Es ist wohl keine Übertreibung, wenn man in Bezug auf Henry Kotowski von einem Pionier deutscher Rockmusik spricht. Seine Wurzeln als Musiker liegen in den 50er Jahren des letzten Jahrtausends. Er war Mitglied zahlreicher namhafter Bands, hat Grundsteine für andere Kapellen gelegt, die später durchstarteten und auch als Solist war er lange Zeit tätig. Seit einigen Jahren gibt es "seine" SPUTNIKS wieder, die bis zu ihrem Verbot im Jahre 1966 eine der bekanntesten Beat-Bands der DDR war und mit "Gitarrentwist" (2014) erst Jahrzehnte nach der Gründung in den 60ern ihr erstes Album veröffentlichte. Deutsche Mugge hatte im heißesten August seit der Wetteraufzeichnung die Gelegenheit, mit Henry Kotowski über eine ebenso heiße Karriere zu plaudern. Wie das früher in der DDR alles so war, was er nach seiner Ausreise in die BRD gemacht hat, wie Henry zur Filmmusikmacherei kam und warum er vor wenigen Jahren plötzlich in Wacken auf der Bühne stand, erfahrt Ihr in unserem Interview ...
Nennt man Dich immer noch Cott'n?
Ja, man nennt mich immer noch Cott'n.
Wo kommt denn der Name her?
Das ist nichts weiter als ein Kürzel meines Nachnamens Kotowski. Das hat sich seit der Schulzeit eingebürgert.
Du sprichst es an: die Schulzeit. Wann ging es für Dich los, wann hast Du die Musik für Dich entdeckt?
Eigentlich schon im Mutterleib (lacht). Nein, im Ernst, viel später war es wirklich nicht. Schon als kleiner Junge interessierte ich mich für Musik. Mein Vater spielte damals in der Nachkriegszeit Schlagzeug. Wenn er irgendwo in der Gegend spielte, ging die Mama mit mir hin und ich habe dann in der Pause auf dem Schlagzeug rumgetrommelt. Wie man mir sagte, klang das wohl sogar schon recht gut. Richtiges Schlagzeug habe ich ja dann später noch an der Schule gelernt.
Bekamst Du denn als Kind schon Musikunterricht oder hast Du Dir das alles selbst beigebracht?
Das habe ich mir selbst beigebracht.
In Deiner Biographie steht geschrieben, dass Deine erste Station in Sachen Musik das FRANKE ECHO QUINTETT war. Das muss etwa 1959 gewesen sein. Stimmt das?
Ja, das ist richtig.
Wie bist Du dazu gekommen?
Ich war vorher in einer Dixieland-Band. Im Radio liefen während dieser Zeit solche Musiken wie "Apache" von den SHADOWS. Das gefiel mir mehr als dieses Dixieland, was zwar auch nicht schlecht war, doch die Musik der SHADOWS war eher meine Richtung. Ich war ein junger Bengel und diese Echo-Gitarren waren eine Art Wunschtraum von mir, so etwas wollte ich auch selber mal spielen. Der letzte Gig mit der Dixieland-Band stellte dann die Weichen. Die Band war an dem Abend nicht vollzählig und konnte auch nur ein paar Stunden spielen. Man rief dann noch eine andere Band an, die an diesem Abend spielen sollte. Die hatten genau so einen Sound mit Echolette und all sowas, wie ich ihn mochte. Die kamen aber auch nur zu dritt, der Schlagzeuger fehlte. Und die fragten mich, ob ich bei ihnen mitspielen würde. Klar machte ich mit und ich blieb gleich bei der Band. Das war, man kann es sich denken, das FRANKE ECHO QUINTETT. Das "Echo" im Namen stand für den Einsatz von Echochord und Echolette und all diesem Zeug.
Du warst drei Jahre bei dem FRANKE ECHO QUINTETT ...
Stimmt, aber mit Achim Döhring und Bernd Emich habe ich mich dann von der Band gelöst und selber was gemacht.
Das waren dann die TELESTARS ...
Richtig, so nannten wir uns. Dazu gehörte u.a. noch Gerd Hertel, zu dem ich auch heute noch Verbindung habe. Leider macht Gerd keine Musik mehr.
Was habt Ihr mit den TELESTARS für Musik gemacht und wo seid Ihr aufgetreten?
Natürlich viel in Berlin, aber auch in der näheren Umgebung, beispielsweise in Teltow oder auch Potsdam. Wir waren ja damals noch ohne Auto unterwegs. Die Fans nahmen uns immer etwas Gepäck ab und trugen es sozusagen für uns in die jeweiligen Dörfer. Aber es war ja ohnehin nicht viel, was wir für unsere Auftritte brauchten. Wir machten Gitarrenmusik, das wollte man hören. Hauptsächlich von den BEATLES, CLIFF RICHARD oder auch den SHADOWS. Das war so meine Richtung, mit dieser Musik bin ich aufgewachsen. Das meiste hatten wir abgekupfert, aber wir hatten auch schon eigene Nummern, die wir allerdings auf Englisch sangen.
Aus den TELESTARS wurden 1964 dann die SPUTNIKS.
Genau. Da wurde dann sogar die Plattenfirma AMIGA auf uns aufmerksam. Wir spielten zweimal pro Woche in dem berühmt-berüchtigten "Twistkeller", der durchaus leichte Parallelen zu dem bekannten "Cavern Club" in Liverpool aufwies (Anm. d. Verf.: gilt als Geburtsort der BEATLES). AMIGA schnitt dort eins unserer Konzerte mit und veröffentlichte daraus die Single "Gitarren-Twist".
Du warst ja der Gründer der SPUTNIKS. Warum hast Du nicht einfach mit den TELESTARS weitergemacht, sondern stattdessen die SPUTNIKS ins Leben gerufen?
Es stimmt schon, die Besetzung war dieselbe. Aber da wir im Ostteil Berlins lebten, bat man uns, doch bitte den Namen des sowjetischen Satelliten zu verwenden. Wir wollten es natürlich nicht unbedingt, doch es steckte schon ein gewisser Druck hinter dieser Bitte. Also nannten wir uns seitdem SPUTNIKS, obwohl es wirklich dieselbe Truppe war wie bei den TELESTARS.
er hatte Euch "gebeten", den Namen zu wechseln?
Bei AMIGA gab es dieses Lektorat und das Kulturministerium existierte auch schon, und von irgendwo dort kam diese "Bitte".
Die SPUTNIKS gab es zwei Jahre, in denen Ihr richtig die Republik gerockt habt. Die Teenies und Musikliebhaber pilgerten in Scharen zu Euren Konzerten. Wie hast Du diese Zeit in Erinnerung?
Das war eine herrliche Jugend, die ich dadurch hatte. Wir hatten wirklich ganz viel Spaß während dieser zwei Jahre. Dieses Thema "Sex, Drugs & Rock'n'Roll" galt ja bei uns wegen des Mangels an Drogen nicht. Wir hatten stattdessen mehr mit Alkohol zu tun.
Drogen gab es keine, aber Sex durchaus, habe ich das richtig verstanden?
Ja, den gab es reichlich (lacht).
1966 wurden die SPUTNIKS dann verboten. Wie kam es dazu, wie hat man Euch das mitgeteilt?
Ein Jahr vorher, also 1965, gab es ja diese berühmte Rede von Walter Ulbricht, in der er in Anspielung auf die BEATLES "dieses Yeah-Yeah-Yeah" verbieten lassen wollte. Da wir mit den SPUTNIKS auch ein bisschen "Yeah-Yeah-Yeah" gemacht hatten, fielen wir mit durch die Roste. Das Ganze wurde dann als Kulturreform verkauft.
Teilte man Euch das Verbot schriftlich mit oder hatte man Euch vorgeladen?
Ich war zwar der Gründer, aber nicht der Chef der SPUTNIKS. Diese Rolle nahm unser Bassist Bernd Emich wahr, der inzwischen leider verstorben ist. Bernd hatte also den Kontakt zum Kulturministerium und wurde auch öfters mal hin zitiert, wenn es irgendwelche Vorfälle oder Ausschreitungen gab. Er musste dann für uns alle den Buckel hinhalten. Bei einer solchen Gelegenheit teilte man Bernd das Verbot für die SPUTNIKS mit. Jeder von uns tauchte danach zunächst woanders unter.
Dennoch habt Ihr wahrscheinlich weiter unter Beobachtung gestanden?
Ja sicher. Man musste halt darauf achten, dass man dieses 60:40-Verhältnis einhielt. Natürlich interessierte uns Musiker das relativ wenig. Die AWA, die heute GEMA heißt, mischte immer wieder ihre Spitzel ins Konzertpublikum. Wenn man von denen das erste Mal erwischt wurde, gab es eine Rüge und beim nächsten Mal bist Du auch schon mit einem Auftrittsverbot belegt worden.
