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Interview vom 25. April 2025



Unsere Nachbarn in Polen feiern in diesem Jahr das 60-jährige Gründungsjubiläum eines ihrer beat- und rockmusikalischen Kinder - nämlich das der Gruppe CZERWONE GITARY, die man hierzulande auch unter dem Namen ROTE GITARREN kennt. War man in den 60er- und 70er-Jahren bereits in der Heimat ziemlich erfolgreich, pflanzte man ab 1970 einen Ableger dieses Erfolgs auch in der DDR: Einige ihrer Lieder bekamen einen deutschen Text, und das Publikum feierte das polnische Ensemble für seine Musik und die sympathische Art der Interpretation. Erfolgreiche Platzierungen in Wertungssendungen, TV-Auftritte und ausverkaufte Live-Shows hinterließen Spuren in der Bandgeschichte. Auch nach der Wende brachte die Gruppe noch ein weiteres, bis heute letztes deutschsprachiges Album heraus. Insgesamt wurde es hierzulande danach leider sehr ruhig um die ROTEN GITARREN - aber es gab sie all die Jahre, und es gibt sie auch heute noch. Wir von Deutsche Mugge wollten es uns nicht nehmen lassen, der Band zu ihrem beachtlichen Jubiläum zu gratulieren. Was liegt da näher, als einen der Musiker - nämlich Gründungsmitglied Jerzy Skrzypczyk - zu einem Interview einzuladen? Unser Kollege Christian sprach mit Jerzy über die Geschichte dieser großartigen Band - über Vergangenes und Aktuelles ...




In diesem Jahr feiert Ihr das sechzigjährige Jubiläum der ROTEN GITARREN - einer Band, der du seit der allerersten Stunde angehörst. 60 Jahre - das ist wirklich eine beeindruckende Zahl. Worauf blickt man nach so langer Zeit mit Stolz und Freude zurück? Gibt es einen besonderen Moment, der dir sofort in den Sinn kommt, wenn ich dir diese Frage stelle?
Sechzig Jahre sind in der Tat eine lange Zeit, und es gab unzählige besondere Momente - fast jedes Jahr erlebten wir freudige und spannende Ereignisse. Man könnte meinen, dass mich nach all den Jahren nichts mehr überraschen kann. Und doch … Im Jahr 2020 begannen wir mit den Feierlichkeiten zu unserem 55-jährigen Jubiläum. Wir konnten damals vier Konzerte spielen, doch dann kam die Pandemie, die uns für drei Jahre von der Bühne fernhielt. Erst 2024 setzten wir die Jubiläumstour fort - und diese ging nahtlos in die Feierlichkeiten zum 60-jährigen Bestehen der Band über, die im Januar 2025 begannen. Und genau hier kam die große Überraschung: Unser Terminkalender ist bis Ende 2026 vollständig mit Konzerten gefüllt. Wenn alles wie geplant läuft, werden wir insgesamt 284 Auftritte spielen - ein Zusammenschluss beider Jubiläen. So etwas hat es in der Geschichte der ROTEN GITARREN noch nie gegeben. Und die Atmosphäre bei diesen Konzerten? Unglaublich. Diese Verbindung und das gegenseitige Verständnis zwischen Künstler und Publikum - das wünsche ich jedem Musiker.



Czerwone Gitary im amerikanischen Film "Polen:
Der neue Anblick des Kommunismus." von 1965



Als deutscher Fan muss ich zu Beginn ein wenig meckern: Euer Terminkalender platzt ja fast vor lauter Konzerten - aber wenn ich das richtig sehe, findet leider keines davon in Deutschland statt. Warum eigentlich nicht?
Die Veranstalterin unserer Jubiläumskonzerte ist die Künstleragentur TAMADA aus Torun, und sie entscheidet darüber, wann und wo wir in Polen auftreten. Natürlich fließen auch unsere Wünsche in die Planung ein, aber von deutscher Seite gab es bisher kein einziges konkretes Konzertangebot - und das ist auch die Antwort auf deine Frage. Wir würden uns sehr freuen, auch in Deutschland wieder auf der Bühne zu stehen.

