
von den


Interview vom 11. Februar 2025
Die 17 HIPPIES sind eine Berliner Musikgruppe, die seit 1995 mit ihrem einzigartigen Stil aus Folk, Weltmusik und Chanson begeistert. Die Band entstand nur wenige Jahre nach der Wende aus einer bunten Mischung von Musikern aus Ost und West. Einer der bekannteren Namen in der Besetzung ist wohl der Berliner Musiker Lüül, der seit kurzem aber nicht mehr dazugehört. Ihre Musik vereint Einflüsse aus Osteuropa, Frankreich und Südamerika mit überwiegend deutschen Texten und einer mitreißenden Instrumentierung aus Akkordeon, Violine, Bläsern, Banjo und mehr. Besonders bekannt wurden sie durch ihre energiegeladenen Live-Auftritte und Alben wie "Rock'n'Roll 13" und "El Dorado". Dank ihrer genreübergreifenden Mischung haben die 17 HIPPIES eine treue Fangemeinde in ganz Europa gewonnen und warten nun mit ihrem neuen Studioalbum auf, das "Clowns & Angels" heißt. Die dazu passende Tour ist auch schon im Gange. Unser Kollege Christian traf sich mit Gründungsmitglied Christopher Blenkinsop, und sprach mit ihm über die Platte, die Tour und ein wenig auch über die Geschichte der 17 HIPPIES ...
Bevor wir über Euer neues Album sprechen habe ich eine Frage die mich besonders interessiert. Mir ist gleich aufgefallen, dass da jemand fehlt: Wo ist Lüül geblieben?
Es haben sich über Corona und die letzten Jahre ein paar Änderungen in der Band und auch in der Besetzung ergeben. Das hat verschiedene Gründe. Lüül ist ein toller Musiker und bemerkenswerter Mensch. Wir haben über 20 Jahre zusammen mit ihm als 17 Hippies gespielt. Im Moment geht er seinen eigenen und wir unseren Weg. Das heißt aber nicht, dass wir nicht mal wieder zusammen Musik machen werden! Wer weiß, was die Zukunft bringt? Auf jeden Fall sind wir in Kontakt und weiterhin befreundet.

Das neue Album "Clowns & Angels"
Kommen wir nun zum neuen Album. Es heißt "Clowns & Angels". Warum habt Ihr diesen Titel dafür ausgewählt und was ist die Botschaft dahinter?
Jedes Album ist ein Kind seiner Zeit und ich denke, wir spüren alle, dass viele das Gefühl haben, sich positionieren zu müssen. Die Welt fühlt sich vielleicht unsicher an und alte Rezepte scheinen nicht zu greifen. Man sehnt sich nach klaren Worten und Entscheidungen, nach gut (wir) und nicht so gut (die, wer immer das ist). Wir sehnen uns nach Klarheit, Einfachheit und Lösungen. Clowns und Engel allerdings sind beides zwiespältige, fast undurchsichtige Charaktere und stehen natürlich für die unterschiedlichen Seelen "ach in unserer Brust". Sie kennen keine einfachen Antworten. Man denke nur an die bösen Clowns bei Steven King, oder den Engel der Engel, Luzifer (wörtlich der "Morgenstern", oder eben der Träger des Lichts) ... Clowns sind lustig UND können alles andere sein und Engel scheinen zu leuchten und können auch sehr dunkel sein. Diese Unklarheit der Charaktere interessiert uns. Wir glauben, dass man auch zulassen kann, etwas NICHT zu wissen, ja sogar unsicher zu sein und keine Angst zu haben. Wenn eine Frage doch offensichtlich simpel zu beantworten ist, sollte man sich fragen, ob dies nicht vielleicht eine Maske ist, hinter der sich dann doch was anderes verbirgt. Wir dürfen also den Mut nicht verlieren, sondern wir müssen und wollen mit Widersprüchen leben lernen und trotzdem rausgehen in die Welt, und an ihr teilhaben, ohne den Mut zu verlieren.
Auf dem Cover ist neben einem als Zeppelin "verkleideten" Vogel u.a. auch ein fliegender Fisch zu sehen, der von einer Dame geritten wird. Mich erinnert das sofort an einen SILLY-Song, aber damit hat das Cover wahrscheinlich nichts zu tun, oder?
Tatsächlich entspringt diese Figur der Phantasie unseres Freundes und Grafikers Frank Schliebener, der unser Artwork gestaltet. Wie auch das Titelbild von "Clowns & Angels" (und auf den Plakaten zu sehen) hat er unmöglich scheinende Figuren entwickelt, die nur durch ein Übermaß an Phantasie überhaupt fliegen können. Auf dem Cover ist der Ballon über dem Luftschiff eine Eichel, die nun wirklich nicht fliegen kann, und hier eben doch fliegt und sogar einen Vogel trägt. Und vielleicht landet das Luftschiff irgendwo und aus der Eichel wird ein neuer Baum.
Warum ist zwischen diesem und dem letzten Album der 17 HIPPIES zeitlich eine so große Lücke?
