Interview vom 1. Dezember 2023
Er gehört zweifelsohne zu den stilprägendsten Bassisten der Szene: Peter Rasym. Schon bei der Schubert Band hinterließ er Spuren, doch mit seinem "Einsatz" bei STERN MEISSEN und der Produktion des Albums "Stundenschlag" hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt. Auch dem Sound der Gruppe DATZU verleih er markante Töne und nicht zuletzt war er fast 20 Jahre lang der Tieftöner bei den PUHDYS, mit denen er stets vor zig Tausend Fans spielte. Mit dem Ende der PUHDYS hätte auch seine Karriere beendet sein können, denn das Rentenalter hatte er längst erreicht. Aber Ruhe findet einer, der seit der Jugend Rhythmus im Blut hat, wohl eher nie. Nach einem Intermezzo bei LIFT zupft er nun seit einiger Zeit den Bass bei RENFT und ist Teil der Gruppe QUASTER & FRIENDS. Aber damit sind seine Aktivitäten noch längst nicht abgeschlossen, es gibt neue Pläne. Anlässlich seines 70. Geburtstags in diesem Jahr war endlich das längst überfällige Interview mit Peter Rasym angedacht. Doch die Fertigstellung dieses Interviews brauchte am Ende ein paar Tage länger. Hier könnt Ihr nun in voller Länge nachlesen, worüber unser Kollege Christian mit dem Bass-Spezialisten aus Sachsen-Anhalt ausführlich gesprochen hat ...
Peter, Du bist im Juli 70 geworden. Wie wurde denn dieser besondere Tag begangen?
Den musst ich weitestgehend ignorieren und hatte lediglich engste Verwandtschaft zum Kaffeetrinken zu Gast. Ich war gesundheitlich leicht angeschlagen durch eine schmerzhafte Zahnangelegenheit, die sich noch bis heute in die Länge zieht und momentan in eine Wurzelbehandlung mündet. Im Moment fühle ich mich gut, weiß aber nicht, wie lange es noch dauern wird. Zu diesem Zeitpunkt war es die Hölle, weil ich eigentlich nach Spanien fahren wollte, was dann natürlich ausfiel. Das war also nicht so schön und ich dachte: "Nun bist du 70 und jetzt fangen die Schmerzen an, oder was?"
Au weia … Vor einiger Zeit hast Du den Wunsch geäußert, nicht mehr "Bimbo" genannt zu werden. Warum?
Weil auch ich ein Recht habe, meinen Vornamen einzusetzen. Im Grunde verabschiedete ich mich ja auch ein wenig aus dem Business, in welchem es auch immer um bedeutungsvolle Spitznamen geht. Ich beschäftige mich mit anderen Dingen, die auch ein wenig ins Spirituelle gehen, und dort macht es wirklich Sinn, sich beim Vornamen nennen zu lassen. Das hebt auch die eigene Befindlichkeit. "Bimbo" war früher zu DDR-Zeiten, also Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mal eine Art Ehrerbietung, in der Leute "Bimbo" genannt wurden, die musikalisch etwas anders drauf und in der musikalischen Spielweise etwas exotischer waren. Ich fing mit 14 an, in einer Amateurband Musik zu machen und da war es gängig, einem Bassisten diesen würdevollen Namen zu verleihen. "Bimbo" war damals "in" …
Also hat man Dir schon zu Jugendzeiten diesen Spitznamen übergeholfen …
Ja. Im Zusammenhang mit den Leuten, mit denen ich damals Musik machte. Plötzlich war ich "Bimbo", es ist nicht mehr richtig nachvollziehbar. Es hing vielleicht auch mit meiner übersteigerten Lockerheit zusammen. Wir waren ja damals viel unterwegs, einfach die Kutte an und zu den beeindruckenden Konzerten von Live-Bands. Wir fuhren also vielen Bands hinterher. Zu ihnen gehörten Klaus Lenz, PANTA RHEI, LIFT in ihrer Anfangsphase und auch die Bürkholz-Formation aus Leipzig. Da war man dann unterwegs, relativ fröhlich, und nahm dann auch mal - nach der Einfahrt im Leipziger Bahnhof und vor dem Einsteigen in den nächsten Zug - vom Stand einfach ein Tablett mit Bier oder Limonade mit. Man stieg also in den in diesem Augenblick losfahrenden Zug ein, so dass der Inhaber dieser Getränke keine Chance mehr hatte … So etwas trug dann auch zur Spitznamenfindung bei. Aber man wird dann ja doch etwas ernsthafter und geht im Laufe der persönlichen Entwicklung etwas bewusster in die Lebensart. Und so war mit dem Ende der PUHDYS für mich auch der Spitzname erledigt.
Dann haben wir das nun auch an dieser Stelle endlich klargestellt, dass Du Peter bist …
Ja, ich bin Peter und kann verstehen, wenn einige Leute erst mal noch Probleme damit haben, mich so zu nennen. Ich sage dann immer: "Gut, Du bekommst hiermit einen 3x Bimbo Bonus, dann möchte ich aber meinen Vornamen hören."
Über Deinen Spitznamen haben wir nun gesprochen, was mich natürlich auch noch interessiert, ist Dein Nachname. Er ist ja ziemlich ungewöhnlich. Welche Herkunft hat er, weißt Du das?
Mein Nachname Rasym kommt mal von da und mal von dort her, je nachdem, wer sich mit der Herkunft beschäftigte. Ich selbst tat dies noch gar nicht intensiv, aber meine Schwester übernahm einige Dinge von meinem Vater, die er an Gedanken zu diesem Thema hinterließ. Es fängt irgendwann zu Zeiten der Wikinger an, dort gab es den Namen Rasen und irgendwann, ca. nach 800, als die Wikinger Kiewer Rus gründeten, tauchte der Name Rasin auf. Stepan Rasin war ein Bauernführer, ich habe jedoch keine Kenntnis in welchem Jahrhundert das war.
Auf jeden Fall ein sehr alter Name …
Ja, ein alter Name, der dann überall schon herum flog und auch in Querverbindungen zum Süden zu finden ist. Na ja, Kiew ist ja auch südlich von uns, aber auch in den Bereichen Türkei und Bulgarien. In Deutschland gibt es ihn noch in verschiedenen Schreibweisen, wie zum Beispiel Razim. Das war eine Mittelstandsfamilie im Friseurbereich im Harz. Mit den Leuten habe ich allerdings keine Kontakte. Mein Vater brach damals diese Verbindungen ab, denn er war Kommunist bis ans Lebensende. Als Unternehmer war dieser Herr Razim im Harz ja ein Kapitalist. Damals sah mein Vater dies noch ziemlich verbissen, beruhigte sich später allerdings, stieg aber dennoch mit seiner kommunistischen Gesinnung ins Grab - was ich als sehr ehrenhaft betrachte, wenn man an die Vielzahl von Wendehälsen nach der Wende denkt. Auf mich färbte sich seine Einstellung allerdings nicht ab.
Da schließt sich meine nächste Frage an: Wenn Du sagst, Dein Vater war ein überzeugter Kommunist, wie kam es denn bei ihm an, als Du als Jugendlicher anfingst, Musik zu machen?
Erst mal gar nicht. Es fing an, ihm zu gefallen, als ich zum ersten Mal mit unserer Amateurband in der Zeitung erschien. Die Band hieß ELECTRONA, wir gründeten uns 1968. Wir coverten zunächst die BEATLES und blieben dann bei den STONES hängen. Erstens war das einfacher und zweitens gab es damals mehr Stones-Fans.
Wie alt warst Du da?
Ich war 15.
Du bist ja ein "Späteinsteiger". Es heißt, Du bekamst mit 14 Deine erste Gitarre geschenkt und warst mit 15 in Deiner ersten Band. Das war spät und ging dann ja rasend schnell …
Genauso ist es, ja. Im Vorfeld hatte ich allerdings in unserem Wohnbereich jemanden, der Gitarre spielte. Mit ihm traf ich mich öfter, als ich so 12 Jahre war. Er zeigte mir die Gitarre, ich nahm sie auch mal mit, um ein bisschen probieren zu können. Ich war also auf die Schenkung der Gitarre zu meinem 14. Geburtstag schon vorbereitet, damit ich mit ihr auch etwas anfangen konnte. Und dann ging es natürlich richtig los. Ich übte den ganzen Tag, irgendwann kamen die Bedenken meiner Eltern, dass ich auch mal wieder etwas für die Schule machen müsste. Die Schule litt natürlich darunter, ich konnte aber dennoch mein Abi machen. Ich hatte damals ein wenig den Gedanken und die Ambitionen, vielleicht im Bereich Architekt-/Bauingenieurwesen in ein Studium einzusteigen, aber dafür reichte es nicht. Den damals geforderten Abschlussdurchschnitt von 1,2 konnte ich nicht bieten. Also wurde mir ein Studienplatz im Bereich Verkehrsingenieurswesen an der Hochschule "Friedrich List" in Dresden angeboten. Den nahm ich nicht an, sondern nahm nach dem Abitur eineinhalb Jahre im Chemiekombinat an der Erwachsenqualifizierung zum BMSR-Mechaniker teil, obwohl völlig klar war, dass ich das sowieso nie machen werde. Nebenbei bildete ich mich autodidaktisch musikalisch weiter und bewarb mich an der Musikschule in Weimar für ein Musikstudium. Dort wurde ich auch angenommen, war aber nicht lange dabei, da es damals ein Fernstudium war. Der Unterricht fand also an den Wochenenden statt, aber erstens machte ich zu dieser Zeit an den Wochenenden schon Musik und zweitens fand außer Marxismus/Leninismus, Russisch und Politökonomie dort nicht viel statt, weil der Kontrabasslehrer, den ich dort haben sollte, stets und ständig im Ausland war. Er fuhr mit der Dresdner Philharmonie nach Japan, nach China und sonst wo hin. Jedenfalls war er nie vor Ort, wenn ich dort zum Unterricht war. Und so vollendete ich mein Werk am Konservatorium in Halle und schloss dort 1975 erfolgreich ab.
Du fingst Dein Studium in Richtung Bass an, hattest ja aber mit der Gitarre begonnen. Wann fand der Wechsel von der Gitarre zum Bass statt?
Dieser Wechsel fand schon bei der Band ELECTRONA statt, sie spielte von 1968 bis 1971. Dann mussten zwei Mitglieder zur Armee und das Projekt hatte sich erledigt. Zum Beginn dieser Zeit hatten wir einen Bassisten, der spielte ein sogenanntes Basset. Er war also kein Bassgitarrist, sondern hatte so ein Umhängeding, welches erst in den 80er und 90er Jahren Mode wurde. Es sah ziemlich ungewöhnlich aus und passte auch nicht zu den STONES. Dann war er außerdem noch FDJ-Sekretär an der EOS Bitterfeld und das passte alles irgendwie nicht ins Bild, obwohl er ein netter Kerl war. Wir suchten dann vergeblich nach einem Bassisten, denn ich wollte weiterhin Gitarre spielen. Es fand sich keiner und dann entstand - aus "Bimbo" abgleitet - der Begriff "Bin Im Moment Bass Orientiert". Es sollte ja lediglich eine momentane Sache sein, aber dieser Moment zieht sich bis heute durch mein Leben.
Als sich das mit der ersten Band von Dir erledigt hatte, wie ging es dann für Dich weiter?
Dann kam ein Mann namens Nicolaus Hollmann auf mich zu. Er war damals Keyboarder und spielte bei den COMETEN im Bitterfelder Umland, unter anderem war er später bei Angelika Mann am Klavier. Er vermittelte mir das Angebot einer Hallenser Profiband, die RAPUNZEL hieß. Mit dieser Band begannen wir zu proben, mein Einstieg muss 1971/1972 gewesen sein. Dort coverten wir hauptsächlich JETHRO TULL. Wir hatten einen Flötisten und Sänger, der eigentlich recht gut war. Allerdings hielt er meist nur eine oder zwei Stunden durch, weil er sich dann immer für andere Dinge interessierte. Er verschwand einfach, stand an der Theke und sah nach irgendwelchen Mädels. Das war jedenfalls nicht lustig, denn wir spielten vier bis fünf Stunden zum Tanz. In den Pausen ergab sich die Möglichkeit, auch mal einen Drink zu nehmen, aber irgendwann kam er eben nicht mehr auf die Bühne und wir improvisierten dann irgendwelches Zeug zu dritt. Es war sicherlich gruselig, für mich aber auch fördernd. Den Überblick über Harmonien und das Zusammenspiel zu forcieren war eine gute Lehre. Wir hatten damals auch einen Gitarristen, dem es erst nach drei Stunden langweilig auf der Bühne wurde. Den konnte man später als Peter bei "Peter und Paul" in vielen schönen Sendungen im Fernsehfunk der DDR bewundern.
Und bei RAPUNZEL entdeckte Dich dann Sieghart "Schubi" Schubert …
Ja, dort entdeckte mich Schubi. Zu dieser Zeit fuhren wir aber schon zweigleisig. 1974 gab es in Leipzig die Band FEUERKITT, bei der auch Hans die Geige schon mitspielte. Jürgen Frühauf aus Halle an den Drums und Nico Hollmann an den Keyboards. "Moppel" Schlundt war Sänger. Der sang vorher auch bei Klaus Lenz. "Moppel" war sein Spitzname, auf seinen richtigen Vornamen komme ich jetzt gerade nicht. Er hatte eine echte Soul-Stimme und wir versuchten, dem Publikum in dieser Richtung ein Angebot zu machen. Das wurde allerdings zu dieser Zeit nicht all zu euphorisch angenommen. Es war wohl zu wenig "volksverbunden", zu kompliziert eben für die Masse, die ihre Hände auf das erste und dritte Viertel eines Taktes mit entsprechend preussisch-sächsischer Energie zu einem "Klatsch" zusammenführen. Insofern waren die Konzerte sehr ausgedünnt und glücklicherweise kam dann Herr Schubert. Er hatte uns schon beobachtet, weil er auf der Suche nach einem Bassisten war und dachte, "Der könnte passen." Bei Schubi sang damals Holger Biege, da hieß die Unternehmung noch SCHUBERT FORMATION. Als Holger sein eigenes Projekt startete, wurde die Band umgestellt, Schubis damalige Lebensgefährtin Katrin Schubert wurde Sängerin und die Band hieß ab sofort SCHUBERT BAND. Dort gab es auch einen Sänger Christian Schmidt, der später lange Zeit bei der MODERN SOUL BAND sang. Es gab also eine Zeit, in der Katrin und Christian gemeinsam sangen, später wurden die Konzerte dann nur noch von Katrin bestritten. Das ging eine Weile gut, machte auch Spaß, bis dann mein Bassspiel offensichtlich auch in anderen Kreisen auffiel. Und so kam Uschi Brüning aus dem Bereich des Jazz.
Lief das mit Uschi Brüning und Schubert parallel oder gingst Du fest von der einen zur anderen Band?
