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Interview vom 19. Oktober 2023



Was für ein ereignisreiches Jahr für Eric Fish. Zuerst kommt ein neues Album seiner Band SUBWAY TO SALLY auf den Markt. Dann folgt mit der Kapelle auch eine Tour. Jetzt, im Herbst, lässt er ein Solo-Album folgen und man fragt sich, ob sein Tag ein paar Stunden mehr hat als der eigene. Wie er das geschafft hat, alles unter einen Hut zu bekommen, wird sicher sein Geheimnis bleiben. Trotzdem wollten wir von ihm wissen, wie es denn so war … davor, während dessen und danach. Und auch, was jetzt kommen soll. Unser Kollege Christian wurde unlängst mit einem Fragebogen beim SUBWAY-Frontmann und Solokünstler Eric Fish vorstellig, um die aktuellen Geschehnisse mal abzufragen ...






Hallo Eric, innerhalb kürzester Zeit - genauer gesagt innerhalb eines Jahres - sind je ein Album Deiner Band SUBWAY TO SALLY und eins von Dir als Solist erschienen. Gab es das schon einmal, dass sowas passiert ist?
Normaler Weise vermeiden wir eine derartige Zeitnähe. Aber die Pandemiezeit hat alle Zeitpläne gründlich zerstört. Auf beiden Ebenen musste das Zeug endlich raus. War schon Zeitstress in Reinkultur, aber - geschafft.


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© Subway To Sally



Mit STS gab es ja nicht nur das neue Album, sondern auch Konzerte. Wie verlief das Jahr 2023 für Euch? Gab es besondere Vorkommnisse?
Recht atemlos. Wir hatten ja mit SUBWAY nicht nur die "Himmelfahrt-Tournee", sondern auch eine Unmenge von Festivals. Dazwischen musste ich immer die Produktionszeiträume für "Untiefen" platzieren. Das ist natürlich für meinen Kopf immer ein Switch zwischen den musikalischen Welten, welcher nicht immer einfach zu vollziehen ist.

Das Album der Band heißt "Himmelfahrt" und ist das dritte Album in Folge, das bis auf Platz 5 der Album-Charts kam. Ist man eher enttäuscht darüber, dass es wieder nicht mit einem der ersten drei Plätze geklappt hat, oder eher stolz auf die Konstanz und das gleichbleibende Interesse der Menschen an Eurer Musik?
In den Wochen in denen wir dämlicher Weise immer unsere Veröffentlichungen platzieren, ist ein fünfter Platz genauso gut, wie in anderen Wochen ein dritter, zweiter … Das sehen wir sehr gelassen. Am Ende kommt es darauf an, was so ein Album erreicht. Und wir können sehr zufrieden sein: Gute Verkaufszahlen und wieder deutlich mehr Zulauf im live Sektor.

Es ist ja schon eine Weile her, dass Frau Schmitt bei Euch ausstieg und für sie Ally Storch zu STS kam, nämlich 2016. Andererseits haben wir auch schon etwas länger kein Interview gemacht. Darum frage ich jetzt mal mit sieben Jahren Verspätung, wie es zu dieser personellen Veränderung kam, denn immerhin war Frau Schmitt ja Gründungsmitglied und eine wichtige Persönlichkeit …
Das war sie in der Tat. Ich möchte hier nicht ins Detail gehen, dass es sehr persönliche Gründe waren, welche zu dieser Veränderung führten. Es gab vor kurzem ein sehr besonderes Konzerterlebnis. Ally war krank und Frau Schmitt sprang ganz kurzfristig für sie ein. Das Publikum hat sie heftigst gefeiert und wir hatten eine schöne Zeit zusammen.


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Kommen wir jetzt mal zu Dir und Deinen Solo-Pfaden … "Untiefen" heißt Deine neue Scheibe, und es ist das siebte Album von Dir. Einen gleichlautenden Song gibt es auf dem Album nicht, darum meine Frage: Wieso wurde Dein neues Werk "Untiefen" getauft? Was steckt hinter der Wahl des Album-Titels?
Alle meine Alben seit "Alles im Fluss" hatten ja den maritimen Anklang ("Gegen den Strom", "Kaskade", "Gezeiten"), warum also nicht dabei bleiben?! Ich bin ja, und da kommt das alles her, meeresverrückt und ganz allgemein sehr wasseraffin. Ein FISH braucht nun mal Wasser. Dieser Begriff symbolisiert - wie ich finde - sehr schön, dass man im Leben, sei es persönlich oder gesellschaftlich betrachtet, immer gewahr sein muss, auf verborgene Gefahren zu treffen.