Die Pandemie hat vieles für uns schwierig gemacht. Wir durften uns nicht mit so vielen Leuten treffen und gerade da hatten wir ja 25-jähriges, das sind ca. 9000 Nächte und so heißt dann auch unser letztes Album. Wir wollten eigentlich ein "Best Of Album" machen und dann ein Album mit neuen Stücken. Dann hatten wir plötzlich all diese Zeit, in der wir uns nicht treffen durften, was für uns ungewohnt war. Also entwickelten wir die App, die hinter dem "9.000 Nächte"-Album steckt und das war sowohl technologisch, als auch in der Zusammenarbeit mit den beiden "Remixern", ein riesiges, spannendes Projekt. Ohne Pandemie hätten wir das gar nicht hingekriegt und so haben wir das Beste draus gemacht. Das hat einen Moment gedauert. Mit dem Album waren wir dann auf Tour und danach begann fast sofort die Arbeit am neuen Album.
Musikalisch ist das Album wieder eine Mischung aus traditionellen Stücken und eigenen Kompositionen. Bitte erzähl unseren Lesern und mir doch etwas zu dem, was es in Sachen Musik zu hören gibt und wie leicht oder schwer es fällt, neue Kompositionen in diesem Bereich zu kreieren.
Eigentlich begann die Arbeit an dem Album mit der Idee, ein paar Coversongs aufzunehmen, die wir jeweils nur einmal aus irgendeinem Grund gespielt hatten. "Das Model" haben wir in Paris für eine Radioshow eingeprobt, als die uns baten, ein bekanntes deutsches Stück mit ihrem Studiopianisten zusammen live zu spielen. Wir hatten mehrere Stücke vorgeschlagen, dies war das einzige was sie kannten. Also haben wir es gespielt. Ja nun ... "Model" wurde fertig und dann bekamen wir Lust, wieder eigene Songs zu machen. Doch erst nahmen wir "Forró Brasil" auf, weil sich Kruisko (unser Akkordeonist) mit Begeisterung mit brasilianischer Musik beschäftigte und dieses Stück bei unseren Soundchecks spielte und wir Lust bekamen, es zu lernen. Dann kam Kiki mit dem Namen für das Album und bat mich, dazu ein Stück zu schreiben. Fast zur gleichen Zeit unterhielt ich mich mit meinem Co-Produzenten Klaus Wagner (der fast alles von uns mischt), was für Stücke er denn interessant finden würde, und er sagte: "ach, mach doch mal was ohne Scheuklappen, setz dich morgens hin und mittags ist es dann fertig". So entstand "Not me, not I". "Je démissionne" war ursprünglich ein selbstkomponiertes Geburtstagslied für einen Freund und als Kiki einen Text schrieb, der zufällig zu dem Stück passte ... fertig war das Stück. So haben alle Songs einen Grund. Den suchen wir nicht, der kommt zu uns.
Macht man als Komponist der 17 HIPPIES eigentlich musikalische Lernreisen in die Länder und zu den Künstlern, die man hier mit 17 HIPPIES-Songs ehrt? Hört man sich inspirativ durch zig Alben oder geht man auf Konzerte von Kollegen? Wie kann ich mir das vorstellen?
In erster Linie macht man seine Ohren auf. Ob ich reise oder durch die Straßen gehe, Musik höre, oder einem Gespräch lausche, wenn ich Musik zufällig höre, oder Vögeln, oder meinem Herzschlag im Verhältnis zu einem Hubschrauber, der gerade über uns hinwegfliegt ... Ich höre und alles ist Melodie, alles ist Rhythmus. Und wenn jetzt noch etwas Zeit dazukommt und tolle Musiker, dann einsteht Neues fast von alleine.
Euer Pressetext verspricht eine "Eine Reise, die Althergebrachtes genauso verheißungsvoll präsentiert wie Geschichten aus dem Hier und Jetzt". Können wir dies als Kernaussage so stehen lassen oder gibt es zu "Clowns & Angels" noch mehr zu sagen?
Kann man ganz gut stehen lassen. Jede Musik heutzutage baut auf etwas auf, was schon da war. Wie jemand Schlaues mal sagte: wir stehen auf den Schultern von Riesen.
Gibt es eigentlich ein Feedback der Herren von KRAFTWERK auf eure herrliche Bearbeitung ihres "Models"?
Bisher noch nicht.
Kannst Du uns kurz mit auf die inhaltliche Reise Eures neuen Albums nehmen? Womit beschäftigt Ihr Euch in Euren neuen Songs und woher kommen die Ideen zu den Inhalten?
Was die Musik angeht - siehe oben. Mit den Texten ist das anders. Kiki schreibt die deutschen Texte. Sie ist sehr persönlich und weiblich. Sie handeln von Beziehungen, von Augenblicken und oft auch inneren Reisen. Sehr intim. Und wenn Dirk oder ich was von ihr singen, ist der Weg, den Zugang zu finden manchmal eine Reise für sich. Dirk schreibt seine eigenen Texte, die oft aus Zitaten und Geschichten seiner Kindheit in einem hessischen Umfeld entstehen. Meine englischen Texte rühren - glaube ich - meiner Wahrnehmung als Kosmopolit (ich bin in Südostasien und in arabischen Ländern aufgewachsen, bevor ich nach Deutschland kam) und meinem britisch geprägten poetischen Empfinden (ich bin deutsch und englischer Muttersprachler).
