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Interview vom 3. Juni 2024



Ende August wird das neue Live-Album der Gruppe SILBERMOND, "AUF AUF - Live im Theater des Westens", erscheinen. Bereits jetzt im Juni startet die Band mit ihrer neuen Tournee, die sie bis in den September hinein auf viele Open Air Bühnen im In- und Ausland führen wird. Kurz bevor es am kommenden Samstag (8.6.) in Chemnitz losgehen wird hatte unsere Redaktion die Gelegenheit, mit Frontfrau Stefanie Kloß und Schlagzeuger Andreas Nowak über beide Ereignisse zu plaudern ...






Nur knapp ein Jahr nach der Veröffentlichung Eures Nummer 1-Albums "AUF AUF" steht ein neues Live-Album in den Startlöchern und dazu auch eine weitere Tour. Seid Ihr denn noch aufgeregt, kurz bevor alles losgeht oder ist das für Euch schon reine Routine?
Andreas: Wir sind doch alte Hasen. Nein, das war natürlich nur ein Scherz. Wir sind natürlich immer noch sehr aufgeregt und versuchen die Spannung zu halten und zu genießen, so wie bei einem Champions League-Finale.



Foto: Olaf Heine



Fangen wir mal bei dem Album an. Es ist bereits Euer viertes Live-Album und wird wie das eben schon erwähnte Studioalbum "AUF AUF" heißen. Wo wurde es aufgenommen und was dürfen wir erwarten?
Stefanie: "Neues Album" klingt immer etwas komisch und ist hier auch ein wenig irreführend. Es ist aber in jedem Fall ein neues Live-Album, und zwar diesmal aus dem Theater des Westens in Berlin. Wir haben da Ende September letzten Jahres gespielt. Es waren zwei sehr besondere Konzerte mit einem großen SILBERMOND-Ensemble. Wir haben uns nämlich zehn Gastmusiker dazugeholt und die komplette "AUF AUF"-Platte in einer Art Theatergewand gespielt, was wirklich etwas sehr Besonderes für uns war. Dazu kamen doch noch ein paar Songs von älteren Alben. Wir hatten auch ein paar Kameras aufgestellt, weil wir dachten, dass wir vielleicht später mal den einen oder anderen Song zeigen können. Grundsätzlich war aber unsere Devise, dass es schade wäre, wenn wir nicht das komplette Konzert festhalten würden. Und so gibt es nun den Abend live aus dem Theater des Westens, sowohl zum Gucken als auch zum Hören auf dieser neuen Platte.

Lassen sich Eure Gefühle, die Ihr live auf der Bühne erlebt, überhaupt in einem solchen Mitschnitt einfangen?
Andreas: Es hat sogar sehr gut funktioniert! Die Leute von der Plattenfirma waren echt begeistert und haben gesagt, dass manche MTV-Unplugged-Sessions schlechter wären. Das hat uns natürlich sehr gefreut, weil das ein ehrliches Statement war und unser Konzert auch wirklich ein sehr gutes war.

Na gut, wer diese Eindrücke nicht nur im heimischen Wohnzimmer haben möchte, hat ja ab nächster Woche Gelegenheit, das Ganze live und in Farbe zu erleben. Und zwar startet Ihr am 8. Juni in Chemnitz beim "Kosmos". Was habt Ihr für die Tour vorbereitet?
Stefanie: Dazu muss ich sagen, das "Kosmos" ist kein Club oder so etwas, sondern eine große Demokratieveranstaltung. Wir wurden gefragt, ob wir dabei sein und das Thema unterstützen wollen. Und ja, natürlich wollen wir das. Einen Tag später gehen wir dann an die Wahlurne, was hoffentlich außer uns noch viele andere tun werden. Wir spielen auf dieser Veranstaltung eine Stunde. Außer uns spielen noch viele andere Bands und Musiker und wir freuen uns über jeden, der vorbeikommt. Der Eintritt ist frei.