Das war ein direkter Umstieg. Ich stieg bei Schubert aus, was ihn damals sehr frustrierte.
Nicht nur ihn, auch Katrin Lindner sagte irgendwann mal zu mir, dass es der schwärzeste Moment in der Bandgeschichte gewesen wäre, als Du gegangen bist. Sie hatte an Dir wohl einen Narren gefressen …
Ja, das sagte sie mir später irgendwann auch mal, als wir uns in Quadenschönfeld in Moritz's Bahnhof-Kneipe trafen. Da bekam ich erst mal mit, wie schwer sie das damals getroffen hatte. Für mich war es einfach schön, mal da und mal dort Musik zu machen.
Aber die Musik, die Uschi Brüning machte, war ja komplett etwas völlig anderes. Du gingst ja von einer eher rockorientierten Band zu Uschi, die im Jazz-Bereich unterwegs war …
Uschi war Jazz und sie hatte damals vor, ein bisschen rockiger zu klingeln und zwar unter der Leitung von Axel "Glenn" Müller, einem Saxophonisten aus Halle (Saale), der später am Theater des Westens die Band und das Orchester leitete. Wir probten damals schön bei Horst Krüger in seinem Studio in Blankenburg und stellten das Thema auf die Beine. Helmut Forsthoff, ein Free-Jazzer, war ebenfalls dabei. Und nicht zu vergessen Uwe Hassbecker. Er vollendete damals das Hallenser Trio. Das war also eine interessante Mischung. Als Axel "Glenn" Müller die Uschi-Brüning Band 1978 leitete, wollte er irgendwie einen Touch so in Richtung Al Jarreau hinein bringen. Diesbezüglich spielte auch der damalige Pianist/Keyboarder Hans Otto Jerosch eine stilbildende Rolle. Anfang 1979 fuhr Axel "Glenn" Müller nebenbei mit Günter Gollasch mal in den Westen und kam nicht wieder zurück. Damit hatte sich die Uschi Brüning-Band erledigt und ich hatte wieder ein sehr liebenswürdiges Angebot von der Kapelle SCHUBERT BAND. So machte ich also dort wieder mit und enttäuschte die Band im August desselben Jahres ein weiteres Mal …
Da gingst Du zu STERN MEISSEN …
Ja. Martin Schreier und Michael Behm kamen zu mir und Michael Behm sprach mich an. Sie beobachteten mich bei der SCHUBERT BAND im Plänterwald in Berlin und ich wurde von Michael Behm angesprochen, ob ich nicht Lust hätte. STERN MEISSEN hatte mir schon einige Jahre vorher sehr gut gefallen, ihre grandiosen Werke und die Quadrophonie waren für mich irgendwie überwältigend. Da musste ich nicht lange überlegen …
Zeichnete sich denn damals - der Namenswechsel war bereits vollzogen - bei STERN MEISSEN schon ab, dass sie von dieser Artrock-Geschichte in Richtung Pop gehen würden. War das damals schon klar, als Du dazu kamst, oder war das zu der Zeit noch nicht aktuell?
Eine gewisse Zweigleisigkeit gab es damals schon. Jedoch mit dem Aufkommen von Diskotheken (damals musikalische Alleinunterhalter) bemerkten wir eine Tendenz im Publikum zu weniger intellektuell angehauchter Rockmusik, so dass wir uns noch mehr auf kurze Songs orientierten. Martin Schreier und Michael Behm zeigten Interesse, die Musik etwas rockiger zu gestalten. Dann kam die Neue Deutsche Welle. Viele zahlungskräftige Kulturfreunde maßen den großen Werken leider nicht mehr die von uns erhoffte Bedeutung bei. Auch die Medien orientierten mehr auf Flachkram ( … was wahrscheinlich kulturpolitisch Absicht war) - die Tendenz war zumindest erkennbar. Aber der endgültige Entschluss kam 1983, verbunden mit der Suche nach einem Sänger. Unsere begnadete Frontstimme Reinhard Fißler rutschte bedingt durch eine verschleppte Grippe immer tiefer in ein Chaos von unkontrollierter Intonation und musste die Bühne aufgeben. Da er dann aber trotzdem noch solo weitermachte, war das der Auslöser, sich nach einem neuen Frontschwein-Talent umzusehen. Die Suche endete bei Ralf Schmidt.
Und Uwe Hassbecker und Du traft Euch dann quasi bei STERN MEISSEN auch wieder …
Ja, genau. Das kam daher, dass Martin Schreier meinte, "Wir müssen hier ein bisschen mehr Rock'n'Roll reinbringen", und mich fragte, ob ich nicht noch einen Gitarristen kennen würde. Da ich mit Uwe Hassbecker zusammen gespielt hatte, war er sofort meine Empfehlung, da er damals schon spitzenmäßig unterwegs und gut drauf war. Er passte auch einfach gut rein.
Das muss für Dich ja ein riesiger Schritt gewesen sein, denn "STERN" arbeitete soundmäßig ja auch ganz anders, als alle anderen Bands in der DDR. Was ging in Dir vor, als Du zum ersten Mal mit dieser Band auf der Bühne gestanden hast?
Das war für mich schon einzigartig. Für mich war die Art und Weise des zusammen Musizierens völlig neu, es gab eine arrangierte Dynamik und es war kraftvoll sowie vom Groove her sehr fokussiert. Damals gab es ja noch zwei Keyboarder, nämlich Thomas Kurzhals und Lothar Kramer. Was da auf der Bühne sowie an Sounds abging, das war schon gewaltig und begeisterte mich.
Diese speziellen Sounds, die STERN MEISSEN ab dem Album "Stundenschlag" hatten, dieses basslastige überhaupt, wuchs das auf Deinem Mist oder war das ein Wunsch der Band, diesen Sound so zu kreieren?
Meine Vorschläge wurden einfach bedenkenlos angenommen. Das ist natürlich ein Mix von Beidem. Andeutungsweise machte ich so etwas schon bei der SCHUBERT BAND, also ein bisschen funkiger usw. Ich wurde damals auch ein wenig motiviert vom Bassisten der Band ERUPTION, den ich bei einer "rund"-Sendung kennenlernte, als wir damals mit Uschi-Brüning als einzige Band live auftraten, und mit dem ich mich auch sehr schön unterhielt. Wie er spielte, faszinierte mich. Ich versuchte, auf meine Art einen ähnlichen Sound zu kreieren. Das gelang mir auch teilweise und das konnte also entsprechend eingesetzt werden. Helmar Federowski, der kreative Tonverwalter im Amiga-Studio, der uns damals bei verschiedenen Sachen begleitet hatte, begrüßte meinen Stil. Klaus Schmidt, unser Tonmeister im Studio, war der Meinung, dass es den Sound unbedingt bereichern würde. Es war also keine Dominanz von meiner Seite, dass es so passiert ist, sondern es ergab sich einfach so.
… und es wurde quasi auch zu Deinem Markenzeichen oder?
Genau. Das führte ja auch dazu, dass ich mehrere Male der "Bassist des Jahres" sein durfte …
Viele Musiker in der DDR waren oft für andere Kollegen im Studio, so auch Du. Ab wann ging es bei Dir los, Deinen Bass bei Produktionen für andere Künstler zu spielen?
Die Initiative entstand daraus, dass Martin Schreier in Berlin Wilhelmshagen sein Studio eingerichtet hatte. Wir legten alle Hand mit an und nahmen in diesem Studio das STERN MEISSEN-Album "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" unter Leitung unseres Tonmeisters Klaus Schmidt auf. Damals gab es dann Besuche von Arndt Bause und anderen Komponisten, so kam es zu den ersten Aufträgen. Unter anderen zum Beispiel "Spielverderber" für Inka, auch Harry Jeske oder Hartmut Schulze-Gerlach gehörten zu den Auftraggebern. Es ging also auch in den Schlagerbereich hinein. Da fällt mir noch eine komplette LP von Helga Hahnemann ein.
Zufällig auch Tina? Ist das Dein Bass, der da brummt?
Ja, Tina auch mit "Urlaub auf dem Meeresgrund". Das war damals gemeinsam mit Uwe Hassbecker. Es waren ziemlich viele Produktionen, ich führte jedoch kein Buch darüber …
Aber Du warst viel beschäftigt, das kann man so sagen, oder?
Ich war viel beschäftigt, auch oft im Pop-Studio in der Nalepastraße und auch für Arnold Fritzsch spielte ich Sachen ein. Eben das, was so anfiel … (lacht) - im Edelbereich.
Du sagtest gerade, bei STERN MEISSEN gab es einen Wandel und Du erlebtest ihn live und in Farbe mit. Allein der Weggang von Thomas Kurzhals, das Kommen von Andreas Bicking, sowie die grundlegende Änderung des Sounds. War das in Deinem Interesse, dass es plötzlich so poppig wurde, hattest Du Spaß dran oder ging es Dir ziemlich schnell auf den Zeiger?
Nein, ich hatte da schon Spaß dran, eben weil es doch noch zuckiger, rockiger und rhythmusbetonter war. Also nicht diese festgelegten Taktwechsel, die damals auch Spaß machten … Es wurde aber eindeutiger und damit ergab sich die Möglichkeit, auf der Bühne mehr abzugehen. Doch, das machte ab 1983 viel Spaß und Andreas Bicking war eine echte Bereicherung, inklusive seinem Saxophon usw. Es brachte musikalisch etwas Bewegung rein und ich würde sagen: Es war nicht schlechter oder besser, es war eine gute Variante, die mir Spaß machte. Was mir dann nicht mehr Spaß machte, waren die bandinternen Reibereien, die wir uns damals mit Herrn Schmidt in die Band holten. Ich will da jedoch keine Wertung vornehmen, er hatte seine Vorstellungen und Martin hatte seine Vorstellungen. Das rieb sich eben und war nicht so angenehm. Letzten Endes löste sich aber alles in Wohlgefallen auf. IC machte sein Ding mit Bicking. Es entstand eine Platte, die sich sehr gut verkaufte. Insofern hatte es auch seine Berechtigung, dass er sich in diese Richtung bewegte. Für mich war es ein Signal, wachsam zu bleiben und genau in dieser Umbruchphase kam Rolf Henning zu mir und fragte mich, ob ich mich nicht verändern wolle.
Und das war DATZU …
Das waren DATZU und - in Klammern - NANU. NANU also die Begleitband von Frank Schöbel, sowie als DATZU im Pop-Bereich mit anfangs Ines Paulke, danach Anke Schenker und zum Ende Anett Kölpin. Drei gute Sängerinnen … Komerziell war die NANU-Kapelle allerding die erfolgreichere.
Selbst der Rest der Band war ja nicht unbekannt. Die kanntest Du wahrscheinlich auch schon vorher, oder?
Stefan Schirrmacher von NEUMIS ROCK-CIRCUS, Frank Schirmer, der heute einen guten Posten bei STERN MEISSEN ausfüllt und abgelöst wurde von Ingo Politz (TurboBeat) - er hatte damals allerdings noch kein Studio - spielte auch bei PRINZIP, und natürlich Rainer Oleak. Er entschied sich ja irgendwann, mehr in Richtung des Produzenten tätig zu werden, was ihm bis heute auch sehr gut gelungen ist. Er baute sich ein tierisches Studio auf, nachdem er ursprünglich ganz klein in seiner Wohnung damit begann. Ingo Politz war und ist da aus gleichem Holze geschnitzt.
Du erwähntest schon die drei Sängerinnen, die zum Niederknien geile Stimmen hatten. Fiel es da als Musiker nicht unheimlich schwer, sich auf sein eigenes Ding zu konzentrieren, und nicht ständig verliebt daneben zu stehen und zuzuhören, was die Damen da machen? Es war ja schon grandios, was sie da ablieferten …
Ich war nie wirklich auf "mein Ding" fokussiert, sondern hatte immer eine Sehnsucht nach perfektem Zusammenspiel. Ich finde es einfach begeisternd, in einer Band zu spielen, in der das alles funktioniert. Geballte Kraft im Groove, geile Harmonien usw., so etwas erwischte ich dort. Zu den solistischen Beiträgen wurde ich mehr oder weniger immer wieder erst geführt. Ich war nie ambitioniert, solistisch aufzutauchen. Na ja, vielleicht mal mit 80 … (lacht)
Ich meinte das eigentlich anders … Du hast ja neben drei ausgesprochen attraktiven jungen Frauen gestanden und Musik gemacht. Fiel es da schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren?
Du meinst also, auf den Hintern zu gucken?
(lacht) Ja, zum Beispiel ... Oder eben angetan zu sein von schönen jungen Sängerinnen mit tollen Stimmen.
Na klar, waren die schon ziemlich toll. Man war durchaus beflügelt, aber nicht unbedingt abgelenkt. Ich hatte bezaubernde Frontdamen vor mir und das machte schon Spaß …
Man wertet ja eigentlich nicht, aber gab es von den drei Damen eine, die Dir als Sängerin besonders am Herzen lag?
Eigentlich waren alle drei super, jede auf ihre Art. Anke Schenker bewegte sich dann ja mehr in Richtung Jazz, was ja auch eine Liebäugelei von mir war. Anett überzeugte erscheinungstechnisch und singt bis heute richtig gut. Schließlich lehrt sie ja seit Jahren Gesang an der Musikakademie. Es waren wirklich drei Mordssängerinnen, die es mehr oder weniger lange in der Band ausgehalten haben. Mit Ines habe ich nur mal so 14 Tage geprobt. Das war sehr schön - da hatten sich aber im Vorfeld Spannungen aufgebaut von denen ich nichts weiß - und plötzlich war Anke Schenker da.
Ich glaube, mit DATZU ging es bis zu Wende weiter. Ihr machtet eine Platte, wart ständig live unterwegs und auch im Fernsehen präsent. Was hast Du denn von dieser Zeit noch besonders in Erinnerung behalten? Was war das Besondere an DATZU?
Mir gefielen besonders die Nummern von Rainer Oleak, die diesen Funky-Touch hatten und damals eigentlich auch eine Modeerscheinung waren. Peter Lorenz, unser Saxophonist, hatte rein musikalisch und auch klamottenmäßig eine Band als Vorbild im Auge, auf deren Namen ich jetzt nicht komme. Damals kümmerten wir uns ja noch selbst um Bühnenklamotten, wobei ich da bis heute nicht so richtig begeistert mitgehe. Ich ließ mich darauf ein, sage ich mal, und fragte mich dennoch immer: "Muss das jetzt sein?" Mit besonders aufwendigen und abwegigen Bühnenklamotten hatte ich immer meine Probleme. (lacht) Aber es passierte dann eben so und es war eine Art Markenzeichen. Stefan Schirrmacher spielte schon damals geil, Ingo Politz war mein Nummer 1-Drummer. Ich beobachtete ihn auch noch, als er bei LIFT spielte. Für meine Begriffe spielte er dort musikalisch so hervorragend, dass es danach jeder Trommler schwer hatte. Da waren einfach ringsum gute Musiker, mit denen es Spaß machte, zu spielen. Bei der Geschichte mit Frank Schöbel zählten ganz andere Aspekte. Erst mal gab es dort immer Muggen, und damit auch die materielle Versorgung. Die Säle waren immer voll und man wurde - wie später bei den PUHDYS auch - schon beklatscht, bevor man überhaupt auf die Bühne gekommen war. Das tat dem Selbstwert schon ganz gut. Und selbst diese Musik haben wir natürlich überzeugend und dem Star zu Ehren mit der entsprechenden Einstellung gespielt. Natürlich waren wir neu in dieser Branche, aber es machte Spaß.
