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Interview vom 5. April 2016



Wenn vier Schwestern in einer Band zusammen Musik machen, ist das schon etwas Besonderes. Ja, etwas Bemerkenswertes. Die Geschwister Kaufner konnten dies sogar mehrere Jahre beruflich tun. Im Jahre 1976 entstand die Gruppe CAUFNER SCHWESTERN, und vier Mädels aus einer Familie traten gemeinsam auf. Zum Schluss, kurz bevor sich die Mädchen-Band auflöste, waren noch zwei von vier Damen übrig. Eine davon war Juliane Albrecht. Zusammen mit ihrer Schwester Isa war sie bereits Anfang der 70er in der berühmten COLLEGE FORMATION aktiv - übrigens zusammen mit Toni Krahl, der später bei CITY tätig und erfolgreich sein sollte.003 20170412 1776745812 Als die CAUFNER SCHWESTERN ihre gemeinsame Arbeit beendeten, folgte für Juliane eine 26 Jahre andauernde Mitgliedschaft in der Gruppe COUNTRY DELIGHT. Gleichzeitig wechselte sie die Musikrichtung, machte fortan Country-Musik und tat dies gemeinsam mit ihrem Mann - wie schon einmal, Anfang der 70er, bei der COLLEGE FORMATION. Im letzten Jahr (2016) löste sich diese Band aber auf und Juliane wollte ihre Tätigkeit als Sängerin an den Nagel hängen. Den Fragen, ob sie das wirklich gemacht hat, was aus den anderen CAUFNER SCHWESTERN geworden ist und was sie sonst noch in ihrer Karriere alles erlebt hat, sind Juliane und Christian in einem längeren Gespräch einmal nachgegangen. Das Ergebnis könnt Ihr hier jetzt nachlesen ...

 


 

Man kann schon sagen, dass Du aus einer recht musikalischen Familie stammst?
Ja, das kann man so sagen. Vielleicht nicht so wahnsinnig musikalisch, aber wir haben schon als Kinder viel gesungen. Und da wir alles Mädchen waren, haben wir auch immer mehrstimmig gesungen. Mein Vater spielte dazu noch ein wenig Klavier und schrammelte ein bisschen auf der Gitarre herum, aber das reichte, um diesbezüglich ein paar Erfahrungen zu sammeln.

Ihr wart vier Mädchen in der Familie oder gab es noch weitere Kinder?
Nein, wir sind nicht vier, sondern fünf Schwestern.

Die fünfte Schwester hat musikalisch aber nichts gemacht?
Nein, sie ist älter als wir und ist schon früh aus dem Haus gewesen, deshalb kam das nicht in Betracht.

Wenn ich richtig informiert bin, war Deine erste Station die COLLEGE FORMATION. Oder gab es davor schon irgendwelche Bands?
Nein, das stimmt nicht. Ich fing schon während meiner Schulzeit mit der Musik an, sang unter anderem im Schulchor. Ebenfalls in der Schule sang ich bereits in einer Amateurband, deren Name mir aber leider nicht mehr einfällt. Mein Tanzpartner, mit dem ich in der Schule tanzen lernte, war Pianist in dieser Band. Wie sich das damals gehörte, brachte der mich nach den Tanzstunden immer nach Hause. Dem sagte ich irgendwann mal, "Ich will nicht immer nur mit anderen zusammen singen, sondern das auch gerne mal alleine tun." Daraufhin nahm er mich zu einer Bandprobe mit und die haben mich sofort genommen. Da war ich fünfzehn oder sechszehn. Danach kam auch bald die nächste Amateurband, die hießen DIE FREDDYS. Mit denen fuhr ich 1968 sogar nach Finnland. Das passierte alles von Rostock aus, wo ich herkomme. Das mit Finnland war innerhalb eines Kulturaustausches zwischen der DDR und Finnland und war natürlich sehr aufregend für mich. Im Jahr darauf machte ich mein Abitur und wollte eigentlich EDV studieren. Ich musste dafür ein Jahr Praxiserfahrung in der EDV-Abteilung des Energiekombinates Rostock sammeln. Dann wurde ich allerdings krank, bekam Gelbsucht, lag mehrere Wochen im Krankenhaus, verpasste dadurch die Bewerbungsfrist. Glücklicherweise bekam ich aber in dieser Zeit die Chance, in einer Profiband mitzumachen. Das war Anfang 1969. Ich überlegte lange hin und her, weil ich ja eigentlich studieren wollte. Die besagte Band nannte sich WARNOW SEXTETT, kam aus Rostock und hatte ihren ersten Auftritt am 1.Mai 1969 in Heringsdorf. Ich entschied mich also für die Musik und war fortan Sängerin dieser Band.

