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Interview vom 12. Juli 2023



Der Vorsitzende des Vereins "Musik aus Deutschland e.V." und Chefredakteur dieses Musikmagazins, Christian Reder, bekommt seine eigene TV-Sendung. Ab August wird er unter dem Titel "Reder redet …" einmal im Monat zu sehen sein und dafür Gäste zum gemeinsamen Gespräch einladen. Das tut er hier ja schon einige Zeit. Für meine Sendung "Landmann liest" wollte ich ihn schon länger als Interview-Gast haben,001 20230713 1856606665 das hat er bisher aber immer mit den Worten, "Später mal", abgelehnt. Jetzt gibt es aber mit der Sendung einen guten Grund, dieses "später mal" in die Tat umzusetzen und die Einladung anzunehmen. Den Mitschnitt meines Gesprächs mit ihm könnt Ihr hier nun in voller Länge nachlesen ...




Schön, dass Du Dir einen Moment Zeit für ein Interview nimmst …
Also, eins vorweg: Dass ich dieses Interview gebe … wie sich das schon anhört, meine Fresse … ist ein reiner Freundschaftsdienst Dir gegenüber, aber auch eine unabwendbare Notwendigkeit, für das TV-Projekt Werbung zu machen. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich ungern zum Thema mache. Ich bin in Bezug auf Wichtigkeit wirklich der letzte Kunde, den man zu sowas heran ziehen müsste.

Das Interview hat ja einen Grund, denn Du wirst ab August eine eigene TV-Sendung haben. "Reder redet" heißt sie und Du bist dabei Gastgeber und Namensgeber dieser Talk-Show. Vielleicht stellst Du Dich und diese Sendung hier einfach mal kurz vor.
TV und das Machen von Fernsehsendungen ist ja eigentlich etwas für hübsche Menschen und solche, die Ausstrahlung haben. Darum war ich auch bis jetzt dort nicht zu sehen und nur im Radio zu hören ;-) Ich habe in fast 20 Jahren journalistischer Tätigkeit festgestellt, dass man mit auf den ersten Blick völlig uninteressanten Beiträgen Menschen eine Freude machen kann. Es gibt Kulturschaffende da draußen, die haben keine Lobby, machen aber fantastische Dinge von denen kaum jemand was mitbekommt. Die Massenmedien interessiert das nicht, oder nur dann, wenn einer von den kleinen Künstlern auf spektakuläre Weise aus dem Leben scheidet. Dadurch kommen deren Fans entsprechend viel zu kurz und andere Leute erfahren möglicherweise nie was von ihrer Existenz. Oder um es mal deutlich an einem Beispiel zu machen … Wie lecker Ross Antony in seiner Küche mit seinem Steuerklassenveränderer kocht und dabei so viel Spaß hat, dass er aus dem Gackern gar nicht raus kommt, ist für Boulevard-Magazine doch wesentlich interessanter mit der Kamera einzufangen, als wenn ein Berufsschullehrer aus Osterholz-Scharmbeck in mühevoller Kleinarbeit ein komplettes Album mit handgemachter Musik aufnimmt, auf dem er über das Leben philosophiert und damit uns allen aus dem Herzen spricht. Der ist dann für das "große Programm" im Fernsehen zu farblos und weniger wie ein Papagei gekleidet. Allerdings auch weniger penetrant aufdringlich in nahezu jeder Samstagabend-Show im deutschen Fernsehen zu sehen, und entsprechend total unterpräsentiert. Wen interessieren denn schon Inhalte und der Mensch dahinter? Mich z. B. und viele andere Leute da draußen interessiert sowas auch. Wir haben, wie die eben erwähnten Künstler, aber keine Plattform. Darum mache ich seit vielen Jahren eben das, was ich tue. Ich mische große Namen mit kleinen und stelle jeden meiner Gäste in den Vordergrund. Egal, ob das nun ein Axel Prahl war, der als Tatort-Kommissar Millionen von Fans hat und nebenbei etwas Musik macht, oder ein Amateurmusiker aus Dresden, der an Wochenenden vor maximal 50 Leuten spielt, aber fünf verschiedene Programme gleichzeitig auf der Pfanne hat. Haben auch nur drei oder vier Leute Spaß mit dem, was der Gast dort zu erzählen hat, ist das ein Erfolg. Dann hat der Beitrag - oder in diesem Fall das Interview - eine Daseinsberechtigung. Zumindest für die Hand voll Leute, die es unterhält und auch für mich. Und das mache ich jetzt eben mit dieser TV-Sendung.