Wie gesagt, mit DATZU ging es bis zur Wende weiter. Oder war vorher schon abzusehen, dass es da zu Ende gehen würde?
Na ja gut, mit der Wende ging so einiges zu Ende, ich selbst spürte das allerdings gar nicht so. Zu mir kamen Fritz Puppel und Toni Krahl. Sie baten mich, bei CITY mitzuspielen, was ich dann - zum Glück gemeinsam mit Ingo Politz - machte. An den Keyboards standen abwechselnd Rainer Kirchmann und Ritchie Barton, ab und zu tauchte auch Manne Hennig auf, beispielsweise bei der Produktion von "Keine Angst".
War das schon zur Zeit des Albums "Keine Angst" im Jahre 1990 …
Ja, "Keine Angst", produziert in Osnabrück in dem Studio, in welchem auch Cliff Barnes & The Fear Of Winning produzierten. Der dortige Produzent produzierte dann auch das CITY-Album.
Du warst also tatsächlich festes Mitglied bei CITY? Oder warst Du als Gast dabei?
Ich war richtig Mitglied, es ging allerdings nur knapp zwei Jahre. Wie mir Fritz und Toni damals erklärten, gab es eine sehr große Nachfrage nach der traditionellen CITY-Band. Somit stiegen Joro, Klaus und Manne wieder ein, und ab dann waren sie wieder die vier kurzhaarigen …
Wie hast Du denn selbst diese Wende erlebt?
Das war auch schon wieder ein zweigleisiges Geschehen. Einerseits CITY und zum anderen GÜNTHER FISCHER. Ich weiß nicht, wer sich von wem trennte, aber er suchte einen neuen Bassisten und kam auf mich zu. Diese Herausforderung nahm ich an und wurde von "Zicke" Schneider wunderbar unterstützt. Ich lernte viel, aber leider wurde nicht viel gespielt. Es waren - wenn es hochkam - ungefähr zwölf Konzerte im Jahr, aber es machte Spaß. Die andere Schiene war CITY - mäßig belegt. Und dann gab es eine Initiative, zu der ich hinzu gerufen wurde: Sie betraf den Rest des Erich-Weinert-Ensembles bzw. die Immobilie sowie den Bestand an Instrumenten. Der Ehemann und Manager von Eva-Maria Pieckert, Gregor Borges, hatte eine tolle Idee, arbeitete mit dem Arbeitslosenverband in der Frankfurter Allee/Pettenkofer Straße zusammen, die diese Sache sponserten. Gemeinsam wollten sie ermöglichen, arbeitslose Musikanten zu unterstützen. Nun war ich ja natürlich nicht unbedingt arbeitslos, trotzdem hatte er klar gemacht, dass da geeignete Musikanten zusammen kamen. Peter Falkenhagen an der Gitarre, dann gab es einen fünfköpfigen Bläsersatz, vier Streicher, zwei Keyboarder und Eva-Maria Pieckert sang. Die Band hieß damals COMPANY OF MUSIC.
Wie lange warst Du dort dabei?
Das lief parallel zu dieser und jener Sache. Bis 1996 spielte ich stellenweise in fünf Bands. Das war ein echter Höhepunkt oder besser Stresspunkt - wenn dann zwei oder drei Bands, in denen ich involviert war, gleichzeitig Termine hatten, musste ich mich um Stellvertreter kümmern und nicht selten draufzahlen. Also musste ich mich dann stark einschränken, weil mein Kopf damit nicht mehr klar kam.
Gab es bei diesen Bands richtig große Sachen oder waren es eher kleine Projekte?
Das war einmal 1994 Veronika Fischer, dort waren Andreas Bicking, Frank Schirmer, Micha Lehrmann und Michael Nass an den Keyboards dabei. Er ging ja dann später zu BAP. Auch das war eine schöne Zeit. Parallel ging es los mit IC, der sich meldete und wieder eine Band gründen wollte, und wir ließen uns darauf ein: Tina Powileit, Olliver Boström, Christian Kautz und ich. Das war eine Sache, die gut anlief mit der Platte "Erdbeer'n im Schnee". Sie wurde bei Ralf "Bummi" Bursy produziert und war aus meiner Sicht ein sehr gutes Werk. Wir wurden daraufhin von der Firma Interchord eingeladen, im Vorprogramm von PUR zu spielen, was Ralf "IC" Schmidt ablehnte. Ralf war nie zufrieden mit dem, was er gemacht hatte. Er wollte immer wieder anders sein und wendete sich von der Linie, die eigentlich erfolgversprechend war, wieder ab. Als nächstes machte er dann das Album "Kain". Die hatte dieses Cover mit den Gasmasken, welches vielen bis heute in Erinnerung geblieben ist. Das Album wurde etwas schräg produziert. Angedacht im Seattle-Sound, aber gespielt von zwei Gitarristen, die eigentlich keine Gitarristen waren. Das war der Untergang für dieses Projekt.
War das der Grund, warum Du letzten Endes entnervt die Flinte ins Korn geworfen hast und Dich umorientiertest? War das der Auslöser?
Da waren viele Sachen und Faktoren, die nicht mehr funktionierten. Nicht zuletzt lag es auch an der Person Ralf Schmidt selbst, bei dem sich immer mehr abzeichnete, dass sich sein schon vor Jahren erkannter Egoismus wieder breit machte. Es verlief alles irgendwie im Sande und wurde von Lustlosigkeit in die Auflösung getrieben. Um materiell etwas vorwärts zu kommen, entschied ich mich dann, mich als Kurierfahrer zu verdingen. Das war damals ein Tipp vom Schlagzeuger Matthias "Dicki" Grimm. Gemeinsam erledigten wir kleinere Sachen in einer Spedition. Ich kaufte mir noch einen kleinen MITSUBISHI-Transporter L300 und verdiente eigentlich recht gutes Geld damit. Allerdings entfernte ich mich immer mehr von der Musik. Ich kam nach Hause, war völlig fertig, die Bässe hingen an der Wand und wurden nicht mehr angefasst. Und in dieser Phase meldete sich ein gewisser Dieter Birr und fragte mich, ob ich nicht einen Bassisten wüsste.
Guck an…
An dieser Stelle noch mal kurz zurück: Es gab natürlich noch andere Stelldicheins mit kleineren Bands. Von 1991 bis 1992 spielte ich gemeinsam mit Stefan Schirrmacher, der früher schon mit ihm gespielt hatte, in der Band von Hansi Biebl. Dann gab es die Sängerin Gerlinde Kempendorff und als "Auskopplung" aus der BIEBL-Band gab es noch die Band JUST FOR FUN. Das war mehr oder weniger eine Jazzrock-Band. Sie spielten im Stil von MEZZOFORTE und coverten diese auch. Das wurde damals sehr gut angenommen von Leuten, die sich für Jazz-Rock interessierten. Allerdings ging auch das nur von 1990 bis 1993 und wir probten letztlich mehr, als dass wir spielten … Dennoch war auch das eine schöne Zeit. Dabei waren damals Stefan Schirrmacher, Matthias Grimm und Martin Becker - der jetzt bei KARAT ist. Und das Saxophon bediente zauberhaft Andreas Wieczorek.
Okay, machen wir den Sprung wieder zurück. Du sagtest, Dieter Birr rief Dich an …
Ja, Dieter Birr rief an und fragte, ob ich nicht einen Bassisten wüsste. Ich war damals selbst schon so weit von der Sache entfernt, dass ich ihm sagte, ich hätte neulich Hans-Joachim Schweda alias "Mücke" getroffen, der eine Band suchen würde. Er spielte in den 80ern gemeinsam mit Stefan Schirrmacher bei NEUMIS ROCK-CIRCUS und ihn traf ich tatsächlich einige Tage vorher. Er fuhr TAXI und ich fuhr Kurier. Dieter Birr sagte: "Okay, ich nehme es mal zur Kenntnis, aber melde Dich noch mal, wenn Dir noch etwas einfällt." So verblieben wir und ich hatte nach zwei Stunden einen Alarmton im Main-Cortex! Ich sah mir die an der Wand hängenden Bassgitarren an und überlegte, dass man ja auch älter wird und nicht immer Lust haben wird, irgendwelche Päckchen falschparkender Weise aus dem Lieferwagen in irgendeinen Laden rein zu bringen. Also rief ich ihn wieder an und sagte: "Ja, mir ist da jemand eingefallen. Und der wäre ich selbst." (lacht) So fand ich "husch husch" wieder in die Szene hinein, obwohl ich es mir etwas anders vorgestellt hatte. Aber um so berauschender war es dann.
Nun hatten sich die Zeiten damals ja schon geändert. Man sagte also nicht, "Das ist der neue Kumpel, der steigt jetzt als neues Mitglied in der Band ein." Die PUHDYS waren damals ja schon eine GbR, es stimmt also, dass Du quasi Angestellter dieser GbR warst?
Das stimmt, ja. Aber es war für mich ein Ereignis, in einer solchen Firma mitzuwirken zu können und ich begrüßte es. In den folgenden 19 Jahren hatte ich sehr viel Spaß und Auskommen.
Nun müssen wir die gesamte PUHDYS-Geschichte nicht mehr durchhecheln, das ist alles hinlänglich bekannt. Ihr habt 19 Jahre noch mal das Haus gerockt, bis hin zum Erhalt des Preises "ECHO", Ihr habt Vieles gemacht und Vieles erlebt. Diese Band endete 2016 und im Nachgang gab es diesen Streit. Inwieweit hat Dich dieser Streit überhaupt betroffen als ehemaliger "Angestellter"?
Eigentlich hat der Streit mich gar nicht betroffen. Ich fragte mich nur, was das soll. Für meine Begriffe wurde ein Name mit Füßen getreten, davon war ich überhaupt nicht begeistert. Ich äußerte mich öffentlich nie dazu, verurteilte es innerlich jedoch, wie "Maschine" die Sache anging. Man hätte viele Dinge sicher einvernehmlich klären können ohne sich öffentlich selbst zu schaden, und die Kollegen wären bestimmt dazu bereit gewesen. Letztlich stimmten sie einem Vergleich ja auch zu. Aber es gab viele Ratschläge, auch von Anwälten, die dann sagten: "Das müsst Ihr Euch nicht gefallen lassen, da gehen wir auf die Barrikaden." Mit der Einigung durch Vergleich verhinderten Peter Meyer, "Quaster" und Klaus jedenfalls die Eskalation des Themas. Freunde hat der Meister sich damit nicht gemacht.
Bei Klaus lag es sicher auch dran, dass er eher entnervt war und obendrein noch krank.
Er konnte das auch nicht mehr und hätte es sicher auch nicht durchgestanden. Damals wusste man noch nichts von seiner Erkrankung, aber er engagierte sich nicht mehr, weil ihm bereits die Kraft fehlte.
Ist denn diese Geschichte die erste, wenn Du jetzt an die PUHDYS denkst? Oder gab es Momente, die weitaus schöner waren und das überdecken?
Es ist wirklich so, dass ich mich nur noch an die schönen Dinge erinnere. Na klar gab es mal dieses oder jenes, aber das belastet mich nicht. "Maschine" wollte natürlich immer alles unter Kontrolle und in der Hand haben, und das war ja auch nicht verkehrt. Er war stets das Arbeitstier, der immer am Kreiseln und immer unterwegs war. und auch immer die Kraft hatte, irgendwelche Dinge durchzusetzen, was eindeutig für ihn spricht. Das Gute und das Schöne überdeckt natürlich alles, auch wenn es dummerweise ein unschönes Ende fand. Es waren unvergessliche Momente, es gab Muggen, die die Welt bedeuteten. Da ging die Post ab und sobald man auf der Bühne stand, waren alle Querelen vergessen und man spielte los. Das wurde dann erst in den letzten zwei oder drei Jahren etwas dünner. Da sagten dann auch schon mal Fans, dass sie merkten, dass irgendwie der Wurm drinnen wäre. Wir gaben uns dennoch Mühe, aber stellenweise gab es schon auch die gute Miene zum bösen Spiel. Trotzdem hat es noch immer Spaß machen dürfen …
Es gab ja vor einigen Jahren schon mal eine Geschichte in der SUPERillu wegen eines Fotos, auf welchem Dieter Birr in die Kamera sieht und Ihr alle zur Wand. Da gab es angeblich schon einen Streit. Gab es diesen Streit tatsächlich oder war das eine Inszenierung?
Das war eine aus Unstimmigkeiten hervorgegangene Inszenierung. Es war zu erkennen, dass irgendwas nicht so läuft und dass "Maschine" dominant Dinge durchsetzte, die nicht unbedingt im Einklang mit der Firma waren. Man ahnte also etwas und Rolf Henning ahnte es als Erster. Folglich meinte er: "Wenn es nun schon mal so ist, dann vermarkten wir das gleich …"
Und die SUPERillu sprang gleich drauf …
Ja, die fielen drauf rein. (lacht) - aber wahrscheinlich nicht ohne Eigennutz.
Stein des Anstoßes: Das Coverfoto zu "Alles hat seine Zeit"
Nun hingst Du 2016 Deinen Bass eigentlich an den Nagel, aber nicht komplett. Kurze Zeit später warst Du bei LIFT und auch bei RENFT. Wie wurde denn aus dem Ruhestand plötzlich wieder der Unruhestand?
Wenn man so lange Musik macht, dann geht es nicht mehr anders. Irgendwas hätte ich auf jeden Fall gemacht. Dass es glücklicherweise mit LIFT losging und jetzt bei RENFT weitergeht, das ist bemerkenswert. Mit Quaster war ich mir ja schon vor dem PUHDYS-Ende im Klaren, dass wir weitermachen. Darüber freue ich mich sehr und danke dem Leiter des Universums. Ich stehe der Sache demütig gegenüber und es ist alles okay, wie es kam. Ja, man kann schon fast sagen: Glück im Unglück, denn die PUHDYS hätten durchaus noch bis zum 50. Jubiläum weitermachen können. Aber die Unstimmigkeiten waren leider zu groß und für mich persönlich sind Egos im Rockbusiness Produktivitätsbremsen. Wie auch immer, es ist einfach nur traurig. Man hätte es mit entsprechenden Aussprachen fortführen können. Dazu gehört allerdings Bereitschaft. Die Kuriositäten begannen ja eigentlich schon 2003, als "Maschine" von der Zecke gepeinigt wurde … sprich unter Borreliose leiden musste. Es gab damals die Phase, in der er sich nicht mehr auf die Bühne traute und die Firma, die es bezahlen konnte, sich auf die Suche nach einem Psychologen für "Maschine" begab. Herr Dr. Reuter bewährte sich im Aufbau der Persönlichkeit "Maschine", und in diesem Zusammenhang wurde wahrscheinlich irgendetwas zu stark aufgebaut. Möge es ihm helfen.
