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Interview vom 26. November 2023



Das Schwabenländle hat bekannte Bands wie PUR, Fool`s Garden oder auch Camouflage hervorgebracht. Doch auch etwas unbekanntere Künstler dieser Region bringen grandiose CDs auf der Lauscher der Republik. Unsere Kollegin Antje hat mit genau so einem Künstler aus dem Südwesten gesprochen, nämlich Thomas Glönkler. Dabei haben die beiden über Thomas' Werk "Tiefenland" und einige Dinge mehr aus seinem "Nebenberuf" geredet ...






Wie bist du auf den Titel und das Thema Tiefenland gekommen?
Das ist eine ganz interessante Geschichte: Tiefenland ging schon 2006/2007 los. Der Auslöser war mein Sohn, der damals sechs oder sieben Jahre alt war. Er hat dieses Wort kreiert. Immer wieder hat er davon erzählt und auch, dass er daher käme. Was er "damals" dort erlebt hätte. Das hat mich fasziniert und auch meine Fantasie beflügelt. Da war für mich klar, dass das der Titel des nächsten Albums werden muss. Das war der Grundanstoß. Bei der fertigen Platte hört man ja auch, dass viele Texte direkter angelehnt werden. Das Thema war es eigentlich, was die Grundlage bildete.

Mit über 10 Jahren haben die Arbeiten an dem Album ungewöhnlich lange gedauert.
Das liegt einfach an meiner privaten Situation, ich bin sehr eingespannt - auch beruflich. Die CD wurde einfach nicht schneller fertig. Corona hat es dann nochmal verzögert. Ende 2019, Anfang 2020 war eigentlich alles schon fertig. Jetzt hat es einfach nochmal ein paar Jahre gedauert.


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Rezension zum Album HIER



"Tiefenland" ist ja das dritte Konzeptalbum, das du in dieser Form veröffentlichst. Was fasziniert dich an Konzeptalben?
Ich glaube, das liegt einfach an meiner Herangehensweise. Ich mochte schon immer das Spiel mit Leitmotiven. Ich mag zum Beispiel aus dem klassischen Bereich Wagner sehr, da kommt das ja auch vor, dass Themen für bestimmte Dinge stehen und dann auch auf der Platte wiederholt werden. Mich haben Konzeptalben wie "The Wall" von Pink Floyd oder "Misplaced Childhood" von Marillion schon immer begeistert und fasziniert.

Hast du eine spezielle Herangehensweise? So ein Konzeptalbum ist ja doch sehr komplex.
Genau das meine ich, wenn ich von einer Vision spreche. Das startet genau damit. In dem Fall konkret, als mein Sohn das Wort zum ersten Mal aussprach. Zu dem Zeitpunkt war gleich die Vision da, das Album zu machen. Es ist eine Idee, wie es werden kann. Die hat sich über 13 Jahre verfeinert. So lange habe ich auch tatsächlich daran gearbeitet, wo ich immer wieder auch Dinge neu durchdacht oder auch rausgeschmissen habe. Bis es an dem Punkt war, dass es für mich richtig gut ist, und dann war es irgendwann fertig.

Wo ist denn das Coverbild entstanden?
Das war im Berchtesgadener Land. Hinter dem Königssee gibt es noch einen kleineren See, den Obersee. Da waren wir so 2007, also relativ kurz nachdem mein Sohn von Tiefenland erzählt hat. Wir waren dort wandern und ich habe ein paar Schnappschüsse gemacht. Erst zu Hause habe ich gesehen, dass es recht schöne Fotos waren. Da war mir dann klar, dass eines davon das Coverbild werden muss. Nach der Geschichte, wie es entstanden ist, war es einfach schlüssig und wie aus einem Flow. Zwischendurch bin ich davon abgekommen und habe gedacht, dass man doch was anderes machen könnte. Aber ich bin dann doch wieder dazu zurückgekommen.





Wie kam es dazu, dass du dein eigenes Label gegründet hast?
Die letzten beiden Platten waren ja bei Quixote Music in Heidelberg, aber die haben dann dicht gemacht. Es hat sich einfach nicht mehr gelohnt. Mein "Label" Weltenblau ist eigentlich kein richtiges Label, das bin halt ich. Alle Dinge, die ich mache, laufen im Prinzip darüber.

Das ist natürlich wesentlich mehr Arbeit.
Ich mache das schon alles selbst, weil ich auch eine One-Man-Show bin. Außer meine Mitmusiker. Es ist viel Arbeit, wenn man mal alles zusammen zählt. Aber es macht auch Spaß.