Aber zurück zum Thema. Damals warst du ja noch ein recht junger Mann, als die Band gegründet wurde. Gab es für dich berufliche Alternativen zu den ROTEN GITARREN - sei es im musikalischen Bereich oder in ganz anderen Berufen?
In dem Moment, als mein Kontakt zur Unterhaltungsmusik begann, endete gleichzeitig das Ausüben meiner zweiten Leidenschaft - dem Sport. Auch wenn man das nicht wirklich als berufliche Alternative bezeichnen kann, denn in Polen galt der Sport damals eher als Amateurtätigkeit.

Die Band wurde im Januar 1965 von Henryk Zomerski und Jerzy Kossela gegründet. Wann genau und auf welchem Weg bist du zu den ROTEN GITARREN gekommen? Wie wurdest du eines ihrer Mitglieder?
Man muss hier unbedingt die Band Pieciolinie ("Notenlinien", Anm. d. Red.) erwähnen, die von 1963 bis 1965 existierte. Auch sie wurde von Henryk und Jerzy ins Leben gerufen. Viele Musiker spielten damals in dieser Formation, deren Ziel es war, aus diesem Kreis letztlich eine feste Besetzung zu formen - für eine Band, die dann ganz Polen erobern sollte. Einen festen Namen hatte diese Band zu dem Zeitpunkt noch nicht. Und genau in dieser Band, die 1965 schließlich den Namen CZERWONE GITARY erhielt, wurde mir angeboten, mitzuspielen.

In welchen Bands hast du vorher gespielt - und wie bist du überhaupt zum Schlagzeug gekommen? Hattest du Unterricht oder bist du Autodidakt?
Im Jahr 1952 begann ich meine Ausbildung an der Musikgrundschule in Danzig - in der Klavierklasse. Ich darf mit ein bisschen Stolz sagen, dass ich damals einige Schulwettbewerbe gewonnen habe. Beim Abschlusskonzert spielte ich mit meinem Professor Haydns D-Dur-Konzert für zwei Klaviere Anschließend bestand ich die Aufnahmeprüfung an der Musikoberschule - scheiterte aber an der Mathematikprüfung im allgemeinbildenden Gymnasium. Meine letzte Hoffnung war das Musikgymnasium. Doch dort waren alle Plätze in der Klavierklasse bereits vergeben. Der Direktor schlug vor, dass ich ein Jahr lang Schlagzeug lernen und dann ins Klavier wechseln könne. Aber ich blieb dem Schlagzeug treu. Da man auch auf dem Schlagzeug nach Noten spielt, wurde ich bald eingeladen, in der Rundfunk-Big-Band von Jan Tomaszewski mitzuspielen. 16 der besten Jazzmusiker aus der Dreistadt - und ich, ein 17-jähriger Junge mittendrin. Das war für mich ein gewaltiges Erlebnis und zugleich mein erster Kontakt mit Unterhaltungsmusik. Und genau dort wurden Jerzy Kossela und Henryk Zomerski auf mich aufmerksam - und luden mich ein, bei Pieciolinie mitzuspielen.


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Das Debüt-Album aus dem Jahre 1969



Kurz nach eurer Gründung im Jahr 1965 seid ihr auf eure erste Konzerttour gegangen. Diese stand angeblich unter dem Motto: "Wir spielen und singen am lautesten". Stimmt das? Sind meine Recherchen korrekt? Und falls ja - welche anderen Bands waren damals in Polen populär, aber - um bei eurem Motto zu bleiben - nicht ganz so laut wie ihr? (grinst)
Deine Recherchen stimmen zu 75 %, denn ursprünglich lautete das Motto: "Wir spielen und brüllen am lautesten in Polen." Und das aus zwei Gründen: Erstens sollte damit klargemacht werden, dass es auf unseren Konzerten laut zugehen würde - als kleine Warnung für alle, die keine laute Musik mochten. Leider hat die sogenannte Zensur das Wort "brüllen" gestrichen, und so blieb nur noch: "Wir spielen und singen am lautesten in Polen." Zweitens - und das ist die Wahrheit - wir hatten damals wirklich eine exzellente technische Ausstattung, wahrscheinlich die beste im ganzen Land. Ein befreundeter Elektroniker hatte sie für uns gebaut, nach Schaltplänen internationaler Top-Hersteller. Kurz gesagt: Die ROTEN GITARREN spielten nicht nur am lautesten - über die ROTEN GITARREN wurde auch am lautesten gesprochen (lacht)