Wann hast Du Dein erstes Interview geführt und mit wem?
Das war im Oktober 2003 mit dem Sänger der Gruppe KARAT, Herbert Dreilich. Mein großes Idol neben Peter Gabriel. Damals aber in meiner Funktion als Webmaster der Band. Das erste Interview für ein Magazin war im Jahre 2005 mit Hubert Kah. Eine interessante Sache damals für mich, ich traf auf einen sehr freundlichen und hilfsbereiten Menschen, der mir mein erstes Interview echt leicht gemacht hat. Hubert ist übrigens nicht der Pullunder-Kasper, wie ihn die Medien gern mal darstellen, sondern ein guter Komponist und Musiker, der gute Geschichten zu erzählen hat.

Du sagtest gerade, Du hältst Dich für nicht wichtig. Warum machst Du dann diese Sendung und auch all die Radioprogramme der letzten Jahre?
Weil ich Bock darauf und keine Angst vor einem Mikrofon und jetzt auch nicht vor der Kamera habe. Manch anderer hat diese Angst aber. Die Leistung im Sport, das schöne Bild oder die tolle Musik machen meine Gesprächspartner. Das sind die Hauptdarsteller, die anderen Freude machen und was zu erzählen haben. Ich bin immer nur der, der viele Fragen hat und diese stellt. Das könnte jeder andere auch machen. Er muss sich halt nur trauen. Das meinte ich damit, als ich sagte, ich bin nicht wichtig. Ich wärme nur den Stuhl an für einen, der mich vielleicht mal ablöst, weil er es besser kann und mache die Sendung, weil ich so einen duften Nachnamen habe, damit sie so einen prickelnden Titel bekommt :-)

Seit 15 Jahren schreibst Du auch Beiträge für ein Musikmagazin. Das ist dann schon etwas mehr, als nur Fragen zu stellen, nicht wahr?
Es sind inzwischen sogar schon über 16 Jahre. Kaum zu glauben. Da stimme ich Dir zu, dass das Rezensieren von neuen Musikalben oder Konzerten eine andere Art des Berichtens ist, als Interviews zu führen. Ändert aber nix an meiner Aussage zum Thema Wichtigkeit der eigenen Person ;-) Auch hier empfinde ich es als sehr wichtig, dass der, über den berichtet und geschrieben wird, der Hauptdarsteller ist. Nehmen wir z. B. mal eine Laudatio zum Geburtstag eines Künstlers oder einen Nachruf zum Tod eines Musikers. Zuletzt genannte eher traurige Aufgabe habe ich ja gelegentlich leider auch. Mit dem Schreiben solcher Beiträge für unser Magazin fing vor Jahren mal ein Kollege bei uns an. Sowas kann ich aber nur schreiben, wenn ich da selbst auch wirklich Traurigkeit empfinde oder spüre, dass anderen Menschen der Verlust sehr nahe geht. Schreibe ich sowas aber nur, um Likes zu generieren und mich selbst damit in den Vordergrund zu stellen, ist so ein Beitrag am Ende wertlos - weil verlogen. Bei den ersten Beiträgen dieser Art bei uns stand vielmehr das Beweinen des eigenen Verlusts im Vordergrund. Der Autor trauerte dabei um seine dadurch entstandenen Nachteile: Der Künstler ist jetzt plötzlich weg und kann für mich keine neuen Platten mehr aufnehmen. Dann war er auch noch in meinem Alter… au weia, die Einschläge kommen näher. Dann schraube ich noch schnell ein paar Passagen in den Beitrag rein, wie und wo ich den Verstorbenen persönlich getroffen habe und was ich mit ihm erlebt habe, gern verwende ich auch mal das Wort "Freund", obwohl ich den Verstorbenen nur am Rande von Konzerten traf und vielleicht mal telefonisch gestalkt habe, und ehe ich mich versehe, stehe ich als Schreiber des Beitrags im Rampenlicht. Da gehöre ich aber - vor allem in Nachrufen - gar nicht hin. Diese Art der Herangehensweise fand ich immer kacke und wolle das selbst so nie machen. Das gehört sich auch nicht. Hinter jedem Todesfall steht eine Gruppe von Menschen, die gerade einen ihrer Lieben verloren haben. Zwar eine öffentliche Person, aber trotzdem ein Mensch mit Familie. Ihn dann noch mal so in Szene zu setzen, dass er das Thema ist und das, was er geleistet hat, finde ich immens wichtig. Wen interessiert, dass ich ihn oder sie mal vor Jahren am Rande eines Konzerts getroffen habe und ihm/ihr eine Tüte voll mitgebrachter Platten habe signieren lassen, noch bevor er/sie nach schweißtreibender Arbeit zum Duschen in die Garderobe gehen durfte. Mich nicht. Dich?