Nun gibt es immer wieder Leute, die ein seltsames Verständnis für Personalpolitik haben. Du stiegst bei LIFT ein und innerhalb kürzester Zeit wurde dort alles über den Haufen geworfen. Nun stehen dort Leute auf der Bühne, die mit LIFT eigentlich nichts mehr zu tun haben. Bist Du eigentlich freiwillig dort raus oder wurdest Du auch quasi mehr oder weniger gestrichen?
Nein, gestrichen wurde weder ich noch sonst jemand. Wir, also Werther und ich, besuchen uns immer noch ab und zu zum Kaffeetrinken. Das Problem war damals, dass er wahrscheinlich nicht erkannt hat, dass da etwas zwischen sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten schwelte. Und dann kam es zu diesem sehr übereilten und ungünstigen Entschluss von André Jolig, sich mit einem Burnout aus der Linie zu nehmen. Daraufhin hat Werther dann die Band einfach nicht mehr erhalten. Er hat dann mit André als Duo weitergemacht und war scheinbar auch nicht mehr an einer Band interessiert. Die Sache mit André schien ihm gefallen zu haben.
Er ist eher ein Organist, oder? André Jolig ist an großen Orgeln unterwegs, was er natürlich hervorragend macht. Die Einstellung zum Rock'n'Roll hatte die Kollegen René Decker, Peter Michailow und mich nie echt befriedigt. Ich habe keinen Zweifel, dass er als Kirchen-Organist und Kantor Großes vor sich hat und wünsche ihm dafür Kraft und Gesundheit.
Werther Lohse hat jetzt junge Leute - einen Schlagzeuger und einen Bassisten - statt der bisherigen Kollegen bei LIFT dabei …
Was ja gut ist. Nachwuchsförderung …
Wie bist Du denn zu RENFT gekommen?
Zu RENFT kam ich, weil ich auch da wieder den Bassisten ersetzen musste. Bei LIFT war es Jens Brüssow - er erkrankte an Parkinson und konnte nicht mehr spielen. Und bei RENFT hatte es mit dem unmittelbaren Ableben von Marcus Schloussen zu tun.
Okay, nach dem Tod von Marcus Schloussen übernahmst Du dessen Position bei RENFT …
Genau. Das war eine ziemlich strenge Aktion. Eine Woche vorher wurde mir gesagt, dass die Band am 13. Dezember spielen wird. Am Montag davor also erhielt ich diese Information. So konnte ich mich ganz schnell mit dem Material befassen, aber glücklicherweise mit einem so guten Schlagzeuger wie "Delle" Kriese fiel mir das erste Konzert relativ leicht. Er kann dem Bassisten auch mal dieses und jenes Zeichen geben, sollte irgendwas in Vergessenheit geraten sein.
Kam "Monster" auf Dich zu?
In diesem Fall kam "Pitti" auf mich zu, "Monster" wurde quasi von "Pitti" übertölpelt … Ich fand es ja ziemlich frech, verzieh ihm das aber später. Ich kam ins "Neu-Helgoland", setzte mich an den runden Tisch und jemand von den Fans fragte Monster: "Wer spielt denn nun Bass bei Euch?". Und "Monster" meinte: "Na ich weiß doch nicht ...". "Pitti" darauf: "Na hier, Peter ist doch da." (lacht) Darauf entgegnete "Monster": "Na ja, das kann ich scheinbar nicht beeinflussen …" Da dachte ich: "Na prima." Und langsam nahm die Erkenntnis Gestalt an, dass RENFT und PUHDYS ja nicht gerade Freunde waren. …" (lacht) Aber die Zeit heilt Wunden, zumal es ja mittlerweile auch einige freundliche Begegnungen mit Quaster gegeben hat.
RENFT ist ja nun wieder komplett etwas anderes als das, was Du bisher machtest, da gibt es ja voll auf die "Zwölf" …
Ja, es war schon eine Umstellung, aber scheinbar gelingt mir das recht gut. Auch jetzt zusammen mit "Oli" am Schlagzeug. Mit "Delle" machte es auch Spaß, aber zwischen ihm und "Monster" gab es Reibereien - die Politik kann schon Beziehungen zermürben. Die stritten über Polit-Müll, aber es darf ja jeder seine Einstellung verteidigen, wenn's auch unter Alkohol schwieriger ist. Momentan geht es glücklicherweise - mit Kirschsaft - ziemlich gut ab!
Kann man bei RENFT alt werden oder ist das ebenfalls eher ein Intermezzo für Dich?
Eigentlich kann man da alt werden. Aber Thomas "Monster" Schoppe ist nun mal acht Jahre älter als z.B. Pitti und ich. Mit den Songs kann man auf jeden Fall alt werden. Wir wissen aber nicht, was das Personal hergibt, sprich: Die Gesundheit der Beteiligten wird über den Bestand des Projekts entscheiden.
Du sprichst hier die Gesundheit von "Monster" an, nicht wahr? Was hat er denn?
Er leidet an einer Erkrankung, die bis heute kein Arzt eindeutig definieren konnte. Sie zeigt sich in Form von Krämpfen in unterschiedlichen Bereichen es Körpers. Deshalb fiel neulich auch die Mugge in Friedrichshagen aus, weil er da nach Gera ins Krankenhaus musste. Das ist nun natürlich ein Thema, bei dem niemand weiß, wie es weitergehen wird, wenn er auch gerade erst mal 78 ist. Auf jeden Fall ist er nun krank und wir hoffen alle, dass er wieder auf die Beine kommt - er singt und spielt übrigens trotzdem.
Drücken wir mal die Daumen … Alternativ hast Du dazu ja noch Deine Betätigung bei "Quaster", denn dort trittst Du ja auch mit auf. Auch da kam es ja dazu, dass aus "Quaster" und seinem "Schatten" mittlerweile ein richtiges Ensemble wurde. Da sitzen ja nicht nur Du, sondern auch Kollege Schirrmacher und öfter mal Gäste auf der Bühne. Wie kam es denn dazu, dass Du plötzlich fester Bestandteil bei "Quaster" geworden bist?
Na ja, das war eigentlich von Anfang an klar. Mit dem Ende der PUHDYS beschlossen "Quaster" und ich, dass wir in kleinerem Rahmen musikalisch weiter machen werden, um einfach Spaß zu haben. Keinen mehr zu haben, der einem reinredet und man sich nach nichts mehr richten muss, außer den verkraftbaren Gegebenheiten. Also Bühnenklamotten jeder wie er denkt, freies Musizieren mit Spaß an der Sache und guter Laune. So läuft das auch im Grunde. Manchmal auch ein bisschen zu viel gute Laune, aber wir bleiben alle gesund dabei. (lacht) Auch dort wird das Zusammenspiel immer besser. "Quaster" vergisst hin und wieder mal was, aber ich würde jetzt nicht behaupten wollen, dass ich mir alles merke. Er ist vergangene Woche ja auch schon 79 Jahre alt geworden … Lange Zeit half er bei Textproblemen "Maschine" aus, wenn der etwas vergessen hatte - das wissen Fans zu bestätigen. Für mich in dieser Altersgruppe ein Spitzen-Sänger. Da stimmt noch alles, er hat ein angenehmes Timbre. Die älteren Mädels stehen drauf ... auch diverse junge. Er verbreitet gute Laune, also alles okay. Die Veranstalter sind zufrieden, aber die zahlen eben jetzt auch einiges weniger als für die PUHDYS. In diesem Rahmen spielt sich das ab.
Peter Rasym bei LIFT
Und nun kommt ja noch diese Geschichte mit der "ROCK OST"-Band, da tretet Ihr ja auch mit auf …
Ja, da gibt es jetzt eine Verbindung. Gedacht ist es so, dass wir akustisch spielen, dann spielt die Band "ROCK-OST" Ost-Rock-Klassiker, die unmittelbar mit den aktiven Musikern in Verbindung stehen und im letzten Drittel gibt es ein Zusammentreffen mit der Interpretation alter PUHDYS-Titel.
Also eine weitere Ostalgie-Show, kann man sagen …
Ja, wahrscheinlich. Sieben Titel wie: "Wilde Jahre", "Marathon", "Melanie", "Steh auf und lauf", "Frei wie die Geier", "Kühle Lady", "Alt wie ein Baum" werden es wohl sein, die wir dort gemeinsam spielen werden. Zum dargebotenen Repertoire bestehen allerding direkte persönliche Beziehungen!
Wo liegt denn der Unterschied dieses Bandkonstrukts und einer "Stadtfest"-Band, was unterscheidet Euch davon?
Du meinst, von einer "Stadtfest"-Coverband?
Ja, genau …
Es unterscheidet sich dadurch, dass die beteiligten Musiker direkt an der Erschaffung dieser Songs beteiligt waren. Der erste Teil des Abends präsentiert unser Akustik-Set ("Quaster & Friends"), in dem hauptsächlich aber nicht nur PUHDYS-Songs interpretiert werden. Wir spielen auch ein paar Titel aus der Entwicklungszeit der PUHDYS, also Hits der 60iger wie "Sorry Suzanne" von den HOLLIES. Ansonsten umfasst dieses eigene Akustik-Set zum größten Teil Titel von "Quaster", die er auch singt. Es sind natürlich auch "Eisbären" und solche Sachen dabei, die muss man einfach bringen. Dann kommt die ROCK-OST-Band wie beschrieben mit Songs aus der Geschichte der Musiker. "Mücke" Hans-Joachim Schweda, damals von NEUMIS ROCK CIRCUS "Der Clown", Delle Kriese von RENFT mit "Wer die Rose ehrt", Thomas Fritzsching als SILLY-Gründungsmitglied mit entsprechenden SILLY-Songs und der Initiator des Ganzen, Thomas Martin. als ehemaliger Sänger der HORST-KRÜGER-BAND mit der "Tagesreise". Man muss es abwarten, ob das laufen wird. Es ist ein Experiment. Warum soll man es nicht probieren? Die Zeiten für Veranstaltungswesen und Gastronomie sind nicht die besten. Jedoch die Hoffnung stirbt zuletzt.
Absolut …
Wenn sich da jemand wirklich einsetzt und in der Lage ist, ein paar Konzerte zusammenzustellen, allein das ist heutzutage ja schon Beachtung wert. Dann wird man sehen, wie es sich entwickeln wird.
Ich bin gespannt, was daraus wird …
Ich selbst natürlich auch …
Rückblickend auf Deine ganz lange Karriere - es sind ja schon fast 60 Jahre, die Du auf der Bühne stehst …
1968 war meine erste Mugge mit ELECTRONA! Das Datum weiß ich nicht mehr, aber sie fand im FDJ-Jugendclub "Hans Beimler" in Holzweißig bei Bitterfeld statt. Ich war 15 ½ und es gab 20,00 Ostmark pro Mann. (lacht)
Von da an bis heute: Was war in dieser ganzen Zeit von 1968 bis heute der geilste Moment. Lässt sich das lokalisieren? Kannst Du sagen: "Das war der Höhepunkt meiner Karriere"? Oder gab es mehrere?
Es gab immer wieder gleichberechtigte Momente. Natürlich gab es businesstechnisch beleuchtet Unterschiede, aber von den emotionalen Beteiligungen hatte alles irgendwelche Höhepunkte. Bei den PUHDYS sowieso, wenn die Massen von der eigenen Show inklusive Licht überwältigt waren. Dann aber auch echte Momente, die emotionale Höhepunkte in Sachen des Zusammenspiels in einer Band waren. Das war auch so bei LIFT. Wenn wir "Am Abend mancher Tage" oder "Tagesreise" spielten und René seine Keyboards drückte und auch sein Saxophon spielte, das war einfach überwältigend in der Perfektion. Das machte richtig Spaß und man freute sich, dass es so gut funktioniert. Das sind die Momente, in denen man gar nicht daran denkt, ob es heute Geld gibt oder wie viele Leute da sind. Das hebt einen einfach an und das gab es eigentlich in jeder Band.
Peter Rasym und Dieter "Quaster" Hertrampf
Würdest Du denn jede getroffene Entscheidung heute noch mal so treffen?
Hmmm … Bestimmt, aber das mit dem Kurier würde ich vielleicht nicht unbedingt noch mal machen. Das war schon ein bisschen Selbstaufgabe, aber da war eben nicht genügend Power in mir und das Pulver knapp im Haus. Ich dachte damals, "Was wird das jetzt alles?", und sah zu, überhaupt über Wasser zu bleiben. Letztlich löste sich das aber in Wohlgefallen auf, da war der Schutzengel unterwegs. Heute ist die damalige Krise doch eher als Lappalie zu betrachten. Unser Beitrag zu diesem Thema als "Quaster & Friends" lautet: "Keiner weiß, was morgen kommt" (Text Micha Sellin, Komposition Rainer Oleak).
Ich danke Dir für dieses tolle Gespräch und Deine vielen Antworten. Hast Du vielleicht abschließend noch ein paar Worte, die Du an die Leser richten möchtest?
Für mich ist klar, ich möchte in der Zukunft nicht mehr so in dieses Business-Geschehen geraten, sondern wirklich einfach nur Spaß an der Musik haben mit Leuten, die auch daran Spaß haben. Das ist mir im Moment vergönnt und was mich am meisten freut, dass auch das Publikum Freude bei den Projekten hat, an denen ich beteiligt bin. Im Moment sind es ja nur zwei. Leider ist es eben so, dass das eine Projekt auf das andere Rücksicht nehmen muss oder es gibt Vertreter, die auch mal die Bassfunktion übernehmen. Zum Beispiel ist es ja so, dass es vor mir bei RENFT auch schon ab und zu mal Aushilfen für Marcus Schloussen gab. Sollte es also mal zu einer Überschneidung mit "Quaster" kommen, gäbe es auch diese Option z.B. Gerhardt Paul "Paule" von den Kellergeistern aus Magdeburg. Bei "Quaster" würde der Aufwand für eine Vertretung nicht im machbaren Verhältnis zum Ergebnis stehen, denn bei ihm singe ich ja auch mit, Strophen und auch wichtige Backings usw. Da wäre es schwieriger, jemanden zu finden, der für mich einspringen könnte. Und wir drücken vor allen Dingen erst mal "Monster" die Daumen, dass er wieder auf die Beine kommt und es mit RENFT weitergehen kann.