Hier in Deutschland - also in der DDR - galten die Puhdys und Renft als direkte Konkurrenten. Die Fans pflegten diese Rivalität regelrecht: Wer auf Konzerte der einen Band ging, ging nicht zu denen der anderen. Gab es in Polen ähnliche Verhältnisse? Mit welchen Bands konkurrierten die Roten Gitarren?
Bei uns gab es solche Trennlinien nicht - man konnte zu jeder Band gehen. Und es gab schon einige Gruppen, die miteinander konkurrierten, aber die bekanntesten und beliebtesten waren Skaldowie (in der DDR als DIE SKALDEN ebenfalls unterwegs, Anm. d. Red.), Trubadurzy (in der DDR als DIE TROUBADOURS KRAKOW bekannt) und natürlich die Czerwone Gitary (ROTEN GITARREN).

Woher stammt eigentlich die Bezeichnung "die polnischen Beatles", wie ihr oft beschrieben und bezeichnet wurdet? War das ein Begriff aus der Presse oder hat euch jemand dieses Etikett bewusst angeheftet?
Ich denke, das hatte mit der weltweiten Beatlemania zu tun. Jedes Land wollte damals seine eigenen Beatles haben - und die ROTEN GITARREN konnten diese Erwartungen in gewisser Weise erfüllen. Auf dem Höhepunkt unserer Popularität waren wir - genau wie die Beatles - ein Quartett. Wir hatten die gleiche Instrumentierung: drei Gitarren und ein Schlagzeug. Alle Mitglieder sangen, wir moderierten unsere Konzerte selbst. Die Beatles hatten das Komponistenduo Lennon/McCartney, wir hatten Krajewski/Klenczon. Auch auf der Bühne gab es ähnliche Persönlichkeiten. Und schließlich gibt es leider auch eine traurige Parallele: der tragische Tod von John Lennon in den USA - und ebenso der tra
 

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Die Roten Gitarren (Foto: Herbert Schulze)
 


1970 erschien eure erste Single mit deutschsprachigen Liedern, veröffentlicht vom DDR-Label Amiga. Wie kam es dazu, dass ihr als polnische Band deutsche Songs aufgenommen und in der DDR veröffentlicht habt? Es handelt sich dabei um unsere eigenen Lieder mit deutschen Texten. Ich kann das leider nicht mehr ganz genau rekonstruieren, aber ich vermute, dass die Initiative zur Aufnahme und Veröffentlichung dieser Titel von deutscher Seite ausging.

Die deutschen Texte stammten nicht von euch, sondern wurden von Autoren aus der DDR geschrieben. Mecky Kobor von der ungarischen Band OMEGA erzählte mir einmal, dass er überhaupt nicht wusste, wovon er sang, als ihre ungarischen Lieder für das DDR-Publikum ins Deutsche übersetzt wurden. Hattet ihr ein ähnliches Erlebnis?
In vielen Fällen war es tatsächlich so, aber bei den bekanntesten Songs wussten wir schon, wovon wir sangen. Außerdem waren die Texte in den meisten Fällen sehr ähnlich zu den polnischen Originaltexten - und ich denke, das hat auch ein Stück weit zur Popularität beigetragen. Ein Beispiel hierfür ist "Weisses Boot" und "Auf dem Dach dieser Welt" sowie "Hochzeit". Übrigens - ein großes Dankeschön an Ingeburg Branoner für das Schreiben dieser Texte!

Erinnerst du dich noch an eure ersten Konzerte in der DDR? Welche Bilder hast du immer noch im Kopf, wenn du an diese Auftritte denkst?
Unsere ersten Konzerte waren Fernsehsendungen, bei denen wir mit vielen anderen Künstlern auftraten - diese hinterließen keinen bleibenden Eindruck in meinem Gedächtnis. Aber ich erinnere mich gut an unsere eigenen Open-Air-Konzerte und die begeisterte Reaktion des deutschen Publikums. Dutzende Konzerte, vier Musiker, ein Moderator und ein wahnsinniger Applaus vom Publikum. Ein großer Teil unseres Repertoires sangen wir auf Polnisch, aber neun oder zehn Lieder waren auf Deutsch. Und natürlich die Sorge, die Texte nicht zu vergessen. Aber die fantastische Reaktion des Publikums ließ uns diese Ängste schnell vergessen.