Nein, nicht wirklich.
Siehst Du. Und damit sind wir dann doch wieder bei den Interviews, denn da ist es genau das Gleiche. Wenn es um Musik geht, möchte der Leser doch genau darüber auch was erfahren. Meine Meinung und ich sind da erst mal nebensächlich. Wie sie entstand, woher die Inspiration oder die Idee kam und wie sie letztlich aufgenommen wurde, das möchte der Leser wissen. Ob sich der oder die Künstlerin gerade hat scheiden lassen oder sich einen zweiten Hund zugelegt hat, interessiert mich im Zusammenhang mit seinem Job doch überhaupt nicht. Das ist Stoff für die bunt bedruckte Auslegeware von Wartezimmern und Friseur-Salons, damit Mutti sich in der halben Stunde bis das Behandlungszimmer oder der -stuhl frei werden, nicht langweilt.

Du schließt solche Themen also aus?
Wenn mein Gast von sich aus nicht das Bedürfnis verspürt, mit mir darüber reden zu wollen, ja. Von mir wirst Du Fragen zum Familienstand und zu Problemen im Privaten nicht hören. Das ist für mich als Freund des Endprodukts genauso uninteressant, wie die Frage, ob mein Gegenüber schwul, hetero oder extrem in sein Fahrrad verliebt ist. Das ist privat und vielleicht ein Thema beim Bierchen nach dem "offiziellen" Teil.

Wie kam es denn dazu, dass es jetzt eine eigene TV-Sendung gibt?
Nun, zu dem von unserem Verein veranstalteten Konzert mit HANS DIE GEIGE im April kam ein nettes Fernseh-Team vorbei und filmte den Abend mit. Am Ende saßen wir alle noch bei einem Bierchen beisammen und wir plauderten über dies und das. Eine unbedachte Äußerung von mir ließ zwei der TV-Leute hellhörig werden. Ich sagte wohl, dass ich eine Idee für eine Talkshow hätte und schob aus Spaß den Nachsatz hinterher, dass wir wohl bald Kollegen werden würden. Da wurde dann nachgefragt und ich erzählte, dass ich mein Format ganz anders machen würde, als die, die man so kennt. Dann kam irgendwann die Bemerkung: "Lass uns das doch machen". Wir trafen uns ein paar Tage später an gleicher Stelle im Brauhaus noch einmal und sprachen über Details. Das Ergebnis ist nun die Sendung, die ab August einmal im Monat laufen wird.

Wie wird das ablaufen?
Es wird - wie gesagt - immer einen Gast geben, den ich in knapp einer Stunde zu seinem Werdegang und seinem Beruf oder seinen Erlebnissen befragen werde. Dabei ist es völlig egal, ob er nun prominent ist oder ein einfacher Typ von nebenan, dem was Tolles - oder auch Trauriges - passiert ist. Über das wird dann geredet. Und erstmals überhaupt wird nicht nur die Musik das Hauptthema sein. Ich werde Sportler, Köche, Architekten, Ärzte, Maler, Schauspieler und viele andere Menschen zu Gast haben. Hauptsache, sie haben was zu erzählen. Ich bin mit dem Talent gesegnet, innerhalb kürzester Zeit ein Thema so in mich aufzusaugen, dass ich daraus ein Gespräch entstehen lassen kann. Nun eben auch zu anderen Themen, als nur zu Musik.