Betraf das alle Bands, in denen Du in Deiner Karriere gespielt hast, oder speziell die SPUTNIKS?
Nein, das galt allgemein für alle Bands. Die AWA hatte alle gleich gerne. Das waren wirklich regelrechte Spitzel.
Du bist nach dem Verbot der SPUTNIKS bei UVE SCHIKORA gelandet. Wie ist das abgelaufen?
Uve hatte die SPUTNIKS gehört und gesehen und sagte uns, wenn es sich ergibt, würde er gerne mit uns zusammen spielen. Unseren letzten Gig spielten wir in Erfurt im "Erfurter Hof", der später durch das Treffen zwischen Willy Brandt und Willi Stoph bekannt wurde. Danach fuhren wir nach Dresden, wo Bernd Emich und ich einen Tag später bei Uve Schikora in die Band einstiegen. Damit waren die SPUTNIKS gestorben. Aber da ja nur der Klangkörper an sich mit einem Spielverbot belegt wurde, die einzelnen Personen aber weitermachen durften, haben wir das auch genutzt.
War die UVE SCHIKORA COMBO damals noch eine Beatband oder ging es bereits in Richtung Schlager?
Nein, wir waren noch eine Beatband und haben richtig schöne Musik gemacht. Schikora war ein guter Arrangeur, der auch selber Saxophon, Fagott, Flöte und Klavier spielte. Uns gefiel es da recht gut, wir konnten auch gleich noch ein bisschen was lernen. Dort blieben wir dann auch einige Zeit.
Einige Zeit nicht gerade, aber immerhin ein Jahr lang. Dann hatte es Dich wohl wieder gejuckt und Du hast mit dem HENRY KOTOWSKI SEXTETT wieder eine eigene Band gegründet.
Nicht ganz, denn erst habe ich noch beim KLAUS LENZ SEPTETT am Schlagzeug gesessen, was sich ja dann später zu einer Bigband erweiterte. Das war auch eine unheimliche tolle Zeit, mit so einem Haufen guter Musiker zusammen zu arbeiten.
Ah, ok. Aber danach war es dann soweit und Du hast das HENRY KOTOWSKI SEXTETT auf die Beine gestellt. Wer gehörte zur Anfangsformation? Welche Idee steckte hinter dieser Band?
Irgendjemand kam zu mir und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, mal ein paar Songs in Richtung Schlager zu singen. Klar, dachte ich mir, warum eigentlich nicht. Also sang ich ein paar von diesen Schlagern und erreichte damit sogar gute Plätze in den Wertungssendungen des Fernsehens und des Rundfunks. Da es ja damals noch keine CD gab und überhaupt die ganze Technik noch nicht so weit war, sollte ich die Lieder natürlich dann auch live präsentieren. Dafür wiederum brauchte man eine Band, die ich dann eben gründete. Da waren schon so bekannte Jungs dabei wie Konny Körner, der später bei Max Greger Saxophon spielte. Dann Dieter Kopf, der später bei der Reunion der SPUTNIKS als Leadgitarrist mitmachte, inzwischen aber leider auch nicht mehr lebt. Die anderen waren nicht ganz so bekannt, aber trotzdem gut.
Später spielten dann sogar noch Peter Meyer und Harry Jeske von den PUHDYS mit und auch Herbert Dreilich war in Deiner Band.
Ja, aber das war nicht direkt in meiner damaligen Band. Meyer, Jeske und Dreilich, dazu noch ich und meine damalige Bekannte, die gesungen hat ... wir zusammen waren quasi der Grundstock für die Gründung der PUHDYS. Daran war ich also zu einem gewissen Grad beteiligt. Irgendwann trennte ich mich dann aber von denen, weil ich in meiner Entwicklung nicht stehen bleiben wollte. Was wir machten, war zwar nicht schlecht, aber es passierte auch nichts Entscheidendes. Trotzdem war es eine schöne Zeit, Herbert hat gesungen, ich saß am Schlagzeug, wir hatten auch eine Menge Gigs. Aber wie gesagt, ich wollte vorankommen.
Da muss ich kurz nachhaken. Du sagst, aus dieser Zusammenarbeit haben sich die PUHDYS entwickelt. Kannst Du das bitte etwas näher beschreiben?
Na ja, mir hatte es einfach nicht mehr gereicht, was wir machten. Ich wollte mit besseren Leuten zusammenspielen, von denen ich noch etwas lernen konnte. Herbert Dreilich stieg dann aus, ging zu den ALEXANDERS. Ich machte mein HENRY KOTOWSKI SEXTETT weiter, während Meyer und Jeske sich fortan PUHDYS nannten. Sie holten Maschine und Quaster in die Band, dazu noch Gunther Wosylus für den Schlagzeugpart.
Die PUHDYS geben 1969 als ihr offizielles Gründungsjahr an. Es gab aber bereits vor diesem Datum Konzerte unter dem Bandnamen PUHDYS. Warst Du daran auch beteiligt?
Das weiß ich nicht mehr so genau. Das ist schon so lange her und ich habe in so vielen Bands mitgespielt, so viele Stilrichtungen mitgemacht, das kriege ich nicht mehr alles auf den Punkt zusammen.
Du bist in der Folgezeit bei AMIGA eher solistisch in Erscheinung getreten.
Richtig, ich sang ein paar eigene Songs, die in Richtung poppiger Schlager gingen. Ich durfte sogar ein paar internationale Nummern nachsingen, die damals gerade zu Hits wurden. Pech hatte ich mit CLIFF RICHARDs "Power to all our friends". Den Songs wollte ich auch singen, aber den gab man lieber an Frank Schöbel.
Das lief ja damals alles parallel zu Deinem Studium ab. Wann hast Du damit angefangen und was hast Du wo studiert?
Das war eine Nebenstelle der Hochschule für Musik. Es wurde seinerzeit unterteilt in E-Musik und U-Musik, also Unterhaltungsmusik. Und wir waren in der U-Musik untergebracht. Wir zogen das ein paar Jahre durch, lernten unsere Instrumente richtig zu spielen und waren dann eines Tages Berufsmusiker.
Geschah das auf freiwilliger Basis oder sagte man Dir: "Wenn Du studierst, kannst Du Profimusiker werden"?
Natürlich war das alles nicht ganz freiwillig, es war eher so eine Art Zwischending. Man erzählte uns, wir müssten doch später was darstellen, müssten so eine Art Vorzeigeband werden. Man kann sagen, die haben uns regelrecht vorgeführt.
Du hast 1971 das Studium abgeschlossen und warst danach weiter als Solist unterwegs. Irgendwo taucht dann plötzlich der Name GERD MICHAELIS CHOR auf.
Ja, da war ich ebenfalls dabei. Ich habe quasi so eine Art Pionierarbeit geleistet und in alle Stilrichtungen mal rein geschnüffelt. Das war jedes Mal eine gute Lehre für mich. Ich war ja nun kein schlechter Sänger, also landete ich zwangsläufig auch bei dem Chor. Es hat richtig Spaß gemacht, und ich schrieb auch für den GERD MICHAELIS CHOR ein paar Songs. Wir waren so eine Art Gegenstück zu den LES HUMPHRIE SINGERS.
1974 bis 1975 steht in Deiner Vita die THEO SCHUMANN COMBO, deren Sänger Du gewesen bist. Wie bist Du dazu gekommen?
Das war nur so eine Art Gastrolle. Theo hatte mit ein paar guten Leuten aus seiner eigenen Band und ein paar "Zukäufen" eine Jazzformation gebildet, bei der ich ein paar Nummern gesungen habe, meistens Jazz-Klassiker. Mir machte das Spaß, zumal auch wieder Konny Körner dabei war. Aber es war wirklich nur für ein Jahr, denn es war keine feste Formation, sondern das lief eher nebenbei ab, so dass man auch noch andere Dinge machen konnte.
Wenn ich richtig informiert bin, gab es in dieser Zeit eine kurze Rückkehr von Dir zu Klaus Lenz. Und auch bei der MODERN SOUL BAND hast Du ein Gastspiel gegeben. Stimmt das?
Das kann durchaus sein, so genau habe ich das nicht mehr in Erinnerung. Aber das war ohnehin diese Soul-Zeit, die ich sehr genossen habe. Die ganzen alten Soulsänger und -sängerinnen haben mich sehr beeindruckt und geprägt und mich auch dahingehend beeinflusst, diese Art Musik selber zu spielen. Es war Musik, die direkt aus der Seele kam, die Blues enthielt, es war eben schwarze Musik und das war herrlich.
Hast Du bei der MODERN SOUL BAND gesungen oder Schlagzeug gespielt?
