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Interview vom 21. April 2024



Fast 60 Jahre Musikgeschichte bringt Klaus-Peter "Biene" Albrecht mit, die er auf beiden Seiten "der Bühne" erlebt hat. Seine Anfänge als aktiver Musiker feierte er bei der RONDO COMBO, einer Band, die heute sicher kaum noch einer kennt. Dafür ist aber die COLLEGE FORMATION vielen von Euch sicher noch ein Begriff, war sie doch Sprungbrett für Toni Krahl, die Kaufner-Schwestern, Katrin Lindner und einige andere große Namen. Auch bei MEDOC (mit Angelika Mann), PHONOLOG und dem GERD MICHAELIS CHOR war er aktiv. Ende der 70er wechselte er "ins Büro", denn "Biene" wurde Redakteur und Produzent bei AMIGA. An Samplern wie z.B. "Auf dem Wege …" war er maßgeblich beteiligt. Ende der 80er verließ er die DDR um nach der Wende in den Country-Bereich zu wechseln. Nicht mehr als Profi, aber als professionell denkender und arbeitender Amateur, der neben seinem Hauptberuf wieder auf die Bühne stieg, bediente er dort ein selbst gebautes und für die Musik klassisches Instrument. Am 13. April feierte der gebürtige Greifswalder seinen 80. Geburtstag, aber an Ruhestand ist noch lange nicht zu denken … Noch immer ist er in diversen Bands aktiv. Wie und wo man ihn noch erleben kann, und wie sein bisheriger Weg so verlaufen ist, erzählte er unserem Kollegen Christian in einem Gespräch nach der Party zu seinem runden Geburtstag ...






Du bist kürzlich 80 Jahre jung geworden. Herzlichen Glückwunsch noch nachträglich.
Dankeschön.

Hast du ordentlich gefeiert und die Korken knallen lassen?
Ja, ich habe wahnsinnig toll gefeiert. Das war eine Überraschung. Meine Frau Juliane und meine Tochter Anne haben hinter meinem Rücken, ohne dass ich überhaupt was mitgekriegt habe, eine riesige Fete organisiert. Es waren 60 Personen mit drei Livebands. Ja, es war wirklich gigantisch.

Wer war denn alles da?
Oh Gott, also Leute aus Thüringen, Leute vom Darß, Leute aus Schleswig-Holstein, Berliner Freunde, sie kamen aus allen Ecken. Mit vielen von denen hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Ja, das war wirklich unheimlich schön. Die Überraschung war perfekt.


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Damals war's ... Biene Albrecht



In Interviews wie diesem fangen wir bei Deutsche Mugge ja immer vorne an, wo alles begann. Wo hat denn deine Reise vor 80 Jahren angefangen?
In Greifswald. Dort bin ich geboren, bin da zur Schule gegangen und habe da auch mit der Musik gestartet. Erst mal mit einer Wandergitarre, die meine Mutter im Schrank stehen hatte. Da habe ich die Saiten strammgezogen, ohne zu wissen, wie es klingen muss, und habe einfach mal angefangen. Und dann habe ich mit meinem Bruder zusammen eine Band gegründet. Wir haben erst mal beide nur Gitarre gespielt, dann hat mein Bruder sich einen Bass besorgt und schon gab es in Greifswald die erste Band mit dem tollen Namen RONDO COMBO. Den Namen hatte unsere Mutter erfunden. Wir waren fünf Leute, und zwar Schlagzeug, Klavier, mein Bruder am Bass, ich habe Gitarre gespielt und dann gab es noch einen Saxophonisten, der schon ganz toll spielen konnte. Wir haben einfach losgelegt und versucht, die Bill Haley-Sachen und die Rock'n'Roll-Musik (Beat-Musik) dieser Zeit zu spielen.

Wir reden also über die 50er Jahre, wie alt warst du?
Ich habe mit 17 angefangen. Wie gesagt, zusammen mit meinem Bruder.

Also angefangen überhaupt Musik zu machen oder in der Band zu spielen?
Musik zu machen. 1962 ging es dann mit dem Spielen in der Band los und 1964, als die BEATLES anfingen, haben wir richtig losgelegt. Und als dann auch noch die SHADOWS bekannt wurden, habe ich zusammen mit Ekke Kremer in Greifswald die EC COMBO gegründet. Wir haben wirklich das ganze Repertoire der SHADOWS gespielt. Ekke Kremer war der Solo-Gitarrist, ich war die zweite Gitarre. Außerdem hatten wir noch einen Bassisten und einen Schlagzeuger. Und siehe da, schon bald kriegten wir unser erstes Spielverbot mit der Begründung, mit drei Gitarren und Schlagzeug kann man keine Musik machen.

Das ergibt Sinn. Tolle Begründung!
Ja, das kann man sagen. Wir haben aber Glück gehabt, dass wir in Greifswald waren, denn Greifswald ist ja eine Universitätsstadt und die Studenten haben natürlich oftmals geschlossene Veranstaltungen durchgeführt. Da gab es mal einen Chemiker-Ball, dann einen Physikerball und so weiter. Wir wurden dafür immer als Band eingekauft und weil das in der Regel ja eine geschlossene Veranstaltung war, hatte die Abteilung Kultur nichts zu sagen. Das hat super funktioniert und wir wurden gefeiert.

Sagtest Du gerade EC COMBO?
Genau, EC COMBO, eigentlich EKKE KREMER COMBO. Aber wir durften uns nicht EK COMBO nennen, weil EK für das Eiserne Kreuz stand. Deshalb sind wir dann auf EC ausgewichen.


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Die Rondo Combo (Foto: privat)



War das eine Zeit ohne irgendwelche Einstufungen oder gab es das damals auch schon?
Doch, das fing damals gerade an. Ich bekam zum Beispiel für den ganzen Abend 32,50 Mark, mehr durfte man als Musiker nicht nehmen. Das war die Grundstufe. Wir haben uns langsam hochgearbeitet und haben noch einen Sänger in die Band reingenommen. Dadurch konnten wir u.a. Songs von Cliff Richard spielen, was ja wunderbar mit den SHADOWS zusammen passte. Wir waren jetzt also in der Lage, ein anderes Repertoire zu spielen und konnten dadurch auch an der Einstufung teilnehmen.

