge Ereignisse auf einmal: Der von Dir geschriebene Song "Hab den Mond mit der Hand berührt" wurde als Single veröffentlicht, Henning Protzmann stieg kurz vorher aus, wurde durch Christian Liebig ersetzt und Ed zog sich mehr und mehr zurück. Wie hast Du die Zeit des Umbruchs damals erlebt?
Das war eine ganz komische Zeit. Ich wollte überhaupt nicht, dass jemand rausgeschmissen wird, bzw. dass sich irgendwas verändert, weil ich gerade von der Stern Combo diesen ganzen Wechsel mit dem Sänger mitgemacht habe und gemerkt habe, dass ein Sängerwechsel das Verkehrteste ist, was es überhaupt gibt. Eine sehr schwierige Zeit, wo ich auch ein bisschen Angst darum hatte, dass die Band überhaupt weiter existiert. Es zogen ganz schön schwarze Wolken auf, das muss ich schon sagen. Das spielte auch alles mit in die Entstehung des Albums "Fünfte Jahreszeit", dass dann auch von den Leuten nicht so sonderlich gut angenommen wurde.


Die Band brauchte drei Jahre um ein weiteres Album zu veröffentlichen. Was die Fans dann auf dem Plattenteller hatten, hörte sich nahezu komplett anders an als das, was man noch vom Vorgänger kannte. Was waren die Gründe für diesen tiefen musikalischen Einschnitt?
Von Ed kam ja nichts mehr. Die Plattenfirma "Amiga" sagte damals, dass sie nichts mehr mit uns veröffentlichen wollten, wenn das Erfolgsteam Kaiser/Swillms nicht mehr aktiv ist. Sie hatten kein Interesse mehr an der Band und an einer weiteren Veröffentlichung. Da waren wir erstmal geplättet. Wir mussten ja irgendwie weiter existieren, und ohne neuen Tonträger hatte man eigentlich keine große Berechtigung, wieder auf Tour zu gehen. So haben wir praktisch von den großen Hits gezehrt, haben uns ein bisschen ausgeblendet und sind auf zwei große Cuba-Tourneen gegangen. Somit hatten wir ein bisschen Zeit gewonnen. Aber dann kam das Jahr 1989 und "Amiga" sagte zu uns, dass wir uns eine Firma im Westen suchen sollten, die mit uns eine Platte machen würden. Da kam es dann zu einer Art Co-Produktion. Die AMIGA stellte uns für das Einspielen der Basic-Tracks das Studio Brunnenstraße in Berlin zur Verfügung, sowie die Streicher des Berliner Symphonie Orchester für den Part auf "...im nächsten Frieden" und "Über sieben Brücken" zur Verfügung. Und so war's dann auch, dass diese etwas "anders klingende" Platte im Osten und im Westen mit gleichem Cover verkauft worden ist. Sie klang auch deshalb anders, weil da andere Köche mit dran herum werkelten. Das habe ich auch an der eigenen Haut erleben müssen. Ich war teilweise ganz schön sauer: da wurden Titel gestrichen, die gut waren und die wir auch schon geprobt hatten. Die Platte war obendrein viel zu kurz. Sie ging ja nur 28 Minuten und es gab auch Reklamationen von einigen Leuten. Es begann damals, dass gleichzeitig das Album auf CD und Schallplatte veröffentlicht wurde, und dann waren da nur 28 Minuten drauf. Wir waren selber nicht so richtig glücklich damit. Ich hatte einen Titel geschrieben, der hieß "Immer so". Ich dachte, dass der vielleicht kommerziell etwas bewirken könnte, z.B. im Radio. Das war eigentlich der Aufhänger. Alles was da sonst noch so mitkam, z.B. mit dem dritten Aufguss von den "Brücken", diesmal mit Maffay und Orchester, und alles andere, hat uns damals gar nichts gebracht.