Da habe ich gesungen. Die hatten schon einen Drummer. Hin und wieder haben wir bei Konzerten auch mal die Rollen getauscht und ich saß kurz hinterm Schlagzeug, aber die überwiegende Zeit war ich der Sänger.
War Klaus Nowodworski damals schon dabei?
Ja, den gab es schon. Wir hatten also damals zwei Sänger in der Band.
Ab 1976 bist Du dann wieder mit einer eigenen Sache an den Start gegangen. Zusammen mit Peter Paulick nanntet Ihr Euch PETER & COTT'N. Erzähl bitte etwas dazu.
Das war mal etwas ganz anderes, denn wir haben so ein kleines bisschen die Country-Richtung eingeschlagen. Wir wurden sehr schnell populär, weil wir in der DDR seinerzeit das einzige Duo neben all diesen Rockbands waren. Wir hatten es also recht einfach und ich erinnere mich gerne an diese Zeit zurück.
Ihr habt sogar mehrere Platten veröffentlicht.
Stimmt, wir machten ein paar Singles und waren auf mehreren Samplern vertreten.
PETER & COTT'N spielen ganz viel live. Sogar Auslandsauftritte waren dabei. Aber 1978 war plötzlich Schluss, obwohl Ihr eigentlich gerade auf dem Höhepunkt angekommen wart. Warum habt Ihr aufgehört?
Peter Paulick stellte mir damals ein paar Ultimaten, die besagten, dass er dieses und jenes in Zukunft so und so machen werde. Aber damit war ich nicht einverstanden. Man könnte sagen, die Demokratie zwischen uns war plötzlich weg. Er wollte allein den Ton angeben, weshalb unsere Trennung vorauszusehen war.
Wie ging es nach PETER & COTT'N für Dich weiter?
Ich gründete COTT'N & Co. und vertiefte damit die eingeschlagene Richtung zum Country, weil ich diese Musik sehr mag.
Wer gehörte alles zur Band COTTN' & Co?
Das waren hauptsächlich ein paar gute Freunde, die ich zum Teil für diesen Zweck von anderen Bands abgeworben habe. Zum Beispiel war Peter Nehls an der Steelgitarre dabei, Harald Buch saß am Schlagzeug und ich selber spielte Gitarre und habe gesungen. Wir konnten im Rundfunk und bei AMIGA ein paar Songs aufnehmen, wurden auch viel im Radio gespielt, so dass wir relativ schnell bekannt wurden.
In der Zeit zwischen 1978 und 1984 klafft in Deiner Biografie eine große Lücke. Warst Du in der ganzen Zeit mit COTT'N & Co unterwegs, oder gab es da noch etwas anderes?
Da gab es wirklich nur COTT'N & Co.
1984 hast Du die DDR verlassen und bist in den Westen gegangen. Was waren die Gründe dafür?
Ich wollte einfach neue Erfahrungen sammeln. Und ich wollte auch endlich mal meine musikalischen Idole live sehen und hören und vielleicht auch mal selber da drüben spielen. Von DDR-Seite ließ man mich aber nicht raus, während andere, die viel später zur Musik kamen und längst nicht so gut waren wie ich, im Westen auftreten konnten. Die durften auf die Waldbühne, die traten im Quasimodo auf. Meine Anträge wurden jedoch immer abgelehnt. Irgendwann traf ich mit meiner Familie den Entschluss, auszureisen. Das Ganze dauerte sieben bis acht Monate und dann sind wir offiziell nach München ausgereist.
Ging es Dir so wie anderen Musikern auch, dass Du während der Wartezeit auf Deine Ausreise nicht mehr auftreten durftest?
Ja natürlich, da hatte ich Auftrittsverbot. Es gab zwar einige wenige Veranstalter, die mich genommen hätten, aber die wurden auch sofort von den offiziellen Organen gerügt, weil sie mich beschäftigen wollten. Aber ich konnte damit leben, denn ich hatte ja noch ein recht gutes finanzielles Polster aus den Jahren zuvor. Wir warteten also ganz in Ruhe ab, bis wir endlich die Genehmigung zur Ausreise erhielten und sind dann zunächst in das Auffanglager Gießen. Da kam sofort "Die Bunte" zu mir, denn ich hatte auch in der BRD einige Fans. Die machten natürlich gleich ein Interview, wie ich mit Kind, Kegel und Gitarrenkoffer im Westen ankam. Leider habe ich die Zeitschrift nicht mehr.
Wie ging es für Dich im Westen weiter? Verpuffte das anfängliche Interesse an Deiner Person schnell wieder?
Es ging glücklicherweise ohne große Pause weiter, denn im Osten traten hin und wieder auch mal ein paar tolle Countrymusiker auf, unter anderem KENTUCKY BLUEFIELD aus München. Mit denen hatte ich mich vorher bereits angefreundet, und so stieg ich dann gleich nach meiner Ankunft bei denen als Schlagzeuger ein.
Wann ging es mit COTT'N FEELS los?
Das war etwas später, als ich von München nach Schwandorf bei Regensburg zog. Ich hatte da eine Diskothek gepachtet, denn ich musste ja irgendwas machen und Geld verdienen. Von den Jungs, die in dieser Ecke wohnten und Musik machten, griff ich mir die Besten raus und musizierte dann mit denen.
Du hattest damals den direkten Vergleich zwischen der Kulturszene Ost und der Kulturszene West. Was waren die gravierendsten Unterschiede, die Du für Dich ausgemacht hast?
Hmmm ... Wie drücke ich das aus ... Also grundsätzlich waren die Musiker aus dem Westen alle gut. Ich spielte ja auch mit Amerikanern und Engländern zusammen und die waren ja ohnehin ganz anders drauf. Im Osten musste man halt als Musiker eine umfangreiche musikalische Ausbildung nachweisen. Es war nicht möglich, sich einfach eine Gitarre umzuhängen und damit auf die Bühne zu gehen. Man musste irgendwo vorspielen, bekam dafür eine sogenannte Einstufung oder einen Befähigungsnachweis. So etwas gab es im Westen natürlich nicht. Wer da etwas konnte und die Leute begeisterte, der hatte eben Glück und konnte einfach so eine Platte aufnehmen. Ich hatte jedenfalls nach meiner Ausreise viel Spaß mit guten und sehr guten Musikern aus den USA, England und sonst wo her, war Chef einer Diskothek und einer Countryband.
Dann kam das Jahr 1989 und die Mauer fiel. Wie hast Du das erlebt und was ging in Dir vor?
Meine Familie ging während meiner Zeit in München und Regensburg zu Bruch. Ich hatte mit meiner damaligen Frau eine Tochter und einen Sohn. Nach der Trennung blieb mein Sohn bei mir, die Tochter ging zu meiner Frau. Mein Sohn meinte irgendwann zu mir: "Mensch Papa, lass uns doch wieder zurückgehen". Nach der Scheidung hatte ich wieder eine neue Beziehung; die nach fünfeinhalb Jahren dann auch plötzlich vorbei war. Das fiel genau in die Zeit des Mauerfalls. Ich dachte bei mir: "So, jetzt kannst Du eigentlich auch wieder nach Hause fahren". Natürlich streckte ich erst mal vorsichtig meine Fühler aus, bin nach Berlin gefahren und habe mich umgehört, wie es bei den anderen Musikern so lief. Die befanden sich ja bekanntermaßen auch gerade alle in einer Talsohle, keiner wusste so richtig, wie es weitergehen würde, denn es war ja alles neu. Kein Wirt traute sich anfangs, irgendwelche Tanzveranstaltungen durchzuführen, weil die Kohle bei den Leuten noch nicht so locker saß. Es war ein Jammer. Also blieb ich zunächst noch ein paar Jahre in Schwandorf, wo ich eine Musikschule hatte. Aber irgendwann reichte es mir, mich hielt dort nichts mehr und so ging ich 1994 zurück nach Berlin. So richtig mit Umzug, mit Möbelwagen und dem ganzen Programm. Es war ein echtes Glücksgefühl, wieder in der Heimat zu sein, denn dort waren nun mal meine Wurzeln. Und obwohl ich zehneinhalb Jahre weg war, kam es mir vor, als wäre es nur ein Jahr gewesen. Viele meiner alten Musikerkollegen freuten sich, nahmen mich sofort wieder in ihrer Mitte auf und sagten: "Komm, lass uns etwas zusammen machen". Und so konnte ich auch hier gleich wieder Musik machen.
Das war dann die Wiedergeburt der SPUTNIKS.