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© Verschwende Deine Zeit GmbH



Und was habt Ihr generell für die Tour vorbereitet? Wird es außergewöhnliche oder besondere Momente geben, die man sonst nicht unbedingt auf einer Eurer Tourneen sieht?
Andreas: Wir versuchen natürlich immer eine gelungene Setlist anzubieten. Diesmal werden wir auch ein paar ganz alte Songs dabeihaben, die hoffentlich den einen oder anderen Besucher der Konzerte erfreuen werden.

Okay, Ihr wollt also noch nicht allzu viel verraten.
Andreas: (lacht) Nö, kommt einfach vorbei und lasst Euch überraschen.

Ihr Musiker dürftet Euch ja inzwischen bis ins kleinste Detail kennen. Muss man für so eine Tour vorher noch oft in den Proberaum, oder könnte man Euch in der Nacht wecken und Ihr fangt an zu spielen?
Stefanie: Seit unserer ersten Platte sind ja nun schon ein paar Jährchen vergangen. Wenn Du jetzt sagst, wir sollen alle, vor allem auch die älteren Songs aus dem "Eff Eff" spielen, so antworte ich Dir ganz ehrlich: Das geht nicht. Aber die Songs, die wir für die neue Tour vorbereitet haben, können wir dann natürlich auch "einfach mal so" spielen. Es geht ja hierbei immer um die Frage des Anspruchs. Und wer schon mal auf einem SILBERMOND-Konzert war, der weiß, dass wir nicht einfach so und unvorbereitet auf die Bühne gehen und die Songs nicht nur von Anfang bis Ende runterspielen, sondern das Ganze ist ja doch von einer gewissen Dynamik geprägt. Es soll ein Fluss sein, der von vorne bis hinten spannend bleibt, damit Du nicht in der Mitte des Sets das Gefühl verspürst, Dir jetzt unbedingt ein neues Bier holen zu wollen. Nach dem Motto: "Es wird gerade etwas langweilig, da kann ich ja mal schnell an die Bar gehen." Diesen Anspruch umzusetzen dauert natürlich seine Zeit. Es geht dabei um die Übergänge zwischen den Songs, wir müssen Soloparts einbauen, wir müssen für das Publikum Beteiligungen entwerfen. Alles das schüttelt man nicht mal eben so aus dem Hut.

Euch zieht es ja einmal quer durch das Land. Ihr tretet sogar in Luxemburg, Österreich, in der Schweiz und sogar in Italien auf. Auf welche dieser vier Länder freut Ihr Euch besonders?
Andreas: Italien klingt ja schon mal ganz gut, oder? Es tut aber sowieso immer gut, mal in anderen Regionen zu spielen. Aber am Ende ist eine Bühne immer eine Bühne, wir haben unsere Instrumente und unsere Lieder und versuchen immer, unser Bestmögliches zu geben.


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Foto: Lucio Vignolo



Manche Termine liegen ja direkt beieinander, während zwischen anderen Konzerten einige Tage Pause liegen. Gibt es für Euch vor Ort auch mal die Möglichkeit, sich die Gegend und die Sehenswürdigkeiten anzuschauen oder reist man nach der Mugge gleich wieder ab?
Stefanie: Also in Italien gleich nach dem Gig wieder nach Hause zu fahren, wäre schon blöd. Wobei ich glaube, in Italien haben wir einen Nightliner und fahren damit dann doch gleich nach dem Gig wieder nach Hause. Aber grundsätzlich bleibt schon manchmal ein bisschen Zeit, sich die Stadt anzugucken. Auf der anderen Seite ist so ein Tag natürlich auch nicht ganz ohne. Es ist nämlich nicht so, dass wir nur am Abend die zwei Stunden auf der Bühne stehen, sondern es gibt noch viele Dinge vorzubereiten, wir müssen Soundcheck machen, wir haben die An- und Abreise, oftmals Pressetermine … Da nutzt man gerne mal den Tag, um neue Kräfte zu sammeln und Ressourcen zu sparen, weil man diese Ressourcen dann abends auf der Bühne braucht. Auf jeden Fall finde ich es klasse, dass wir schon so viele Städte sehen durften.