Jetzt sagst du gerade, die Band war ja eigentlich verboten und außer Betriebsfeiern konntet ihr nicht arbeiten. Wie ging es denn weiter?
Durch unseren Sänger haben wir dann auch beim Stadtfest spielen können. Es gab in Greifswald am Theaterplatz ein großes Kulturhaus, da sind wir aufgetreten. Es waren meistens normale Tanzveranstaltungen, weil wir eben jetzt eine andere Besetzung hatten und ein anderes Repertoire spielen konnten, anstatt immer nur den Katalog der SHADOWS. In dieser Zeit haben wir uns auch schon an eigenen Songs versucht, aber das ist irgendwie in der Hüfte stecken geblieben. Das ging nicht weiter. Und dann hatte ich einen Autounfall und konnte in der Band nicht mehr weiterspielen, was zur Folge hatte, dass sich die Band langsam zerlegt hat. Das muss ich leider sagen. Ekke Kremer ging anschließend für viele Jahre als Bassist zu den EVERGREENS nach Rostock, und damit war die EC COMBO in Greifswald erledigt.

Ich nehme mal an, die Folgen dieses Unfalls haben Dich für längere Zeit am Musik machen gehindert?
Ja, ich war ziemlich lange krank. Der linke Unterarm war gebrochen, dadurch konnte ich lange keine Gitarre spielen. Außerdem hatte ich eine Wirbelfraktur durch den Autounfall und konnte auch nicht mehr in meinem eigentlichen Beruf als Installateur und Klempner weiterarbeiten. Ich habe mir dann meine Gitarre geschnappt, eine Aktentasche vollgepackt und bin nach Berlin gefahren. Warum nach Berlin? Weil ich in Berlin schon Freunde hatte, und zwar den Schlagzeuger von den SPUTNIKS, Henry Kotowski, und Gerd Hertel, den zweiten Gitarristen der Band. Wir hatten uns schon öfter auf Veranstaltungen von den SPUTNIKS getroffen und waren miteinander befreundet. Henry Kotowski hat mich in Greifswald besucht und ich habe ihn in Berlin besucht, und so war die Verbindung zwischen Greifswald und Berlin schon aufgebaut. Ich war nun also hier in Berlin und habe versucht, an der Musikschule in Friedrichshain Unterricht zu nehmen. Das hat auch geklappt. Ich bin jeden Morgen da hingegangen, habe mich auf den Flur gesetzt, ohne dass ich eingeschrieben war. Irgendwann kam dann der Musiklehrer Jürgen Kliem, hat mich unter seine Fittiche genommen und mir die ersten Unterrichtsstunden gegeben. Letzten Endes, bedingt durch den Seiteneinstieg, war ich in dieser Schule im Weidenweg. Das war sozusagen mein Start in Berlin.

Von welchem Jahr reden wir jetzt hier?
Das war 1968, 1969.


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Die EC Combo (Foto: privat)



Warst du denn in dieser Zeit auch musikalisch wieder in einer Band aktiv?
Ja, da gab es eine Band, die hieß WEBER BAND. Die haben viel auf Betriebsfesten gespielt. Und dann gab es eine Band, die hieß MEDOC. Da war die Lütte, also Angelika Mann, Sängerin. MEDOC war die zweite Band, in die ich hier in Berlin reingekommen bin. Wir haben auch außerhalb von Berlin gespielt und waren in der ganzen DDR unterwegs. Das ging allerdings nicht so sehr lange, so ungefähr ein Jahr lang.

Und was kam dann?
Dann wurde an der Ostsee eine Band gegründet, die hieß WARNOW SEXTETT. Diese Band wurde eigentlich nur für eine Sommersaison in Heringsdorf gegründet. Dort im Kulturhaus Heringsdorf war ja jeden Tag Livemusik und da wurde u.a. von einem Saxophonisten aus Rostock eine Saisonband gegründet. Der hat alle möglichen Musiker aus allen Regionen zusammengeholt. Mit dem Schlagzeuger, der dort gespielt hat, hatte ich vorher schon bei der EC COMBO in Greifswald zusammengespielt. Der hatte mich dann angesprochen und gefragt, ob ich nicht Bock hätte, im Sommer diese Saison mitzuspielen. Dann kam noch ein Bassist aus Rostock und aus Thüringen ein Orgelspieler dazu, und wie gesagt, dieser Saxophonist Eberhard Höft aus Rostock gehörte dazu. Dann war noch eine Sängerin dabei, das war Juliane Kaufner. Am 22. April 1969 traf sich diese Band erstmals zusammen in Heringsdorf. Wir probten eine ganze Woche lang und legten zum Saisonstart am 1. Mai los. Wir spielten jeden Tag, außer montags.

Schau an!
Eigentlich sollte die Band ja nur über diese kurze Saison bis zum September spielen. Weil wir uns aber so gut eingespielt hatten und auch Anfragen aus Rostock kamen, zum Beispiel aus der Newa-Bar oder aus der Konzert- und Gastspieldirektions-Ebene, hat die Band die Chance gehabt, weiter zu existieren. Wir haben sogar mehrere Monate in Warnemünde im Hotel Neptun gespielt, sind auch durch die DDR getourt und haben Programmbegleitungen gemacht. Das war damals halt so, dass es in Kulturhäusern immer große Veranstaltungen oder Betriebsfeiern mit Künstlern gab, die begleitet werden mussten. Und da war diese Band immer zur Stelle und hat solche Programme begleitet.