Genau. Aber nicht gleich, denn zuerst hatte ich eine andere Band namens SILBERDOLLAR, die auch Country spielte. Das war jedoch nur eine kurze Angelegenheit. Ich telefonierte in dieser Zeit oft mit meinem Freund und ehemaligen Bassisten Bernd Emich, der inzwischen in Chicago lebte. Der ist damals, kurz nach dem Verbot der SPUTNIKS, aus der DDR abgehauen. Ich weiß bis heute übrigens nicht, wie und auf welchem Wege er das geschafft hatte. Jedenfalls wollte Bernd auch wieder zurück in die Heimat, nachdem es die DDR ja nun nicht mehr gab. Wir beide vollzogen dann kurz darauf die Reunion der SPUTNIKS, holten noch den leider verstorbenen Leadgitarristen Dieter "Rübe" Kopf dazu. Zu dritt fingen wir also wieder an. Wir mieteten den alten "Twistkeller" an und sagten den Medien und der Presse Bescheid, dass die SPUTNIKS wieder da sind. Die kamen tatsächlich mit vielen Kameras angerückt, sämtliche Sender waren vertreten, denn die kannten ja unsere Geschichte und waren sehr interessiert an uns. Der Laden war mehrmals ausverkauft, das war schon Klasse.
Aber irgendwie hakte das Ganze, denn es ging nicht wirklich weiter mit der Band. Das anfängliche Interesse ebbte bald ab und die SPUTNIKS waren wieder weg.
Wir hatten leider keinen Manager, der das Eisen heiß gehalten hat. Das Feuer verglühte sozusagen. Ich versuchte die Geschäfte am Laufen zu halten, aber ich bin eben kein Geschäftsmann. Mir lagen mehr die Musik und das Musikmachen am Herzen.
Für Dich ging es dann wieder zurück zum Country, denn Du bist dann bei HUFNAGEL eingestiegen.
An dieser Stelle hat sich die Redaktion von Deutsche-Mugge unter Zurückstellung erheblicher Bedenken entschlossen, einen Absatz aus dem Interview zu entfernen. Hintergrund ist eine entsprechende Monierung durch Herrn Peter Behrendt ("Hufnagel"), der dortige Äußerungen von Henry Kotowski als "freche Lüge", die zudem "verleumderisch" seien, bezeichnet. Leider führt Herr Behrendt nicht näher aus, was konkret er dort beanstandet. Wir können dies folglich in keiner Weise nachvollziehen und sehen auch unter presserechtlichen Gesichtspunkten eigentlich keinerlei Veranlassung, diesem aus unserer Sicht ausgesprochen unprofessionellen Ansinnen Folge zu leisten. Da jener uns aber für den Fall der Nichtentfernung des Passus die Beschreitung des Rechtsweges angedroht hat, haben wir uns - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage - lediglich im Hinblick auf die Vermeidung eines kostenintensives Rechtsstreites dazu durchgerungen, eine entsprechende Löschung vorzunehmen. Die Redaktion von Deutsche-Mugge möchte sich nämlich in ihrer ausnahmslos ehrenamtlichen Tätigkeit weiterhin auf das konzentrieren, was hier wichtig ist: gute deutsche bzw. deutschsprachige Musik. Ob jene von "Hufnagel" dazu zählt, mag ein jeder für sich selbst beantworten... (Die Redaktion)
Wie ging es im neuen Jahrtausend bei Dir weiter?
Wir haben erneut die SPUTNIKS aufleben lassen.
Der Höhepunkt dessen ist ja das Album "Gitarren-Twist" aus dem letzten Jahr. Es ist ein ziemlich beeindruckendes Album, wenn man bedenkt, dass diese Band bereits über fünfzig Jahre alt ist. Die Band ist aber auch mit jüngeren Musikern durchsetzt, so gehört zum Beispiel Michael Lehrmann dazu. Wie kommt er zu den SPUTNIKS? Für Lehrmann ist das mit dem Beat doch eigentlich eine ganz fremde Baustelle.
Als unser Gitarrist Dieter "Rübe" Kopf verstarb, suchte ich krampfhaft nach einem neuen und vor allem guten Gitarristen. Der Sohn von Henning Protzmann meinte dann zu mir: "Ich kenne da jemanden, der könnte passen: mein Schwiegervater". So brachte mich Protzmanns Sohn mit Michael Lehrmann zusammen. Wir verstanden uns auf Anhieb, die Chemie stimmte und wir spielen bis heute miteinander.
Ihr spielt derzeit in der Besetzung Michael "Micha" Lehrmann (Gitarre), Henry "Cott'n" Kotowski (Gesang, Gitarre, Mundharmonika), Markus "Schmidty" Schmidt (Schlagzeug) und Frank Schultze (Bass).
Richtig, das ist eigentlich die aktuelle Besetzung. Ich habe sie allerdings im Moment auf Eis gelegt, weil die Jungs auch noch andere Bands und Verpflichtungen haben, mit denen sie sehr viel unterwegs sind, so dass ich selber kaum Möglichkeiten habe, Gigs für die SPUTNIKS zu besorgen. Ich hätte jede Menge Termine machen können, aber irgendwie hätte ich nie die Band zusammengehabt, weil mal der eine, mal der andere einen eigenen Termin hat. Die machen halt ihr eigenes Ding und daraufhin habe ich die SPUTNIKS erst einmal ruhen lassen. Ich kam dann auf die Idee, dass Micha Lehrmann und ich das auch durchaus zu zweit machen könnten. Und so nennen wir uns jetzt SPUTNIKS LIGHT. Eigentlich bräuchten wir dafür auch ein Management. Vielleicht könnt Ihr das ja mal über Deutsche Mugge erwähnen, dass wir einen seriösen Manager gebrauchen könnten. Ich bin nicht so gewieft und ausgebufft, wie man das in dem Job sein muss, deshalb brauchen wir da unbedingt jemanden.
Okay, dann starten wir doch an dieser Stelle gleich den Aufruf, dass die SPUTNIKS ein Management sowie ein paar Veranstalter suchen, damit Ihr mal eine Tour zusammenkriegt. Es wäre ja wirklich für viele nicht uninteressant, die SPUTNIKS noch mal live sehen zu können.
Einer hatte sich mal gemeldet, aber das war eher ein Reinfall. Das war eine Filmbude. Der Typ machte ansonsten eher auf Heavy Metal und hatte auch was mit dem Festival in Wacken zu tun. Der versprach dies und jenes, aber letztlich passierte nichts von alledem, obwohl wir uns dummerweise darauf verlassen hatten. Aber immerhin schafften wir es 2005 oder 2006 tatsächlich nach Wacken, was für uns eine tolle Erfahrung war.
Du hast dann sogar mal Filmmusik gemacht. Aber nicht etwa für irgendein drittklassiges Projekt, sondern Du hast die Musik für den Film "Neues vom Wixxer" geschrieben.
Na ja, nicht die ganze Musik, aber immerhin Teile davon. Ganze fünfeinhalb Minuten im Film sind wir zu hören.
Wie bist Du denn da reingerutscht? Diese Jobs sind bekanntlich ziemlich begehrt.
Es gab da ein Management namens Fair Media. Die machten seinerzeit in Köln oder irgendwo in der Nähe Radio mit Kalkofe, Bastian Pastewka, Oliver Welke und einigen anderen dieser Größenordnung. Das sind ja in der Regel alles Selbstläufer. Der Manager von Fair Media fand uns sehr exotisch mit dieser ganzen History im Rücken. Er besorgte uns schöne Auftritte, unter anderem auch Wacken, weil er u.a. Thomas Jensen kannte, der wiederum Wacken organisierte. Jensen fand die SPUTNIKS ebenfalls interessant und machte es möglich, dass wir in Wacken vor ...zigtausend Leuten den Block zwischen ACCEPT und ROSE TATTOO bekamen und unsere Songs spielen konnten. Die Metalfans waren außer Rand und Band, was man natürlich vorab nicht erwarten konnte. Das war schon kurios, aber auch irgendwie eigenartig. In jedem Fall aber war es für mich, für uns eine Riesenerfahrung.
Die Leute in Wacken gingen wirklich ab, als Ihr gespielt habt?
Aber wie! Die haben richtig abgerockt! War das herrlich! Zu einem Song stand dann sogar Onkel Tom von SODOM mit uns auf der Bühne, das war schon toll. Wir spielten zusammen "Ace of spades" von MOTÖRHEAD.
Was macht HENRY KOTOWSKI aktuell?
Eigentlich trete ich im Moment gerade etwas kürzer. Durch den fehlenden Manager sind die Auftritte etwas weniger geworden, aber vielleicht bringt Euer Aufruf ja etwas. Ansonsten schreibe ich immer noch neue Musik. Ich habe ein kleines Heimstudio, da kann ich mich kreativ ausleben.
Ja, man nennt mich immer noch Cott'n.
Wo kommt denn der Name her?
Das ist nichts weiter als ein Kürzel meines Nachnamens Kotowski. Das hat sich seit der Schulzeit eingebürgert.