Hattest Du denn dein EDV-Studium überhaupt begonnen?
Nein. Ich habe zwar in diesem einen Jahr innerhalb der Firma alle möglichen Bereiche durchwandert und kennengelernt, aber für mehr war keine Zeit, da dann nur noch Musik angesagt war.

Wie ging es weiter?
1972 hieß es plötzlich, man muss, wenn man Berufsmusiker sein oder werden möchte, einen Berufsausweis haben. Anderenfalls bekam man keine Auftrittsgenehmigung mehr. Nun gab es in Berlin das Studio für Unterhaltungskunst. Dort konnte man ein einjähriges Intensivstudium für Sänger absolvieren. Diese Möglichkeit existierte wohl auch höchstens fünf oder sechs Jahre. Da bewarb ich mich und wurde auch angenommen. Meine Schwester Isa, die parallel zu mir auch schon immer Musik gemacht hatte, bewarb sich dort ebenfalls, und zwar zusammen mit einer Freundin als Duo. Wir machten also ein Jahr lang diese Ausbildung. Isa zerstritt sich in dieser Zeit mit ihrer Freundin. Zur Abschlussprüfung bestand man dann aber darauf, dass ein Duett auftritt, denn schließlich stand das so in den Ablaufplänen. Man fragte uns, ob wir als Schwestern nicht zum Abschluss des Studiums mal einen Song zusammen singen wollen. Damit erklärten wir uns einverstanden, aber wir machten zur Bedingung, dass wir entgegen den Vorschriften einen englischen Song singen durften. Das war nämlich nicht gestattet. Übrigens war diese Ausbildung sehr gut. Man hatte den ganzen Tag zu tun, bekam Klavierunterricht, Musiktheorie, Gesangsunterricht, Schauspielunterricht, Sprecherziehung und so weiter. Also im Grunde alles, was man für die Bühne benötigt. Am Ende wurde man dann eingestuft und wusste somit, man darf künftig auf Grund seiner Einstufung bei Auftritten dieses und jenes Geld verlangen. Nach Abschluss des Studiums stand ich natürlich vor der Frage, wie geht es weiter. Meine Schwester Isa hatte zu bestimmten Studenten der Schule Kontakt. Vielleicht, so dachten wir uns, könnten wir als Schwestern mit denen weiter Musik machen. Und so kam es 1973 zur Gründung der COLLEGE FORMATION. Mein Mann war dabei, der hat Gitarre gespielt. Der Mann meiner Schwester war sozusagen unser Manager und hat Percussions gespielt. Schlagzeug, Bass und Bläser wurden durch Studenten der Hochschule besetzt. Und wir hatten auch einen gewissen Toni Krahl dabei, der ja inzwischen seit vielen Jahrzehnten bei CITY ist.

Du sagtest eben, die COLLEGE FORMATION gründete sich 1973. In meinen Unterlagen steht etwas von 1972 ...
Gründung der College Formation war im Dezember 1972. Vorher war das die Band SUWAMIJ, und bestand nur aus Studenten der Musikhochschule "Hanns Eisler". Im Dezember kamen meine Schwester Isa, mein Schwager Eberhard, mein Mann Klaus Peter "Biene" Albrecht, Toni Krahl und ich dazu.

Konrad "Conny" Bauer soll Euer Mentor gewesen sein.
Conny Bauer war wirklich unser Mentor, aber erst in der Zeit mit Jürgen Kratzenberg am Bass, also 1974. Sein Bruder Hannes Bauer hat bei uns Posaune gespielt. Wir haben früher auch öfter mal zusammen Sessions gespielt.

Bei der COLLEGE FORMATION war personell ja richtig was los ...
Stimmt, wir waren teilweise siebzehn Leute in der Band!

Wie kann man sich das Bandleben damals vorstellen? Anfang der Siebziger, mit so vielen Musikern quer durch die Republik ...
Wild! Und natürlich gab es viele unterschiedliche Meinungen. Unser musikalisches Ziel war es letztlich, Soulmusik zu machen. Wir hatten ja auch die stimmlichen Voraussetzungen dafür. Toni Krahl zum Beispiel hat JAMES BROWN-Songs gesungen. Ich sang TINA TURNER, meine Schwester JANIS JOPLIN … Mit meiner ersten Band, dem WARNOW SEXTETT, haben wir uns auch schon mal an Sachen von CHICAGO gewagt. Soul mit Bläsern, das war unsere Musik. Wir hatten ja zum Schluss immerhin fünf Bläser in der Kapelle. Irgendwann wechselten wir den Bassisten. Unser neuer Bassist Jürgen Krattzenberg brachte etwas Jazzgeschmack mit und versuchte uns in diese Richtung zu lenken. Das war dann auch schon der Anfang vom Ende, weil sich daran wirklich die Meinung teilten.