In den nächsten Tagen folgt nun die Tour. Sie endet am 23. Februar in Köln. Dumme Frage und sicher auch eine ungeschickte Antwort, wenn man sich festlegt, aber ich frag' trotzdem mal: Gibt es einen Ort und ein Konzert auf das Du Dich besonders freust?
In erster Linie freue ich mich auf die Konzerte, also auf das Musikmachen und dann natürlich auf die Begegnung mit dem Publikum. Während des Konzerts und hinterher. Darum geht es. Und da weiß man nie was passiert. Weil ... wir sind alle lebendig und haben Tagesform und alles kann passieren. Auch hier gilt, wenn man durchlässig ist und sich aufeinander einlässt, dann sind Orte fast nebensächlich, es geht immer um die Begegnung.
Was - außer den neuen Songs - habt Ihr für das Programm vorbereitet? Werdet Ihr das komplette Album spielen?
Wir spielen ja immer eine Mischung aus alt und neu. Schon einen unserer Klassiker "anders" zu spielen kann ja schon für alle spannend und besonders sein. Dazu natürlich ein paar Stücke aus unserem Repertoire, die wir selten spielen, plus Stücke vom neuen Album.
Geht Ihr nach der Tour alle wieder getrennte Wege oder gibt es noch weitere Muggen in diesem Jahr? Vielleicht Open Airs oder Festivals?
Es gibt ein paar Festivals, wir arbeiten an einer Filmmusik und wollen ein Live-Album machen. Wir haben gut zu tun. Wir sehen uns jetzt nicht immer alle gleichzeitig und ständig, aber wir bleiben in regelmäßigem Kontakt.
Ihr habt in all den Jahren ja auch sehr viel im Ausland gespielt. Ist da auch noch was im Kalender oder sind keine Konzerte im Ausland geplant?
Da hat sich einiges geändert. Früher konnten wir für unbedeutende Summen alle zusammen nach Paris fliegen und spielen. Diese Zeiten sind vorbei - und das ist auch gut so, wenn man das ökologisch betrachtet. Gagen sind den gestiegenen Kosten nicht angepasst worden. Und auch merken wir alle, denke ich, dass überall in Europa das Geld nicht locker sitzt. Jeder überlegt sich drei Mal wofür Geld ausgegeben werden soll. Kunst und auch Musik hat nicht unbedingt Priorität. Die Zeiten der vielen vielen Konzerte auf der ganzen Welt sind wohl - mit gutem Grund - erstmal passé.
Gestatte mir bitte noch ein paar Fragen zur Geschichte: Ihr scheint ein ungebundenes, ungezwungenes Künstlerdasein zu leben und auch zu genießen. Zumindest tretet Ihr so auf und vermittelt diesen Eindruck, wenn man Euch sieht. Ist dies natürlich "gewachsen" oder ist es ein Teil des Gesamtkunstwerks 17 HIPPIES?
Schön wär's. Was wir machen ist tatsächlich aufwändig. Wir managen uns selbst und das bedeutet heutzutage auch noch mehr Arbeit als früher. Früher war ein Album fertig und dann gab man "jemanden" den Auftrag, die Presse mit Material zu versorgen und man hatte bis zu den Konzerten etwas Zeit für sich. Nun gibt es kaum noch Presse, viele Zeitschriften sind weg, andere leben davon, Artikel an die Künstler zu verkaufen (gegen Anzeigen), Social Media will bespielt werden, es gibt eklatant weniger Einnahmen durch die Nutzung unserer Musik (Platten werden halt kaum noch gekauft) etc. etc. Man muss also das, was wir machen, wirklich wollen, und ein Team sein und es insgesamt auch können und aushalten. But ... only tribes will survive!
Es gibt Euch seit 1995. Diese Zeit war damals geprägt von gruseligem Pop von der Stange und Anfall auslösender Techno Musik. Und der Mist war auch noch erfolgreich. Wieso seid Ihr als Berufsmusiker damals nicht diesen wunderbar einfachen Weg gegangen, um Geld zu verdienen, und habt stattdessen lieber Euer Ding durchgezogen? Vor allem: Wie habt Ihr da in diesen Zirkus reingepasst - falls Ihr das überhaupt wolltet?
Das war uns immer sowas von egal und ist es noch. Wir fanden die Musik, die nach der Wende aus Osteuropa nach Berlin schwappte, neu und faszinierend. Gleichzeitig hatten wir diesen Rock'n'Roll-Zoo satt, der sich im Grunde darin erschöpfte, so zu tun, als ob wir in Avenues leben und mit Dollar bezahlen. Dieser neue Sound korrespondierte mit der Folkmusik, die ich von meiner Mutter gelernt hatte und das fühlte sich gut an. Den anderen ging es so ähnlich und dann haben wir losgelegt. Dabei ging es am Anfang nicht darum, eine Band zu sein, wir wollten ein Repertoire kreieren. Also sowas wie ein Realbook, mit dem man sich mit Freunden treffen konnte, um gemeinsam Musik zu machen, ohne die ewigen Bob Dylan-Songs zu bemühen. Nix gegen Bob, aber den meisten waren die Beatles zu kompliziert und Peter Bursch zu simpel. Dann spielten wir und sammelten Musik und wuchsen über die ersten Jahre zu einer Band. Fast aus Versehen. Allein schon deswegen mussten wir einen eigenen Weg gehen. Und jetzt haben wir drei Notenbücher (die 17 Hippies Realbooks) auf den Markt gebracht und ganz nebenbei 3.000 Konzerte gespielt und eine Plattenfirma gegründet und einen Musikverlag ... tsss ... wie das eben so ist, wenn man besessen ist.