Der Vorgänger "Gezeiten" erschien im Jahr 2020, also genau in der Pandemie-Zeit. Wie sehr hat dieses Album unter den erschwerten Bedingungen gelitten? Konnte es überhaupt seine gesamte Magie versprühen oder ging es in den Wirren der Zeit unter?
Das war natürlich katastrophal! Die Tour zum Album konnten wir erst 2 ½ Jahre nach der Veröffentlichung machen. Das hat uns jede Menge Zuschauer gekostet. Die wollen wir aber jetzt mit "Untiefen" zurück holen. Ein sehr schönes Online-Konzert im "Müritzeum" in Waren an der Müritz und ein späterer Aufruf, FISHFÖRDERER zu werden und damit die mehrmals verschobene Tour zu stützen, haben uns den Arsch gerettet. Also die Fans taten es ursächlich.

Die Tour dazu fand vor kleinem Publikum statt. Wie hast Du die Konzerte in der Zeit mit all den Verboten und Beschränkungen hinbekommen und wie wurde das von den Leuten angenommen?
Das war gruselig und ich möchte mich gar nicht daran erinnern.

Auf dem neuen Album "Untiefen" ist die aktuelle Krise mit dem Krieg in Europa dann auch deutlich heraus zu hören. War der Ukraine-Krieg der Grund, warum Du die Live-Präsentation des letzten Albums nicht noch verlängert hast, und statt dieser Lieder erstmal noch weiter live zu spielen doch recht zeitnah Neue hast entstehen lassen?
Nein, der Wunsch, etwas Neues zu veröffentlichen, hatte damit nichts zu tun. Die Lieder waren ja im Grunde fertig. Allerdings ist thematisch zur Kriegsproblematik dann noch ein ganz konkreter Song entstanden: "Stell Dir vor".


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© Etienne Hiekisch-Hildebrandt



Eine interessante Frage stellt sich ja nach dem Hören des Songs "Stell dir vor", nämlich ob und in welcher Form man einen Sieg feiern kann und darf. Gibt es aus Deiner Sicht darauf überhaupt eine andere Antwort als "gar nicht"? Immerhin kenne ich Dich als Pazifist und friedliebenden Menschen …
Wie ist denn Sieg definiert? Ich finde es widerlich, überhaupt von einem "Sieg" zu sprechen, für den tausende Menschen umgekommen, tausende Familien zerstört und tausende Heimstätten dem Erdboden gleichgemacht wurden. Wir erleben aktuell immer wieder den Disput zwischen Verurteilung und Rechtfertigung. Und die eine Seite hört der anderen nicht zu. Zuhören, argumentieren und gegenargumentieren ist ohnehin im politischen Diskurs dieser Tage nicht mehr gewollt. Man wirft sich vorgefertigte Worthülsen an den Kopf, mit dem einzigen Ziel, bei möglichst vielen Menschen im vermeintlich rechten Lichte dazustehen.

Das Lied "Einfach los" macht Deinen Standpunkt ja doch sehr deutlich. In welcher Stimmung muss man sein, um so einen Song zu schreiben, bzw. so einen Text auf Papier zu bringen?
Oh, ich erlebe diese Situationen oft, bzw. ich schaffe sie mir. Es ist für mich elementar, wenigsten kurze Auszeiten zu bekommen. Da gehe ich dann tatsächlich einfach los … ohne Ziel, Telefon aus, Gedanken an … Das habe ich einfach aufgeschrieben.

"Untiefen" bringt aber auch andere Themen mit, so z.B. in "Auf die Mütze". Wie ist dieser Song entstanden und woher kam die Idee zum Text?
Die Idee zum Text stammt von Bodenski und wir haben ihn dann gemeinsam fertig geschrieben. Er trifft zielgenau eines meiner persönlichen Probleme, nämlich meine Abneigung gegen inhaltlosen, von Plattitüden unterfüttertem Smalltalk.


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© Etienne Hiekisch-Hildebrandt



Gleiche Frage stellt sich mir bei "Raus aufs Land". Meines Wissens lebst Du ja doch recht ländlich, oder täusche ich mich da?
Das ist richtig und das will ich so und kann es mir auch nicht anders vorstellen. Nein, dieses Lied ist tatsächlich für und über meinen Freund und Kollegen Rainer Michalek geschrieben worden, welcher nach lebenslanger, fast schon militanter Berlin-Liebe das Weite gesucht hat - raus auf`s Land.

Du verlässt Dich aber nicht nur auf Deine Künste, sondern ehrst auch die anderer Kollegen, bzw. ehrst die Kollegen gleich selbst, in dem Du ihre Lieder auf Deine Art interpretierst. Wie kam es zu Deiner Fassung von Rio Reisers "Junimond", und warum fiel die Wahl ausgerechnet auf diese Nummer, an der sich ja schon zig andere Musikerkollegen versucht haben?
Es war ein ganz pragmatischer Wunsch der Plattenfirma, einen möglichst berühmten deutschen Song für das Album zu covern. Nach längerer, erfolgloser Feldforschung lief uns halt Rio über den Weg und die Sache war klar. Und ja, es ist auch eine Hommage an diesen leidenschaftlichen Liedermacher.