Die COLLEGE FORMATION produzierte ja auch zwei bis drei Titel im Studio. "Als ich nachher von Dir ging", "Vom Träumen" und "Dein und mein" sind die drei Songs, die ich gefunden habe. Gab es noch mehr Material?
Nein, ich glaube, das war alles.

Das war ja auch Euer erster Einsatz in einem Aufnahmestudio, richtig? Kannst Du Dich noch daran erinnern?
Ja, das war damals beim Rundfunk. So richtig daran erinnern kann ich mich aber nicht mehr. Was ich noch weiß: 1974 wurde unsere Tochter geboren und ein paar Wochen später, im August, hatten wir unseren ersten Auftritt in einer "rund"-Sendung und auch den ersten Liveauftritt oben an der Ostsee. Ich hatte unser "frisches" Baby immer dabei und habe es in den Pausen gestillt (lacht). Das war schon eine verrückte Zeit.

Es gab auch immer wieder personelle Wechsel bei der COLLEGE FORMATION. Du hast ja bereits den Bassisten angesprochen, aber auch Toni Krahl verließ die Band eines Tages. Dafür kam dann Hans Joachim "Neumi" Neumann, und Katrin Lindner war auch dabei.
Für die Personalie Katrin Lindner trugen mein Mann und ich die Verantwortung. Wir lernten zunächst ihren damaligen Mann Sieghart Schubert kennen und auf diesem Wege natürlich auch Katrin Lindner. Schnell merkten wir, dass Katrin eine tolle Stimme hat, auch Klavier spielen konnte, so dass wir sie in die Band reinholten.

Irgendwann bist auch Du bei der COLLEGE FORMATION ausgestiegen. Wann war das?
Ich glaube, das war noch 1974. Danach ging ich zum GERD MICHAELIS CHOR. Die COLLEGE FORMATION selber existierte dann auch nur noch bis 1976.

Wie bist Du zum GERD MICHAELIS CHOR gekommen?
Das war purer Zufall. Ich war noch bei der COLLEGE FORMATION, als der GERD MICHAELIS CHOR im Studio etwas produzierte und mich fragte, ob ich ihnen aushelfen könnte, weil ihnen eine Sängerin ausgefallen war. Ich habe dann bei der Produktion, die übrigens bei und von AMIGA war, mitgesungen. Der Chor machte damals schon überwiegend Schlager. Ich muss wohl gut gewesen sein, denn nach dieser Aushilfe haben die mich gleich eingekauft. Zu der Zeit hatten sie fünf Sängerinnen, fünf Sänger und die Rhythmusgruppe. Kurz darauf, 1975, starb auf ganz tragische Weise Beate Barwandt, die Hauptsängerin des Chors. Wir probierten danach verschiedene Sängerinnen aus, um Beate irgendwie zu ersetzen, aber die Stimmen mischten sich einfach nicht. Deshalb reduzierte Gerd Michaelis den Chor auf vier Frauen und vier Männer, so dass ich wieder raus war. Ich war zwar insgesamt nur ein Jahr bei dem Chor, aber es war eine sehr schöne und interessante Zeit. Wir hatten eine Menge Fernsehauftritte, vor allem aber hat man viel gelernt, zum Beispiel die Satzsingerei.

Musikalisch gesehen war das ja ein Riesenunterschied. Bei der COLLEGE FORMATION habt Ihr ja doch schon recht anspruchsvolle Rocksachen gemacht, und plötzlich wechselst Du komplett auf die andere Seite, nämlich zum Schlager.
Ja natürlich haben die viel Schlager und Stimmungsmusik gemacht. Aber man war auch bemüht, sich anderweitig zu präsentieren und sogar eigene Lieder zu schreiben. Die LES HUMPHRY SINGERS waren ihr großes Vorbild, deshalb haben wir auch vieles von denen gesungen. Das war allein schon durch diesen mehrstimmigen Satzgesang eine gute Schule.

Und dann kam es dazu, dass vier Schwestern eine Band gegründet haben.
Als es mit der COLLEGE FORMATION nicht mehr funktionierte und auch der GERD MICHAELIS CHOR sich für mich erledigt hatte, überlegte ich natürlich, wie es denn nun weitergeht. 1973 sind wir von Rostock gemeinsam mit meiner Schwester, meinem Schwager und meinem Mann nach Berlin gezogen und lebten sogar eine Zeit lang als Familie zusammen in einem kleinen Häuschen. Man hatte von Berlin aus einfach die besseren Möglichkeiten, Musik zu machen und bekannt zu werden. 1976 überlegten wir dann, ob wir nicht auch noch unsere ältere Schwester Iris dazu holen. Die Idee mit den Schwestern hatten wir früher auch schon mal, aber da war die kleine Schwester Irina noch in der Ausbildung. Als sie dann 1976 mit ihrer Ausbildung fertig war, holten wir sie auch noch zu uns. Unsere Stimmen mischten sich sehr gut, wir konnten also loslegen und nannten uns anfangs CAUFNER COLLECTION. Wir übernahmen sogar teilweise das Logo der COLLEGE FORMATION, weil die das "C" im Logo schon drin hatten.