Ihr habt schon immer eine erfrischende Mischung aus Jazz, Folk und Weltmusik, hier vor allen Dingen der Musik vom Balkan, gemacht. Woher genau kamen diese Einflüsse und wie (er)lebt man diese Musik, wenn man damit eigentlich gar nicht aufgewachsen ist?
Wir begannen unser Repertoire aufzubauen mit einer simplen Aufforderung: jeder bringt drei Stücke auf die nächste Probe und DAS lernen wir. Und -zack - hatten wir drei Balkanstücke, drei Melodien aus Mexiko (und den Südstaaten), drei Perlen aus Italien, drei Klezmer Stücke, drei Chansons und Songs von Los Lobos. Das waren eben die Vorlieben der Musikerinnen und Musiker. Wir selber hatten unterschiedliche Backgrounds aus Klassik, Heavy Metal, Folk, Country, Jazz und Rock'n'Roll. Das alles empfanden wir als inspirierend und so wurschtelten wir uns durch die Stücke, lernten Grooves, versuchten die Harmonien in den Griff zu bekommen und uns weiterhin zu mögen. Uns fehlte ja eine lebendige, deutsche Tradition, wie ich es in Frankreich, England und Irland erlebt hatte. Das Gute für uns war, dass wir dadurch sehr frei waren und sind, zu spielen was uns gefällt. Uns ging es dabei nie darum, so zu klingen, als ob wir vom Balkan oder aus Mexiko kommen. Wir müssen (und können) uns nicht mit den "Originalen" messen, da wir ja sozusagen das Originale sind.
Wieso heißt Ihr eigentlich so, wie Ihr heißt, nämlich 17 Hippies? Kläre uns doch bitte mal auf, denn irgendwie gibt es da keine eindeutige Definition …
Es war ein spontaner Einfall von mir, als ich einen Freund aus London überredete zu dritt im Vorprogramm seiner Punkband zu spielen. Er wusste nicht wirklich, worauf er sich einließ und sagte ja. Als wir dann mit Dudelsack, Kontrabass und Ukulele auftauchten, dachte er, wir spinnen. Aber es war zu spät, das Publikum wollte Musik. Also gab er nach und fragte: Ok, ich sag euch an ... wie heißt ihr? Ich sagte "17 Hippies", fast um ihn zu ärgern. Er sagte uns an und der Rest ist Geschichte.
Die Liste der Musiker, die bei Euch bisher mitgewirkt haben, ist ziemlich lang. Seid Ihr sowas wie ein Durchlauferhitzer?
Hm ... was meinst du damit? Im Prinzip sind wir eigentlich sehr konstant. Bis zur Pandemie blieb die feste Besetzung über 15 Jahre lang konstant. Einige die am Anfang dabei waren, sind ausgestiegen, die meisten als wir anfingen sehr viel zu spielen, was mit ihren Lebensplanungen (z.B. Kinder großziehen) nicht zu vereinbaren war. Die Pandemie brachte Änderungen. Seither ist die Band wieder konstant. Über die Jahre haben wir natürlich oft mit Musikerinnen und Musikern, die für bestimmte Projekte dabei waren, oder mit Gästen gespielt. Aber wenn man genau schaut, dann sind auch diese oft dieselben Leute, die vor - sagen wir - 20 Jahren auch schon irgendwie dabei waren.
Wie sehr verändert so ein Kommen und Gehen von Musikern die Bandarbeit und vor allen Dingen die Musik im Laufe der Zeit? Wo siehst Du z.B. die größten Unterschiede zwischen den 90ern und heute?
Wie gesagt. Es gibt kein großes Kommen und Gehen. Es ist halt ein recht großer Kreis von Leuten, die beteiligt sind und das schafft über die Jahre Vertrauen ... und durchaus auch Können. In den 90ern waren wir in unseren 30ern und spielten an jeder Milchkanne. Wir waren ungestüm und schliefen gerne (wenn wir unterwegs waren) bei Veranstaltern auf dem Sofa. Jetzt sind wir - behaupte ich - bewusster, was unsere Musik angeht. Wir haben mehr Ressourcen und viel mehr Erfahrung. Dafür hängen wir nach einem Konzert nicht mehr bis zum Morgengrauen ab und wir müssen nicht mehr alles ausprobieren und auch nicht mehr über jedes Hölzchen springen, das uns hingehalten wird.
Gab es einen (oder auch mehrere) personelle Wechsel, die so richtig weh getan haben?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht in Wirklichkeit manchmal mich mit - ja durchaus Wehmut - an bestimmte Begegnungen erinnere, die mir viel bedeuten und die ja nun "vorbei" sind. Dazu gehören in erste Linie Leute. Musiker, aber auch sonstige Beteiligte. Andererseits lebe ich eher in der Vorstellung, was man als nächstes tun kann. Das ist viel spannender und auch lebendiger, als im Gestern zu leben.