Wer gehört zu Deinem Team?
Das ist eine wichtige und gute Frage. Ich sitz' ja nur da und löchere meinen Gast mit Fragen. Hinter der Kamera geht nämlich die eigentliche Lucie ab. Dort wird die Hauptarbeit geleistet. Da stehen Harry Schmidt, Gisbert Stegemeier, Florian Stegemeier und Jochen Affelt von der Produktionsfirma CAS-TV, die aufnehmen, schneiden, den Ton machen und alles ins rechte Licht rücken. Aufgaben und Arbeiten, von denen ich überhaupt keinen Plan habe. Wenn ich noch mal den Begriff "Wichtigkeit" verwenden darf: Das sind wichtige Leute, die super Arbeit machen und die mich Fragensteller-Klaus so einfangen, dass ich halbwegs gut aussehe, wenn ich andere Leute befrage. Und das wird schwer genug, liebe Freunde ;-)

Wer wird der erste Gast sein?
Mein lieber Freund Alex. Der wohnt bei mir "umme Ecke" und macht unter dem Namen FÄHRMANN ganz vorzügliche und wohlbekömmliche Musik. Dass gerade in der ersten Sendung dann doch ein Musiker mein Gast ist, hat einen einfachen Grund: Er spielt am 31. August hier im Brauhaus Rütershoff zu Castrop-Rauxel ein Konzert. Das veranstaltet unser Kulturverein und wir nehmen das als Aufhänger für seinen Besuch bei mir.

Stehen schon weitere Gäste fest?
Jein. Ideen habe ich reichlich und Anfragen sind raus. Einige Zusagen sind gekommen, so z. B. von einem weiteren meiner Freunde. Er ist Lokalpolitiker und im Vorstand der Castroper Tiertafel. Ihn kenne ich schon seit der Tanzschulzeit. Das dürfte ein lustiges Gespräch werden. Außerdem wird mir wohl demnächst eine Kunstturnerin, ein Fußballer und ein an Angststörungen erkrankter Mitbürger gegenüber sitzen. Ich suche mir die Gäste selber aus und versuche einzuschätzen, wie der Spannungsbogen gezogen werden muss, damit der Pfeil ins Schwarze trifft.

Nach welchen Kriterien werden die Gäste ausgewählt.
Ganz wichtig: Sie müssen aus der Gegend kommen. Die Sendung ist mit dem Satz "Aus Castrop-Rauxel für das Ruhrgebiet" untertitelt. Wäre also blöd, wenn dann jemand aus München käme, der mit dem Pott so gar nix am Hut hat :-) Ansonsten darf sich der Castroper Bürger oder der aus Herne, Bochum oder Dortmund auch gern bei mir melden () und mir seine Geschichte vorstellen. Allerdings werden wir das Thema Politik außen vor lassen. Dafür gibt es andere Formate, die uns ja quasi in Dauerberieselung aus den Empfangsgeräten schon beim Einschalten auf die Auslegeware plumpsen. Thematisch ist die Sendung offen. Ich selbst interessiere mich ja auch nicht nur für Musik, sondern habe weitere Interessen. Ich versenke seit einiger Zeit z.B. viel Geld in mein anderes Hobby, Young- und Oldtimer. Auch der Tierschutz ist mir ein großes Anliegen. Mal sehen, was durch die Sendung noch so alles dazu kommt. Ich lasse mich gern anstecken.

Die wichtigste Frage darf ich nicht vergessen, zu stellen: Wo wird man "Reder redet" sehen können?
Beim Kabelsender NRWision, einem öffentlich-rechtlichen Sender hier in Nordrhein-Westfalen, bei CAS-TV und auf einem eigens für mich eingerichteten YouTube-Kanal. Wenn mir das am Anfang dieses Jahres einer gesagt hätte, dass ich im Sommer im Fernsehen sein werde, hätte ich ihm eine bessere medikamentöse Einstellung beim Facharzt empfohlen ;-)

Dann wünsche ich Dir auf jeden Fall viel Erfolg damit. Hast Du Erwartungen?
Dankeschön. Und nein. Wenn die Sendung nach drei Shows wieder abgesetzt wird, kann ich zumindest sagen, "Ich hab' die Gelegenheit genutzt, die Idee, Menschen und ihre Geschichten in den Vordergrund zu rücken" nach meinen Vorstellungen umzusetzen. Sollte das Format genug Zuschauer finden und länger laufen, würde ich mich sehr freuen. Auf jeden Fall werde ich das mit viel Herzblut und Lust angehen.



Interview: Michael Landmann
Fotos: Uwe Wortmann







   
   
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