Gab es Unterschiede zwischen dem Publikum in eurem Heimatland und dem in dem Nachbarland?
Die Unterschiede waren gering. In Deutschland klatschten sie auf Polnisch, riefen "Brawo" auf Polnisch - nur bei einigen Liedern sangen sie auf Deutsch.

In den 70er und 80er Jahren solltet ihr in der DDR über eine Million Tonträger verkauft haben. Es wird auch über eure erfolgreichen Konzerte in der DDR gesprochen - das Publikum liebte euch einfach. Hattet ihr ähnliche Erfolge auch in anderen Ländern, außer in der DDR?
Das bestätigt nur, was ich in einer der vorherigen Antworten gesagt habe. Unsere Popularität in der DDR war wirklich groß. Ich erinnere mich an das "Schlager Studio", das Publikumsvoting und den Sieg von "Weisses Boot" und im nächsten Jahr "Auf dem Dach dieser Welt". Ich erinnere mich an die Emotionen, die Freude, den Stolz, die Dankbarkeit und die Zufriedenheit. Auch die Geschichte meines Freundes, der mir erzählte, wie einer unserer deutschen Fans reagierte, als er erfuhr, dass CZERWONE GITARY eine polnische Band ist - er antwortete: "Was? Das sind unsere Jungs." Das hat mich zum Lachen gebracht.


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Die Roten Gitarren (Foto: Herbert Schulze)



Die deutsch-polnischen Beziehungen sind besonders von unverzeihlichen Sünden aus der Vergangenheit überschattet. Ich spreche hier von der Zeit des Dritten Reiches und der deutschen Aggression gegen Polen. Solche Wunden sind schwer zu heilen - wenn überhaupt. Wir, die Deutschen, schämen uns heute für die Verbrechen unserer Vorfahren, und ihr, die Polen, werdet sie wohl niemals vergessen. Was denkt man als Musiker, wenn man von den Menschen eines Landes, das einst das eigene Land überfiel, so geliebt und gefeiert wird?
Obwohl die Gräuel des Krieges meine engste Familie nicht direkt betroffen haben, tragen wir das Trauma jener Jahre im Bewusstsein. Wie du sagst: "Solche Wunden heilen schwer" - aber das, was geschehen ist, kann nicht rückgängig gemacht werden. Ich hoffe nur, dass sich so etwas niemals wiederholen wird. Unsere Musik vereint Menschen und zaubert ein Lächeln der Sympathie auf ihre Gesichter, unabhängig von politischen Ansichten und unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen. So ist es bei jedem Konzert, und wenn man diese Atmosphäre unserer Konzerte in unser tägliches Leben übertragen könnte, würde ich nur spielen, spielen und spielen wollen. Ähnliche Erfolge hatten CZERWONE GITARY auch in der ehemaligen Sowjetunion. Hunderte Konzerte, und der Rekord war 14 Konzerte in 14 Tagen in der 14.000 Zuschauer fassenden Halle in Moskau, in den Luschniki.

Am Ende der 80er Jahre gab es politische Veränderungen in vielen Ländern des ehemaligen Ostblocks. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Musikszene in diesen Ländern. Besonders hier in Deutschland wurden viele Bands plötzlich für das Publikum uninteressant. Hatte dies auch in Polen ähnliche Auswirkungen oder war die Situation bei euch anders?
Bei uns war es ähnlich. Größere Popularität erreichten hauptsächlich Bands, die "schwerere" Musik spielten und problematischere Texte sangen. Ende der 80er Jahre traten CZERWONE GITARY sehr selten auf, und erst 1990 kamen wir wieder zusammen, um unsere Jubiläumstournee zum 25-jährigen Bestehen der Band zu spielen. Übrigens fand diese Tournee in den USA in den größten polnischen Gemeinden statt, und erst ein Jahr später feierten wir dieses Jubiläum in Polen.

Obwohl ihr früher eine Beatband wart und heute eine echte Rockband seid, wurde euer letztes Album "Herz verschenkt", das 2009 in Deutschland veröffentlicht wurde, oft als Schlager-Musik klassifiziert. Hast du dich und eure Band in dieser Kategorie gesehen, oder hast du diese Zuordnung als völlig falsch empfunden?
Ich denke, dass diese Bezeichnung zutreffend ist. Natürlich gab es im Laufe der Jahre Versuche, uns neuen musikalischen Trends anzupassen, aber hauptsächlich betraf das die instrumentale Ebene, denn die Melodielinien waren immer leicht einprägsam, was sie schlagertauglicher machte. Eine radikale Stiländerung hätte nicht unbedingt neue Anhänger gewonnen, sondern hätte das Risiko mit sich gebracht, die alten Fans zu verlieren.