Du sprichst es an: die Schulzeit. Wann ging es für Dich los, wann hast Du die Musik für Dich entdeckt?
Eigentlich schon im Mutterleib (lacht). Nein, im Ernst, viel später war es wirklich nicht. Schon als kleiner Junge interessierte ich mich für Musik. Mein Vater spielte damals in der Nachkriegszeit Schlagzeug. Wenn er irgendwo in der Gegend spielte, ging die Mama mit mir hin und ich habe dann in der Pause auf dem Schlagzeug rumgetrommelt. Wie man mir sagte, klang das wohl sogar schon recht gut. Richtiges Schlagzeug habe ich ja dann später noch an der Schule gelernt.
Bekamst Du denn als Kind schon Musikunterricht oder hast Du Dir das alles selbst beigebracht?
Das habe ich mir selbst beigebracht.
In Deiner Biographie steht geschrieben, dass Deine erste Station in Sachen Musik das FRANKE ECHO QUINTETT war. Das muss etwa 1959 gewesen sein. Stimmt das?
Ja, das ist richtig.
Wie bist Du dazu gekommen?
Ich war vorher in einer Dixieland-Band. Im Radio liefen während dieser Zeit solche Musiken wie "Apache" von den SHADOWS. Das gefiel mir mehr als dieses Dixieland, was zwar auch nicht schlecht war, doch die Musik der SHADOWS war eher meine Richtung. Ich war ein junger Bengel und diese Echo-Gitarren waren eine Art Wunschtraum von mir, so etwas wollte ich auch selber mal spielen. Der letzte Gig mit der Dixieland-Band stellte dann die Weichen. Die Band war an dem Abend nicht vollzählig und konnte auch nur ein paar Stunden spielen. Man rief dann noch eine andere Band an, die an diesem Abend spielen sollte. Die hatten genau so einen Sound mit Echolette und all sowas, wie ich ihn mochte. Die kamen aber auch nur zu dritt, der Schlagzeuger fehlte. Und die fragten mich, ob ich bei ihnen mitspielen würde. Klar machte ich mit und ich blieb gleich bei der Band. Das war, man kann es sich denken, das FRANKE ECHO QUINTETT. Das "Echo" im Namen stand für den Einsatz von Echochord und Echolette und all diesem Zeug.
Du warst drei Jahre bei dem FRANKE ECHO QUINTETT ...
Stimmt, aber mit Achim Döhring und Bernd Emich habe ich mich dann von der Band gelöst und selber was gemacht.
Das waren dann die TELESTARS ...
Richtig, so nannten wir uns. Dazu gehörte u.a. noch Gerd Hertel, zu dem ich auch heute noch Verbindung habe. Leider macht Gerd keine Musik mehr.
Was habt Ihr mit den TELESTARS für Musik gemacht und wo seid Ihr aufgetreten?
Natürlich viel in Berlin, aber auch in der näheren Umgebung, beispielsweise in Teltow oder auch Potsdam. Wir waren ja damals noch ohne Auto unterwegs. Die Fans nahmen uns immer etwas Gepäck ab und trugen es sozusagen für uns in die jeweiligen Dörfer. Aber es war ja ohnehin nicht viel, was wir für unsere Auftritte brauchten. Wir machten Gitarrenmusik, das wollte man hören. Hauptsächlich von den BEATLES, CLIFF RICHARD oder auch den SHADOWS. Das war so meine Richtung, mit dieser Musik bin ich aufgewachsen. Das meiste hatten wir abgekupfert, aber wir hatten auch schon eigene Nummern, die wir allerdings auf Englisch sangen.
Aus den TELESTARS wurden 1964 dann die SPUTNIKS.
Genau. Da wurde dann sogar die Plattenfirma AMIGA auf uns aufmerksam. Wir spielten zweimal pro Woche in dem berühmt-berüchtigten "Twistkeller", der durchaus leichte Parallelen zu dem bekannten "Cavern Club" in Liverpool aufwies (Anm. d. Verf.: gilt als Geburtsort der BEATLES). AMIGA schnitt dort eins unserer Konzerte mit und veröffentlichte daraus die Single "Gitarren-Twist".
Du warst ja der Gründer der SPUTNIKS. Warum hast Du nicht einfach mit den TELESTARS weitergemacht, sondern stattdessen die SPUTNIKS ins Leben gerufen?
Es stimmt schon, die Besetzung war dieselbe. Aber da wir im Ostteil Berlins lebten, bat man uns, doch bitte den Namen des sowjetischen Satelliten zu verwenden. Wir wollten es natürlich nicht unbedingt, doch es steckte schon ein gewisser Druck hinter dieser Bitte. Also nannten wir uns seitdem SPUTNIKS, obwohl es wirklich dieselbe Truppe war wie bei den TELESTARS.
er hatte Euch "gebeten", den Namen zu wechseln?
Bei AMIGA gab es dieses Lektorat und das Kulturministerium existierte auch schon, und von irgendwo dort kam diese "Bitte".
Die SPUTNIKS gab es zwei Jahre, in denen Ihr richtig die Republik gerockt habt. Die Teenies und Musikliebhaber pilgerten in Scharen zu Euren Konzerten. Wie hast Du diese Zeit in Erinnerung?
Das war eine herrliche Jugend, die ich dadurch hatte. Wir hatten wirklich ganz viel Spaß während dieser zwei Jahre. Dieses Thema "Sex, Drugs & Rock'n'Roll" galt ja bei uns wegen des Mangels an Drogen nicht. Wir hatten stattdessen mehr mit Alkohol zu tun.
Drogen gab es keine, aber Sex durchaus, habe ich das richtig verstanden?
Ja, den gab es reichlich (lacht).
1966 wurden die SPUTNIKS dann verboten. Wie kam es dazu, wie hat man Euch das mitgeteilt?
Ein Jahr vorher, also 1965, gab es ja diese berühmte Rede von Walter Ulbricht, in der er in Anspielung auf die BEATLES "dieses Yeah-Yeah-Yeah" verbieten lassen wollte. Da wir mit den SPUTNIKS auch ein bisschen "Yeah-Yeah-Yeah" gemacht hatten, fielen wir mit durch die Roste. Das Ganze wurde dann als Kulturreform verkauft.
Teilte man Euch das Verbot schriftlich mit oder hatte man Euch vorgeladen?
Ich war zwar der Gründer, aber nicht der Chef der SPUTNIKS. Diese Rolle nahm unser Bassist Bernd Emich wahr, der inzwischen leider verstorben ist. Bernd hatte also den Kontakt zum Kulturministerium und wurde auch öfters mal hin zitiert, wenn es irgendwelche Vorfälle oder Ausschreitungen gab. Er musste dann für uns alle den Buckel hinhalten. Bei einer solchen Gelegenheit teilte man Bernd das Verbot für die SPUTNIKS mit. Jeder von uns tauchte danach zunächst woanders unter.
Dennoch habt Ihr wahrscheinlich weiter unter Beobachtung gestanden?
Ja sicher. Man musste halt darauf achten, dass man dieses 60:40-Verhältnis einhielt. Natürlich interessierte uns Musiker das relativ wenig. Die AWA, die heute GEMA heißt, mischte immer wieder ihre Spitzel ins Konzertpublikum. Wenn man von denen das erste Mal erwischt wurde, gab es eine Rüge und beim nächsten Mal bist Du auch schon mit einem Auftrittsverbot belegt worden.
Betraf das alle Bands, in denen Du in Deiner Karriere gespielt hast, oder speziell die SPUTNIKS?
Nein, das galt allgemein für alle Bands. Die AWA hatte alle gleich gerne. Das waren wirklich regelrechte Spitzel.
Du bist nach dem Verbot der SPUTNIKS bei UVE SCHIKORA gelandet. Wie ist das abgelaufen?
Uve hatte die SPUTNIKS gehört und gesehen und sagte uns, wenn es sich ergibt, würde er gerne mit uns zusammen spielen. Unseren letzten Gig spielten wir in Erfurt im "Erfurter Hof", der später durch das Treffen zwischen Willy Brandt und Willi Stoph bekannt wurde. Danach fuhren wir nach Dresden, wo Bernd Emich und ich einen Tag später bei Uve Schikora in die Band einstiegen. Damit waren die SPUTNIKS gestorben. Aber da ja nur der Klangkörper an sich mit einem Spielverbot belegt wurde, die einzelnen Personen aber weitermachen durften, haben wir das auch genutzt.
War die UVE SCHIKORA COMBO damals noch eine Beatband oder ging es bereits in Richtung Schlager?
Nein, wir waren noch eine Beatband und haben richtig schöne Musik gemacht. Schikora war ein guter Arrangeur, der auch selber Saxophon, Fagott, Flöte und Klavier spielte. Uns gefiel es da recht gut, wir konnten auch gleich noch ein bisschen was lernen. Dort blieben wir dann auch einige Zeit.