Aber eigentlich schreibt sich Euer Familienname doch mit einem "K"?
Richtig, Kaufner ist unser Geburtsname. Wir wandelten das für die Band aber um in Caufner, weil es sich mit dem "C" im Logo besser machte.

Eure Schwester Iris war nicht lange dabei, die ist noch im gleichen Jahr wieder ausgestiegen. Warum?
Sie war allerhöchstens ein Jahr dabei, weil sie ja noch immer in Rostock wohnte. Meine andere Schwester Irina zwar auch, aber bei Iris gab es familiäre Dinge, die dazu führten, dass sie bei uns wieder aufhörte.

Dann ging es als Trio weiter.
Genau. Uns kam der Zufall zu Hilfe, dass die Zeitschrift "Armeerundschau" ein Interview mit uns machen wollte und auch gemacht hat, wodurch wiederum das Fernsehen auf uns aufmerksam wurde. Damals lief gerade die sogenannte "Familien-Disko" im DDR-Fernsehen an. Ursprünglich sollten dort Familien aus dem Schauspielerbereich mitmachen, aber irgendwie hatten die Probleme, das ausreichend zu besetzen. Dann entdeckte man uns und fragte, da wir ja auch eine Familie wären, ob wir nicht Lust hätten, mal in der Sendung mitzumachen. Allerdings gab es nun das Theater mit unserem Namen. CAUFNER COLLECTION ging nicht mehr. Wir hatten harte Diskussionen, einigten uns letztlich darauf, uns ab sofort CAUFNER SCHWESTERN zu nennen, aber das "C" wollten und konnten wir unbedingt behalten. Wir haben in der Sendung dann nicht nur die Moderation übernommen, sondern durften auch eigene Songs singen. Das wiederum zog nach sich, dass wir nochmals eine Ausbildung in Form von Ballettunterricht bekamen und lernten, wie man mit dem Mikrofon umgeht und sich vor der Kamera bewegt. Das sind alles Dinge, die man ja ansonsten nicht unbedingt beherrscht.

Ihr seid nicht nur im Fernsehen aufgetreten, sondern auch auf den Bühnen. Und das nicht nur innerhalb der DDR, sondern auch im Ausland. Wo habt Ihr überall gespielt?
Wir waren im sozialistischen Ausland. Zum Beispiel in Prag, in der Sowjetunion, in Bulgarien beim "Goldenen Orpheus". In der Sowjetunion sollten wir 1980 in Vorbereitung der Olympischen Spiele eine 80-tägige Tournee machen. Das sollte ein "internationales" Programm mit Künstlern aus allen sozialistischen Ländern inklusive Kuba werden. Ich muss sagen, das war eine tolle Sache. Begleitet wurden wir von einem einheimischen Orchester und sind in großen Stadien vor Zehntausenden Menschen aufgetreten. Aber 80 Tage ohne Pause durch dieses riesige Land zu touren, und zwar von Februar bis Mai, das war echt hart. Da bekamen wir schon fast einen Koller.

Wenn Ihr live gespielt habt, waren ja immer nur die drei Mädels auf der Bühne zu sehen, aber niemals eine Band. Hattet Ihr eine Begleitband oder habt Ihr Halbplayback gemacht?
Nein, Halbplayback gab es bei uns nicht. Okay, im Fernsehen schon, aber auf der Bühne war alles live. Wie gesagt, bei der Tour durch die Sowjetunion bekamen wir das Orchester gestellt und hatten auch noch den Partner meiner Schwester Isa als musikalischen Leiter dabei. In der DDR hatten wir eine eigene Band, das war die Gruppe EXCENTRA aus Rostock. Im Dezember 1980, das darf nicht vergessen werden, waren wir auch noch 14 Tage auf Tournee in Kuba. Das war toll. Dort wurden wir begleitet von einer kubanischen Band. Danach machten wir mit EXCENTRA unser eigenes Programm unter dem Titel "Drei unterwegs".