Du hast gerade den Nightliner und das Leben auf Tour erwähnt. Wie kann man sich das bei Euch vorstellen? Werden während einer Tour bei Euch die Eindrücke gesammelt und gleich zu neuen Songs verarbeitet oder bleibt auf der Straße keine Zeit, um kreativ zu sein?
Andreas: Im Prinzip ist ja das ganze Leben ein Lied und so versuchen wir auch vorzugehen. Es kann sein, dass wir an der Raststätte eine Bockwurst essen und hinterher ein Lied über die Bockwurst schreiben, weil sie uns so gut geschmeckt hat.

Wenn Ihr an Eure jetzige Tournee denkt und diese mit solchen von früher vergleicht, wo liegen da im Moment für Euch - abgesehen von der Größe der Locations - die größten Unterschiede?
Stefanie: Wir können es heute mehr genießen, wir können mehr auf unsere Erfahrung vertrauen, die wir in all den Jahren gesammelt haben. Das ist ein schönes Gefühl. Man ist zwar innerlich immer noch sehr aufgeregt, vertraut aber mehr auf das, was man kann und ist dadurch mehr im Moment selber drin. Das habe ich besonders in Dresden am Elbufer gespürt, weil die Auftritte dort für mich immer sehr emotional und bewegend sind und mich auch manchmal regelrecht aus dem Gleichgewicht bringen. Ich hatte aber keinen Bock mehr spüren zu müssen, dass mir diese Aufregung den schönen Moment verhagelt. Also beschloss ich für mich, tatsächlich auch mal auf der Bühne ganz bewusst durchzuatmen, während vor der Bühne die 14.000 Fans stehen. Ich nehme mir die nötige Zeit dafür, denn niemand hetzt mich, niemand drängt mich, diesen schönen Moment wieder herzugeben. Das ist für mich eine sehr wertvolle Sache, die diesmal anders ist.

Stefanie, die nächste Frage geht speziell an Dich. Gibt es in diesem reichhaltigen Fundus an Songs, die Ihr mittlerweile geschrieben habt, auch Lieder, die man nicht mehr so gerne live spielt, weil einem die mit der Zeit richtig auf den Zeiger gehen?
Stefanie: Es gibt natürlich Songs, die über die Jahre immer noch im Set geblieben sind. Wenn wir solche Nummern wie "Das Beste", "Symphonie" oder "Leichtes Gepäck" nicht mehr spielen wollten, wären sie auch nicht mehr im Set enthalten. Die Fülle an Songs, die uns zur Verfügung steht, lässt uns ja zum Glück alle Freiheiten. Klar gibt es Songs zum Beispiel von unserer allerersten Platte, da sage ich heute, das hat damals unser 16-jähriges Ich geschrieben und hinter denen stehen wir in diesen Tagen nicht mehr so unbedingt. Andererseits bin ich kein Fan davon, Bilder aus dem Fotoalbum herauszureißen, nur weil man damals Radlerhosen an hatte. Verstehst Du, was ich meine? Stattdessen sage ich lieber: "Das war damals halt so, das ist okay". Unsere erste Platte ist nun zwanzig Jahre alt und wir werden diesmal auch wirklich einige ganz alte Nummern spielen, über die wir vielleicht ein bisschen schmunzeln, die aber genauso zu SILBERMOND gehören wie die aktuellen Lieder.


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Foto: Olaf Heine



Stefanie, wie bekommst Du alles mit dem Nachwuchs unter einen Hut? Der Knabe kommt ja bald in die Schule, wenn ich richtig gerechnet habe. Nimmst Du ihn mit auf Tour?
Stefanie: Ich habe jetzt die Prozentzahlen nicht im Kopf, wie viele der deutschen Einwohner auch Eltern sind. Auf jeden Fall bekommen wir es genauso gut oder schlecht hin wie die anderen Eltern auch.