Ja, ein ganz wichtiger Wunsch! Wir drücken "Monster" die Daumen und hoffen, dass er uns noch lange erhalten bleibt.
Darüber hinaus wünsche ich allen, die uns besuchen und darüber hinaus alles Gute für die nächste Zeit. Wir befinden uns in einem gewissen Umbruch, von unserer Politik wird es gerne "Zeitenwende" genannt (lacht). Aber eigentlich muss es darum gehen, sich zu besinnen auf menschliche Werte, wieder auf Traditionen zurückzugreifen und sich nicht in suggestiver Manipulation zu verzetteln … bewusstes Sein.
Den musst ich weitestgehend ignorieren und hatte lediglich engste Verwandtschaft zum Kaffeetrinken zu Gast. Ich war gesundheitlich leicht angeschlagen durch eine schmerzhafte Zahnangelegenheit, die sich noch bis heute in die Länge zieht und momentan in eine Wurzelbehandlung mündet. Im Moment fühle ich mich gut, weiß aber nicht, wie lange es noch dauern wird. Zu diesem Zeitpunkt war es die Hölle, weil ich eigentlich nach Spanien fahren wollte, was dann natürlich ausfiel. Das war also nicht so schön und ich dachte: "Nun bist du 70 und jetzt fangen die Schmerzen an, oder was?"
Au weia … Vor einiger Zeit hast Du den Wunsch geäußert, nicht mehr "Bimbo" genannt zu werden. Warum?
Weil auch ich ein Recht habe, meinen Vornamen einzusetzen. Im Grunde verabschiedete ich mich ja auch ein wenig aus dem Business, in welchem es auch immer um bedeutungsvolle Spitznamen geht. Ich beschäftige mich mit anderen Dingen, die auch ein wenig ins Spirituelle gehen, und dort macht es wirklich Sinn, sich beim Vornamen nennen zu lassen. Das hebt auch die eigene Befindlichkeit. "Bimbo" war früher zu DDR-Zeiten, also Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre mal eine Art Ehrerbietung, in der Leute "Bimbo" genannt wurden, die musikalisch etwas anders drauf und in der musikalischen Spielweise etwas exotischer waren. Ich fing mit 14 an, in einer Amateurband Musik zu machen und da war es gängig, einem Bassisten diesen würdevollen Namen zu verleihen. "Bimbo" war damals "in" …
Also hat man Dir schon zu Jugendzeiten diesen Spitznamen übergeholfen …
Ja. Im Zusammenhang mit den Leuten, mit denen ich damals Musik machte. Plötzlich war ich "Bimbo", es ist nicht mehr richtig nachvollziehbar. Es hing vielleicht auch mit meiner übersteigerten Lockerheit zusammen. Wir waren ja damals viel unterwegs, einfach die Kutte an und zu den beeindruckenden Konzerten von Live-Bands. Wir fuhren also vielen Bands hinterher. Zu ihnen gehörten Klaus Lenz, PANTA RHEI, LIFT in ihrer Anfangsphase und auch die Bürkholz-Formation aus Leipzig. Da war man dann unterwegs, relativ fröhlich, und nahm dann auch mal - nach der Einfahrt im Leipziger Bahnhof und vor dem Einsteigen in den nächsten Zug - vom Stand einfach ein Tablett mit Bier oder Limonade mit. Man stieg also in den in diesem Augenblick losfahrenden Zug ein, so dass der Inhaber dieser Getränke keine Chance mehr hatte … So etwas trug dann auch zur Spitznamenfindung bei. Aber man wird dann ja doch etwas ernsthafter und geht im Laufe der persönlichen Entwicklung etwas bewusster in die Lebensart. Und so war mit dem Ende der PUHDYS für mich auch der Spitzname erledigt.
Dann haben wir das nun auch an dieser Stelle endlich klargestellt, dass Du Peter bist …
Ja, ich bin Peter und kann verstehen, wenn einige Leute erst mal noch Probleme damit haben, mich so zu nennen. Ich sage dann immer: "Gut, Du bekommst hiermit einen 3x Bimbo Bonus, dann möchte ich aber meinen Vornamen hören."
Über Deinen Spitznamen haben wir nun gesprochen, was mich natürlich auch noch interessiert, ist Dein Nachname. Er ist ja ziemlich ungewöhnlich. Welche Herkunft hat er, weißt Du das?
Mein Nachname Rasym kommt mal von da und mal von dort her, je nachdem, wer sich mit der Herkunft beschäftigte. Ich selbst tat dies noch gar nicht intensiv, aber meine Schwester übernahm einige Dinge von meinem Vater, die er an Gedanken zu diesem Thema hinterließ. Es fängt irgendwann zu Zeiten der Wikinger an, dort gab es den Namen Rasen und irgendwann, ca. nach 800, als die Wikinger Kiewer Rus gründeten, tauchte der Name Rasin auf. Stepan Rasin war ein Bauernführer, ich habe jedoch keine Kenntnis in welchem Jahrhundert das war.
Auf jeden Fall ein sehr alter Name …
Ja, ein alter Name, der dann überall schon herum flog und auch in Querverbindungen zum Süden zu finden ist. Na ja, Kiew ist ja auch südlich von uns, aber auch in den Bereichen Türkei und Bulgarien. In Deutschland gibt es ihn noch in verschiedenen Schreibweisen, wie zum Beispiel Razim. Das war eine Mittelstandsfamilie im Friseurbereich im Harz. Mit den Leuten habe ich allerdings keine Kontakte. Mein Vater brach damals diese Verbindungen ab, denn er war Kommunist bis ans Lebensende. Als Unternehmer war dieser Herr Razim im Harz ja ein Kapitalist. Damals sah mein Vater dies noch ziemlich verbissen, beruhigte sich später allerdings, stieg aber dennoch mit seiner kommunistischen Gesinnung ins Grab - was ich als sehr ehrenhaft betrachte, wenn man an die Vielzahl von Wendehälsen nach der Wende denkt. Auf mich färbte sich seine Einstellung allerdings nicht ab.
Da schließt sich meine nächste Frage an: Wenn Du sagst, Dein Vater war ein überzeugter Kommunist, wie kam es denn bei ihm an, als Du als Jugendlicher anfingst, Musik zu machen?
Erst mal gar nicht. Es fing an, ihm zu gefallen, als ich zum ersten Mal mit unserer Amateurband in der Zeitung erschien. Die Band hieß ELECTRONA, wir gründeten uns 1968. Wir coverten zunächst die BEATLES und blieben dann bei den STONES hängen. Erstens war das einfacher und zweitens gab es damals mehr Stones-Fans.
Wie alt warst Du da?
Ich war 15.
Du bist ja ein "Späteinsteiger". Es heißt, Du bekamst mit 14 Deine erste Gitarre geschenkt und warst mit 15 in Deiner ersten Band. Das war spät und ging dann ja rasend schnell …
Genauso ist es, ja. Im Vorfeld hatte ich allerdings in unserem Wohnbereich jemanden, der Gitarre spielte. Mit ihm traf ich mich öfter, als ich so 12 Jahre war. Er zeigte mir die Gitarre, ich nahm sie auch mal mit, um ein bisschen probieren zu können. Ich war also auf die Schenkung der Gitarre zu meinem 14. Geburtstag schon vorbereitet, damit ich mit ihr auch etwas anfangen konnte. Und dann ging es natürlich richtig los. Ich übte den ganzen Tag, irgendwann kamen die Bedenken meiner Eltern, dass ich auch mal wieder etwas für die Schule machen müsste. Die Schule litt natürlich darunter, ich konnte aber dennoch mein Abi machen. Ich hatte damals ein wenig den Gedanken und die Ambitionen, vielleicht im Bereich Architekt-/Bauingenieurwesen in ein Studium einzusteigen, aber dafür reichte es nicht. Den damals geforderten Abschlussdurchschnitt von 1,2 konnte ich nicht bieten. Also wurde mir ein Studienplatz im Bereich Verkehrsingenieurswesen an der Hochschule "Friedrich List" in Dresden angeboten. Den nahm ich nicht an, sondern nahm nach dem Abitur eineinhalb Jahre im Chemiekombinat an der Erwachsenqualifizierung zum BMSR-Mechaniker teil, obwohl völlig klar war, dass ich das sowieso nie machen werde. Nebenbei bildete ich mich autodidaktisch musikalisch weiter und bewarb mich an der Musikschule in Weimar für ein Musikstudium. Dort wurde ich auch angenommen, war aber nicht lange dabei, da es damals ein Fernstudium war. Der Unterricht fand also an den Wochenenden statt, aber erstens machte ich zu dieser Zeit an den Wochenenden schon Musik und zweitens fand außer Marxismus/Leninismus, Russisch und Politökonomie dort nicht viel statt, weil der Kontrabasslehrer, den ich dort haben sollte, stets und ständig im Ausland war. Er fuhr mit der Dresdner Philharmonie nach Japan, nach China und sonst wo hin. Jedenfalls war er nie vor Ort, wenn ich dort zum Unterricht war. Und so vollendete ich mein Werk am Konservatorium in Halle und schloss dort 1975 erfolgreich ab.
Du fingst Dein Studium in Richtung Bass an, hattest ja aber mit der Gitarre begonnen. Wann fand der Wechsel von der Gitarre zum Bass statt?
Dieser Wechsel fand schon bei der Band ELECTRONA statt, sie spielte von 1968 bis 1971. Dann mussten zwei Mitglieder zur Armee und das Projekt hatte sich erledigt. Zum Beginn dieser Zeit hatten wir einen Bassisten, der spielte ein sogenanntes Basset. Er war also kein Bassgitarrist, sondern hatte so ein Umhängeding, welches erst in den 80er und 90er Jahren Mode wurde. Es sah ziemlich ungewöhnlich aus und passte auch nicht zu den STONES. Dann war er außerdem noch FDJ-Sekretär an der EOS Bitterfeld und das passte alles irgendwie nicht ins Bild, obwohl er ein netter Kerl war. Wir suchten dann vergeblich nach einem Bassisten, denn ich wollte weiterhin Gitarre spielen. Es fand sich keiner und dann entstand - aus "Bimbo" abgleitet - der Begriff "Bin Im Moment Bass Orientiert". Es sollte ja lediglich eine momentane Sache sein, aber dieser Moment zieht sich bis heute durch mein Leben.
Als sich das mit der ersten Band von Dir erledigt hatte, wie ging es dann für Dich weiter?
Dann kam ein Mann namens Nicolaus Hollmann auf mich zu. Er war damals Keyboarder und spielte bei den COMETEN im Bitterfelder Umland, unter anderem war er später bei Angelika Mann am Klavier. Er vermittelte mir das Angebot einer Hallenser Profiband, die RAPUNZEL hieß. Mit dieser Band begannen wir zu proben, mein Einstieg muss 1971/1972 gewesen sein. Dort coverten wir hauptsächlich JETHRO TULL. Wir hatten einen Flötisten und Sänger, der eigentlich recht gut war. Allerdings hielt er meist nur eine oder zwei Stunden durch, weil er sich dann immer für andere Dinge interessierte. Er verschwand einfach, stand an der Theke und sah nach irgendwelchen Mädels. Das war jedenfalls nicht lustig, denn wir spielten vier bis fünf Stunden zum Tanz. In den Pausen ergab sich die Möglichkeit, auch mal einen Drink zu nehmen, aber irgendwann kam er eben nicht mehr auf die Bühne und wir improvisierten dann irgendwelches Zeug zu dritt. Es war sicherlich gruselig, für mich aber auch fördernd. Den Überblick über Harmonien und das Zusammenspiel zu forcieren war eine gute Lehre. Wir hatten damals auch einen Gitarristen, dem es erst nach drei Stunden langweilig auf der Bühne wurde. Den konnte man später als Peter bei "Peter und Paul" in vielen schönen Sendungen im Fernsehfunk der DDR bewundern.
Und bei RAPUNZEL entdeckte Dich dann Sieghart "Schubi" Schubert …
Ja, dort entdeckte mich Schubi. Zu dieser Zeit fuhren wir aber schon zweigleisig. 1974 gab es in Leipzig die Band FEUERKITT, bei der auch Hans die Geige schon mitspielte. Jürgen Frühauf aus Halle an den Drums und Nico Hollmann an den Keyboards. "Moppel" Schlundt war Sänger. Der sang vorher auch bei Klaus Lenz. "Moppel" war sein Spitzname, auf seinen richtigen Vornamen komme ich jetzt gerade nicht. Er hatte eine echte Soul-Stimme und wir versuchten, dem Publikum in dieser Richtung ein Angebot zu machen. Das wurde allerdings zu dieser Zeit nicht all zu euphorisch angenommen. Es war wohl zu wenig "volksverbunden", zu kompliziert eben für die Masse, die ihre Hände auf das erste und dritte Viertel eines Taktes mit entsprechend preussisch-sächsischer Energie zu einem "Klatsch" zusammenführen. Insofern waren die Konzerte sehr ausgedünnt und glücklicherweise kam dann Herr Schubert. Er hatte uns schon beobachtet, weil er auf der Suche nach einem Bassisten war und dachte, "Der könnte passen." Bei Schubi sang damals Holger Biege, da hieß die Unternehmung noch SCHUBERT FORMATION. Als Holger sein eigenes Projekt startete, wurde die Band umgestellt, Schubis damalige Lebensgefährtin Katrin Schubert wurde Sängerin und die Band hieß ab sofort SCHUBERT BAND. Dort gab es auch einen Sänger Christian Schmidt, der später lange Zeit bei der MODERN SOUL BAND sang. Es gab also eine Zeit, in der Katrin und Christian gemeinsam sangen, später wurden die Konzerte dann nur noch von Katrin bestritten. Das ging eine Weile gut, machte auch Spaß, bis dann mein Bassspiel offensichtlich auch in anderen Kreisen auffiel. Und so kam Uschi Brüning aus dem Bereich des Jazz.
Lief das mit Uschi Brüning und Schubert parallel oder gingst Du fest von der einen zur anderen Band?
Das war ein direkter Umstieg. Ich stieg bei Schubert aus, was ihn damals sehr frustrierte.
Nicht nur ihn, auch Katrin Lindner sagte irgendwann mal zu mir, dass es der schwärzeste Moment in der Bandgeschichte gewesen wäre, als Du gegangen bist. Sie hatte an Dir wohl einen Narren gefressen …
Ja, das sagte sie mir später irgendwann auch mal, als wir uns in Quadenschönfeld in Moritz's Bahnhof-Kneipe trafen. Da bekam ich erst mal mit, wie schwer sie das damals getroffen hatte. Für mich war es einfach schön, mal da und mal dort Musik zu machen.