Wie lange habt ihr insgesamt mit dieser Band gespielt?
Die Band existierte ziemlich lange, aber ich bin irgendwann ausgestiegen und wieder nach Berlin gegangen, und zwar zur UVE SCHIKORA BAND. Es war aber wieder nur eine ganz kurze Zeit, die ich bei der SCHIKORA BAND verbracht habe. Das war ziemlich kurios. Die suchten noch einen zweiten Gitarristen und ich habe dann einen Freund, mit dem ich in Greifswald auch zusammen Musik gemacht hab, nämlich Ulli Pexa, später Mitbegründer von Karat, ins Gespräch gebracht. Der war allerdings ein viel besserer Gitarrist als ich. Dummerweise hat sich Schikora entschieden noch einen anderen Musiker in die Band zu nehmen, der auch Flöte spielen konnte. Er hat mich dann ziemlich eiskalt abserviert. Das war also eine kurze Lesung. Die UVE SCHIKORA BAND war damals übrigens auch die Begleitband von Frank Schöbel.

Ja, genau. Aber da warst du nicht sehr lange, hast du gesagt.
Da war ich nicht sehr lange dabei, das ist richtig. Vielleicht war das ein dreiviertel Jahr oder so. Also eine kurze Sache.


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Die EC Combo (Foto: privat)



Wie ging Dein "Band-Hopping" dann weiter?
Da muss ich mal überlegen. Ich war noch an der Musikschule im Weidenweg, als sich an der Hochschule "Hanns Eisler" eine Band mit Namen COLLEGE FORMATION gegründet hatte. Die waren aber noch in der Findungsphase. Auf jeden Fall waren das Studenten, die an der Hochschule eine Band gründen wollten. Es gab einen Sänger, der hieß Hans-Joachim Neumann, kurz "Neumi". Matthias Schramm war der Bassist, der Schlagzeuger war Bernd Schimmler und Gitarre sollte ich spielen. Dann gab es noch Bläser, also Trompete Siegnor Rotbart, Saxophon Ulli Tewes und Posaune Hannes Bauer. Frontsänger wurde dann aber nicht "Neumi", sondern etwas später Toni Krahl. Und Juliane und Isa Kaufner waren sozusagen der weibliche Part in dieser Truppe. Dann kam noch der Trompeter Maxe Flugbeil dazu, weil wir auch Sachen von CHICAGO und BLOOD, SWEAT & TEARS gespielt haben. Darum fehlte noch eine zweite Trompete. Dann kam mit Miko Nagel (Bariton Saxophon) noch ein Saxophonist dazu. Wir waren also eine ziemlich große Truppe und hatten auch ziemlich viel zu tun. Und wir waren mit der Band schon richtig profimäßig unterwegs. Ich war dann drei Jahre lang als Student an der Hochschule, bin aber nach drei Jahren exmatrikuliert worden, weil ich, nachdem ich bei der COLLEGE-FORMATION raus war, so viel zu tun hatte. Ich war beim GERD MICHAELIS CHOR in der Band. Da war gar keine Zeit mehr, überhaupt noch zur Hochschule zu gehen. Ich habe das dann schleifen lassen und wurde sozusagen nach drei Jahren exmatrikuliert.

Aber bleiben wir mal kurz bei der COLLEGE-FORMATION, denn das war eigentlich so ein richtiges Highlight in deiner Vita. Das war ja eine Band in der viele Musiker dabei waren, die damals schon ziemlich gut waren und später richtig Karriere gemacht haben. Wie war denn diese Zusammenarbeit mit diesen vielen Alphatieren?
Das war ziemlich schwierig. Matthias Schramm ist zum Beispiel nur kurz bei der COLLEGE-FORMATION geblieben. Der wurde geschasst weil er versucht hatte, mit Isa Kaufner ein Techtelmechtel anzufangen. Daraufhin flog er bei der COLLEGE FORMATION raus. Für ihn kam mit Jürgen Kratzenberg ein neuer Bassist. Kratzenberg hat dafür gesorgt, dass es zwei Parteien in der Band gab. Die eine Partei wollte kommerzielle Musik machen und Kratzenberg war so ein Jazz-Freak, der versucht hat, die Band in so eine Jazz-Ecke zu kriegen. Aber wir waren ja alle gar nicht dazu in der Lage, solche Musik zu machen. Conny Bauer war der Mentor und sein Bruder Hannes Bauer war der Posaunist in unserer Band. Da hatte Kratzenberg natürlich einen Fürsprecher und versuchte, die Band zu spalten. Damit hat sich die COLLEGE-FORMATION auch zerlegt.

War die COLLEGE-FORMATION denn die erste Station in Deiner Karriere, mit der du auch professionelle Aufnahmen im Studio gemacht hast?
Nein, das war schon bei Schikora der Fall.

Aber ihr habt mit der COLLEGE-FORMATION eigene Lieder produziert …
Wir haben so gut wie kaum was Eigenes produziert. Conny Bauer war der Mentor und es gab eine Produktion, die auch mal auf einer Sammelsurium-Platte gelandet ist. Ich weiß gar nicht, wie die hieß.


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Die College Formation (Autogrammfoto der Band)



Das Album, das Du ansprichst, heißt "Examen in Musik", und darauf befinden sich zwei Lieder von Euch: "Als ich nachher von dir ging" und "Von Träumen".
Ja, aber viel mehr ist da auch nicht produziert worden. Es war ein kurzer Versuch, eigene Sachen zu machen. Aber das war eine sehr experimentelle Musik damals. Wenn man die Sachen heute hört fragt man sich, was der Künstler uns eigentlich damit sagen will. Aber die Zeit war eben so.

Wer hat die Sachen denn damals geschrieben?
Isa war ziemlich kreativ, was Texte anging. Und Kratzenberg war derjenige, der im Hintergrund gerührt hat, was Ideen anging. Die Bläser-Fraktion war jedenfalls die aktivere.