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Die Roten Gitarren (Foto: Herbert Schulze)



Eure Besuche in Deutschland waren immer wieder von längeren oder kürzeren Pausen unterbrochen. Habt ihr in Polen während der 60 Jahre ohne Unterbrechung gearbeitet, oder gab es auch kreative Pausen, die länger dauerten?
Im Jahr 1976 nahmen wir das Album "Port piratów" auf und danach haben wir 23 Jahre lang kein neues Album aufgenommen. Dies war unter anderem durch unsere häufigen Konzerte, Aufnahmen und Fernsehauftritte in der DDR bedingt. Erst 1999, nach Seweryns Weggang, nahmen wir das neue CD "Jeszcze gra muzyka" auf.

Im Laufe der Jahre gab es viele personelle Veränderungen in der Band. Einige Musiker waren nur kurz bei euch, andere waren lange dabei und hinterließen bleibende Spuren. Wenn ein Musiker die Band verlässt, ist das selten ein angenehmer Moment. Welche Abgänge von Bandkollegen hast du persönlich als besonders schwierig und traurig empfunden?
Jedes Auseinandergehen mit einem Musiker, mit dem man zusammen gespielt hat, gehört nicht zu den angenehmen Momenten. Die Gründe für diese Trennungen sind verschieden, und es ist schwer zu sagen, welche davon besonders traurig waren. Lange Zeit habe ich die Rolle des Chefs von CZERWONE GITARY übernommen, und wenn es zu diesen Trennungen kommt, versuche ich, dass sie so ruhig wie möglich ablaufen, weil man nie weiß, ob unsere musikalischen Wege sich nicht noch einmal kreuzen werden.

Zu Beginn habe ich dich nach einem positiven Moment in der Geschichte der Band gefragt, der dir sofort in den Sinn kommt. Jetzt frage ich dich nach einem weniger schönen Moment in der Geschichte der Band, den du am liebsten aus der Geschichte der CZERWONE GITARY streichen würdest. Gibt es so einen Moment?
Es gab nicht viele dieser Momente, aber zwei davon waren besonders, weil sie über das weitere Schicksal der Band entschieden. Ich meine hier das Ausscheiden von Krzysztof Klenczon aus der Band und später das von Seweryn Krajewski. Das waren zwei sehr wichtige Persönlichkeiten und die Hauptkomponisten vieler Lieder der CZERWONE GITARY. Ihr Weggang stellte die Zukunft der Band in Frage.

In diesem Jahr gibt es viele Gelegenheiten, um neue positive Momente einzufangen - nämlich während der bereits erwähnten Jubiläumstour. Wir haben bereits eines Eurer Konzerte besucht und darüber berichtet, aber vielleicht erzählst du den Lesern noch einmal, was ihr speziell vorbereitet habt. Wie sieht euer Jubiläumsprogramm aus?
Unser Jubiläumsprogramm ist eine chronologische Reise durch unsere Schallplatten … LPs, CDs, Singles, sogenannte "Viertel"-Alben und Radioaufnahmen. Jede dieser Stationen wird mit dem bekanntesten Song oder den bekanntesten Songs illustriert. Zu jedem dieser Alben oder Aufnahmen erzähle ich eine Geschichte, die damit verbunden ist. In diesen kurzen Ansprachen gibt es auch einen Abschnitt über unsere Konzerte und Schallplattenaufnahmen in der DDR. Das sind mehr als 30 Lieder und das Konzert dauert fast zwei Stunden. Wir spielen im Quartett: Mieczyslaw Wadolowski (akustische Gitarre) ist 28 Jahre in der Band, Arkadiusz Wisniewski (Bassgitarre) ist 23 Jahre mit den CZERWONE GITARY unterwegs, Marcin Nieweglowski (Leadgitarre) … Und hier gibt es eine interessante Geschichte. Vor 24 Jahren fand ein Wettbewerb zur Interpretation unserer Lieder statt. Den ersten Preis verliehen wir damals einem 13-jährigen Jungen, der hervorragend Gitarre spielte und unsere Lieder wunderschön sang. Viele Jahre später spielt dieser Junge nun mit uns, und das ist Marcin. Der vierte Musiker ist übrigens der Schlagzeuger, also ich.