Damit höre ich jetzt auch mal mit der Fragerei auf, sonst wird es noch viel zu lang hier. Ich wünsche Euch viel Erfolg für das Album und die anstehende Tour und hoffe, Euch bei einer der Konzerte auch sehen zu können. Möchtest Du am Ende dieses Interviews noch ein paar abschließende Worte an unsere Leser richten?
Geht auf jeden Fall wählen! Auch wenn es manchmal schwer fällt, sich zu entscheiden für wen und warum. Und wählt auf jeden Fall immer Kunst, Musik und die Begegnung mit Neuem
Bevor wir über Euer neues Album sprechen habe ich eine Frage die mich besonders interessiert. Mir ist gleich aufgefallen, dass da jemand fehlt: Wo ist Lüül geblieben?
Es haben sich über Corona und die letzten Jahre ein paar Änderungen in der Band und auch in der Besetzung ergeben. Das hat verschiedene Gründe. Lüül ist ein toller Musiker und bemerkenswerter Mensch. Wir haben über 20 Jahre zusammen mit ihm als 17 Hippies gespielt. Im Moment geht er seinen eigenen und wir unseren Weg. Das heißt aber nicht, dass wir nicht mal wieder zusammen Musik machen werden! Wer weiß, was die Zukunft bringt? Auf jeden Fall sind wir in Kontakt und weiterhin befreundet.

Das neue Album "Clowns & Angels"
Kommen wir nun zum neuen Album. Es heißt "Clowns & Angels". Warum habt Ihr diesen Titel dafür ausgewählt und was ist die Botschaft dahinter?
Jedes Album ist ein Kind seiner Zeit und ich denke, wir spüren alle, dass viele das Gefühl haben, sich positionieren zu müssen. Die Welt fühlt sich vielleicht unsicher an und alte Rezepte scheinen nicht zu greifen. Man sehnt sich nach klaren Worten und Entscheidungen, nach gut (wir) und nicht so gut (die, wer immer das ist). Wir sehnen uns nach Klarheit, Einfachheit und Lösungen. Clowns und Engel allerdings sind beides zwiespältige, fast undurchsichtige Charaktere und stehen natürlich für die unterschiedlichen Seelen "ach in unserer Brust". Sie kennen keine einfachen Antworten. Man denke nur an die bösen Clowns bei Steven King, oder den Engel der Engel, Luzifer (wörtlich der "Morgenstern", oder eben der Träger des Lichts) ... Clowns sind lustig UND können alles andere sein und Engel scheinen zu leuchten und können auch sehr dunkel sein. Diese Unklarheit der Charaktere interessiert uns. Wir glauben, dass man auch zulassen kann, etwas NICHT zu wissen, ja sogar unsicher zu sein und keine Angst zu haben. Wenn eine Frage doch offensichtlich simpel zu beantworten ist, sollte man sich fragen, ob dies nicht vielleicht eine Maske ist, hinter der sich dann doch was anderes verbirgt. Wir dürfen also den Mut nicht verlieren, sondern wir müssen und wollen mit Widersprüchen leben lernen und trotzdem rausgehen in die Welt, und an ihr teilhaben, ohne den Mut zu verlieren.
Auf dem Cover ist neben einem als Zeppelin "verkleideten" Vogel u.a. auch ein fliegender Fisch zu sehen, der von einer Dame geritten wird. Mich erinnert das sofort an einen SILLY-Song, aber damit hat das Cover wahrscheinlich nichts zu tun, oder?
Tatsächlich entspringt diese Figur der Phantasie unseres Freundes und Grafikers Frank Schliebener, der unser Artwork gestaltet. Wie auch das Titelbild von "Clowns & Angels" (und auf den Plakaten zu sehen) hat er unmöglich scheinende Figuren entwickelt, die nur durch ein Übermaß an Phantasie überhaupt fliegen können. Auf dem Cover ist der Ballon über dem Luftschiff eine Eichel, die nun wirklich nicht fliegen kann, und hier eben doch fliegt und sogar einen Vogel trägt. Und vielleicht landet das Luftschiff irgendwo und aus der Eichel wird ein neuer Baum.
Warum ist zwischen diesem und dem letzten Album der 17 HIPPIES zeitlich eine so große Lücke?
Die Pandemie hat vieles für uns schwierig gemacht. Wir durften uns nicht mit so vielen Leuten treffen und gerade da hatten wir ja 25-jähriges, das sind ca. 9000 Nächte und so heißt dann auch unser letztes Album. Wir wollten eigentlich ein "Best Of Album" machen und dann ein Album mit neuen Stücken. Dann hatten wir plötzlich all diese Zeit, in der wir uns nicht treffen durften, was für uns ungewohnt war. Also entwickelten wir die App, die hinter dem "9.000 Nächte"-Album steckt und das war sowohl technologisch, als auch in der Zusammenarbeit mit den beiden "Remixern", ein riesiges, spannendes Projekt. Ohne Pandemie hätten wir das gar nicht hingekriegt und so haben wir das Beste draus gemacht. Das hat einen Moment gedauert. Mit dem Album waren wir dann auf Tour und danach begann fast sofort die Arbeit am neuen Album.