Aber die Musik, die Uschi Brüning machte, war ja komplett etwas völlig anderes. Du gingst ja von einer eher rockorientierten Band zu Uschi, die im Jazz-Bereich unterwegs war …
Uschi war Jazz und sie hatte damals vor, ein bisschen rockiger zu klingeln und zwar unter der Leitung von Axel "Glenn" Müller, einem Saxophonisten aus Halle (Saale), der später am Theater des Westens die Band und das Orchester leitete. Wir probten damals schön bei Horst Krüger in seinem Studio in Blankenburg und stellten das Thema auf die Beine. Helmut Forsthoff, ein Free-Jazzer, war ebenfalls dabei. Und nicht zu vergessen Uwe Hassbecker. Er vollendete damals das Hallenser Trio. Das war also eine interessante Mischung. Als Axel "Glenn" Müller die Uschi-Brüning Band 1978 leitete, wollte er irgendwie einen Touch so in Richtung Al Jarreau hinein bringen. Diesbezüglich spielte auch der damalige Pianist/Keyboarder Hans Otto Jerosch eine stilbildende Rolle. Anfang 1979 fuhr Axel "Glenn" Müller nebenbei mit Günter Gollasch mal in den Westen und kam nicht wieder zurück. Damit hatte sich die Uschi Brüning-Band erledigt und ich hatte wieder ein sehr liebenswürdiges Angebot von der Kapelle SCHUBERT BAND. So machte ich also dort wieder mit und enttäuschte die Band im August desselben Jahres ein weiteres Mal …
Da gingst Du zu STERN MEISSEN …
Ja. Martin Schreier und Michael Behm kamen zu mir und Michael Behm sprach mich an. Sie beobachteten mich bei der SCHUBERT BAND im Plänterwald in Berlin und ich wurde von Michael Behm angesprochen, ob ich nicht Lust hätte. STERN MEISSEN hatte mir schon einige Jahre vorher sehr gut gefallen, ihre grandiosen Werke und die Quadrophonie waren für mich irgendwie überwältigend. Da musste ich nicht lange überlegen …
Zeichnete sich denn damals - der Namenswechsel war bereits vollzogen - bei STERN MEISSEN schon ab, dass sie von dieser Artrock-Geschichte in Richtung Pop gehen würden. War das damals schon klar, als Du dazu kamst, oder war das zu der Zeit noch nicht aktuell?
Eine gewisse Zweigleisigkeit gab es damals schon. Jedoch mit dem Aufkommen von Diskotheken (damals musikalische Alleinunterhalter) bemerkten wir eine Tendenz im Publikum zu weniger intellektuell angehauchter Rockmusik, so dass wir uns noch mehr auf kurze Songs orientierten. Martin Schreier und Michael Behm zeigten Interesse, die Musik etwas rockiger zu gestalten. Dann kam die Neue Deutsche Welle. Viele zahlungskräftige Kulturfreunde maßen den großen Werken leider nicht mehr die von uns erhoffte Bedeutung bei. Auch die Medien orientierten mehr auf Flachkram ( … was wahrscheinlich kulturpolitisch Absicht war) - die Tendenz war zumindest erkennbar. Aber der endgültige Entschluss kam 1983, verbunden mit der Suche nach einem Sänger. Unsere begnadete Frontstimme Reinhard Fißler rutschte bedingt durch eine verschleppte Grippe immer tiefer in ein Chaos von unkontrollierter Intonation und musste die Bühne aufgeben. Da er dann aber trotzdem noch solo weitermachte, war das der Auslöser, sich nach einem neuen Frontschwein-Talent umzusehen. Die Suche endete bei Ralf Schmidt.
Und Uwe Hassbecker und Du traft Euch dann quasi bei STERN MEISSEN auch wieder …
Ja, genau. Das kam daher, dass Martin Schreier meinte, "Wir müssen hier ein bisschen mehr Rock'n'Roll reinbringen", und mich fragte, ob ich nicht noch einen Gitarristen kennen würde. Da ich mit Uwe Hassbecker zusammen gespielt hatte, war er sofort meine Empfehlung, da er damals schon spitzenmäßig unterwegs und gut drauf war. Er passte auch einfach gut rein.
Das muss für Dich ja ein riesiger Schritt gewesen sein, denn "STERN" arbeitete soundmäßig ja auch ganz anders, als alle anderen Bands in der DDR. Was ging in Dir vor, als Du zum ersten Mal mit dieser Band auf der Bühne gestanden hast?
Das war für mich schon einzigartig. Für mich war die Art und Weise des zusammen Musizierens völlig neu, es gab eine arrangierte Dynamik und es war kraftvoll sowie vom Groove her sehr fokussiert. Damals gab es ja noch zwei Keyboarder, nämlich Thomas Kurzhals und Lothar Kramer. Was da auf der Bühne sowie an Sounds abging, das war schon gewaltig und begeisterte mich.
Diese speziellen Sounds, die STERN MEISSEN ab dem Album "Stundenschlag" hatten, dieses basslastige überhaupt, wuchs das auf Deinem Mist oder war das ein Wunsch der Band, diesen Sound so zu kreieren?
Meine Vorschläge wurden einfach bedenkenlos angenommen. Das ist natürlich ein Mix von Beidem. Andeutungsweise machte ich so etwas schon bei der SCHUBERT BAND, also ein bisschen funkiger usw. Ich wurde damals auch ein wenig motiviert vom Bassisten der Band ERUPTION, den ich bei einer "rund"-Sendung kennenlernte, als wir damals mit Uschi-Brüning als einzige Band live auftraten, und mit dem ich mich auch sehr schön unterhielt. Wie er spielte, faszinierte mich. Ich versuchte, auf meine Art einen ähnlichen Sound zu kreieren. Das gelang mir auch teilweise und das konnte also entsprechend eingesetzt werden. Helmar Federowski, der kreative Tonverwalter im Amiga-Studio, der uns damals bei verschiedenen Sachen begleitet hatte, begrüßte meinen Stil. Klaus Schmidt, unser Tonmeister im Studio, war der Meinung, dass es den Sound unbedingt bereichern würde. Es war also keine Dominanz von meiner Seite, dass es so passiert ist, sondern es ergab sich einfach so.
… und es wurde quasi auch zu Deinem Markenzeichen oder?
Genau. Das führte ja auch dazu, dass ich mehrere Male der "Bassist des Jahres" sein durfte …
Viele Musiker in der DDR waren oft für andere Kollegen im Studio, so auch Du. Ab wann ging es bei Dir los, Deinen Bass bei Produktionen für andere Künstler zu spielen?
Die Initiative entstand daraus, dass Martin Schreier in Berlin Wilhelmshagen sein Studio eingerichtet hatte. Wir legten alle Hand mit an und nahmen in diesem Studio das STERN MEISSEN-Album "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" unter Leitung unseres Tonmeisters Klaus Schmidt auf. Damals gab es dann Besuche von Arndt Bause und anderen Komponisten, so kam es zu den ersten Aufträgen. Unter anderen zum Beispiel "Spielverderber" für Inka, auch Harry Jeske oder Hartmut Schulze-Gerlach gehörten zu den Auftraggebern. Es ging also auch in den Schlagerbereich hinein. Da fällt mir noch eine komplette LP von Helga Hahnemann ein.
Zufällig auch Tina? Ist das Dein Bass, der da brummt?
Ja, Tina auch mit "Urlaub auf dem Meeresgrund". Das war damals gemeinsam mit Uwe Hassbecker. Es waren ziemlich viele Produktionen, ich führte jedoch kein Buch darüber …
Aber Du warst viel beschäftigt, das kann man so sagen, oder?
Ich war viel beschäftigt, auch oft im Pop-Studio in der Nalepastraße und auch für Arnold Fritzsch spielte ich Sachen ein. Eben das, was so anfiel … (lacht) - im Edelbereich.
Du sagtest gerade, bei STERN MEISSEN gab es einen Wandel und Du erlebtest ihn live und in Farbe mit. Allein der Weggang von Thomas Kurzhals, das Kommen von Andreas Bicking, sowie die grundlegende Änderung des Sounds. War das in Deinem Interesse, dass es plötzlich so poppig wurde, hattest Du Spaß dran oder ging es Dir ziemlich schnell auf den Zeiger?
Nein, ich hatte da schon Spaß dran, eben weil es doch noch zuckiger, rockiger und rhythmusbetonter war. Also nicht diese festgelegten Taktwechsel, die damals auch Spaß machten … Es wurde aber eindeutiger und damit ergab sich die Möglichkeit, auf der Bühne mehr abzugehen. Doch, das machte ab 1983 viel Spaß und Andreas Bicking war eine echte Bereicherung, inklusive seinem Saxophon usw. Es brachte musikalisch etwas Bewegung rein und ich würde sagen: Es war nicht schlechter oder besser, es war eine gute Variante, die mir Spaß machte. Was mir dann nicht mehr Spaß machte, waren die bandinternen Reibereien, die wir uns damals mit Herrn Schmidt in die Band holten. Ich will da jedoch keine Wertung vornehmen, er hatte seine Vorstellungen und Martin hatte seine Vorstellungen. Das rieb sich eben und war nicht so angenehm. Letzten Endes löste sich aber alles in Wohlgefallen auf. IC machte sein Ding mit Bicking. Es entstand eine Platte, die sich sehr gut verkaufte. Insofern hatte es auch seine Berechtigung, dass er sich in diese Richtung bewegte. Für mich war es ein Signal, wachsam zu bleiben und genau in dieser Umbruchphase kam Rolf Henning zu mir und fragte mich, ob ich mich nicht verändern wolle.
Und das war DATZU …
Das waren DATZU und - in Klammern - NANU. NANU also die Begleitband von Frank Schöbel, sowie als DATZU im Pop-Bereich mit anfangs Ines Paulke, danach Anke Schenker und zum Ende Anett Kölpin. Drei gute Sängerinnen … Komerziell war die NANU-Kapelle allerding die erfolgreichere.
Selbst der Rest der Band war ja nicht unbekannt. Die kanntest Du wahrscheinlich auch schon vorher, oder?
Stefan Schirrmacher von NEUMIS ROCK-CIRCUS, Frank Schirmer, der heute einen guten Posten bei STERN MEISSEN ausfüllt und abgelöst wurde von Ingo Politz (TurboBeat) - er hatte damals allerdings noch kein Studio - spielte auch bei PRINZIP, und natürlich Rainer Oleak. Er entschied sich ja irgendwann, mehr in Richtung des Produzenten tätig zu werden, was ihm bis heute auch sehr gut gelungen ist. Er baute sich ein tierisches Studio auf, nachdem er ursprünglich ganz klein in seiner Wohnung damit begann. Ingo Politz war und ist da aus gleichem Holze geschnitzt.
Du erwähntest schon die drei Sängerinnen, die zum Niederknien geile Stimmen hatten. Fiel es da als Musiker nicht unheimlich schwer, sich auf sein eigenes Ding zu konzentrieren, und nicht ständig verliebt daneben zu stehen und zuzuhören, was die Damen da machen? Es war ja schon grandios, was sie da ablieferten …
Ich war nie wirklich auf "mein Ding" fokussiert, sondern hatte immer eine Sehnsucht nach perfektem Zusammenspiel. Ich finde es einfach begeisternd, in einer Band zu spielen, in der das alles funktioniert. Geballte Kraft im Groove, geile Harmonien usw., so etwas erwischte ich dort. Zu den solistischen Beiträgen wurde ich mehr oder weniger immer wieder erst geführt. Ich war nie ambitioniert, solistisch aufzutauchen. Na ja, vielleicht mal mit 80 … (lacht)
Ich meinte das eigentlich anders … Du hast ja neben drei ausgesprochen attraktiven jungen Frauen gestanden und Musik gemacht. Fiel es da schwer, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren?
Du meinst also, auf den Hintern zu gucken?
(lacht) Ja, zum Beispiel ... Oder eben angetan zu sein von schönen jungen Sängerinnen mit tollen Stimmen.
Na klar, waren die schon ziemlich toll. Man war durchaus beflügelt, aber nicht unbedingt abgelenkt. Ich hatte bezaubernde Frontdamen vor mir und das machte schon Spaß …
Man wertet ja eigentlich nicht, aber gab es von den drei Damen eine, die Dir als Sängerin besonders am Herzen lag?
Eigentlich waren alle drei super, jede auf ihre Art. Anke Schenker bewegte sich dann ja mehr in Richtung Jazz, was ja auch eine Liebäugelei von mir war. Anett überzeugte erscheinungstechnisch und singt bis heute richtig gut. Schließlich lehrt sie ja seit Jahren Gesang an der Musikakademie. Es waren wirklich drei Mordssängerinnen, die es mehr oder weniger lange in der Band ausgehalten haben. Mit Ines habe ich nur mal so 14 Tage geprobt. Das war sehr schön - da hatten sich aber im Vorfeld Spannungen aufgebaut von denen ich nichts weiß - und plötzlich war Anke Schenker da.
Ich glaube, mit DATZU ging es bis zu Wende weiter. Ihr machtet eine Platte, wart ständig live unterwegs und auch im Fernsehen präsent. Was hast Du denn von dieser Zeit noch besonders in Erinnerung behalten? Was war das Besondere an DATZU?
Mir gefielen besonders die Nummern von Rainer Oleak, die diesen Funky-Touch hatten und damals eigentlich auch eine Modeerscheinung waren. Peter Lorenz, unser Saxophonist, hatte rein musikalisch und auch klamottenmäßig eine Band als Vorbild im Auge, auf deren Namen ich jetzt nicht komme. Damals kümmerten wir uns ja noch selbst um Bühnenklamotten, wobei ich da bis heute nicht so richtig begeistert mitgehe. Ich ließ mich darauf ein, sage ich mal, und fragte mich dennoch immer: "Muss das jetzt sein?" Mit besonders aufwendigen und abwegigen Bühnenklamotten hatte ich immer meine Probleme. (lacht) Aber es passierte dann eben so und es war eine Art Markenzeichen. Stefan Schirrmacher spielte schon damals geil, Ingo Politz war mein Nummer 1-Drummer. Ich beobachtete ihn auch noch, als er bei LIFT spielte. Für meine Begriffe spielte er dort musikalisch so hervorragend, dass es danach jeder Trommler schwer hatte. Da waren einfach ringsum gute Musiker, mit denen es Spaß machte, zu spielen. Bei der Geschichte mit Frank Schöbel zählten ganz andere Aspekte. Erst mal gab es dort immer Muggen, und damit auch die materielle Versorgung. Die Säle waren immer voll und man wurde - wie später bei den PUHDYS auch - schon beklatscht, bevor man überhaupt auf die Bühne gekommen war. Das tat dem Selbstwert schon ganz gut. Und selbst diese Musik haben wir natürlich überzeugend und dem Star zu Ehren mit der entsprechenden Einstellung gespielt. Natürlich waren wir neu in dieser Branche, aber es machte Spaß.
Wie gesagt, mit DATZU ging es bis zur Wende weiter. Oder war vorher schon abzusehen, dass es da zu Ende gehen würde?