Weitere zwei Jahre später hast Du Dir Dein eigenes Studio aufgebaut und hast KARAT verlassen. Ließ sich beides zusammen nicht vereinbaren oder warum der Ausstieg?
Herbert und ich sind damals für einen neuen Plattenvertrag hausieren gegangen. Wir waren z.B. in München bei Koch Records und bei der Teldec, die dann ja auch nicht mehr lange existent war. Wir gingen mit Demos, aufgenommen auf einem 4-Spur-Cassettengerät, los. Damit konnte man technisch nicht viel machen. Bei den Plattenfirmen sitzen oft Leute, die können sich aufgrund von Demos halt nicht vorstellen, wie es klingen soll, wenn es fertig gemixt ist. Also muss man dahin gehen, und die Demos müssen klingen, als wären sie schon produziert. Ich hatte dann die Idee, bei mir anzubauen und ein eigenes Studio einzurichten. So richtig mitgezogen wurde dann von Herberts Seite aber nicht, denn ich wollte das ursprünglich mit ihm zusammen machen. Da habe ich es dann eben alleine gemacht und aufgebaut. Parallel dazu blieben dann die Konzerte mit Karat aus. Im Vierteljahr hatten wir einen einzigen Auftritt und dafür musste ich dann meine Arbeit im Studio unterbrechen. Es war die Zeit, wo eigentlich nichts mehr ging. Da habe ich dann zu den Jungs gesagt, dass ich so nicht weitermachen könnte. Ich wollte nicht einfach irgendwo rumsitzen und Däumchen drehen - ich musste etwas tun. Man musste begreifen, dass man von der Musik alleine nicht mehr leben konnte, und man ein weiteres Standbein brauchte. Ich hatte den Vorschlag gemacht, dass man sich erstmal um andere Projekte kümmert, und mit Karat vielleicht dann mal wieder den Kopf rausstreckt, wenn die Zeit dafür wieder reif gewesen wäre. Das haben die anderen dann aber nicht so gesehen und wollten mit Brachialgewalt weitermachen. Daraufhin habe ich gesagt: "Ok, dann müssen wir uns halt trennen. Bis ein Ersatz für mich gefunden ist, stehe ich Euch noch zur Verfügung". Das waren die Gründe für meinen Ausstieg.


Dein Tonstudio liegt vor den Toren von Berlin, in Erkner. Für wen hast Du bis jetzt schon am Mischpult gearbeitet?
In den ersten Jahren habe ich mir das Studio erstmal aufgebaut und bis 1999 hauptsächlich Hörfunk- und Werbespots produziert. Inzwischen waren auch schon ein paar hochkarätige Leute als Sprecher hier, z.B. Hans-Joachim Preil, wer ihn noch kennt, oder Eberhard Cohrs, mit dem ich ein paar Gag-Spots gemacht habe. Namhafte Synchronsprecher waren auch schon hier, z.B. der, der Mike Hammer seine Stimme gegeben hat. Ich hatte also schon die Creme de la Creme der Sprecher hier vor Ort. Dann habe ich mein Studio ausgebaut, um auch mal Musikproduktionen größeren Umfangs machen zu können. Da hatte ich dann Karat hier, mit denen ich drei Titel für eine Bonus-Produktion zu ihrem 2001er Live-Album gemacht habe. Für den Verlag "Volk & Wissen" habe ich vier CDs produziert und es waren in der Vergangenheit auch ein paar junge Leute hier, die ich produziert habe. Die haben noch keinen großen Namen, aber vielleicht kommt's ja noch. Die Leute, die schon einen Namen hatten, hatten auch schon ihre Partner. Ich habe ja erstmal angefangen, mir eine Klientel aufzubauen. Außerdem war auch Kathrin Sass (Darstellerin aus "Goodbye Lenin", Anm. d. Red.) schon bei mir, die hier eine Neuaufnahme von "Du hast den Farbfilm vergessen" eingesungen hat. Dies wurde aber nie veröffentlicht.


Mitte der 90er gab es nochmals ein sechs-jähriges Intermezzo bei der Stern Combo. Hattest Du damals wieder Hunger auf das Live-Spiel und auf das Schreiben neuer Songs?
Ich sag's mal so: In erster Instanz wollte ich das gar nicht, weil ich noch genau in Erinnerung hatte, wie sich die Kollegen bei meinem Wechsel zu Karat verhalten haben. Wie man da mit Dreck beschmissen wurde und welche Wortspiele die sich damals haben einfallen lassen, wie z.B. "Was reimt sich auf Karat: Verrat…" und solche Dinge. Jedenfalls habe ich mich dann doch breitschlagen lassen - vielleicht aus dem Beweggrund, mal wieder ein paar alte Fans zu sehen und noch mal ein bisschen Spaß zu haben. So bin ich eigentlich auch an die Sache rangegangen. Es war allerdings verteufelt schwer, das Schiff wieder ans Schwimmen zu bekommen, weil jeder der Kollegen inzwischen Jobs hatte. Der eine ist z.B. jetzt Lehrer, hatte Verpflichtungen und musste immer wieder weg. Die Proben waren teilweise für die Katz bis das ganze Projekt dann endlich in die Strümpfe gekommen ist. Da ist es dann auch ein paar Jahre gut gegangen. Leider haben manche die Fehler von früher weitergemacht und das hat mir dann irgendwann nicht mehr behagt und ich wollte mir das nicht weiter antun. Das war einfach nicht mein Niveau. Also war am 06. Dezember 2002 meine letzte Mugge mit der Band und das war's. Da hatte ich wieder meine Ruhe, denn man hat sich da sowieso nur geärgert.