002 20231129 1415169710Hast du denn auch schon Pläne für das nächste Album?
Tatsächlich ja, ich habe die schon länger. Auf "Tiefenland" steht ja auch "Vol. 1". Es gibt schon viele fertige Songs für "Vol. 2". Das nächste wird aber wahrscheinlich erstmal ein anderes Projekt sein, was "Zauberwald" heißt. Daran arbeite ich auch schon lange, und es wird bis zur Veröffentlichung gar nicht mehr so lange dauern.

Gehst du mit dem Album auf Tour oder willst du es überhaupt mal live spielen?
Wir haben die Idee, dass wir live dazu etwas machen wollen. Aber es ist noch nicht genau klar wie, es gibt noch nichts Konkretes. Wir haben bei der Release-Party ein paar Songs daraus gespielt, in kleiner Besetzung. Das war total schön und hat auch viel Spaß gemacht. Eventuell gehen wir in die Richtung weiter oder wir laden tatsächlich mal ein paar Musiker ein und versuchen, das als Band zu spielen. Aber wie gesagt, da gibt es noch keine genauen Pläne. Es kommt auch ein bisschen auf die Resonanz zu dem Album an.

Ich stelle es mir auch sehr schwer vor, so ein Werk überhaupt auf die Bühne zu bringen.
Ja man muss sicherlich einiges umarrangieren, damit man es spielen kann. Aber gut, Material hätte ich genug um den Abend zu füllen. Auch von den alten Songs. Man muss es halt einfach machen, es ist sehr zeitintensiv. In der Zeit kann man kein neues Album aufnehmen. Die zeitlichen Ressourcen sind halt sehr begrenzt.

Wie hast du dir deine Band zusammengestellt?
Die schwierigste Entscheidung war, wer die Titel singt. Bei meiner letzten Platte "Goldstadt" hat der Sänger meiner alten Band, Ralf Großmann, gesungen. Jetzt ist es der Alex Hanafi. Ich glaube, an dem Sänger scheiden sich immer die meisten Geister. Deswegen muss man gut überlegen, wen man da nimmt. Das hat sich aber schön ergeben mit ihm und ich finde auch, dass er das toll gemacht hat. Die anderen habe ich einfach eingeladen, wenn ich sie gebraucht habe. Den Rest habe ich alleine gemacht.

Sehr schön fand ich auch bei "Leben in dir" den Einsatz von dem Kinderchor.
Ich bin ja Lehrer und habe einfach die Kinder des Schulchores gefragt. Ich bin wirklich stolz und froh, dass es so gut rausgekommen ist, wie es jetzt auf der Platte auch zu hören ist. Das war ein Stück Arbeit, aber es hat sich gelohnt. Die Vision war da, dass die Stelle von einem Chor gesungen werden muss.

Das stand als nächste Frage auf meiner Liste, da ich es im Netz gelesen hatte. Du arbeitest also auch tatsächlich noch als Lehrer?
Ja genau, die Musik läuft nebenbei.

Okay, welche Fächer unterrichtest du?
Ich bin Grundschullehrer, da habe ich eine Klasse und mache eigentlich alle Fächer. Zusätzlich bin ich auch Kunst- und Musiklehrer in anderen Klassen als Fachlehrer.





Ich möchte gerne nochmal auf deine Band ICU zu sprechen kommen: wie ist es denn solo unterwegs zu sein, im Gegensatz zu Konzerten mit Band?
Das ist natürlich anders. Was ich damals sehr geschätzt habe, war die Bandmentalität. Verschiedene Musiker arbeiten an derselben Sache. Man hat natürlich auch noch diesen sozialen Aspekt, den finde ich ganz toll. Den habe ich jetzt natürlich in dem Maße nicht. Das vermisse ich auch ein bisschen. Jedes Mitglied bringt seine Ideen und seinen Einfluss rein. Dann entsteht da was, was vorher so vielleicht nicht zu erahnen war. Auf der anderen Seite: wenn man wie ich viele Ideen hat, muss man natürlich auch immer Kompromisse eingehen. Das ist mir mit der Zeit auch immer schwerer gefallen. Ich genieße es total, dass ich das nicht mehr machen muss. Ich bin quasi der Einzige, vor dem es bestehen muss. Diese Freiheit genieße ich sehr. Aber das Soziale und die Dynamik vermisse ich schon.

Wie ist die Band damals auseinander gegangen?
Nachdem wir in den 1990ern drei CDs gemacht haben, hat sich die Band in alle Winde zerstreut. Die Mitglieder sind teilweise einfach umgezogen. Das war auch die Zeit, in der man angefangen hat zu studieren. Danach war es noch schwieriger, alles zusammenzuhalten. Es hat sich einfach aufgelöst. Das ist natürlich schade, denn es hat viel Spaß gemacht.