Na ja gut, mit der Wende ging so einiges zu Ende, ich selbst spürte das allerdings gar nicht so. Zu mir kamen Fritz Puppel und Toni Krahl. Sie baten mich, bei CITY mitzuspielen, was ich dann - zum Glück gemeinsam mit Ingo Politz - machte. An den Keyboards standen abwechselnd Rainer Kirchmann und Ritchie Barton, ab und zu tauchte auch Manne Hennig auf, beispielsweise bei der Produktion von "Keine Angst".
War das schon zur Zeit des Albums "Keine Angst" im Jahre 1990 …
Ja, "Keine Angst", produziert in Osnabrück in dem Studio, in welchem auch Cliff Barnes & The Fear Of Winning produzierten. Der dortige Produzent produzierte dann auch das CITY-Album.
Du warst also tatsächlich festes Mitglied bei CITY? Oder warst Du als Gast dabei?
Ich war richtig Mitglied, es ging allerdings nur knapp zwei Jahre. Wie mir Fritz und Toni damals erklärten, gab es eine sehr große Nachfrage nach der traditionellen CITY-Band. Somit stiegen Joro, Klaus und Manne wieder ein, und ab dann waren sie wieder die vier kurzhaarigen …
Wie hast Du denn selbst diese Wende erlebt?
Das war auch schon wieder ein zweigleisiges Geschehen. Einerseits CITY und zum anderen GÜNTHER FISCHER. Ich weiß nicht, wer sich von wem trennte, aber er suchte einen neuen Bassisten und kam auf mich zu. Diese Herausforderung nahm ich an und wurde von "Zicke" Schneider wunderbar unterstützt. Ich lernte viel, aber leider wurde nicht viel gespielt. Es waren - wenn es hochkam - ungefähr zwölf Konzerte im Jahr, aber es machte Spaß. Die andere Schiene war CITY - mäßig belegt. Und dann gab es eine Initiative, zu der ich hinzu gerufen wurde: Sie betraf den Rest des Erich-Weinert-Ensembles bzw. die Immobilie sowie den Bestand an Instrumenten. Der Ehemann und Manager von Eva-Maria Pieckert, Gregor Borges, hatte eine tolle Idee, arbeitete mit dem Arbeitslosenverband in der Frankfurter Allee/Pettenkofer Straße zusammen, die diese Sache sponserten. Gemeinsam wollten sie ermöglichen, arbeitslose Musikanten zu unterstützen. Nun war ich ja natürlich nicht unbedingt arbeitslos, trotzdem hatte er klar gemacht, dass da geeignete Musikanten zusammen kamen. Peter Falkenhagen an der Gitarre, dann gab es einen fünfköpfigen Bläsersatz, vier Streicher, zwei Keyboarder und Eva-Maria Pieckert sang. Die Band hieß damals COMPANY OF MUSIC.
Wie lange warst Du dort dabei?
Das lief parallel zu dieser und jener Sache. Bis 1996 spielte ich stellenweise in fünf Bands. Das war ein echter Höhepunkt oder besser Stresspunkt - wenn dann zwei oder drei Bands, in denen ich involviert war, gleichzeitig Termine hatten, musste ich mich um Stellvertreter kümmern und nicht selten draufzahlen. Also musste ich mich dann stark einschränken, weil mein Kopf damit nicht mehr klar kam.
Gab es bei diesen Bands richtig große Sachen oder waren es eher kleine Projekte?
Das war einmal 1994 Veronika Fischer, dort waren Andreas Bicking, Frank Schirmer, Micha Lehrmann und Michael Nass an den Keyboards dabei. Er ging ja dann später zu BAP. Auch das war eine schöne Zeit. Parallel ging es los mit IC, der sich meldete und wieder eine Band gründen wollte, und wir ließen uns darauf ein: Tina Powileit, Olliver Boström, Christian Kautz und ich. Das war eine Sache, die gut anlief mit der Platte "Erdbeer'n im Schnee". Sie wurde bei Ralf "Bummi" Bursy produziert und war aus meiner Sicht ein sehr gutes Werk. Wir wurden daraufhin von der Firma Interchord eingeladen, im Vorprogramm von PUR zu spielen, was Ralf "IC" Schmidt ablehnte. Ralf war nie zufrieden mit dem, was er gemacht hatte. Er wollte immer wieder anders sein und wendete sich von der Linie, die eigentlich erfolgversprechend war, wieder ab. Als nächstes machte er dann das Album "Kain". Die hatte dieses Cover mit den Gasmasken, welches vielen bis heute in Erinnerung geblieben ist. Das Album wurde etwas schräg produziert. Angedacht im Seattle-Sound, aber gespielt von zwei Gitarristen, die eigentlich keine Gitarristen waren. Das war der Untergang für dieses Projekt.
War das der Grund, warum Du letzten Endes entnervt die Flinte ins Korn geworfen hast und Dich umorientiertest? War das der Auslöser?
Da waren viele Sachen und Faktoren, die nicht mehr funktionierten. Nicht zuletzt lag es auch an der Person Ralf Schmidt selbst, bei dem sich immer mehr abzeichnete, dass sich sein schon vor Jahren erkannter Egoismus wieder breit machte. Es verlief alles irgendwie im Sande und wurde von Lustlosigkeit in die Auflösung getrieben. Um materiell etwas vorwärts zu kommen, entschied ich mich dann, mich als Kurierfahrer zu verdingen. Das war damals ein Tipp vom Schlagzeuger Matthias "Dicki" Grimm. Gemeinsam erledigten wir kleinere Sachen in einer Spedition. Ich kaufte mir noch einen kleinen MITSUBISHI-Transporter L300 und verdiente eigentlich recht gutes Geld damit. Allerdings entfernte ich mich immer mehr von der Musik. Ich kam nach Hause, war völlig fertig, die Bässe hingen an der Wand und wurden nicht mehr angefasst. Und in dieser Phase meldete sich ein gewisser Dieter Birr und fragte mich, ob ich nicht einen Bassisten wüsste.
Guck an…
An dieser Stelle noch mal kurz zurück: Es gab natürlich noch andere Stelldicheins mit kleineren Bands. Von 1991 bis 1992 spielte ich gemeinsam mit Stefan Schirrmacher, der früher schon mit ihm gespielt hatte, in der Band von Hansi Biebl. Dann gab es die Sängerin Gerlinde Kempendorff und als "Auskopplung" aus der BIEBL-Band gab es noch die Band JUST FOR FUN. Das war mehr oder weniger eine Jazzrock-Band. Sie spielten im Stil von MEZZOFORTE und coverten diese auch. Das wurde damals sehr gut angenommen von Leuten, die sich für Jazz-Rock interessierten. Allerdings ging auch das nur von 1990 bis 1993 und wir probten letztlich mehr, als dass wir spielten … Dennoch war auch das eine schöne Zeit. Dabei waren damals Stefan Schirrmacher, Matthias Grimm und Martin Becker - der jetzt bei KARAT ist. Und das Saxophon bediente zauberhaft Andreas Wieczorek.
Okay, machen wir den Sprung wieder zurück. Du sagtest, Dieter Birr rief Dich an …
Ja, Dieter Birr rief an und fragte, ob ich nicht einen Bassisten wüsste. Ich war damals selbst schon so weit von der Sache entfernt, dass ich ihm sagte, ich hätte neulich Hans-Joachim Schweda alias "Mücke" getroffen, der eine Band suchen würde. Er spielte in den 80ern gemeinsam mit Stefan Schirrmacher bei NEUMIS ROCK-CIRCUS und ihn traf ich tatsächlich einige Tage vorher. Er fuhr TAXI und ich fuhr Kurier. Dieter Birr sagte: "Okay, ich nehme es mal zur Kenntnis, aber melde Dich noch mal, wenn Dir noch etwas einfällt." So verblieben wir und ich hatte nach zwei Stunden einen Alarmton im Main-Cortex! Ich sah mir die an der Wand hängenden Bassgitarren an und überlegte, dass man ja auch älter wird und nicht immer Lust haben wird, irgendwelche Päckchen falschparkender Weise aus dem Lieferwagen in irgendeinen Laden rein zu bringen. Also rief ich ihn wieder an und sagte: "Ja, mir ist da jemand eingefallen. Und der wäre ich selbst." (lacht) So fand ich "husch husch" wieder in die Szene hinein, obwohl ich es mir etwas anders vorgestellt hatte. Aber um so berauschender war es dann.
Nun hatten sich die Zeiten damals ja schon geändert. Man sagte also nicht, "Das ist der neue Kumpel, der steigt jetzt als neues Mitglied in der Band ein." Die PUHDYS waren damals ja schon eine GbR, es stimmt also, dass Du quasi Angestellter dieser GbR warst?
Das stimmt, ja. Aber es war für mich ein Ereignis, in einer solchen Firma mitzuwirken zu können und ich begrüßte es. In den folgenden 19 Jahren hatte ich sehr viel Spaß und Auskommen.
Nun müssen wir die gesamte PUHDYS-Geschichte nicht mehr durchhecheln, das ist alles hinlänglich bekannt. Ihr habt 19 Jahre noch mal das Haus gerockt, bis hin zum Erhalt des Preises "ECHO", Ihr habt Vieles gemacht und Vieles erlebt. Diese Band endete 2016 und im Nachgang gab es diesen Streit. Inwieweit hat Dich dieser Streit überhaupt betroffen als ehemaliger "Angestellter"?
Eigentlich hat der Streit mich gar nicht betroffen. Ich fragte mich nur, was das soll. Für meine Begriffe wurde ein Name mit Füßen getreten, davon war ich überhaupt nicht begeistert. Ich äußerte mich öffentlich nie dazu, verurteilte es innerlich jedoch, wie "Maschine" die Sache anging. Man hätte viele Dinge sicher einvernehmlich klären können ohne sich öffentlich selbst zu schaden, und die Kollegen wären bestimmt dazu bereit gewesen. Letztlich stimmten sie einem Vergleich ja auch zu. Aber es gab viele Ratschläge, auch von Anwälten, die dann sagten: "Das müsst Ihr Euch nicht gefallen lassen, da gehen wir auf die Barrikaden." Mit der Einigung durch Vergleich verhinderten Peter Meyer, "Quaster" und Klaus jedenfalls die Eskalation des Themas. Freunde hat der Meister sich damit nicht gemacht.
Bei Klaus lag es sicher auch dran, dass er eher entnervt war und obendrein noch krank.
Er konnte das auch nicht mehr und hätte es sicher auch nicht durchgestanden. Damals wusste man noch nichts von seiner Erkrankung, aber er engagierte sich nicht mehr, weil ihm bereits die Kraft fehlte.
Ist denn diese Geschichte die erste, wenn Du jetzt an die PUHDYS denkst? Oder gab es Momente, die weitaus schöner waren und das überdecken?
Es ist wirklich so, dass ich mich nur noch an die schönen Dinge erinnere. Na klar gab es mal dieses oder jenes, aber das belastet mich nicht. "Maschine" wollte natürlich immer alles unter Kontrolle und in der Hand haben, und das war ja auch nicht verkehrt. Er war stets das Arbeitstier, der immer am Kreiseln und immer unterwegs war. und auch immer die Kraft hatte, irgendwelche Dinge durchzusetzen, was eindeutig für ihn spricht. Das Gute und das Schöne überdeckt natürlich alles, auch wenn es dummerweise ein unschönes Ende fand. Es waren unvergessliche Momente, es gab Muggen, die die Welt bedeuteten. Da ging die Post ab und sobald man auf der Bühne stand, waren alle Querelen vergessen und man spielte los. Das wurde dann erst in den letzten zwei oder drei Jahren etwas dünner. Da sagten dann auch schon mal Fans, dass sie merkten, dass irgendwie der Wurm drinnen wäre. Wir gaben uns dennoch Mühe, aber stellenweise gab es schon auch die gute Miene zum bösen Spiel. Trotzdem hat es noch immer Spaß machen dürfen …
Es gab ja vor einigen Jahren schon mal eine Geschichte in der SUPERillu wegen eines Fotos, auf welchem Dieter Birr in die Kamera sieht und Ihr alle zur Wand. Da gab es angeblich schon einen Streit. Gab es diesen Streit tatsächlich oder war das eine Inszenierung?
Das war eine aus Unstimmigkeiten hervorgegangene Inszenierung. Es war zu erkennen, dass irgendwas nicht so läuft und dass "Maschine" dominant Dinge durchsetzte, die nicht unbedingt im Einklang mit der Firma waren. Man ahnte also etwas und Rolf Henning ahnte es als Erster. Folglich meinte er: "Wenn es nun schon mal so ist, dann vermarkten wir das gleich …"
Und die SUPERillu sprang gleich drauf …
Ja, die fielen drauf rein. (lacht) - aber wahrscheinlich nicht ohne Eigennutz.
Stein des Anstoßes: Das Coverfoto zu "Alles hat seine Zeit"
Nun hingst Du 2016 Deinen Bass eigentlich an den Nagel, aber nicht komplett. Kurze Zeit später warst Du bei LIFT und auch bei RENFT. Wie wurde denn aus dem Ruhestand plötzlich wieder der Unruhestand?
Wenn man so lange Musik macht, dann geht es nicht mehr anders. Irgendwas hätte ich auf jeden Fall gemacht. Dass es glücklicherweise mit LIFT losging und jetzt bei RENFT weitergeht, das ist bemerkenswert. Mit Quaster war ich mir ja schon vor dem PUHDYS-Ende im Klaren, dass wir weitermachen. Darüber freue ich mich sehr und danke dem Leiter des Universums. Ich stehe der Sache demütig gegenüber und es ist alles okay, wie es kam. Ja, man kann schon fast sagen: Glück im Unglück, denn die PUHDYS hätten durchaus noch bis zum 50. Jubiläum weitermachen können. Aber die Unstimmigkeiten waren leider zu groß und für mich persönlich sind Egos im Rockbusiness Produktivitätsbremsen. Wie auch immer, es ist einfach nur traurig. Man hätte es mit entsprechenden Aussprachen fortführen können. Dazu gehört allerdings Bereitschaft. Die Kuriositäten begannen ja eigentlich schon 2003, als "Maschine" von der Zecke gepeinigt wurde … sprich unter Borreliose leiden musste. Es gab damals die Phase, in der er sich nicht mehr auf die Bühne traute und die Firma, die es bezahlen konnte, sich auf die Suche nach einem Psychologen für "Maschine" begab. Herr Dr. Reuter bewährte sich im Aufbau der Persönlichkeit "Maschine", und in diesem Zusammenhang wurde wahrscheinlich irgendetwas zu stark aufgebaut. Möge es ihm helfen.
Nun gibt es immer wieder Leute, die ein seltsames Verständnis für Personalpolitik haben. Du stiegst bei LIFT ein und innerhalb kürzester Zeit wurde dort alles über den Haufen geworfen. Nun stehen dort Leute auf der Bühne, die mit LIFT eigentlich nichts mehr zu tun haben. Bist Du eigentlich freiwillig dort raus oder wurdest Du auch quasi mehr oder weniger gestrichen?