Du sagst gerade, das Programm begann 1980 nach der Tournee durch die Sowjetunion. Nach meinen Informationen ist aber Isa 1980 bereits aus der Band ausgestiegen.
Lass mich überlegen ... Ich weiß jetzt nicht mehr, wann genau Isa bei uns aufgehört hat, aber es war nicht gleich am 1. Januar 1981. Wir hatten ja noch Verträge, die wir erfüllen mussten, aber Isa hat parallel dazu schon ihre Solokarriere vorbereitet. Wir wussten jedenfalls nichts von ihren Plänen, was natürlich dann, als er herauskam, zu einer etwas angespannten Atmosphäre führte. Immer mit dem Wissen unterwegs zu sein, dass es mit uns bald vorbei sein würde ... Aber wir haben das tapfer durchgestanden.

Machen wir nochmal einen kurzen Sprung zurück in der Zeit: 1978 hat AMIGA zwei Singles von Euch veröffentlicht. Sind die Leute von AMIGA an Euch herangetreten oder war das Euerm Bemühen zu verdanken, dass Ihr die Platten machen durftet?
Wir haben den Titel "Komm doch" erst im Rundfunk produziert. Die von der Schallplatte haben das dann nur noch übernommen. Sie kamen wahrscheinlich nicht an uns vorbei, denn wir waren als drei singende Schwestern ja doch eine Besonderheit. Sicher, mein Mann hat während dieser Zeit bei AMIGA gearbeitet, aber er hat sich überhaupt nicht da rein gehängt und er war auch nicht unser Produzent.

Ein ganzes Album hat man Euch nicht machen lassen?
Na gut, dafür haben ja auch noch ein paar Lieder gefehlt.

Später, nämlich 1982, gab es dann noch eine Kopplung bei AMIGA unter dem Titel "Hast du mich noch lieb". Da sind kurioserweise die CAUFNER SCHWESTERN drauf und auch Isa mit ihrer Solonummer. Ist Euer Song "Man weiß ja nie" extra für diesen Sampler entstanden oder war der vorher schon fertig?
Nein, den gab es schon, den haben wir auch beim Rundfunk produziert.

Dann lass uns nochmal zum Jahr 1980/81 kommen, als Ihr plötzlich nur noch ein Duo wart. Wie ging es zu zweit für Euch weiter?
Meine Schwester Irina und ich waren wirklich alleine und wurden von der Konzert- und Gastspieldirektion Berlin vermittelt. Es gab ja früher immer diese Betriebsfeiern, die einmal im Jahr stattfanden. Die Betriebe hatten ein gewisses Kontingent für Kulturveranstaltungen zur Verfügung und steckten dies zu einem großen Teil in diese Betriebsveranstaltungen. Dadurch hatten wir Künstler immer wieder Möglichkeiten aufzutreten. Wir sind aber viel beim Rundfunk live aufgetreten, zum Beispiel bei "7 bis 10 in Spree-Athen" oder ähnlichen Sendungen. Wir sind also tatsächlich zu zweit durchs Land getourt.

Wie lange habt Ihr das noch gemacht?
Ich denke mal, insgesamt bis 1987. Dazwischen lag noch eine Pause, weil Irina ihr zweites Kind bekam. Ich bin in dieser Zeit alleine aufgetreten und arbeitete dann auch mal mit Halbplayback, weil es anders nicht machbar war, denn wir hatten keine eigene Band mehr. Und ab Ende 1987 habe ich dann endgültig solistisch weitergemacht.

Das war ja für Irina und Dich auch eine große Umstellung, denn eigentlich hatte Isa ja immer die Hauptparts. Wie habt Ihr beide das untereinander aufgeteilt? Durch Isas Ausscheiden haben sich ja auch die ganzen gesanglichen Arrangements komplett verschoben, oder?
Wir haben ja trotzdem unsere Lieder zu zweit weitergesungen. Es war ja nicht so, dass wir künstlerisch nicht in der Lage gewesen wären, die Lieder zu singen. Es war nur so, dass Isa immer die Aktivere und Dominantere von uns war. Sie hat sich ja auch die Lieder ausgedacht und die Texte geschrieben. Aber letzten Endes haben Irina und ich das zu unserem Ding gemacht.

Die Solokarriere Deiner Schwester Isa ist insgesamt nicht so durch die Decke gegangen, wie sie es sich erhofft hatte, oder?
Nein, Du hast Recht. Sie hatte zwar durchaus einige Fernsehauftritte, aber irgendwann kam erschwerend dazu, dass sie einen Ausreiseantrag gestellt hatte. Das muss ungefähr 1985 gewesen sein. Ausgereist ist sie aber erst 1989. Sie hatte noch in einer Sendung mit dem Titel "Eine runde halbe Stunde" mitgemacht. Die sollte an einem bestimmten Abend im Fernsehen laufen. Genau an diesem Tag hatte Isa aber ihren Ausreiseantrag gestellt, was zur Folge hatte, dass diese Sendung natürlich sofort aus dem Programm genommen und nicht gezeigt wurde. Von diesem Tag an hatte sie es schwer. Sie hatte zwar noch den einen anderen Auftritt, aber es wurde immer weniger. Das wurde von ganz oben so dirigiert. AMIGA beispielsweise bekam ein Rundschreiben in dem stand, dass diese und jene Künstler nicht mehr verpflichtet werden dürfen. Dasselbe passierte auch beim Fernsehen und beim Rundfunk und somit war man eigentlich abgemeldet.