Also hat einfach der Zahn der Zeit zugeschlagen.
Genau! Ich würde sagen, es hat sein natürliches Ende gefunden. Es gab keinen Streit oder sowas.

Was hörst du denn privat an Musik?
Ich bin da auch recht breit gefächert und höre alles, was mich emotional abholt. Das möchte ich nicht an Genres festmachen. Ich höre zum Beispiel viel Klassik. Aber auch das noch, was ich als Kind gerne gehört habe. Das prägt einen natürlich. Natürlich habe ich früher viel die Musik gehört, die meine Eltern mochten und in den 1970ern angesagt war. In den 80ern habe ich mich dann auch den progressiven Sachen zugewandt. Pink Floyd, Genesis, Marilion - diese Bands hatten es mir sehr angetan. Daher kommt auch dieser konzeptionelle Wurf, den ich auch gerne in meiner eigenen Musik kreiere. Ich denke das habe ich auch da von dem klassischen Einfluss. Tatsächlich höre ich vieles, nur nicht Radio, da kommen eher nicht die Sachen, die ich mag. Sonst habe ich keine Verbotsschilder. Wenn es mir gefällt, höre ich es auch.

Ich stelle mir die Arbeiten an so einem Konzeptalbum sehr komplex vor. Hast du während der Arbeiten schon manchmal den Gedanken gehabt, dass die Arbeiten an einem "normalen" Album einfach gewesen wären?
Ja ja, na klar. Ich habe auch noch ein paar Songs in der Schublade, die alleine stehen und solo funktionieren. Möglich, dass die irgendwann auch noch rauskommen. Aber man kann es natürlich auch rumdrehen und sagen, dass es schwieriger ist, einen guten, kurzen Song zu machen, der Gehalt hat und für sich alleine steht, und nach 4 Minuten vorbei ist. Das finde ich schon auch eine Herausforderung. Auf einer Art ist es auch schön, wenn man es in ein Konzept einbetten kann. Ich denke, man kann beide Seiten vertreten. Beides hat seine Herausforderungen.


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Ich fand beim Hören der Platte übrigens sehr abwechslungsreich, dass die Tracks verschiedene Längen haben.
Es ist auch vielschichtig, was die einzelnen Tracks angeht. Es ist doch recht abwechslungsreich und bedient doch verschiedene Geschmäcker. Ich denke auch, die Platte ist auch Mainstream-kompatibel.

Die Songs sind ja nochmal unter vier große Überschriften unterteilt. Wie kommt das?
Für mich ist der letzte Part, "Schattenland", schon ein durchgehender Song von 17 Minuten, nur in vier Parts unterteilt. Es ging ja auch um die Themen, die da behandelt werden. So ist es bei den anderen auch. Ich mag es aber sehr, wenn man die Tracks auch einzeln anspielen kann. Deshalb die Unterteilung. Das ergibt sich beim Schreiben und Komponieren so. Das kann ich ehrlich gesagt gar nicht erklären. Irgendwann ist die Form da. Ich glaube, auch aufgrund der Rückmeldungen: was die Platte ausmacht, ist die Emotionalität. Vor allem in den Texten, natürlich auch im Zusammenhang mit der Musik. Für mich ist das die Stärke der Platte. Diese gewisse Tiefgründigkeit und doch auch eine Konsumierbarkeit. Es ja keine anstrengende Musik.

Ja, emotional ist es auf jeden Fall. Mich hat es aber auch daran erinnert, dass man die Welt manchmal mit Kinderaugen sehen sollte. Ein bisschen auch der Ansatz: wie würde das Kind in mir über manche Dinge denken?
Das finde ich schön, dass du das so formulierst. Im Prinzip ist das ja der Ansatz gewesen, die Platte zu machen. Natürlich geht es ganz viel um diese verlorenen Dinge, die wir als Erwachsene nicht mehr so leben können. Da ist es für mich ganz hilfreich, dass ich jeden Tag mit Kindern arbeite. Da spiegelt sich mir das ja wider, diese Spontanität und die Lebensfreude.

Möchtest du unseren Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?
Nur dass es als unabhängiger Künstler echt schwer ist. Daher begrüße ich jeden, der meine Bandcamp-Seite besucht. Ich freue mich über jeden, der meine Platte kauft und vielleicht auch ein Feedback hinterlässt.

Ich danke dir Thomas!



Interview: Antje Nebel
Fotos: Pressematerial Thomas Glönklerg



   
   
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