Einige Zeit nicht gerade, aber immerhin ein Jahr lang. Dann hatte es Dich wohl wieder gejuckt und Du hast mit dem HENRY KOTOWSKI SEXTETT wieder eine eigene Band gegründet.
Nicht ganz, denn erst habe ich noch beim KLAUS LENZ SEPTETT am Schlagzeug gesessen, was sich ja dann später zu einer Bigband erweiterte. Das war auch eine unheimliche tolle Zeit, mit so einem Haufen guter Musiker zusammen zu arbeiten.
Ah, ok. Aber danach war es dann soweit und Du hast das HENRY KOTOWSKI SEXTETT auf die Beine gestellt. Wer gehörte zur Anfangsformation? Welche Idee steckte hinter dieser Band?
Irgendjemand kam zu mir und fragte, ob ich mir vorstellen könnte, mal ein paar Songs in Richtung Schlager zu singen. Klar, dachte ich mir, warum eigentlich nicht. Also sang ich ein paar von diesen Schlagern und erreichte damit sogar gute Plätze in den Wertungssendungen des Fernsehens und des Rundfunks. Da es ja damals noch keine CD gab und überhaupt die ganze Technik noch nicht so weit war, sollte ich die Lieder natürlich dann auch live präsentieren. Dafür wiederum brauchte man eine Band, die ich dann eben gründete. Da waren schon so bekannte Jungs dabei wie Konny Körner, der später bei Max Greger Saxophon spielte. Dann Dieter Kopf, der später bei der Reunion der SPUTNIKS als Leadgitarrist mitmachte, inzwischen aber leider auch nicht mehr lebt. Die anderen waren nicht ganz so bekannt, aber trotzdem gut.
Später spielten dann sogar noch Peter Meyer und Harry Jeske von den PUHDYS mit und auch Herbert Dreilich war in Deiner Band.
Ja, aber das war nicht direkt in meiner damaligen Band. Meyer, Jeske und Dreilich, dazu noch ich und meine damalige Bekannte, die gesungen hat ... wir zusammen waren quasi der Grundstock für die Gründung der PUHDYS. Daran war ich also zu einem gewissen Grad beteiligt. Irgendwann trennte ich mich dann aber von denen, weil ich in meiner Entwicklung nicht stehen bleiben wollte. Was wir machten, war zwar nicht schlecht, aber es passierte auch nichts Entscheidendes. Trotzdem war es eine schöne Zeit, Herbert hat gesungen, ich saß am Schlagzeug, wir hatten auch eine Menge Gigs. Aber wie gesagt, ich wollte vorankommen.
Da muss ich kurz nachhaken. Du sagst, aus dieser Zusammenarbeit haben sich die PUHDYS entwickelt. Kannst Du das bitte etwas näher beschreiben?
Na ja, mir hatte es einfach nicht mehr gereicht, was wir machten. Ich wollte mit besseren Leuten zusammenspielen, von denen ich noch etwas lernen konnte. Herbert Dreilich stieg dann aus, ging zu den ALEXANDERS. Ich machte mein HENRY KOTOWSKI SEXTETT weiter, während Meyer und Jeske sich fortan PUHDYS nannten. Sie holten Maschine und Quaster in die Band, dazu noch Gunther Wosylus für den Schlagzeugpart.
Die PUHDYS geben 1969 als ihr offizielles Gründungsjahr an. Es gab aber bereits vor diesem Datum Konzerte unter dem Bandnamen PUHDYS. Warst Du daran auch beteiligt?
Das weiß ich nicht mehr so genau. Das ist schon so lange her und ich habe in so vielen Bands mitgespielt, so viele Stilrichtungen mitgemacht, das kriege ich nicht mehr alles auf den Punkt zusammen.
Du bist in der Folgezeit bei AMIGA eher solistisch in Erscheinung getreten.
Richtig, ich sang ein paar eigene Songs, die in Richtung poppiger Schlager gingen. Ich durfte sogar ein paar internationale Nummern nachsingen, die damals gerade zu Hits wurden. Pech hatte ich mit CLIFF RICHARDs "Power to all our friends". Den Songs wollte ich auch singen, aber den gab man lieber an Frank Schöbel.
Das lief ja damals alles parallel zu Deinem Studium ab. Wann hast Du damit angefangen und was hast Du wo studiert?
Das war eine Nebenstelle der Hochschule für Musik. Es wurde seinerzeit unterteilt in E-Musik und U-Musik, also Unterhaltungsmusik. Und wir waren in der U-Musik untergebracht. Wir zogen das ein paar Jahre durch, lernten unsere Instrumente richtig zu spielen und waren dann eines Tages Berufsmusiker.
Geschah das auf freiwilliger Basis oder sagte man Dir: "Wenn Du studierst, kannst Du Profimusiker werden"?
Natürlich war das alles nicht ganz freiwillig, es war eher so eine Art Zwischending. Man erzählte uns, wir müssten doch später was darstellen, müssten so eine Art Vorzeigeband werden. Man kann sagen, die haben uns regelrecht vorgeführt.
Du hast 1971 das Studium abgeschlossen und warst danach weiter als Solist unterwegs. Irgendwo taucht dann plötzlich der Name GERD MICHAELIS CHOR auf.
Ja, da war ich ebenfalls dabei. Ich habe quasi so eine Art Pionierarbeit geleistet und in alle Stilrichtungen mal rein geschnüffelt. Das war jedes Mal eine gute Lehre für mich. Ich war ja nun kein schlechter Sänger, also landete ich zwangsläufig auch bei dem Chor. Es hat richtig Spaß gemacht, und ich schrieb auch für den GERD MICHAELIS CHOR ein paar Songs. Wir waren so eine Art Gegenstück zu den LES HUMPHRIE SINGERS.
1974 bis 1975 steht in Deiner Vita die THEO SCHUMANN COMBO, deren Sänger Du gewesen bist. Wie bist Du dazu gekommen?
Das war nur so eine Art Gastrolle. Theo hatte mit ein paar guten Leuten aus seiner eigenen Band und ein paar "Zukäufen" eine Jazzformation gebildet, bei der ich ein paar Nummern gesungen habe, meistens Jazz-Klassiker. Mir machte das Spaß, zumal auch wieder Konny Körner dabei war. Aber es war wirklich nur für ein Jahr, denn es war keine feste Formation, sondern das lief eher nebenbei ab, so dass man auch noch andere Dinge machen konnte.
Wenn ich richtig informiert bin, gab es in dieser Zeit eine kurze Rückkehr von Dir zu Klaus Lenz. Und auch bei der MODERN SOUL BAND hast Du ein Gastspiel gegeben. Stimmt das?
Das kann durchaus sein, so genau habe ich das nicht mehr in Erinnerung. Aber das war ohnehin diese Soul-Zeit, die ich sehr genossen habe. Die ganzen alten Soulsänger und -sängerinnen haben mich sehr beeindruckt und geprägt und mich auch dahingehend beeinflusst, diese Art Musik selber zu spielen. Es war Musik, die direkt aus der Seele kam, die Blues enthielt, es war eben schwarze Musik und das war herrlich.
Hast Du bei der MODERN SOUL BAND gesungen oder Schlagzeug gespielt?
Da habe ich gesungen. Die hatten schon einen Drummer. Hin und wieder haben wir bei Konzerten auch mal die Rollen getauscht und ich saß kurz hinterm Schlagzeug, aber die überwiegende Zeit war ich der Sänger.
War Klaus Nowodworski damals schon dabei?
Ja, den gab es schon. Wir hatten also damals zwei Sänger in der Band.
Ab 1976 bist Du dann wieder mit einer eigenen Sache an den Start gegangen. Zusammen mit Peter Paulick nanntet Ihr Euch PETER & COTT'N. Erzähl bitte etwas dazu.
Das war mal etwas ganz anderes, denn wir haben so ein kleines bisschen die Country-Richtung eingeschlagen. Wir wurden sehr schnell populär, weil wir in der DDR seinerzeit das einzige Duo neben all diesen Rockbands waren. Wir hatten es also recht einfach und ich erinnere mich gerne an diese Zeit zurück.
Ihr habt sogar mehrere Platten veröffentlicht.
Stimmt, wir machten ein paar Singles und waren auf mehreren Samplern vertreten.
PETER & COTT'N spielen ganz viel live. Sogar Auslandsauftritte waren dabei. Aber 1978 war plötzlich Schluss, obwohl Ihr eigentlich gerade auf dem Höhepunkt angekommen wart. Warum habt Ihr aufgehört?
Peter Paulick stellte mir damals ein paar Ultimaten, die besagten, dass er dieses und jenes in Zukunft so und so machen werde. Aber damit war ich nicht einverstanden. Man könnte sagen, die Demokratie zwischen uns war plötzlich weg. Er wollte allein den Ton angeben, weshalb unsere Trennung vorauszusehen war.