Du sagst, Du bist von der COLLEGE-FORMATION gleich weiter zum GERD MICHAELIS CHOR gezogen. Das war ja musikalisch mal ein krasser Unterschied.
Vor allem inhaltlich war das ein krasser Unterschied, aber musikalisch war das super. Da habe ich echt viel gelernt, das war sehr professionell. Der Bassist war auch dort Matthias Schramm. Bernd Schimmler, mit dem ich auch bei der COLLEGE FORMATION gespielt habe, war der Schlagzeuger. Dann gab es einen Pianisten auf dessen Namen ich nicht mehr komme. Der hat super gespielt, ein ganz toller Pianist. Außerdem gab es noch einen Posaunisten in dieser Band. Wir waren eine Fünfer-Besetzung und haben das komplette Repertoire drauf gehabt. Aufgetreten sind wir u.a. in Bulgarien, haben dort in Stadien gespielt. Das war wirklich gigantisch, jedenfalls für damalige Verhältnisse. Das war schon richtig klasse. Fernsehauftritte haben wir auch viele gehabt.

Das war also mehrere Stufen höher als die COLLEGE-FORMATION?
Von der Professionalität her auf jeden Fall. Es war stilistisch ein völlig anderer Schuh. Aber handwerklich und inhaltlich war das schon richtig klasse. Ich habe sehr viel gelernt.

Wie lange warst du dabei?
Ich glaube, der Chor hat sich nach drei Jahren aufgelöst.

Dort gab es ja auch einen tragischen Todesfall …
Ja, stimmt. Gerd Michaelis hat danach immer noch nach einer Solistin gesucht. Es gab auch eine ganze Menge Proben und immer wieder Versuche, eine Solistin zu finden. Die neue Solistin musste sich auch stimmlich einfügen. Das hat aber nicht gepasst und er hat nicht die richtige gefunden. Deshalb wurde der Chor kurzer Hand aufgelöst.


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Toni Krahl und Biene Albrecht bei der College Formation (Foto: privat)



Hast du das Drama um Beate Barwandt damals mitbekommen?
Das war vor meiner Zeit. Aber ich habe das trotzdem mitbekommen, weil Juliane Kaufner auch in dem Chor war. Dadurch war ich natürlich dicht dran und habe das alles miterlebt. Das war jedenfalls sehr dramatisch.

Auf jedenfall ist sie viel zu früh und viel zu jung gestorben …
Stimmt. Wahrscheinlich war das eine Gehirnhautentzündung. Das ging jedenfalls sehr schnell.

Der Name Juliane Kaufner ist in unserem Gespräch jetzt schon mehrfach gefallen. Das liegt in der Natur der Sache, denn Ihr beiden seid ja auch ein Paar. Seit wann seid ihr denn schon zusammen? War das schon zu Zeiten der EC COMBO?
Nein, das war erst später. Wir haben uns in Heringsdorf bei der Gründung des WARNOW SEXTETTS kennengelernt. Da war Juliane die Sängerin und ich der Gitarrist. Wie sich das manchmal so ergibt, haben wir da zueinander gefunden.

Bemerkenswert ist, dass Ihr seitdem auch zusammen seid …
Ja, seitdem sind wir ein Paar.

Dann nehme ich mal an, dass du auch die ganze Geschichte mitbekommen hast, die Deine Frau und Isa noch auf die Beine gestellt hat, nämlich die CAUFNER SCHWESTERN. Warst du da eigentlich auch in irgendeiner Form involviert?
Nein, die CAUFNER SCHWESTERN wurden nach diesem WARNOW-SEXTETT gegründet. Es gab das Studio für Unterhaltungskunst hier in Berlin. Die haben Sänger und Solisten in Tanz und Wort und allem möglichen Gesang ausgebildet. Juliane ist dort an dieser Schule gewesen und ihre Schwester Isa auch. Sie haben da ein Jahr lang eine Fachausbildung gemacht oder vielmehr ein Studium, denn man nannte es ja damals ein Fachstudium. Die beiden sind mit einer Abschlussprüfung da rausgegangen. Es gab die Chance, irgendwas im Duo zu machen, dadurch war es möglich, dass die beiden in dieser Prüfung auch als Duo aufgetreten sind. Das war letzten Endes auch der Start für die COLLEGE-FORMATION, da mitzumachen. Wie gesagt, Juliane und Isa haben dann mit ihren zwei weiteren Schwestern Iris und Irina Kaufner die CAUFNER COLLECTION gegründet. Iris Kaufner musste aus familiären Gründen das Quartett verlassen. Das Fernsehen hat sie dann für ihre Sendung "Familiendisco" entdeckt. Sie durften sich dann aber nicht mehr CAUFNER COLLECTION nennen, weil es englisch war. Ab diesem Moment sollten sie nur noch CAUFNER SCHWESTERN heißen.

Jetzt waren das ja drei Frauen …
Ja, drei Schwestern.


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Autogrammkarte der Kaufner-Schwestern (Archiv Juliane Kaufner)



Juliane war ja schon mal mein Interviewgast, von ihr weiß ich ja, was sie macht. Was ist aus den anderen Damen geworden?
Die Älteste, also Iris, ist gestorben und auch die Jüngste, Irina, ist schon lange nicht mehr am Leben.

Das mit Irina wusste ich nicht …
Das ist jetzt auch schon wieder bestimmt zehn Jahre her.

Kommen wir zurück zu Dir. Der GERD MICHAELIS CHOR hatte sich aufgelöst. Wie ging es dann bei dir weiter?
Richtig, der GERD MICHAELIS CHOR hatte sich aufgelöst und ich bin dann bei PHONOLOG gelandet. PHONOLOG war eine Band, die in der Sommersaison immer in Rumänien aufgetreten ist. Da wurde ich angesprochen, ob ich nicht Lust habe dort mitzumachen, und bin dann eingestiegen. Wir hatten ein komisches Repertoire, was nicht so richtig mein Ding war. Die wollten unbedingt Reggae-Musik machen. Ich habe mich da ein bisschen stilistisch verbogen. Aber gut, es war wieder mal eine Erfahrungszeit. Ich bin ein Vierteljahr nach Rumänien mitgefahren, habe da Musik gemacht und mich dann aufgrund dieser ganzen Band-Situation entschieden, im September wieder auszusteigen. Das hat mir überhaupt nicht gefallen. Es ging gar nicht um die Musik, sondern es ging nur um das Schachern, was der Bandchef dort in Rumänien veranstaltet hat. Der hat also mit Instrumenten aus dem Westen gedealt und sich mit allem Möglichen bereichert. Das war überhaupt nicht mein Ding. Ich bin da eigentlich wegen der Musik eingestiegen, aber davon passierte nicht sehr viel. Wir haben da letzten Endes Restaurant-Bespielung gemacht.