Empfindest Du "Untiefen" insgesamt als eine Platte mit positiver Energie oder hängt der Himmel da doch mit ein paar dunklen Wolken mehr voll?
Es sind so an die zehn Songs nicht auf dem Album gelandet, die die Platte deutlich dunkler gemacht hätten. Allesamt in der Pandemiezeit geschrieben und somit entsprechend verzweifelt. Ich denke, es herrscht auf "Untiefen" eine positive, optimistische Grundstimmung. Und es ist auch Zeit dafür, ohne den Auftrag eines Liedermachers zu vergessen, dass man auch Mahner sein darf … sein muss.





Wo siehst Du persönlich die größten Unterschiede zu "Gezeiten" und der neuen Platte? Das meine ich sowohl inhaltllch als auch musikalisch?
Keine großen Unterschiede. Ich bin wie ich bin und die FISH & FRIENDS-Platten sind Ausdruck dessen. Wir - Gerit und ich schreiben ja viel zusammen - schreiben meist wie uns der Schnabel gewachsen ist. Es gibt also kein musikalisches Konzept im Sinne von: Diese Platte soll jetzt musikalisch/inhaltlich in diese oder jene Richtung gehen.

Bleiben wir mal kurz bei der Musik: Wer sind denn die derzeitigen "Friends", mit denen Du das Album eingespielt hast?
Gerit Hecht (Klavier) - Gerit ist auch verantwortlich für Aufnahmen und Produktion -, Rainer Michalek (Gitarren und Gesang) und Friedemann Mäthger (Schlagzeug und Gesang).

Ich habe Dein Album leider erst nur über den Rechner und entsprechend in bescheidenem Klang hören können. Vielleicht täusche ich mich da ja jetzt, aber würdest Du meinen Eindruck bestätigen, dass sich die Lieder auf Deinem neuen Album von der Machart her wieder mehr in die Anfangszeit von Eric Fish orientieren?
Den Eindruck kann ich weder bestätigen noch zurückweisen. Beides trifft sicherlich zu. Ich habe dieses Mal viel auf der Bouzouki komponiert. Diese Songs hören sich dann eher rockiger an.

Der auf dem Album zu hörende Klang der Lieder wird ja einen Urheber haben. Bist Du der Ideengeber oder lässt Du Dich im Studio und Proberaum von Deinen Kollegen zu einem neuen - oder auch Fish-mäßíg traditionellen - Sound verführen, bzw. verwirfst Du eine Idee auch mal, wenn beim gemeinsamen Spielen andere Musiker etwas Eigenes einbringen, das Dich aus den Schuhen hebt?
Alles was Sound und Klang betrifft, lege ich vertrauensvoll in Gerits Hände und fungiere dann quasi als Korrektiv, wie die anderen Jungs auch. Ich war noch nie jemand, der Frequenzen analysiert hat. Das können andere besser. Und ja, ich bin nicht starrköpfig, wenn eine Idee besser ist als meine eigene.


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© Eric Fish



Die Tour zum Album läuft ja bereits und geht bis ins Jahr 2024. Kann man dort den altbekannten Eric Fish mit seiner Band erleben, oder hast Du für die Tour den Rock'n Roll neu erfunden? Mit was kannst Du die derzeit noch unentschlossenen Leute da draußen in die nächsten Konzerte locken?
Die ersten Konzerterfahrungen mit "Untiefen" machen Mut. Die neuen Lieder, und wir spielen sehr viele davon, passen in die Zeit und sind beim Publikum begeistert aufgenommen worden. Jetzt hoffen wir, dass die Platte noch eine längerfristige Wirkung zeitigt und dann steht "FISH typischen" Abenden mit einer sendungsbewussten Band und einem aufnehmenden Publikum nichts im Wege.

Dieses Jahr war - wie wir ja besprochen haben - für Dich sehr ereignisreich. Das nächste hat auch noch viele Konzerte im Gepäck. Gibt es trotzdem schon Pläne, was danach kommt? Ist schon was konkret im Kopf, was bald Formen annehmen soll?
Allerdings! Ruhe wird es nicht wirklich geben. Wir wollen das Fish-Flämmchen hegen und pflegen, auf dass es wächst und gedeiht. Und: Die nächste SUBWAY TO SALLY-Platte wir `24 aufgenommen werden.

Ich danke Dir für die Antwort auf meine Fragen und die Zeit, die Du Dir dafür genommen hast!



Interview: Christian Reder
Fotos: Pressematerial Subway To Sally, Etienne Hiekisch-Hildebrandt



   
   
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