Wie ging es nach PETER & COTT'N für Dich weiter?
Ich gründete COTT'N & Co. und vertiefte damit die eingeschlagene Richtung zum Country, weil ich diese Musik sehr mag.
Wer gehörte alles zur Band COTTN' & Co?
Das waren hauptsächlich ein paar gute Freunde, die ich zum Teil für diesen Zweck von anderen Bands abgeworben habe. Zum Beispiel war Peter Nehls an der Steelgitarre dabei, Harald Buch saß am Schlagzeug und ich selber spielte Gitarre und habe gesungen. Wir konnten im Rundfunk und bei AMIGA ein paar Songs aufnehmen, wurden auch viel im Radio gespielt, so dass wir relativ schnell bekannt wurden.
In der Zeit zwischen 1978 und 1984 klafft in Deiner Biografie eine große Lücke. Warst Du in der ganzen Zeit mit COTT'N & Co unterwegs, oder gab es da noch etwas anderes?
Da gab es wirklich nur COTT'N & Co.
1984 hast Du die DDR verlassen und bist in den Westen gegangen. Was waren die Gründe dafür?
Ich wollte einfach neue Erfahrungen sammeln. Und ich wollte auch endlich mal meine musikalischen Idole live sehen und hören und vielleicht auch mal selber da drüben spielen. Von DDR-Seite ließ man mich aber nicht raus, während andere, die viel später zur Musik kamen und längst nicht so gut waren wie ich, im Westen auftreten konnten. Die durften auf die Waldbühne, die traten im Quasimodo auf. Meine Anträge wurden jedoch immer abgelehnt. Irgendwann traf ich mit meiner Familie den Entschluss, auszureisen. Das Ganze dauerte sieben bis acht Monate und dann sind wir offiziell nach München ausgereist.
Ging es Dir so wie anderen Musikern auch, dass Du während der Wartezeit auf Deine Ausreise nicht mehr auftreten durftest?
Ja natürlich, da hatte ich Auftrittsverbot. Es gab zwar einige wenige Veranstalter, die mich genommen hätten, aber die wurden auch sofort von den offiziellen Organen gerügt, weil sie mich beschäftigen wollten. Aber ich konnte damit leben, denn ich hatte ja noch ein recht gutes finanzielles Polster aus den Jahren zuvor. Wir warteten also ganz in Ruhe ab, bis wir endlich die Genehmigung zur Ausreise erhielten und sind dann zunächst in das Auffanglager Gießen. Da kam sofort "Die Bunte" zu mir, denn ich hatte auch in der BRD einige Fans. Die machten natürlich gleich ein Interview, wie ich mit Kind, Kegel und Gitarrenkoffer im Westen ankam. Leider habe ich die Zeitschrift nicht mehr.
Wie ging es für Dich im Westen weiter? Verpuffte das anfängliche Interesse an Deiner Person schnell wieder?
Es ging glücklicherweise ohne große Pause weiter, denn im Osten traten hin und wieder auch mal ein paar tolle Countrymusiker auf, unter anderem KENTUCKY BLUEFIELD aus München. Mit denen hatte ich mich vorher bereits angefreundet, und so stieg ich dann gleich nach meiner Ankunft bei denen als Schlagzeuger ein.
Wann ging es mit COTT'N FEELS los?
Das war etwas später, als ich von München nach Schwandorf bei Regensburg zog. Ich hatte da eine Diskothek gepachtet, denn ich musste ja irgendwas machen und Geld verdienen. Von den Jungs, die in dieser Ecke wohnten und Musik machten, griff ich mir die Besten raus und musizierte dann mit denen.
Du hattest damals den direkten Vergleich zwischen der Kulturszene Ost und der Kulturszene West. Was waren die gravierendsten Unterschiede, die Du für Dich ausgemacht hast?
Hmmm ... Wie drücke ich das aus ... Also grundsätzlich waren die Musiker aus dem Westen alle gut. Ich spielte ja auch mit Amerikanern und Engländern zusammen und die waren ja ohnehin ganz anders drauf. Im Osten musste man halt als Musiker eine umfangreiche musikalische Ausbildung nachweisen. Es war nicht möglich, sich einfach eine Gitarre umzuhängen und damit auf die Bühne zu gehen. Man musste irgendwo vorspielen, bekam dafür eine sogenannte Einstufung oder einen Befähigungsnachweis. So etwas gab es im Westen natürlich nicht. Wer da etwas konnte und die Leute begeisterte, der hatte eben Glück und konnte einfach so eine Platte aufnehmen. Ich hatte jedenfalls nach meiner Ausreise viel Spaß mit guten und sehr guten Musikern aus den USA, England und sonst wo her, war Chef einer Diskothek und einer Countryband.
Dann kam das Jahr 1989 und die Mauer fiel. Wie hast Du das erlebt und was ging in Dir vor?
Meine Familie ging während meiner Zeit in München und Regensburg zu Bruch. Ich hatte mit meiner damaligen Frau eine Tochter und einen Sohn. Nach der Trennung blieb mein Sohn bei mir, die Tochter ging zu meiner Frau. Mein Sohn meinte irgendwann zu mir: "Mensch Papa, lass uns doch wieder zurückgehen". Nach der Scheidung hatte ich wieder eine neue Beziehung; die nach fünfeinhalb Jahren dann auch plötzlich vorbei war. Das fiel genau in die Zeit des Mauerfalls. Ich dachte bei mir: "So, jetzt kannst Du eigentlich auch wieder nach Hause fahren". Natürlich streckte ich erst mal vorsichtig meine Fühler aus, bin nach Berlin gefahren und habe mich umgehört, wie es bei den anderen Musikern so lief. Die befanden sich ja bekanntermaßen auch gerade alle in einer Talsohle, keiner wusste so richtig, wie es weitergehen würde, denn es war ja alles neu. Kein Wirt traute sich anfangs, irgendwelche Tanzveranstaltungen durchzuführen, weil die Kohle bei den Leuten noch nicht so locker saß. Es war ein Jammer. Also blieb ich zunächst noch ein paar Jahre in Schwandorf, wo ich eine Musikschule hatte. Aber irgendwann reichte es mir, mich hielt dort nichts mehr und so ging ich 1994 zurück nach Berlin. So richtig mit Umzug, mit Möbelwagen und dem ganzen Programm. Es war ein echtes Glücksgefühl, wieder in der Heimat zu sein, denn dort waren nun mal meine Wurzeln. Und obwohl ich zehneinhalb Jahre weg war, kam es mir vor, als wäre es nur ein Jahr gewesen. Viele meiner alten Musikerkollegen freuten sich, nahmen mich sofort wieder in ihrer Mitte auf und sagten: "Komm, lass uns etwas zusammen machen". Und so konnte ich auch hier gleich wieder Musik machen.
Das war dann die Wiedergeburt der SPUTNIKS.
Genau. Aber nicht gleich, denn zuerst hatte ich eine andere Band namens SILBERDOLLAR, die auch Country spielte. Das war jedoch nur eine kurze Angelegenheit. Ich telefonierte in dieser Zeit oft mit meinem Freund und ehemaligen Bassisten Bernd Emich, der inzwischen in Chicago lebte. Der ist damals, kurz nach dem Verbot der SPUTNIKS, aus der DDR abgehauen. Ich weiß bis heute übrigens nicht, wie und auf welchem Wege er das geschafft hatte. Jedenfalls wollte Bernd auch wieder zurück in die Heimat, nachdem es die DDR ja nun nicht mehr gab. Wir beide vollzogen dann kurz darauf die Reunion der SPUTNIKS, holten noch den leider verstorbenen Leadgitarristen Dieter "Rübe" Kopf dazu. Zu dritt fingen wir also wieder an. Wir mieteten den alten "Twistkeller" an und sagten den Medien und der Presse Bescheid, dass die SPUTNIKS wieder da sind. Die kamen tatsächlich mit vielen Kameras angerückt, sämtliche Sender waren vertreten, denn die kannten ja unsere Geschichte und waren sehr interessiert an uns. Der Laden war mehrmals ausverkauft, das war schon Klasse.
Aber irgendwie hakte das Ganze, denn es ging nicht wirklich weiter mit der Band. Das anfängliche Interesse ebbte bald ab und die SPUTNIKS waren wieder weg.
Wir hatten leider keinen Manager, der das Eisen heiß gehalten hat. Das Feuer verglühte sozusagen. Ich versuchte die Geschäfte am Laufen zu halten, aber ich bin eben kein Geschäftsmann. Mir lagen mehr die Musik und das Musikmachen am Herzen.
