Interview vom 22. Februar 2021
Rale und Frank Oberpichler sind seit den 80ern als musikalisches Duo unterwegs. Unter dem Namen PASO DOBLE haben sie die Hits "Computerliebe" und "Herz an Herz" platziern können. Rale war vor den Erfolgen mit der Band bereits als Studiomusikerin für Udo Lindenberg und Marius Müller-Westernhagen tätig. Frank feierte hingegen Erfolge als Keyboarder der Gruppe LAKE und als Produzent für Peter Schilling, mit dem zusammenb er den Song "Major Tom" zum Mega-Hit machte. Erst nachdem sie sich als Künstler zusammentaten schufen sie eine eigene Musik und einen eigenen Sound, der ihnen einen ersten Platz in der ZDF-Hitparade und die Goldene Stimmgabel einbrachte. Das war 1985 und 1986, aber irgendwie ging es danach nicht weiter. Im neuen Jahrtausend erschienen zwei weitere Studioalben, die aber nur digigal und nicht auf einem Tonträger erschienen sind. Dementsprechend verliefen beide Alben auch im Sand. Gerade eben wurde mit "Urknall" ein neues Werk mit zahlreichen neuen Liedern aber auch mit diversen Remakes ihrer Hits veröffentlicht. Die beiden nennen es ihr Jubiläumsalbum. Wir nahmen den "Urknall" zum Anlass, die beiden Musiker von PASO DOBLE für ein Interview einzuladen um mit ihnen darüber und über ihre Karriere zu plaudern ...
Nach "Hautnah" aus dem Jahre 2008 ist "Urknall" das erste richtige Album von Euch seit über 12 Jahren. Kann man hier von einem Comeback sprechen und was ging Euch am vergangenen Freitag, am Tag des Erscheinens Eures neuen Albums, so durch den Kopf?
Frank: Ich glaube, wir waren erlöst und superfroh, dass nach einer dreijährigen Produktionsphase das Album nun rauskam. Von einem Comeback kann man eigentlich nicht sprechen. Wir hatten auch niemals das Gefühl, dass es ein Comeback ist, da wir ja vorher immer wieder live gespielt hatten. Es war für uns eher ein Jubiläumsalbum, welches nun endlich auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Es gab 2012 noch ein NDW-Album mit Coverversionen, aber sonst war es doch ziemlich still um Euch in den letzten Jahren. Wo wart Ihr so lange und wieso hat ein neues Album so viel Zeit gebraucht?
Frank: Wie schon gesagt, haben wir vor der Veröffentlichung des Albums sehr, sehr viel live gespielt, und zwar verschiedenste Programme. Als wir dann anfingen, das Album aufzunehmen, haben wir einfach unglaublich gründlich gearbeitet. Immerhin sind auf dem Album achtzehn Songs vorhanden. Die aufzunehmen, das dauert halt eine gewisse Zeit.
Das eben erwähnte Album "Hautnah" und sein Vorgänger "Versunkener Schatz" von 2006 erschienen nur digital als Download. "Urknall" gibt es wieder physisch und nicht nur als CD, sondern auch auf Vinyl. Habt Ihr mit der ausschließlich digitalen VÖ Eurer Musik schlechte Erfahrungen gemacht, oder wie kam es zur Rückkehr zum "festen Material"?
Frank: Nein, wir haben überhaupt keine schlechten Erfahrungen mit non-physikalischen Tonträgern gemacht. Aber unser Jubiläumsalbum enthält Songs, die wir wirklich als physische Tonträger mit großem Cover, mit großem Inlet präsentieren wollen. Immerhin werden hier vierzig Jahre unseres Musikschaffens repräsentiert. Und da wollten wir unseren Fans etwas zum Anfassen in die Hand geben.
Nun steht auf dem Cover neben dem Bandnamen noch ein Zusatz und neben Euch beiden ist ein weiteres Gesicht zu sehen. Wer ist der "neue" Kollege? Seit wann ist er mit an Bord bzw. seit wann arbeitet Ihr mit ihm zusammen?
Frank: Dieses neue Gesicht ist Kai Soffel alias DJKC. Wir haben ihn vor vier oder fünf Jahren kennengelernt, als er als DJ "Computerliebe" neu aufnehmen wollte. Herausgekommen sind dabei am Ende eine super Freundschaft und eine tolle Zusammenarbeit, weil wir gemerkt haben, dass wir der Welt etwas zu geben haben in Form von großartigen Songs. Kai hat unsere Texte verstanden und gerade unsere etwas lyrischeren Songs so schön mitarrangiert, dass wir jetzt sagen, er ist unser dritter Mann.
Ihr habt 1985 einen eigenen Sound kreiert und hattet damit ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Musiklandschaft. Habt Ihr Euch das kein zweites Mal zugetraut, dass Euch sowas nochmals gelingt, oder welche Gründe hatte es Euch mit DJKC Verstärkung zu holen?
Frank: Es stimmt, wir hatten damals einen eigenständigen Sound kreiert, welcher vor allem durch Rales dreistimmigen, auch eher klassisch arrangierten Satz bestimmt war. Dazu kamen Synthies und Maschinenklänge. Im Prinzip haben wir das auch beibehalten. Aber die Zeit ist weitergegangen und so hatten wir uns ganz fest vorgenommen, wenn wir unser 40 Jahre-Jubiläumsalbum machen, dann soll das einen Sound bekommen, der total am Puls der Zeit hängt. Dazu wollten wir uns einen sounderfahrenen DJ holen, was uns ja mit Kai Soffel hervorragend gelungen ist.