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Die Roten Gitarren (Foto: Herbert Schulze)



Wird es ein oder zwei Konzerte geben, die man als Jubiläumskonzerte bezeichnen kann - zum Beispiel mit besonderen Gästen und ehemaligen Mitgliedern der CZERWONE GITARY? Ist so etwas geplant?
Man kann sagen, dass wir mittlerweile Spezialisten für Jubiläumskonzerte sind - und aus Erfahrung wissen wir, dass das Publikum vor allem so viele Lieder wie möglich hören und mitsingen möchte. Natürlich sind eingeladene Gäste genauso wichtig - ebenso wie die Musiker, die einmal mit den CZERWONE GITARY gespielt haben. In diesem Jahr ist ein solches Konzert nicht geplant, aber für 2026 haben wir so etwas vor. Vermutlich wird es entweder in der Waldoper in Sopot stattfinden - dem Ort der internationalen Festivals - oder auf dem "Czerwone Gitary"-Platz in Danzig, denn diese Ehre, dass ein Platz nach uns benannt wurde, wurde uns tatsächlich zu Lebzeiten unseres musikalischen Schaffens zuteil.

Euer letztes Album ist vor fast zehn Jahren erschienen. Es trägt den Titel "Symfonicznie". Eigentlich wäre dieses Jubiläum doch eine perfekte Gelegenheit, nach zehn Jahren ein neues Album zu veröffentlichen. Plant ihr dieses Jahr etwas Neues? Wie kam es, dass so lange kein neues Album erschien? Habt ihr womöglich schon all eure Geschichten erzählt?
Die CZERWONE GITARY schreiben und nehmen weiterhin neue Lieder auf. Wir veröffentlichen sie derzeit als Singles. Nach Abschluss unserer Jubiläumstournee planen wir, noch ein paar weitere Songs aufzunehmen - und sie dann entweder auf einem oder sogar auf zwei CDs zu veröffentlichen.

Abschließend möchte ich dich fragen, ob du ein Lieblingsalbum unter all jenen hast, die ihr im Laufe der Jahre veröffentlicht habt. Gibt es tatsächlich das eine "ultimative" Album der CZERWONE GITARY bzw. der ROTEN GITARREN, das dir besonders am Herzen liegt - oder gibt es sowas nicht?
Mit großer Freude und Nostalgie spiele und höre ich natürlich unsere "Goldenen Hits". Aber das Album, das mir persönlich am meisten am Herzen liegt, ist unser 1999 erschienenes Album "Jeszcze gra muzyka" ("Die Musik spielt noch"). Und das deshalb, weil es das erste Album war, auf dem keine Kompositionen von Seweryn Krajewski enthalten waren - und es war damals völlig unklar, wie unsere Fans das aufnehmen würden. Wir haben unser ganzes musikalisches Herz in diese Aufnahmen gelegt - und es stellte sich heraus, dass das Album sowohl von den Kritikern als auch von unseren Fans großartig aufgenommen wurde. Einige Lieder daraus haben auf YouTube sogar mehr Aufrufe als unsere alten Klassiker.


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Die Roten Gitarren heute ... (Foto: Petra Meißner)



Vielen Dank für deine Zeit und deine Antworten auf meine Fragen. Möchtest du zum Schluss noch ein paar Worte an unsere Leserinnen und Leser richten?
Es war wirklich schön, in Erinnerungen zu schwelgen und auch über die Gegenwart zu sprechen. Ich danke dir ebenfalls für die interessanten Fragen - sie haben meine grauen Zellen ordentlich in Schwung gebracht! Im Namen der CZERWONE GITARY sende ich allen Leserinnen und Lesern ganz herzliche Grüße - mit der Hoffnung, dass wir uns noch einmal wiedersehen und, wie früher, gemeinsam unsere Lieder singen. Bis bald - do zobaczenia!


Interview: Christian Reder
Fotos: Herbert Schulze, Petra Meißner, Archiv Jerzy Skrzypczyk




   
   
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