Musikalisch ist das Album wieder eine Mischung aus traditionellen Stücken und eigenen Kompositionen. Bitte erzähl unseren Lesern und mir doch etwas zu dem, was es in Sachen Musik zu hören gibt und wie leicht oder schwer es fällt, neue Kompositionen in diesem Bereich zu kreieren.
Eigentlich begann die Arbeit an dem Album mit der Idee, ein paar Coversongs aufzunehmen, die wir jeweils nur einmal aus irgendeinem Grund gespielt hatten. "Das Model" haben wir in Paris für eine Radioshow eingeprobt, als die uns baten, ein bekanntes deutsches Stück mit ihrem Studiopianisten zusammen live zu spielen. Wir hatten mehrere Stücke vorgeschlagen, dies war das einzige was sie kannten. Also haben wir es gespielt. Ja nun ... "Model" wurde fertig und dann bekamen wir Lust, wieder eigene Songs zu machen. Doch erst nahmen wir "Forró Brasil" auf, weil sich Kruisko (unser Akkordeonist) mit Begeisterung mit brasilianischer Musik beschäftigte und dieses Stück bei unseren Soundchecks spielte und wir Lust bekamen, es zu lernen. Dann kam Kiki mit dem Namen für das Album und bat mich, dazu ein Stück zu schreiben. Fast zur gleichen Zeit unterhielt ich mich mit meinem Co-Produzenten Klaus Wagner (der fast alles von uns mischt), was für Stücke er denn interessant finden würde, und er sagte: "ach, mach doch mal was ohne Scheuklappen, setz dich morgens hin und mittags ist es dann fertig". So entstand "Not me, not I". "Je démissionne" war ursprünglich ein selbstkomponiertes Geburtstagslied für einen Freund und als Kiki einen Text schrieb, der zufällig zu dem Stück passte ... fertig war das Stück. So haben alle Songs einen Grund. Den suchen wir nicht, der kommt zu uns.
Macht man als Komponist der 17 HIPPIES eigentlich musikalische Lernreisen in die Länder und zu den Künstlern, die man hier mit 17 HIPPIES-Songs ehrt? Hört man sich inspirativ durch zig Alben oder geht man auf Konzerte von Kollegen? Wie kann ich mir das vorstellen?
In erster Linie macht man seine Ohren auf. Ob ich reise oder durch die Straßen gehe, Musik höre, oder einem Gespräch lausche, wenn ich Musik zufällig höre, oder Vögeln, oder meinem Herzschlag im Verhältnis zu einem Hubschrauber, der gerade über uns hinwegfliegt ... Ich höre und alles ist Melodie, alles ist Rhythmus. Und wenn jetzt noch etwas Zeit dazukommt und tolle Musiker, dann einsteht Neues fast von alleine.
Euer Pressetext verspricht eine "Eine Reise, die Althergebrachtes genauso verheißungsvoll präsentiert wie Geschichten aus dem Hier und Jetzt". Können wir dies als Kernaussage so stehen lassen oder gibt es zu "Clowns & Angels" noch mehr zu sagen?
Kann man ganz gut stehen lassen. Jede Musik heutzutage baut auf etwas auf, was schon da war. Wie jemand Schlaues mal sagte: wir stehen auf den Schultern von Riesen.
Gibt es eigentlich ein Feedback der Herren von KRAFTWERK auf eure herrliche Bearbeitung ihres "Models"?
Bisher noch nicht.
Kannst Du uns kurz mit auf die inhaltliche Reise Eures neuen Albums nehmen? Womit beschäftigt Ihr Euch in Euren neuen Songs und woher kommen die Ideen zu den Inhalten?
Was die Musik angeht - siehe oben. Mit den Texten ist das anders. Kiki schreibt die deutschen Texte. Sie ist sehr persönlich und weiblich. Sie handeln von Beziehungen, von Augenblicken und oft auch inneren Reisen. Sehr intim. Und wenn Dirk oder ich was von ihr singen, ist der Weg, den Zugang zu finden manchmal eine Reise für sich. Dirk schreibt seine eigenen Texte, die oft aus Zitaten und Geschichten seiner Kindheit in einem hessischen Umfeld entstehen. Meine englischen Texte rühren - glaube ich - meiner Wahrnehmung als Kosmopolit (ich bin in Südostasien und in arabischen Ländern aufgewachsen, bevor ich nach Deutschland kam) und meinem britisch geprägten poetischen Empfinden (ich bin deutsch und englischer Muttersprachler).
In den nächsten Tagen folgt nun die Tour. Sie endet am 23. Februar in Köln. Dumme Frage und sicher auch eine ungeschickte Antwort, wenn man sich festlegt, aber ich frag' trotzdem mal: Gibt es einen Ort und ein Konzert auf das Du Dich besonders freust?
In erster Linie freue ich mich auf die Konzerte, also auf das Musikmachen und dann natürlich auf die Begegnung mit dem Publikum. Während des Konzerts und hinterher. Darum geht es. Und da weiß man nie was passiert. Weil ... wir sind alle lebendig und haben Tagesform und alles kann passieren. Auch hier gilt, wenn man durchlässig ist und sich aufeinander einlässt, dann sind Orte fast nebensächlich, es geht immer um die Begegnung.