Das ist ja sehr unbefriedigend.
Ja, das war nicht so richtig meins.

Gab es denn bei der nächsten Station für Dich die Möglichkeit, mal etwas länger irgendwo zu bleiben? Oder ging das so weiter?
Nein, das kam eigentlich völlig anders. Und zwar hatte ich bei mir zu Hause so einen kleinen Proberaum, und da hat die HANSI BIEBL BLUES BAND geprobt. Eines Tages kam Hansi zu mir und hat gesagt: "Du Biene, mir haben sie angeboten, bei AMIGA als Musikredakteur einzusteigen. Ich will das nicht machen, aber vielleicht hast du ja Interesse. Melde dich doch mal bei denen." Er gab mir eine Telefonnummer und ich habe da angerufen. Das war noch bevor ich mit PHONOLOG nach Rumänien gefahren bin. Die haben mir tatsächlich ein Angebot gemacht und ich habe gesagt, "Ich fahre jetzt erst mal nach Rumänien und melde mich danach wieder". Und weil mir das mit dieser PHONOLOG-Band überhaupt nicht gefallen hat, habe ich nach meiner Rückkehr im September bei AMIGA nochmal angerufen. Es gab zunächst ein Gespräch mit einem Musikredakteur, danach habe ich mir noch Zeit erbeten, und habe dann im Januar 1978 bei Amiga als Musikredakteur angefangen.

Okay. Und was war da Deine Aufgabe?
Meine Aufgabe war es, Bands zu produzieren und aus vorhandenem Material, was teilweise schon bei AMIGA und im Rundfunk produziert worden war, Kopplungen zusammenzustellen. Wir waren fünf Redakteure und jeder Redakteur hatte seinen Kreis von Produktionen vorzubereiten und abzuliefern.


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Gruppe Phonolog (Autogrammkarte der Band)



Das heißt also, Du warst für die Zusammenstellungen dieser AMIGA-Kopplungen, wie man sie kennt, verantwortlich?
Nein, nicht nur. Das wurde aufgeteilt. Also die Sampler wurden ja aus bestehendem Material oder teilweise auch noch dazu produzierten Titeln zusammengestellt. Wenn zum Beispiel eine Band beim Rundfunk schon Produktionen hatte und bei AMIGA noch gar keine, aber eine Schallplatte davon produziert werden sollte, dann ist man zum Rundfunk gefahren, hat sich das Repertoire dort angehört und hat entschieden, ob das reicht oder ob man noch etwas dazu produzieren muss. Und dann hat AMIGA in den eigenen Studios eben auch noch Sachen produziert und dafür war man dann auch verantwortlich.

Weißt Du noch, für welche Sampler du letzten Endes verantwortlich warst?
Nee. Also ich habe mal in die Statistik geguckt und herausgefunden, dass ich insgesamt 84 Platten produziert habe. Ich kann mich aber nicht mehr dran erinnern, was für Titel das im Einzelnen waren (Wir aber schon, lieber "Biene" … Für AMIGA-Kopplungen wie z.B. "Auf dem Wege", "Pop-Gymnastik" oder "Country Roads" warst Du zuständig, Anm. d. Red.)

Das ist ja eine Menge …
Jeder Redakteur hat so seine Bands gehabt, die er produziert hat. Also ich habe zum Beispiel Veronika Fischer, CITY und ELECTRA produziert. Wer noch alles dabei war, fällt mir jetzt nicht mehr ein (Auch hier können wir behilflich sein … Für LP-Veröffentlichungen von Silly, Engerling, Angelika Mann, Reinhard Lakomy, LIFT, Quaster, Reform, Transit, Modern Soul, Ute Freudenberg & Elefant, Barbara Thalheim, Jürgen Kerth oder Jessica warst Du tätig, Anm. d. Red.).

Womit Du auch im "neuen Job" wieder auf Deinen alten Kollegen Matthias Schramm gestoßen bist, denn SILLY waren auch dabei ...
Ja genau, der Kreis hat sich dann wieder geschlossen. Ja, der Matthias ist ja leider Gottes während einer Produktion ausgewechselt worden, weil er gesundheitliche Probleme hatte.

Wie lange hast Du den Job als Redakteur und Produzent bei AMIGA gemacht?
Zehn Jahre war ich dort, von Januar ´78 bis Februar ´88.


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"Spuren …"



Jetzt denke ich mir, dass so ein Job den Musiker in Dir ja nicht unbedingt befriedigt haben kann, denn Du bist ja geborener Gitarrist.
Ja, also ich bin bei AMIGA eingestiegen, weil ich natürlich auch neublau war und Illusionen hatte. Ich war ja schon eigentlich in der gesamten Musikerszene bekannt gewesen und kannte das ganze Umfeld. Ob nun die MODERN SOUL BAND, Henry Kotowski, Hansi Biebl … die kannte ich ja alle persönlich. Wir waren miteinander befreundet und haben uns besucht. Meine Idee, als ich dort bei AMIGA zugesagt habe, war, dass ich dieser Szene auch ein bisschen helfen kann. Ich war nicht in der Partei und der FDJ. Vielleicht hat man mich auch als Quotenschwein eingekauft, weil ich eben anders tickte. Sonst alle, die bei AMIGA waren, kamen nämlich aus der FDJ, dem Singeclub und haben sich über diese FDJ-Schiene hochgedient. Ich war sozusagen Quereinsteiger und habe gedacht, ich kann der Szene helfen und ein bisschen was bewirken. Dann habe ich aber nach einem halben Jahr festgestellt, dass das illusorisch war. Jetzt war ich nun mal dabei und habe eben doch versucht, so ein bisschen zu helfen. Aber es ging nur bedingt, wirklich sehr schmalspurig.