Für Dich ging es dann wieder zurück zum Country, denn Du bist dann bei HUFNAGEL eingestiegen.
An dieser Stelle hat sich die Redaktion von Deutsche-Mugge unter Zurückstellung erheblicher Bedenken entschlossen, einen Absatz aus dem Interview zu entfernen. Hintergrund ist eine entsprechende Monierung durch Herrn Peter Behrendt ("Hufnagel"), der dortige Äußerungen von Henry Kotowski als "freche Lüge", die zudem "verleumderisch" seien, bezeichnet. Leider führt Herr Behrendt nicht näher aus, was konkret er dort beanstandet. Wir können dies folglich in keiner Weise nachvollziehen und sehen auch unter presserechtlichen Gesichtspunkten eigentlich keinerlei Veranlassung, diesem aus unserer Sicht ausgesprochen unprofessionellen Ansinnen Folge zu leisten. Da jener uns aber für den Fall der Nichtentfernung des Passus die Beschreitung des Rechtsweges angedroht hat, haben wir uns - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage - lediglich im Hinblick auf die Vermeidung eines kostenintensives Rechtsstreites dazu durchgerungen, eine entsprechende Löschung vorzunehmen. Die Redaktion von Deutsche-Mugge möchte sich nämlich in ihrer ausnahmslos ehrenamtlichen Tätigkeit weiterhin auf das konzentrieren, was hier wichtig ist: gute deutsche bzw. deutschsprachige Musik. Ob jene von "Hufnagel" dazu zählt, mag ein jeder für sich selbst beantworten... (Die Redaktion)
Wie ging es im neuen Jahrtausend bei Dir weiter?
Wir haben erneut die SPUTNIKS aufleben lassen.
Der Höhepunkt dessen ist ja das Album "Gitarren-Twist" aus dem letzten Jahr. Es ist ein ziemlich beeindruckendes Album, wenn man bedenkt, dass diese Band bereits über fünfzig Jahre alt ist. Die Band ist aber auch mit jüngeren Musikern durchsetzt, so gehört zum Beispiel Michael Lehrmann dazu. Wie kommt er zu den SPUTNIKS? Für Lehrmann ist das mit dem Beat doch eigentlich eine ganz fremde Baustelle.
Als unser Gitarrist Dieter "Rübe" Kopf verstarb, suchte ich krampfhaft nach einem neuen und vor allem guten Gitarristen. Der Sohn von Henning Protzmann meinte dann zu mir: "Ich kenne da jemanden, der könnte passen: mein Schwiegervater". So brachte mich Protzmanns Sohn mit Michael Lehrmann zusammen. Wir verstanden uns auf Anhieb, die Chemie stimmte und wir spielen bis heute miteinander.
Ihr spielt derzeit in der Besetzung Michael "Micha" Lehrmann (Gitarre), Henry "Cott'n" Kotowski (Gesang, Gitarre, Mundharmonika), Markus "Schmidty" Schmidt (Schlagzeug) und Frank Schultze (Bass).
Richtig, das ist eigentlich die aktuelle Besetzung. Ich habe sie allerdings im Moment auf Eis gelegt, weil die Jungs auch noch andere Bands und Verpflichtungen haben, mit denen sie sehr viel unterwegs sind, so dass ich selber kaum Möglichkeiten habe, Gigs für die SPUTNIKS zu besorgen. Ich hätte jede Menge Termine machen können, aber irgendwie hätte ich nie die Band zusammengehabt, weil mal der eine, mal der andere einen eigenen Termin hat. Die machen halt ihr eigenes Ding und daraufhin habe ich die SPUTNIKS erst einmal ruhen lassen. Ich kam dann auf die Idee, dass Micha Lehrmann und ich das auch durchaus zu zweit machen könnten. Und so nennen wir uns jetzt SPUTNIKS LIGHT. Eigentlich bräuchten wir dafür auch ein Management. Vielleicht könnt Ihr das ja mal über Deutsche Mugge erwähnen, dass wir einen seriösen Manager gebrauchen könnten. Ich bin nicht so gewieft und ausgebufft, wie man das in dem Job sein muss, deshalb brauchen wir da unbedingt jemanden.
Okay, dann starten wir doch an dieser Stelle gleich den Aufruf, dass die SPUTNIKS ein Management sowie ein paar Veranstalter suchen, damit Ihr mal eine Tour zusammenkriegt. Es wäre ja wirklich für viele nicht uninteressant, die SPUTNIKS noch mal live sehen zu können.
Einer hatte sich mal gemeldet, aber das war eher ein Reinfall. Das war eine Filmbude. Der Typ machte ansonsten eher auf Heavy Metal und hatte auch was mit dem Festival in Wacken zu tun. Der versprach dies und jenes, aber letztlich passierte nichts von alledem, obwohl wir uns dummerweise darauf verlassen hatten. Aber immerhin schafften wir es 2005 oder 2006 tatsächlich nach Wacken, was für uns eine tolle Erfahrung war.
Du hast dann sogar mal Filmmusik gemacht. Aber nicht etwa für irgendein drittklassiges Projekt, sondern Du hast die Musik für den Film "Neues vom Wixxer" geschrieben.
Na ja, nicht die ganze Musik, aber immerhin Teile davon. Ganze fünfeinhalb Minuten im Film sind wir zu hören.
Wie bist Du denn da reingerutscht? Diese Jobs sind bekanntlich ziemlich begehrt.
Es gab da ein Management namens Fair Media. Die machten seinerzeit in Köln oder irgendwo in der Nähe Radio mit Kalkofe, Bastian Pastewka, Oliver Welke und einigen anderen dieser Größenordnung. Das sind ja in der Regel alles Selbstläufer. Der Manager von Fair Media fand uns sehr exotisch mit dieser ganzen History im Rücken. Er besorgte uns schöne Auftritte, unter anderem auch Wacken, weil er u.a. Thomas Jensen kannte, der wiederum Wacken organisierte. Jensen fand die SPUTNIKS ebenfalls interessant und machte es möglich, dass wir in Wacken vor ...zigtausend Leuten den Block zwischen ACCEPT und ROSE TATTOO bekamen und unsere Songs spielen konnten. Die Metalfans waren außer Rand und Band, was man natürlich vorab nicht erwarten konnte. Das war schon kurios, aber auch irgendwie eigenartig. In jedem Fall aber war es für mich, für uns eine Riesenerfahrung.
Die Leute in Wacken gingen wirklich ab, als Ihr gespielt habt?
Aber wie! Die haben richtig abgerockt! War das herrlich! Zu einem Song stand dann sogar Onkel Tom von SODOM mit uns auf der Bühne, das war schon toll. Wir spielten zusammen "Ace of spades" von MOTÖRHEAD.
Was macht HENRY KOTOWSKI aktuell?
Eigentlich trete ich im Moment gerade etwas kürzer. Durch den fehlenden Manager sind die Auftritte etwas weniger geworden, aber vielleicht bringt Euer Aufruf ja etwas. Ansonsten schreibe ich immer noch neue Musik. Ich habe ein kleines Heimstudio, da kann ich mich kreativ ausleben.
Die Familie Kotowski ist ohnehin sehr kreativ, denn auch Tochter Simone macht Musik.
Ja, das stimmt. Sie ist auch als Sängerin mit auf der letzten CD. Sie spielt aber auch allein in Pianobars und anderswo.
Beobachtest Du ihr Treiben?
Na klar. Sie wohnt auch nicht weit von mir, so dass wir hin und wieder auch was zusammen machen.
Henry, damit sind wir am Ende unseres Interviews. Möchtest Du abschließend noch ein paar Worte an unsere Leser richten?
Na klar! Wer uns noch in guter Erinnerung hat, aber auch die, die uns nicht so kennen, aber gute und handgemachte Musik mögen, denen wünschen wir alles Gute und bedanken uns für die Aufmerksamkeit in all den Jahren.
Ja, das stimmt. Sie ist auch als Sängerin mit auf der letzten CD. Sie spielt aber auch allein in Pianobars und anderswo.
Beobachtest Du ihr Treiben?
Na klar. Sie wohnt auch nicht weit von mir, so dass wir hin und wieder auch was zusammen machen.
Henry, damit sind wir am Ende unseres Interviews. Möchtest Du abschließend noch ein paar Worte an unsere Leser richten?
Na klar! Wer uns noch in guter Erinnerung hat, aber auch die, die uns nicht so kennen, aber gute und handgemachte Musik mögen, denen wünschen wir alles Gute und bedanken uns für die Aufmerksamkeit in all den Jahren.
Interview: Christian Reder
Bearbeitung: cr, tormey, mb
Fotos: Archiv Henry Kotowski, Henry Kotowski orivat .
Bearbeitung: cr, tormey, mb
Fotos: Archiv Henry Kotowski, Henry Kotowski orivat .