Nein, gestrichen wurde weder ich noch sonst jemand. Wir, also Werther und ich, besuchen uns immer noch ab und zu zum Kaffeetrinken. Das Problem war damals, dass er wahrscheinlich nicht erkannt hat, dass da etwas zwischen sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten schwelte. Und dann kam es zu diesem sehr übereilten und ungünstigen Entschluss von André Jolig, sich mit einem Burnout aus der Linie zu nehmen. Daraufhin hat Werther dann die Band einfach nicht mehr erhalten. Er hat dann mit André als Duo weitergemacht und war scheinbar auch nicht mehr an einer Band interessiert. Die Sache mit André schien ihm gefallen zu haben.
Er ist eher ein Organist, oder? André Jolig ist an großen Orgeln unterwegs, was er natürlich hervorragend macht. Die Einstellung zum Rock'n'Roll hatte die Kollegen René Decker, Peter Michailow und mich nie echt befriedigt. Ich habe keinen Zweifel, dass er als Kirchen-Organist und Kantor Großes vor sich hat und wünsche ihm dafür Kraft und Gesundheit.
Werther Lohse hat jetzt junge Leute - einen Schlagzeuger und einen Bassisten - statt der bisherigen Kollegen bei LIFT dabei …
Was ja gut ist. Nachwuchsförderung …
Wie bist Du denn zu RENFT gekommen?
Zu RENFT kam ich, weil ich auch da wieder den Bassisten ersetzen musste. Bei LIFT war es Jens Brüssow - er erkrankte an Parkinson und konnte nicht mehr spielen. Und bei RENFT hatte es mit dem unmittelbaren Ableben von Marcus Schloussen zu tun.
Okay, nach dem Tod von Marcus Schloussen übernahmst Du dessen Position bei RENFT …
Genau. Das war eine ziemlich strenge Aktion. Eine Woche vorher wurde mir gesagt, dass die Band am 13. Dezember spielen wird. Am Montag davor also erhielt ich diese Information. So konnte ich mich ganz schnell mit dem Material befassen, aber glücklicherweise mit einem so guten Schlagzeuger wie "Delle" Kriese fiel mir das erste Konzert relativ leicht. Er kann dem Bassisten auch mal dieses und jenes Zeichen geben, sollte irgendwas in Vergessenheit geraten sein.
Kam "Monster" auf Dich zu?
In diesem Fall kam "Pitti" auf mich zu, "Monster" wurde quasi von "Pitti" übertölpelt … Ich fand es ja ziemlich frech, verzieh ihm das aber später. Ich kam ins "Neu-Helgoland", setzte mich an den runden Tisch und jemand von den Fans fragte Monster: "Wer spielt denn nun Bass bei Euch?". Und "Monster" meinte: "Na ich weiß doch nicht ...". "Pitti" darauf: "Na hier, Peter ist doch da." (lacht) Darauf entgegnete "Monster": "Na ja, das kann ich scheinbar nicht beeinflussen …" Da dachte ich: "Na prima." Und langsam nahm die Erkenntnis Gestalt an, dass RENFT und PUHDYS ja nicht gerade Freunde waren. …" (lacht) Aber die Zeit heilt Wunden, zumal es ja mittlerweile auch einige freundliche Begegnungen mit Quaster gegeben hat.
RENFT ist ja nun wieder komplett etwas anderes als das, was Du bisher machtest, da gibt es ja voll auf die "Zwölf" …
Ja, es war schon eine Umstellung, aber scheinbar gelingt mir das recht gut. Auch jetzt zusammen mit "Oli" am Schlagzeug. Mit "Delle" machte es auch Spaß, aber zwischen ihm und "Monster" gab es Reibereien - die Politik kann schon Beziehungen zermürben. Die stritten über Polit-Müll, aber es darf ja jeder seine Einstellung verteidigen, wenn's auch unter Alkohol schwieriger ist. Momentan geht es glücklicherweise - mit Kirschsaft - ziemlich gut ab!
Kann man bei RENFT alt werden oder ist das ebenfalls eher ein Intermezzo für Dich?
Eigentlich kann man da alt werden. Aber Thomas "Monster" Schoppe ist nun mal acht Jahre älter als z.B. Pitti und ich. Mit den Songs kann man auf jeden Fall alt werden. Wir wissen aber nicht, was das Personal hergibt, sprich: Die Gesundheit der Beteiligten wird über den Bestand des Projekts entscheiden.
Du sprichst hier die Gesundheit von "Monster" an, nicht wahr? Was hat er denn?
Er leidet an einer Erkrankung, die bis heute kein Arzt eindeutig definieren konnte. Sie zeigt sich in Form von Krämpfen in unterschiedlichen Bereichen es Körpers. Deshalb fiel neulich auch die Mugge in Friedrichshagen aus, weil er da nach Gera ins Krankenhaus musste. Das ist nun natürlich ein Thema, bei dem niemand weiß, wie es weitergehen wird, wenn er auch gerade erst mal 78 ist. Auf jeden Fall ist er nun krank und wir hoffen alle, dass er wieder auf die Beine kommt - er singt und spielt übrigens trotzdem.
Drücken wir mal die Daumen … Alternativ hast Du dazu ja noch Deine Betätigung bei "Quaster", denn dort trittst Du ja auch mit auf. Auch da kam es ja dazu, dass aus "Quaster" und seinem "Schatten" mittlerweile ein richtiges Ensemble wurde. Da sitzen ja nicht nur Du, sondern auch Kollege Schirrmacher und öfter mal Gäste auf der Bühne. Wie kam es denn dazu, dass Du plötzlich fester Bestandteil bei "Quaster" geworden bist?
Na ja, das war eigentlich von Anfang an klar. Mit dem Ende der PUHDYS beschlossen "Quaster" und ich, dass wir in kleinerem Rahmen musikalisch weiter machen werden, um einfach Spaß zu haben. Keinen mehr zu haben, der einem reinredet und man sich nach nichts mehr richten muss, außer den verkraftbaren Gegebenheiten. Also Bühnenklamotten jeder wie er denkt, freies Musizieren mit Spaß an der Sache und guter Laune. So läuft das auch im Grunde. Manchmal auch ein bisschen zu viel gute Laune, aber wir bleiben alle gesund dabei. (lacht) Auch dort wird das Zusammenspiel immer besser. "Quaster" vergisst hin und wieder mal was, aber ich würde jetzt nicht behaupten wollen, dass ich mir alles merke. Er ist vergangene Woche ja auch schon 79 Jahre alt geworden … Lange Zeit half er bei Textproblemen "Maschine" aus, wenn der etwas vergessen hatte - das wissen Fans zu bestätigen. Für mich in dieser Altersgruppe ein Spitzen-Sänger. Da stimmt noch alles, er hat ein angenehmes Timbre. Die älteren Mädels stehen drauf ... auch diverse junge. Er verbreitet gute Laune, also alles okay. Die Veranstalter sind zufrieden, aber die zahlen eben jetzt auch einiges weniger als für die PUHDYS. In diesem Rahmen spielt sich das ab.
Peter Rasym bei LIFT
Und nun kommt ja noch diese Geschichte mit der "ROCK OST"-Band, da tretet Ihr ja auch mit auf …
Ja, da gibt es jetzt eine Verbindung. Gedacht ist es so, dass wir akustisch spielen, dann spielt die Band "ROCK-OST" Ost-Rock-Klassiker, die unmittelbar mit den aktiven Musikern in Verbindung stehen und im letzten Drittel gibt es ein Zusammentreffen mit der Interpretation alter PUHDYS-Titel.
Also eine weitere Ostalgie-Show, kann man sagen …
Ja, wahrscheinlich. Sieben Titel wie: "Wilde Jahre", "Marathon", "Melanie", "Steh auf und lauf", "Frei wie die Geier", "Kühle Lady", "Alt wie ein Baum" werden es wohl sein, die wir dort gemeinsam spielen werden. Zum dargebotenen Repertoire bestehen allerding direkte persönliche Beziehungen!
Wo liegt denn der Unterschied dieses Bandkonstrukts und einer "Stadtfest"-Band, was unterscheidet Euch davon?
Du meinst, von einer "Stadtfest"-Coverband?
Ja, genau …
Es unterscheidet sich dadurch, dass die beteiligten Musiker direkt an der Erschaffung dieser Songs beteiligt waren. Der erste Teil des Abends präsentiert unser Akustik-Set ("Quaster & Friends"), in dem hauptsächlich aber nicht nur PUHDYS-Songs interpretiert werden. Wir spielen auch ein paar Titel aus der Entwicklungszeit der PUHDYS, also Hits der 60iger wie "Sorry Suzanne" von den HOLLIES. Ansonsten umfasst dieses eigene Akustik-Set zum größten Teil Titel von "Quaster", die er auch singt. Es sind natürlich auch "Eisbären" und solche Sachen dabei, die muss man einfach bringen. Dann kommt die ROCK-OST-Band wie beschrieben mit Songs aus der Geschichte der Musiker. "Mücke" Hans-Joachim Schweda, damals von NEUMIS ROCK CIRCUS "Der Clown", Delle Kriese von RENFT mit "Wer die Rose ehrt", Thomas Fritzsching als SILLY-Gründungsmitglied mit entsprechenden SILLY-Songs und der Initiator des Ganzen, Thomas Martin. als ehemaliger Sänger der HORST-KRÜGER-BAND mit der "Tagesreise". Man muss es abwarten, ob das laufen wird. Es ist ein Experiment. Warum soll man es nicht probieren? Die Zeiten für Veranstaltungswesen und Gastronomie sind nicht die besten. Jedoch die Hoffnung stirbt zuletzt.
Absolut …
Wenn sich da jemand wirklich einsetzt und in der Lage ist, ein paar Konzerte zusammenzustellen, allein das ist heutzutage ja schon Beachtung wert. Dann wird man sehen, wie es sich entwickeln wird.
Ich bin gespannt, was daraus wird …
Ich selbst natürlich auch …
Rückblickend auf Deine ganz lange Karriere - es sind ja schon fast 60 Jahre, die Du auf der Bühne stehst …
1968 war meine erste Mugge mit ELECTRONA! Das Datum weiß ich nicht mehr, aber sie fand im FDJ-Jugendclub "Hans Beimler" in Holzweißig bei Bitterfeld statt. Ich war 15 ½ und es gab 20,00 Ostmark pro Mann. (lacht)
Von da an bis heute: Was war in dieser ganzen Zeit von 1968 bis heute der geilste Moment. Lässt sich das lokalisieren? Kannst Du sagen: "Das war der Höhepunkt meiner Karriere"? Oder gab es mehrere?
Es gab immer wieder gleichberechtigte Momente. Natürlich gab es businesstechnisch beleuchtet Unterschiede, aber von den emotionalen Beteiligungen hatte alles irgendwelche Höhepunkte. Bei den PUHDYS sowieso, wenn die Massen von der eigenen Show inklusive Licht überwältigt waren. Dann aber auch echte Momente, die emotionale Höhepunkte in Sachen des Zusammenspiels in einer Band waren. Das war auch so bei LIFT. Wenn wir "Am Abend mancher Tage" oder "Tagesreise" spielten und René seine Keyboards drückte und auch sein Saxophon spielte, das war einfach überwältigend in der Perfektion. Das machte richtig Spaß und man freute sich, dass es so gut funktioniert. Das sind die Momente, in denen man gar nicht daran denkt, ob es heute Geld gibt oder wie viele Leute da sind. Das hebt einen einfach an und das gab es eigentlich in jeder Band.
Peter Rasym und Dieter "Quaster" Hertrampf
Würdest Du denn jede getroffene Entscheidung heute noch mal so treffen?
Hmmm … Bestimmt, aber das mit dem Kurier würde ich vielleicht nicht unbedingt noch mal machen. Das war schon ein bisschen Selbstaufgabe, aber da war eben nicht genügend Power in mir und das Pulver knapp im Haus. Ich dachte damals, "Was wird das jetzt alles?", und sah zu, überhaupt über Wasser zu bleiben. Letztlich löste sich das aber in Wohlgefallen auf, da war der Schutzengel unterwegs. Heute ist die damalige Krise doch eher als Lappalie zu betrachten. Unser Beitrag zu diesem Thema als "Quaster & Friends" lautet: "Keiner weiß, was morgen kommt" (Text Micha Sellin, Komposition Rainer Oleak).
Ich danke Dir für dieses tolle Gespräch und Deine vielen Antworten. Hast Du vielleicht abschließend noch ein paar Worte, die Du an die Leser richten möchtest?
Für mich ist klar, ich möchte in der Zukunft nicht mehr so in dieses Business-Geschehen geraten, sondern wirklich einfach nur Spaß an der Musik haben mit Leuten, die auch daran Spaß haben. Das ist mir im Moment vergönnt und was mich am meisten freut, dass auch das Publikum Freude bei den Projekten hat, an denen ich beteiligt bin. Im Moment sind es ja nur zwei. Leider ist es eben so, dass das eine Projekt auf das andere Rücksicht nehmen muss oder es gibt Vertreter, die auch mal die Bassfunktion übernehmen. Zum Beispiel ist es ja so, dass es vor mir bei RENFT auch schon ab und zu mal Aushilfen für Marcus Schloussen gab. Sollte es also mal zu einer Überschneidung mit "Quaster" kommen, gäbe es auch diese Option z.B. Gerhardt Paul "Paule" von den Kellergeistern aus Magdeburg. Bei "Quaster" würde der Aufwand für eine Vertretung nicht im machbaren Verhältnis zum Ergebnis stehen, denn bei ihm singe ich ja auch mit, Strophen und auch wichtige Backings usw. Da wäre es schwieriger, jemanden zu finden, der für mich einspringen könnte. Und wir drücken vor allen Dingen erst mal "Monster" die Daumen, dass er wieder auf die Beine kommt und es mit RENFT weitergehen kann.
Ja, ein ganz wichtiger Wunsch! Wir drücken "Monster" die Daumen und hoffen, dass er uns noch lange erhalten bleibt.
Darüber hinaus wünsche ich allen, die uns besuchen und darüber hinaus alles Gute für die nächste Zeit. Wir befinden uns in einem gewissen Umbruch, von unserer Politik wird es gerne "Zeitenwende" genannt (lacht). Aber eigentlich muss es darum gehen, sich zu besinnen auf menschliche Werte, wieder auf Traditionen zurückzugreifen und sich nicht in suggestiver Manipulation zu verzetteln … bewusstes Sein.
Interview: Christian Reder
Übertragung: Mike Brettschneider
Fotos: Bodo Kubatzki, Matthias & Sebastian Ziegert, Reinhard Baer, Pixabay
Übertragung: Mike Brettschneider
Fotos: Bodo Kubatzki, Matthias & Sebastian Ziegert, Reinhard Baer, Pixabay