Aber meine Frage war ja, ob Dir das Gitarre spielen auf der Bühne während der Zeit "hinter den Kulissen" nicht gefehlt hat.
Ja, natürlich hat mir das gefehlt. Ich habe dann die Chance gehabt, während der AMIGA-Zeit mit der GÜNTHER FISCHER BAND ohne Günter Fischer zusammenzuspielen. Und zwar war das die Begleitband von Hauff/Henkler. Das war stilistisch natürlich wieder eine andere Herausforderung.

Ich wollte es gerade sagen …
Aber die Musiker in dieser Band waren natürlich Oberklasse. Das waren wirklich tolle Handwerker, tolle Musiker und auch ganz liebe Freunde. Ich bin dort rein gekommen, weil ich als Ersatz für Freddy Baumert mal eine Aufführung spielen sollte. Das hat anscheinend ganz gut funktioniert. Freddy Baumert war ja ein sehr guter Gitarrist und ich habe ihn anscheinend nicht so schlecht vertreten. Dabei bin ich auf eine Idee gekommen, weil Hauff/Henkler auch ein paar Country-Titel im Programm hatten. So etwas war mir schon vertraut, da ich schon mal den Titel "Blue Bayou" für Regina Thoss nachproduziert hatte. In der Originalaufnahme von Paola ist eine Steelgitarre drin. So ein Instrument hatte mich schon immer gereizt. Also beschloss ich, so eine Steelgitarre müsste man eigentlich haben und spielen lernen. Zusammen mit meinem Freund Ronald Kramp, der Feinmechaniker bei AMIGA war, haben wir zusammen daraufhin eine Steelgitarre selber gebaut. Die steht heute am Potsdamer Platz im Musikinstrumentenmuseum.

Das ist ja cool.
Genau. Und weil ich dieses Instrument nun mal hatte, habe ich das natürlich bei Hauff/Henkler einfach mit auf die Bühne geschleppt, ohne dass das abgesprochen war, und habe dann losgelegt. Klaus Dieter Henkler hat sich darüber dermaßen erschrocken, dass er seinen Text vergessen hat. Wahrscheinlich deshalb, weil er den Sound vorher in der Band noch nicht gehört hatte, jedenfalls auf der Bühne nicht. Und da hieß es dann, "Von jetzt ab spielst Du hier immer mit." Somit war ich fest in der Begleitband von Hauff/Henkler. Das habe ich neben der Tätigkeit bei AMIGA vier Jahre lang gemacht.

Kann man sagen, dass dieser Schlager von Paola letzten Endes der Auslöser dafür war, dass du irgendwann im Country-Bereich gelandet bist?
Na, nicht nur. Henry Kotowski war ja mein Grundstücksnachbar. Und er hat immer den Radiosender AFN gehört, da lief Country rauf und runter. Dadurch war ich natürlich schon infiziert und mit dieser Musik sehr vertraut. Henry hat ja dann auch in der Country-Szene zugeschlagen und im Duo gespielt, hat Country-Songs gemacht. Und so war hier grundstücksübergreifend Country schon im Hinterkopf und im Ohr. Für mich ergab sich dadurch die Möglichkeit, mit dem Instrument noch tiefer einzusteigen. Und das hat sich dann bei Hauff/Henkler ja ergeben und ausgezahlt. Dann wurde mit Linda Feller eine Country Band namens COUNTRY & CO. gegründet. Dort habe ich bis Dezember ´88 Steelgitarre gespielt


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Steelguitar Marke Eigenbau



Hauff/Henkler war aber mit Sicherheit nicht das letzte Mal, dass Du musikalisch in Erscheinung getreten bist. Wie ging es weiter für dich?
Na ja, ich bin dann bei einer Besuchsreise im Westen geblieben. Das war im Februar 1988. Ich bin also sozusagen republikflüchtig geworden und habe dann meiner Frau Juliane gesagt, sie soll alles verscheuern … alle Instrumente weg. Denn von der Musik allein konnte man im Westen nicht existieren.

Du bist also ausgereist.
Ja, ich bin ausgereist, bin erst in Hamburg gewesen und dann nach Berlin gegangen, weil die Möglichkeit, von West-Berlin aus nach Ost-Berlin zu telefonieren damals ganz preiswert war, aber nicht von Hamburg aus. Und ich wollte in der Nähe der Familie sein. Über die Familienzusammenführung haben wir es schließlich geschafft, dass Juliane und meine Tochter Anne im August 1989 auch ausreisen konnten. Somit waren wir dann als Familie in West-Berlin.

Kurz bevor die Mauer sowieso gefallen ist.
Ja, kurz bevor die Mauer gefallen ist. Aber wir hatten natürlich einen zeitlichen Vorlauf, denn als die Mauer fiel waren natürlich alle da und wollten Jobs haben. Da hatten wir das Glück, schon zwei Beine in der Tür zu haben.