Was ist aus Isa geworden, was macht sie heute?
In Sachen Musik macht Isa gar nichts mehr. Sie ist kurz nach mir ausgereist, das war im September 1989. Mit der Musik hörte sie schon in der DDR auf, weil sie ja auch keine Auftritte und Verpflichtungen mehr bekam. In Westberlin hat sie es auch gar nicht erst probiert mit der Musik.

Und Irina?
Unsere jüngste Schwester Irina hat auch nie wieder Musik gemacht, nachdem sie 1987 aufgehört hatte. Es wurde eben immer schwieriger, weil sie nach wie vor in Rostock lebte und nun zwei Kinder hatte. Ihr Mann war Techniker bei EXCENTRA und ist mit denen viel unterwegs gewesen. Einer musste dann halt bei den Kindern bleiben. Irina ist übrigens schon 2010 gestorben. Das war besonders traurig, weil sie eben unsere Jüngste war. Dazu kam, dass man irgendwann später mal an uns herantrat und fragte, ob wir nicht nochmal einen Auftritt der CAUFNER SCHWESTERN hinbekommen würden ...

Und Du? Wie ging es mit Dir weiter?
Ich machte wirklich bis zum Ende der DDR Musik, obwohl ich es auch sehr schwer hatte, nachdem ich meinen Ausreiseantrag gestellt hatte. Es war so, dass mein Mann während einer Besuchsreise nach Westdeutschland krank wurde und längere Zeit in Hamburg im Krankenhaus bleiben musste. Währenddessen hatte er viel Zeit, über sein weiteres Leben nachzudenken. Damals durfte ich das natürlich niemandem sagen, aber heute kann ich ja zum Glück darüber reden. Für ihn stand es nämlich irgendwann fest, dass er im Westen leben will. Es gab nun die Möglichkeit, er bleibt gleich in Hamburg und ich stelle einen Antrag auf Familienzusammenführung oder er kommt zurück und wir stellen gemeinsam einen Ausreiseantrag. Das Ganze passierte 1988. Ich sagte ihm, er solle drüben bleiben, denn einem Antrag auf Familienzusammenführung würde man sicher eher stattgeben. An einem Tag im Mai 1988 gab er dann offiziell bekannt, dass er drüben bleibt und meine Tochter und ich nachkommen sollen. Natürlich wurde ich sofort mehrere Stunden verhört, was nicht wirklich lustig war.

Das ist ja eine einschneidende Entscheidung, die Heimat zu verlassen.
Wir hatten ja nie die Möglichkeit, in den Westen zu reisen. Ein einziges Mal durfte ich, das war zum 90. Geburtstag meiner Großtante. Wir haben ja ein Leben lang Musik gemacht, aber in der DDR hatte man als Musiker überhaupt keine Chance sich zu informieren, was unsere Vorbilder machen, wie die leben. Auch war für unsere Berufsgruppe ohnehin alles sehr beschwerlich. Wir mussten uns die englischen Texte selber abschreiben und übersetzen, weil wir nicht an die Originaltexte herankamen. So etwas wie ein Management war im Osten auch nicht erlaubt. Wir hatten null Möglichkeiten uns zu entfalten. Ständig kamen irgendwelche Sanktionen von oben und man musste höllisch aufpassen, dass man sich nicht von der Politik einvernehmen ließ, damit man nicht plötzlich in einer bestimmten Ecke landete. Das schafften wir immer ganz gut. Aber dafür, dass wir uns mit dem Staat nicht wirklich arrangiert haben, blieben für uns auch die Erfolge aus. Als ich dann zu meiner Großtante durfte, sah ich eben die andere Seite und wusste, hier könnten wir uns zumindest als Musiker frei entfalten und Musik machen, wie wir es wollten. Ohne irgendwelche Vorgaben. Alle unsere Freunde waren nach und nach ausgereist, beispielsweise Henry Kotowski oder Hansi Biebl, und wir saßen immer noch in unserem kleinen Häuschen in Kaulsdorf rum und kamen uns vor wie ein Rentnerehepaar, dem die Nachbarschaft wegstirbt. Ich habe unser Häuschen wirklich geliebt, aber als ich dann endlich im Westen war, dachte ich mir, das ist alles überhaupt nicht wichtig! Die Entscheidung, alles aufzugeben, fiel mir in dem Moment, als ich meiner Ausreise zustimmte, gar nicht schwer.