Ihr spielt bei SILBERMOND seit Ewigkeiten in der Originalbesetzung, was nach so vielen Jahren wirklich bemerkenswert ist. Habt Ihr ein besonderes Rezept, wie man eine Band so lange zusammenhalten kann?
Andreas: Aspirin und sich gegenseitig immer ein süßes Lächeln schenken. (beide lachen) Nein, ich glaube, das Rezept sind zum Beispiel Konzerte, nach denen man zufrieden von der Bühne geht. Oder Konzerte, auf die man Lust hat, sowie Alben, auf die man richtig Bock hat. Das alles zusammen ist der Kit, der eine Band zusammenhält.

Das klingt glaubhaft. Aber mal Hand aufs Herz: Gab es auch schon mal den einen oder anderen Moment, wo irgendeiner von Euch SILBERMOND verlassen wollte, oder seid Ihr tatsächlich so eng miteinander, wie es von außen den Anschein hat? Ihr scheint ja echt eine unzertrennbare Einheit zu sein.
Stefanie: Es ist quasi eine Ehe zu viert. Dabei tun wir ja nur nach außen so. (lacht) Sorry, aber ich musste jetzt einfach ein bisschen flapsig darauf antworten. Jeder fragt uns nach unserer Bandgeschichte. Wer uns schon ein Weilchen verfolgt, weiß ja, wie absurd das bei uns war. Vier junge Leute treffen sich in einem Club in einer ostdeutschen Kleinstadt namens Bautzen und ziehen in die Welt hinaus, um Popstars zu werden. Und es ist tatsächlich wie ein Märchen, auch wenn es total kitschig klingt. Wir sind einfach vier Leute, die miteinander befreundet sind und sich auch nach all den Jahren noch ganz gut leiden können und Spaß daran haben, miteinander Musik zu machen. Aber natürlich hatten wir nicht immer nur sonnige Momente. Zum Beispiel die Zeit, als wir "Leichtes Gepäck" geschrieben haben und uns gerade von einem Großteil unseres Teams getrennt hatten, weil es einfach keinen roten Faden gab, das war schon eine sehr schwere Phase, denn wir waren doch ein sehr familiärer Haufen. Das hat jeden einzelnen von uns richtig stark beschäftigt und jeder brauchte mal etwas Abstand. Aber eher Abstand von der Situation, nicht von uns untereinander. Ganz im Gegenteil, das hat uns vier sogar noch mehr zusammengeschweißt, weil wir an diesem Punkt die Entscheidung treffen mussten, generell etwas zu ändern oder aber es ganz bleiben zu lassen. Die Umstände, die uns damals umgaben, taten uns nicht mehr gut, deshalb waren Entscheidungen fällig. Wir wissen seitdem, dass wir in gewissen Situationen den anderen auch mal mehr Raum für sich geben müssen, was bis heute super funktioniert.





Eine letzte Frage noch. Hat man nach so vielen Jahren im Geschäft und den ganzen eigenen Erfolgen noch Träume in die Richtung, dass man vielleicht auch mal mit anderen Kollegen etwas zusammen machen möchte? Egal, ob im Studio oder live.
Stefanie: Ich könnte jetzt einfach mal so daher sagen, dass ich gerne ein Duett mit John Lennon machen würde. Grundsätzlich ist es bei uns in Sachen Kooperation so, dass sich so etwas ergeben muss. Selbst wenn ich jetzt sage, ich bin totaler Fan von Alanis Morissette und würde mit ihr gerne mal was machen, so ist das doch nichts, was realistisch und greifbar ist. Man braucht immer etwas, was einen verbindet, um musikalisch miteinander zu sein. Und ich glaube, das Einzige, was hilft, solche Wünsche umzusetzen, ist immer offen zu sein, dann ergeben sich solche Dinge von ganz alleine.

Ich wünsche Euch alles Gute für das Album und für die Tour und freue mich schon auf den nächsten Kontakt mit Euch.
Stefanie: Vielen Dank. Bis bald!



Interview: Christian Reder
Übertragung: Torsten Meyer
Fotos: Pressematerial Band (Lucio Vignolo, Olaf Heine, Verschwende Deine Zeit GmbH)



   
   
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