Deiner Formulierung gerade entnehme ich, dass du im Westen nicht in Sachen Musik tätig warst. Was hast du denn beruflich gemacht?
Also ich hatte einen Freund, der mit mir in Greifswald schon befreundet war. Dieser Freund arbeitete früher beim Rundfunk der DDR und ist über diese ganze Biermann-Geschichte aus der DDR rausgeflogen. Im Westen kam er dann beim Sender SFB unter und hat mir das erste Treppchen im SFB gebaut. Dort wurde ich als freier Mitarbeiter immer für alle möglichen kleinen Redaktionssachen eingekauft. Mit der Zeit bin ich dann beim SFB durch alle Etagen gegangen, war beim Fernsehen und im Archiv und in tausend Büros. Aber nach einem Dreivierteljahr durfte ich dort nicht mehr arbeiten, weil es bei den Öffentlich-Rechtlichen eine Sperrklausel gibt und die heißt "Prognose". Man könnte sich nämlich, wenn man als freier Mitarbeiter im öffentlichen Dienst längere Zeit beschäftigt wird, auf eine feste Stelle einklagen. Und deshalb gibt es eben diese Sperrklausel, die besagt, der freie Mitarbeiter kann jetzt erst mal für diesen Betrieb nicht weiterarbeiten, der muss sich woanders einen Job suchen. Und da ergab es sich, dass ich beim RIAS als Aufnahmeleiter beim RIAS Tanzorchester arbeiten konnte. Das war auch als freier Mitarbeiter möglich. Also bin ich bei Konzerten zum Beispiel mit Nathalie Cole mitgereist und wenn irgendwelche organisatorischen Dinge zu erledigen waren, wurde ich angesprochen. Eines Tages gab es beim RIAS eine Stellenausschreibung für einen Leiter vom Dienst, in der Sendeleitung. Da habe ich mich beworben und bin als Leiter vom Dienst erst mal mit einem Einjahresvertrag eingestiegen. Nach einem halben Jahr hat man mir einen Dreijahresvertrag angeboten und dann nach einem weiteren halben Jahr eine feste Stelle. Ich habe dann beim RIAS so lange gearbeitet, bis der Sender aufgelöst und zum Deutschlandradio umfunktioniert wurde. Dann habe ich bis 2004 in der Honorar-Abteilung vom Deutschland Radio gearbeitet.


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"Spuren ..." - Teil 2



Wann hast Du denn für Dich persönlich zur Musik zurückgefunden, so dass Du Dich wieder auf eine Bühne gestellt hast?
Das ging eigentlich ziemlich schnell. Nachdem Juliane und ich seit 1989 in Westberlin wieder zusammen waren, wurde für eine kleine Theatergruppe ein Bassist gesucht. Man sprach mich an, ob ich nicht Lust hätte. Ich habe dann erst mal als Bassist für kleinere Theaterstücke gespielt. Und aus dieser Truppe heraus ergab sich die Möglichkeit, mit einem Banjospieler, der damals in einer Band namens BLUEGRASS BREAKDOWN spielte, etwas Neues zu machen. Michael Schmidt, so hieß der Mann, kriegte mit, dass ich Steelgitarre spiele. Dadurch kamen wir ins Gespräch und er sagte mir, er würde ja gerne singen, aber bei BLUEGRASS BREAKDOWN ging das nicht, weil die schon genug gute Stimmen hatten. Also fragte er mich, ob wir beide nicht eine eigene Band gründen wollen. Wir haben uns überlegt, dass es ja ganz schön wäre, wenn wir einfach als kleine Amateurband Country spielen. Damals gab es in Westberlin eine ganze Menge Möglichkeiten, in kleinen Clubs zu spielen. Und es gab ein paar Bands, die hatte ich mir angehört und sagte mir, "Naja das, was die können, könnten wir auch". WESTERN UNION waren damals im Country-Bereich eine super Truppe, die waren so eine Art Leuchtturm, aber viele andere Bands waren nach meinem Empfinden handwerklich eher mittelmäßig. Und da haben wir gesagt, "Da können wir dicke mithalten", also gründeten wir eben mal schnell eine Band. Die Mauer war ja inzwischen gefallen, dadurch konnten wir mit Matthias Schramm Kontakt aufnehmen und ihn fragen, ob er nicht Lust hat mitzumachen. Matthias hatte Lust und brachte auch gleich noch einen Schlagzeuger mit, mit dem er gerade im Studio zu tun hatte. Ein Sänger vom Michaelis Chor kam noch dazu und so waren wir jetzt eine echte Country-Band.

Und wie habt ihr euch genannt?
COUNTRY DELIGHT (Country Spaß, Vergnügen) haben wir uns genannt.

Und diese Band hat ja jahrelang bestanden, ihr habt sehr sehr lange als COUNTRY DELIGHT Musik gemacht.
26 Jahre, ja. Also in verschiedenen Besetzungen haben wir das immer neben dem Hauptberuf gemacht, und das war auch unsere Prämisse. Wir haben gesagt, "Jeder, der in dieser Band mitmacht, muss davon nicht existieren müssen, der muss das nebenbei machen, muss diese Musik lieben und sich also letzten Endes auch zu der Country-Szene bekennen." Und da gab es natürlich immer unterschiedliche Sichtweisen und dadurch haben auch viele Wechsel stattgefunden.

Nichtsdestotrotz war diese Band die einzige Station, in der du über längere Zeit tätig warst. Alle anderen Bands waren nur für kurze Zeit für Dich ein Zuhause …
Allerdings, ja. Das war ja sozusagen das eigene Baby, da hat man natürlich dann auch einen anderen Drive, als wenn man in einer Band nur so drin ist.

Jetzt hast du 26 Jahre lang mit Sicherheit eine ganze Menge erlebt mit dieser Band, auch wenn es nur eine Amateurband war. Was waren denn für dich die Highlights?
Highlights gab es viele. Wir haben in Österreich gespielt, wir waren in Dänemark, wir hatten einen irischen Sänger, der in Kopenhagen lebte und mit dem wir ein Johnny Cash-Programm zusammen gemacht haben. Das war schon richtig Klasse. Wir sind viel rumgekommen, haben auf großen Country-Festivals, die es heute alle gar nicht mehr gibt, gespielt. Und - wie gesagt - wir haben das neben der Arbeit gemacht, neben unserem eigentlichen Job. Wir hatten immer den Anspruch, das sehr professionell zu machen, was normalerweise in der Amateur-Szene nicht unbedingt üblich war. Aber wir sind ja nun auch aus einem anderen Stall gekommen und kannten sozusagen auch die ganzen professionellen Bedingungen.