Was - außer den neuen Songs - habt Ihr für das Programm vorbereitet? Werdet Ihr das komplette Album spielen?
Wir spielen ja immer eine Mischung aus alt und neu. Schon einen unserer Klassiker "anders" zu spielen kann ja schon für alle spannend und besonders sein. Dazu natürlich ein paar Stücke aus unserem Repertoire, die wir selten spielen, plus Stücke vom neuen Album.
Geht Ihr nach der Tour alle wieder getrennte Wege oder gibt es noch weitere Muggen in diesem Jahr? Vielleicht Open Airs oder Festivals?
Es gibt ein paar Festivals, wir arbeiten an einer Filmmusik und wollen ein Live-Album machen. Wir haben gut zu tun. Wir sehen uns jetzt nicht immer alle gleichzeitig und ständig, aber wir bleiben in regelmäßigem Kontakt.

Ihr habt in all den Jahren ja auch sehr viel im Ausland gespielt. Ist da auch noch was im Kalender oder sind keine Konzerte im Ausland geplant?
Da hat sich einiges geändert. Früher konnten wir für unbedeutende Summen alle zusammen nach Paris fliegen und spielen. Diese Zeiten sind vorbei - und das ist auch gut so, wenn man das ökologisch betrachtet. Gagen sind den gestiegenen Kosten nicht angepasst worden. Und auch merken wir alle, denke ich, dass überall in Europa das Geld nicht locker sitzt. Jeder überlegt sich drei Mal wofür Geld ausgegeben werden soll. Kunst und auch Musik hat nicht unbedingt Priorität. Die Zeiten der vielen vielen Konzerte auf der ganzen Welt sind wohl - mit gutem Grund - erstmal passé.
Gestatte mir bitte noch ein paar Fragen zur Geschichte: Ihr scheint ein ungebundenes, ungezwungenes Künstlerdasein zu leben und auch zu genießen. Zumindest tretet Ihr so auf und vermittelt diesen Eindruck, wenn man Euch sieht. Ist dies natürlich "gewachsen" oder ist es ein Teil des Gesamtkunstwerks 17 HIPPIES?
Schön wär's. Was wir machen ist tatsächlich aufwändig. Wir managen uns selbst und das bedeutet heutzutage auch noch mehr Arbeit als früher. Früher war ein Album fertig und dann gab man "jemanden" den Auftrag, die Presse mit Material zu versorgen und man hatte bis zu den Konzerten etwas Zeit für sich. Nun gibt es kaum noch Presse, viele Zeitschriften sind weg, andere leben davon, Artikel an die Künstler zu verkaufen (gegen Anzeigen), Social Media will bespielt werden, es gibt eklatant weniger Einnahmen durch die Nutzung unserer Musik (Platten werden halt kaum noch gekauft) etc. etc. Man muss also das, was wir machen, wirklich wollen, und ein Team sein und es insgesamt auch können und aushalten. But ... only tribes will survive!
Es gibt Euch seit 1995. Diese Zeit war damals geprägt von gruseligem Pop von der Stange und Anfall auslösender Techno Musik. Und der Mist war auch noch erfolgreich. Wieso seid Ihr als Berufsmusiker damals nicht diesen wunderbar einfachen Weg gegangen, um Geld zu verdienen, und habt stattdessen lieber Euer Ding durchgezogen? Vor allem: Wie habt Ihr da in diesen Zirkus reingepasst - falls Ihr das überhaupt wolltet?
Das war uns immer sowas von egal und ist es noch. Wir fanden die Musik, die nach der Wende aus Osteuropa nach Berlin schwappte, neu und faszinierend. Gleichzeitig hatten wir diesen Rock'n'Roll-Zoo satt, der sich im Grunde darin erschöpfte, so zu tun, als ob wir in Avenues leben und mit Dollar bezahlen. Dieser neue Sound korrespondierte mit der Folkmusik, die ich von meiner Mutter gelernt hatte und das fühlte sich gut an. Den anderen ging es so ähnlich und dann haben wir losgelegt. Dabei ging es am Anfang nicht darum, eine Band zu sein, wir wollten ein Repertoire kreieren. Also sowas wie ein Realbook, mit dem man sich mit Freunden treffen konnte, um gemeinsam Musik zu machen, ohne die ewigen Bob Dylan-Songs zu bemühen. Nix gegen Bob, aber den meisten waren die Beatles zu kompliziert und Peter Bursch zu simpel. Dann spielten wir und sammelten Musik und wuchsen über die ersten Jahre zu einer Band. Fast aus Versehen. Allein schon deswegen mussten wir einen eigenen Weg gehen. Und jetzt haben wir drei Notenbücher (die 17 Hippies Realbooks) auf den Markt gebracht und ganz nebenbei 3.000 Konzerte gespielt und eine Plattenfirma gegründet und einen Musikverlag ... tsss ... wie das eben so ist, wenn man besessen ist.

Ihr habt schon immer eine erfrischende Mischung aus Jazz, Folk und Weltmusik, hier vor allen Dingen der Musik vom Balkan, gemacht. Woher genau kamen diese Einflüsse und wie (er)lebt man diese Musik, wenn man damit eigentlich gar nicht aufgewachsen ist?