Wie hast Du dann die Wende wahrgenommen?
Das empfand ich als sehr aufregend. Ich selber bin ja erst am 21. August 1989 mit meiner Tochter ausgereist. Da hatte ich schon Angst, dass es nicht mehr klappt, weil schon Massen von Menschen den Weg über Ungarn genommen hatten und das Chaos praktisch schon sehr groß war. Ich rechnete eigentlich damit, dass die DDR die Grenzen richtig dicht machen würde. Mir war auf jeden Fall klar, ich würde im Westen hauptberuflich keine Musik mehr machen können, darauf hatte ich mich mental vorbereitet. Ich machte Kurse an der Volkshochschule, lernte Englisch und Schreibmaschine schreiben, weil ich annahm, ich würde irgendwo im Büro landen. In Westberlin ging ich dann gleich weiter an die VHS, belegte dort Computerkurse, lernte weiter Englisch und Schreibmaschine und was man sonst noch so brauchen könnte. Plötzlich öffnete sich die Mauer! Das war eine aufregende Zeit. Wir hatten das Glück, zu der Zeit schon drüben gewesen zu sein. Noch nicht lange, aber immerhin doch schon einige Wochen. In der Nacht der Maueröffnung sind mein Mann und ich spontan rüber in den Osten, was nicht ganz ungefährlich war, denn mein Mann galt ja dort immer noch als Republikflüchtling. Zurück sind wir mit der S-Bahn ab Friedrichstraße. Das war eine echt beklemmende Situation. Die Leute hatten fast alle gepackte Koffer dabei. So nach dem Motto: "Schnell weg hier, die Grenzen werden bestimmt gleich wieder dicht gemacht". Während draußen die Menschen feierten und Party machten, herrschte in dieser S-Bahn regelrechtes Schweigen.

Was ging in Dir vor, als Dir klar war, Du hättest die DDR ein paar Wochen später eigentlich auch legal verlassen können?
Dieser Gedanke kam mir niemals. Die Frage stellt man mir übrigens auch heute noch ganz oft. Ich bekam ziemlich schnell einen Job beim SFB, mein Mann landete bei RIAS Berlin, wir hatten unser Auskommen. Ich hatte auch keinerlei Sehnsucht nach der DDR. Allerdings nagte eine Sache an mir. Ich durfte damals nur ausreisen, wenn ich vorher mein Haus verkaufe. Den Zuschlag dafür bekam Jürgen Wetzenstein-Ollenschläger, der Oberste Richter in Lichtenberg und später Verteidiger von Erich Mielke war. Dem hat man das Haus offiziell verkauft, aber Geld hat er dafür ja nie bezahlen müssen. Das ärgerte uns mächtig, dass so ein Stasi-Typ in unserem Haus sitzt und dort eine Kanzlei aufmachte. Nach der Wende stellten wir deshalb schon aus Prinzip einen Antrag auf Eigentumsrückübertragung. Und was soll ich sagen? In zweiter Instanz und nach drei Jahren Kampf bekamen wir unser Haus zurück! 1994 zogen wir dann da auch wieder ein. Für uns war jedenfalls der Weg, den wir gegangen sind, genau der Richtige.

Mit der COLLEGE FORMATION hast Du Rockmusik gemacht, Du hast aber auch Schlager gesungen und Pop gemacht. Dann kommt die Wende und plötzlich spielst Du Country. Wie kommt man denn dazu?
Das ergab sich schon in der Zeit, als ich auf mich allein gestellt war, weil meine Schwester ihr zweites Kind bekam. Ich überlegte, was ich machen könnte, wie ich die Programmblöcke bei meinen Auftritten ausfüllen könnte. Da kam mir die Idee, es mal mit Country zu versuchen, zumal mir das stimmlich gut lag. Also machte ich von da an einen Block mit den Song der CAUFNER SCHWESTERN und einen Countryblock. Das machte mir Spaß und als wir dann im Westen waren, erfüllte ich mir diesen Traum einer eigenen Countryband. Mein Mann spielte schon immer ein bisschen Steelgitarre, er hatte sich sogar selber eine gebaut. Das passierte aber natürlich alles nebenbei, denn hauptberuflich wollten und konnten wir das ja nicht mehr machen.