Seit 2002 bist Du nicht mehr der "Profimusiker", der in einer Band spielt, sondern konzentrierst Dich rein auf Dein Geschäft. Vermißt Du etwas?
Ja, schon. Es würde mich schon beflügeln, wenn ich mal wieder irgendwo live spielen könnte. Aber ich will das auch nicht erzwingen. Es muss halt Spaß machen , und wenn man nicht die geeigneten Kollegen findet, die genauso denken, dann sollte man es lieber lassen. Was mich sehr beflügelt hat war, als mich im letzten Jahr mein ehemaliger Kollege, Werther Lohse, gefragt hat, ob ich ihn nicht bei der East-Rock Symphony auf dem Berliner Gendarmen-Markt am Flügel begleiten möchte. Da habe ich sofort zugesagt. Dadurch, dass ich weniger auf der Bühne zu sehen bin, bin ich ja nicht weniger Profi geworden. Ich bin es schon noch, und da habe ich gesagt "Ok! Geht los". Das baut einen dann doch irgendwie auf und das gehört auch ein bisschen zu meinem Leben. Im Alter von 20 bis 40 hat man ja fast ausschließlich davon gelebt.
Etwas Neues wird es vielleicht sehr bald schon von mir geben. Ich kann da noch nicht konkret werden, da noch nichts Genaues feststeht, aber es besteht ein Angebot für die Komposition und Produktion eines Musicals. Es haben auch schon Vorgespräche stattgefunden.


Wir haben schon öfters über eine eigene CD von Dir gesprochen. Wird es eine geben oder hast Du die Gedankenspiele schon wieder verworfen?
Es wird eine geben! Es ist nur halt so, dass ich das aufgrund anderer Aufträge immer wieder zurückstellen musste. Ich habe aber schon angefangen und es liegen auch schon ein paar Titel vor. Wenn ich sie veröffentliche, muss ich dabei auch ein gutes Gefühl haben, dass es eine runde Sache ist. Ich kann da sehr schnell kreativ sein und auch etwas auf den Punkt bringen. Man muss dafür aber den Kopf auch frei haben.


Du bist schon immer ein interessierter Musikfan gewesen und bist es noch; hast stets auch über den Tellerrand hinaus geschaut: Was hörst Du heute für Musik und was sind Deine "All Time Classics"?
Ich höre heute alles quer Beet, was mir gut gefällt und was gut arrangiert ist - auch von jüngeren Nachwuchs-Leuten. Ich höre sehr wohl, ob da jemand Hand angelegt hat, der davon Ahnung hat oder ob's einfach nur Larifari ist, wo billige Loops gestrickt worden sind. Ich höre mir auch nach wie vor Oldies an. Was mich letztens wieder sehr aufgebaut hat: ich hatte von meinem Sohn zu Weihnachten die DVD von "Level 42" mit einem Mitschnitt aus der Grugahalle von 1983 aus dem Rockpalast bekommen. Am Heiligabend hab ich mir das Ding gleich reingezogen. Das hat mich natürlich beflügelt, wie der Kumpel am Bass da derartig abgeht. Das war wie 20 Jahre in der Zeit zurück versetzt. Sowas höre ich mir liebend gern auch an. Da gibt's so viel Musik, wie z.B. zuletzt die neu abgemischte Beatles CD. Neuen Sachen bin ich nach wie vor sehr aufgeschlossen, sonst wäre ich ja auch kein guter Produzent. Wenn jetzt ein junger Künstler zu mir käme und wollte bei mir einen Titel produzieren, da muss ich ja auch Ahnung haben was den Zeitgeist betrifft. Ich muss die Sounds und Samples haben und muss wissen was er will.


Ich nenne Dir jetzt ein paar Schlagwörter, und Du antwortest mir bitte, was Dir spontan dazu einfällt:

Ostrock:

Es war wichtig, dass es ihn gegeben hat und er sollte nicht vergessen werden!

Herbert Dreilich:
Herbert Dreilich war mit einer der genialsten Sänger des Ostrock, dessen Stimme den Fans noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Urlaub:
Mache ich weniger als Arbeiten (lacht). Er gehört einfach mit dazu! Man muss auch mal raus und den Horizont erweitern.

Comebacks:
Sie sind gut, wenn sie funktionieren. Aber meistens gehen sie in die Hose.

Fußball:
Beim Fußball interessieren mich nur die Highlights. Die Bundesliga weniger, aber die großen Turniere gucke ich schon mal.

Deutschland sucht den Superstar:
Empfinde ich langsam schon als nervend und einfach auch verdummend. Ich weiß nicht, was es bringen soll.

Der Frühling:
In erster Linie für mich ganz wichtig. Da habe ich die meisten Ideen. Und dann erinnert's mich an mein Stück von Vivaldi, an meine Adaption und Verarbeitung.


Danke, Thomas, für Deine Zusage, unser erster Gast zu sein und dieses Gespräch. Hast Du noch etwas auf dem Herzen, was Du den Leuten gerne sagen möchtest?
Ich bin nach wie vor am Ball und auch wenn man von mir livemäßig erstmal nichts hört, gibt es mich noch und irgendwann werde ich mich noch mal musikalisch "zu Wort melden". Viele Grüße an die Leser des Ostrockforums!

 
Interview: Christian Reder
Foto: Thomas Kurzhals privat

   
   
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