Gab es nur Covermusik oder habt ihr auch eigene Titel geschrieben?
Nein, wir haben auch eigene Songs gemacht. Wir haben mehrere Songs und später sogar eine ganze CD mit eigenen Songs direkt in Nashville produziert und haben die dann auf unseren Gigs verkauft.


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Nun wissen wir ja, diese Band hat sich letzten Endes aufgelöst. Wann genau habt ihr damit Schluss gemacht?
Wir haben Ende 2016 Schluss gemacht. Die Chemie stimmte nicht mehr. Es gab in der Band letzten Endes zwei Parteien und das passte nicht mehr zusammen. Juliane und ich kümmerten uns hier um alles. Wir haben die Technik gemacht, wir haben den Transport durchgeführt, wir kümmerten uns um die Veranstaltungen, um die ganze Organisation, um die Werbung und Präsentation der Band. Und von den Bandmitgliedern kam gar nichts. Und wir sahen dann irgendwann nicht mehr ein, dass wir hier nur noch dafür sorgen, dass die anderen eine Veranstaltung mehr haben. Und wie gesagt, die Chemie stimmte nicht und da haben wir gesagt, "Dann lösen wir das Ding eben auf".

Solch eine Entscheidung fällt man ja mit Sicherheit nicht so ohne Schmerz im Herzen, oder?
Ja, das ist schon richtig, aber es hat sich ja gezeigt, dass die Entscheidung gar nicht falsch war. Denn wie gesagt, wir waren nur noch fünf Leute und wenn die fünf Leute nicht zusammenhalten und sich dann auch noch in den Rücken fallen, dann muss man so ein Unternehmen nicht noch weitertragen. Wie gesagt, es ist uns schwergefallen, aber die Entscheidung war letztlich doch richtig.

Mit was füllst du denn seit 2016 deine Freizeit aus, jetzt wo Deine Band Geschichte ist?
Ich habe überhaupt keine Zeit. Ich spiele zur Zeit fest in drei Bands und in zwei Bands als Aushilfe, wenn der Steelgitarrist mal nicht kann. Außerdem habe ich ein kleines Studio zu Hause und nehme oft kleinere Sachen, auch für andere auf

Also fünf Bands insgesamt?
Ja, kann man so sagen. Das teilt sich ganz gut auf. Die Bands haben heute nicht mehr so sehr viel zu tun. Also jedes Wochenende und jede Band, das geht nicht. Und das ist insofern für mich sehr entspannt, weil ich mich nur um mich selber zu kümmern habe. Die ganze Peripherie, die normalerweise jemand an der Backe hat, der eine Band leitet, fällt heute für mich weg. Dadurch habe ich viel Zeit für mich. Ich sitze fast jeden Tag an meiner Steelgitarre im Studio. übe und freue mich, wie schön das alles klingt. Und das ist auch eine bunte Sache, weil jede Band ja auch ein eigenes Repertoire hat und da gibt es nicht so sehr viel deckungsgleiches Material. Also ich muss doch noch schön fleißig sein.

Wie heißen denn die Bands, in denen Du heute noch spielst?
Also ich spiele in einer Band, die spielt ein komplettes DIRE STRAITS Programm, und die heißen BERLIN STRAITS. Bei den DIRE STRAITS gab es einen super Steelgitarristen namens Paul Franklin, der die Latte für mich schön hochgelegt hat. Deshalb freue ich mich immer, wenn ich diese Songs spielen kann. Desweiteren spiele ich in einer Berlin-Brandenburger Countryband, die heißt HAPPY TEXAS. Da spielen wir Cover Songs aus allen Zeiten. Und dann bin ich in einer Band, die hatte eigentlich schon vor vielen Jahren aufgehört. Die Musiker haben jetzt wieder zueinander gefunden und mich angesprochen, ob ich auch mitmachen will. Das ist die SILVER EAGLE BAND. Da geht es um Country und Crossover. Mit diesen drei Bands bin ich hier und da unterwegs. Außerdem bin ich in einer Thüringer Band, die heißt OPEN ROAD. Da mache ich die Aushilfe für einen super Steelgitarristen, der aus Süddeutschland kommt und wenn der mal nicht kann, dann fragen sie mich. Und letztlich habe ich jetzt vor kurzem einen tollen Sänger kennengelernt und mit ihm zusammen Musik gemacht. Bei ihm bin ich jetzt auch als Aushilfe im Duo unterwegs. Das ist eine ganz sympathische Sache. Der Mann heißt Gordon Gregg, ist Engländer und ein sehr angenehmer Mensch. Mit dem spiele ich kleinere Veranstaltungen, Clubveranstaltungen und sowas.


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Country Delight (Pressefoto der Band)



Also langweilig ist Dir wohl nicht …
Nee, also ich habe wirklich rundum zu tun. Ich muss mich richtig gut organisieren und das macht Spaß und ich bin total happy.

Es war ein sehr interessantes Gespräch, mein Lieber. Und eine sehr, sehr spannende Karriere, die Du hinter Dir hast. Und ich hoffe, dass Du auf jeden Fall noch ein bisschen länger was vor Dir haben wirst.
Ja, ich hoffe doch. Ich habe mir gerade einen neuen Amp gekauft und bin happy, dass das Teil super klingt. Das alleine ist schon ein Grund immer weiter zu machen.

Möchtest Du noch ein paar abschließende Worte an unsere Leser zum Ende dieses Interviews richten?
Ja, bleibt schön neugierig, würde ich sagen. Bleibt neugierig und hört in alle Stilrichtungen rein. Nicht nur einseitig, hört euch Musik rund um die Uhr an und pflegt vor allen Dingen die melodische Musik für die Seele.



Interview: Christian Reder
Übertragung: Torsten Meyer
Fotos: Klaus-Peter Albrecht privat



   
   
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