In den vergangenen Jahren habt Ihr ja nun eine ganze Menge erlebt. So habt ihr z.B. Auftritte im Mutterland des Country gehabt und Du hast dort sogar einen zweiten Platz bei einem Songcontest in Nashville belegt. Wie seid Ihr denn darauf gekommen, das gleich vernünftig und authentisch an dem richtigen Ort zu erledigen und nicht wie andere, eher halbgar in einem Studio in Maschen?
Wir hatten eine Zeitlang einen Amerikaner in unserer Band, den Tom Cunnigham. Der machte eigentlich eher Rockmusik, aber durch unsere Band bekam er auch einen Fabel für Country. Tom ließ sich dann für drei Jahre in Nashville nieder und schrieb Songs in der Hoffnung, dass mal einer seiner Songs von einem großen Star gesungen wird. Als wir mal wieder in Nashville waren, meinte Tom dann, wir sollten mal mit ins Studio kommen, er kennt da ein paar sehr kreative Leute. Denen spielten wir auf Kassette einen unserer Songs vor. Die Jungs hörten sich das einmal an und produzierten dann sofort zwei Lieder für uns. Das war schon witzig. In einem anderen, größeren Studio, wo auch richtige Stars produzieren, nahm ich dann den Gesang auf.

Letztes Jahr habt Ihr Eure Band aufgelöst, die Ihr immerhin 26 Jahre lang nebenberuflich gepflegt habt. Wenn Du auf diese 26 Jahre zurückblickst, was waren für Dich die absoluten Höhepunkte?
Das ist schwer (überlegt ...). In den Anfangsjahren unserer Band gab es viele schöne Country-Festivals, die uns viel Spaß gemacht haben. Wir waren in Innsbruck, zweimal in Kopenhagen. Viele Festivals sind mittlerweile leider weggebrochen. Es war einfach schön, die Musik machen zu können, die einem gefällt. Bei uns zuhause läuft übrigens nur noch Country-Musik. Hilfreich war natürlich, dass wir nicht darauf gucken mussten, ob wir auch davon leben können. Aber unser Anspruch war trotzdem, es muss professionell sein, was wir machen.

Die Countryband lief also nebenberuflich. Was habt Ihr hauptberuflich gemacht?
Ich war wie gesagt beim SFB-Fernsehen, was inzwischen zum rbb geworden ist. Ich fing an in der Dispo, machte dort die Dienstpläne für das technische Personal. Später wechselte ich in den Bereich der Fernsehübertragungstechnik, was ich bis zum Schluss machte und bis ich in den Vorruhestand ging. Mein Mann war zunächst Aufnahmeleiter beim RIAS-Tanzorchester, dann war er Leiter vom Dienst beim RIAS. Nach der Umwandlung des RIAS zum Deutschlandradio landete er in der Honorar- und Lizenzabteilung. Das war etwas, was er nie machen wollte, aber wir waren fest angestellt und hatten unser monatliches Einkommen. Das war wichtig.

Eure Band gibt es nicht mehr, aber von der Musik lassen könnt und wollt Ihr auch nicht, denn es gibt jetzt die LIVE LIGHT BAND.
(lacht) Ja, das stimmt. Ich selber wollte eigentlich keine Musik mehr machen. Aber eines Tages kam ein ehemaliger Gitarrist, der lange bei uns in der Band spielte, mit der Idee zu uns, vielleicht doch nochmal gemeinsam etwas Neues auf die Beine zu stellen. Nur eben akustisch, für kleinere Läden geeignet und auf keinen Fall Country. Es sollte mehr in Richtung Oldies gehen. Ich ließ mich dann doch überreden und singe in der Band und mache ein bisschen Percussions, mein Mann spielt Dobro-Gitarre. Insgesamt sind wir zu viert und spielen jetzt quer Beet alles, was ich in den letzten fünfzig Jahren selber an Musik gemacht habe.

Das wäre doch eine gute Gelegenheit, auch mal wieder ein paar Songs der CAUFNER SCHWESTERN zu präsentieren!
(lacht) Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Aber wir haben wirklich in all den Jahren mit unserer Country-Band nichts Deutsches mehr gemacht. Wir wollten das auch nicht. Die Country-Musik kommt eben aus Amerika und deshalb wollten nicht auf Deutsch dazu singen, auch wenn wir damit sicherlich mehr Erfolg gehabt hätten. Aus diesem Grunde kam mir auch nie der Gedanke, mal wieder eins der alten Lieder von früher ins Programm aufzunehmen. Aber z.B. "Son of a preacher man", den ich schon ganz früher mit dem WARNOW SEXTETT spielte, den auch heute wieder zu bringen, ist schon witzig.

Na mal sehen, wie sich das weiter entwickelt.
Scheinbar ganz gut, denn am 21. April haben wir mit unserer LIVE LIGHT BAND den ersten öffentlichen Auftritt.

Ich danke Dir herzlich für Deine Zeit und wünsche Dir weiterhin alles Gute.
Dankeschön.



Interview: Christian Reder
Bearbeitung: tormey, cr
Fotos: Ronny Pabst




   
   
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