Wir begannen unser Repertoire aufzubauen mit einer simplen Aufforderung: jeder bringt drei Stücke auf die nächste Probe und DAS lernen wir. Und -zack - hatten wir drei Balkanstücke, drei Melodien aus Mexiko (und den Südstaaten), drei Perlen aus Italien, drei Klezmer Stücke, drei Chansons und Songs von Los Lobos. Das waren eben die Vorlieben der Musikerinnen und Musiker. Wir selber hatten unterschiedliche Backgrounds aus Klassik, Heavy Metal, Folk, Country, Jazz und Rock'n'Roll. Das alles empfanden wir als inspirierend und so wurschtelten wir uns durch die Stücke, lernten Grooves, versuchten die Harmonien in den Griff zu bekommen und uns weiterhin zu mögen. Uns fehlte ja eine lebendige, deutsche Tradition, wie ich es in Frankreich, England und Irland erlebt hatte. Das Gute für uns war, dass wir dadurch sehr frei waren und sind, zu spielen was uns gefällt. Uns ging es dabei nie darum, so zu klingen, als ob wir vom Balkan oder aus Mexiko kommen. Wir müssen (und können) uns nicht mit den "Originalen" messen, da wir ja sozusagen das Originale sind.
Wieso heißt Ihr eigentlich so, wie Ihr heißt, nämlich 17 Hippies? Kläre uns doch bitte mal auf, denn irgendwie gibt es da keine eindeutige Definition …
Es war ein spontaner Einfall von mir, als ich einen Freund aus London überredete zu dritt im Vorprogramm seiner Punkband zu spielen. Er wusste nicht wirklich, worauf er sich einließ und sagte ja. Als wir dann mit Dudelsack, Kontrabass und Ukulele auftauchten, dachte er, wir spinnen. Aber es war zu spät, das Publikum wollte Musik. Also gab er nach und fragte: Ok, ich sag euch an ... wie heißt ihr? Ich sagte "17 Hippies", fast um ihn zu ärgern. Er sagte uns an und der Rest ist Geschichte.
Die Liste der Musiker, die bei Euch bisher mitgewirkt haben, ist ziemlich lang. Seid Ihr sowas wie ein Durchlauferhitzer?
Hm ... was meinst du damit? Im Prinzip sind wir eigentlich sehr konstant. Bis zur Pandemie blieb die feste Besetzung über 15 Jahre lang konstant. Einige die am Anfang dabei waren, sind ausgestiegen, die meisten als wir anfingen sehr viel zu spielen, was mit ihren Lebensplanungen (z.B. Kinder großziehen) nicht zu vereinbaren war. Die Pandemie brachte Änderungen. Seither ist die Band wieder konstant. Über die Jahre haben wir natürlich oft mit Musikerinnen und Musikern, die für bestimmte Projekte dabei waren, oder mit Gästen gespielt. Aber wenn man genau schaut, dann sind auch diese oft dieselben Leute, die vor - sagen wir - 20 Jahren auch schon irgendwie dabei waren.
Wie sehr verändert so ein Kommen und Gehen von Musikern die Bandarbeit und vor allen Dingen die Musik im Laufe der Zeit? Wo siehst Du z.B. die größten Unterschiede zwischen den 90ern und heute?
Wie gesagt. Es gibt kein großes Kommen und Gehen. Es ist halt ein recht großer Kreis von Leuten, die beteiligt sind und das schafft über die Jahre Vertrauen ... und durchaus auch Können. In den 90ern waren wir in unseren 30ern und spielten an jeder Milchkanne. Wir waren ungestüm und schliefen gerne (wenn wir unterwegs waren) bei Veranstaltern auf dem Sofa. Jetzt sind wir - behaupte ich - bewusster, was unsere Musik angeht. Wir haben mehr Ressourcen und viel mehr Erfahrung. Dafür hängen wir nach einem Konzert nicht mehr bis zum Morgengrauen ab und wir müssen nicht mehr alles ausprobieren und auch nicht mehr über jedes Hölzchen springen, das uns hingehalten wird.

Gab es einen (oder auch mehrere) personelle Wechsel, die so richtig weh getan haben?
Ich bin mir nicht sicher, ob ich nicht in Wirklichkeit manchmal mich mit - ja durchaus Wehmut - an bestimmte Begegnungen erinnere, die mir viel bedeuten und die ja nun "vorbei" sind. Dazu gehören in erste Linie Leute. Musiker, aber auch sonstige Beteiligte. Andererseits lebe ich eher in der Vorstellung, was man als nächstes tun kann. Das ist viel spannender und auch lebendiger, als im Gestern zu leben.
Damit höre ich jetzt auch mal mit der Fragerei auf, sonst wird es noch viel zu lang hier. Ich wünsche Euch viel Erfolg für das Album und die anstehende Tour und hoffe, Euch bei einer der Konzerte auch sehen zu können. Möchtest Du am Ende dieses Interviews noch ein paar abschließende Worte an unsere Leser richten?
Geht auf jeden Fall wählen! Auch wenn es manchmal schwer fällt, sich zu entscheiden für wen und warum. Und wählt auf jeden Fall immer Kunst, Musik und die Begegnung mit Neuem
Interview: Christian Reder
Fotos: Pressematerial 17 HIPPIES
Fotos: Pressematerial 17 HIPPIES