Es gibt eine Vielzahl an Remakes auf "Urknall", für die sicher auch DJKC verantwortlich ist. Hat dies strategische Gründe, die Klassiker neu zu produzieren und möglicherweise als verkaufsfördernde Anreize mit auf die CD zu nehmen oder steckt dahinter wirklich die Idee, man könne die Hits von einst heute nochmal besser machen?
Frank: Unser Album ist eine Zeitreise durch unser ganzes Leben und da gehören natürlich diese Songs unbedingt dazu.
Die Frage mag doof klingen, aber würdet Ihr die neuen Versionen den Alten inzwischen vorziehen? Da fiel mir zum Beispiel direkt "Computerliebe" auf, das mit E-Gitarren angereichert wurde, die dann für meinen Geschmack das komplette Innenleben des Songs verändert haben. War das bewusst so angelegt, oder war diese Verfremdung ein Effekt, der sich erst beim Experimentieren im Studio ergeben hat?
Frank: Nö, das ist überhaupt keine doofe Frage. Wir haben nur inzwischen eine gewisse Routine im Zuhören, wie andere Produktionen unserer Songs klingen, denn alle halbe Jahre kommt von "Computerliebe" oder "Herz an Herz" ein Remake. Und wir dachten, wir sind es unseren Fans schuldig, dass wir selber Remakes machen, die sich von allem unterscheiden, was man bislang gehört hat. Diese Idee stammt übrigens von Kai. Und "Herz an Herz" einerseits als Funky Version und dann auch noch als orchestrale, große Version sowie "Computerliebe" als harte Gitarrennummer zu bringen, das war es absolut wert, produziert zu werden.
Bei den neuen Liedern sprang mir gleich "Übers Ziel" ins Ohr. Klassische PASO DOBLE-Elemente treffen auf den Zeitgeist. Ist das noch ein Song aus der alten Zeit oder ist er für dieses Album geschrieben worden?
Frank: Stimmt, der Song "Übers Ziel" fiel uns auch als etwas Besonderes auf, nachdem er fertig war. Ja, das ist ein neuer Song, den ich extra für dieses Album geschrieben habe. Der entstand mitten in dieser Zeit und ist dem Wissen zu verdanken, dass wir mit Kai so absolut vitale Rhythmen und Songs hinbekommen. Im Ergebnis dessen schrieb ich einfach noch einen weiteren Song, nämlich "Übers Ziel".
Auch "Gebet" sticht für meinen Geschmack heraus. Eine wunderbare Melodie und eine tolle Idee, ein Zwiegespräch mit Gott als Songtext zu verwenden. Wer hatte die Idee dazu und wie ist das Stück entstanden?
Rale: Ein Gebet zu vertonen finde ich einfach wunderbar, weil es wirklich auch zu unserem Leben gehört. Ich bete zu meinem Gott ungefähr in dem Stil, wie das Lied am Ende geworden ist. Und es ist eben eine wunderbare Melodie und ein wunderbarer Inhalt. Das hast Du gut erkannt.
Ihr beiden seid ja nicht nur auf der Bühne ein Paar, sondern auch im richtigen Leben. Wie kommt dann ein Song wie "Du weinst" zustande, wo es ja um eine Trennung, einen neuen Partner und das Zusammentreffen in dieser neuen Konstellation geht. Autobiographisch scheint der Song ja nicht zu sein …
Rale: Doch, der Song ist absolut autobiographisch, denn ich hatte auch schon ein Leben vor Frank. Und da dieses Album eine wirkliche Zeitreise ist und dieses Erlebnis, aus dem der Text zu "Du weinst" entstanden ist, mein Leben unglaublich geprägt hat, ist der Song auch mit auf dem Album.
Woher nehmt Ihr überhaupt die Ideen zu den Inhalten Eurer Lieder?
Frank: Ich empfinde das so, dass wir überhaupt keine Ideen aufnehmen. Unsere Sprache, unsere Probleme und unsere Gefühle drücken wir direkt über die Musik aus. "Lover" setzt sich beispielsweise mit Cybersex auseinander, in "Gebet" geht es um Gott, "Kleine Killer" behandelt das Thema der Videogames und der ganzen Technik in Kinderzimmern. Wenn man sich diese Phänomene als Künstler oder als wacher Mensch anschaut, dann bleibt uns als erste Möglichkeit, diese Themen in einem Song zu verarbeiten. Und zwar möglichst so, dass man selber dabei auch noch den Humor und den Spaß am Leben behält, selbst wenn es mal etwas ernster zugeht. Das Leben bietet uns also genügend Stoff, um unsere Lieder mit Inhalten zu füllen.
Welcher der 18 Songs auf "Urknall" - egal ob neuer Song oder Remake - ist Euer besonderes Baby, oder habt Ihr selbst keinen Favoriten?
Rale: Im Grunde genommen habe ich mehrere Lieblingssongs auf dem Album. Aber wenn ich einen rausgreifen sollte, dann wäre es für mich "Smalltalk". Der Song geht für mich dermaßen in die Beine, dass ich immer, wenn ich ihn höre, aufspringen muss und ich will mittanzen, mitsingen. Und ich hoffe, dass das alle anderen, die den Song hören, auch so empfinden.
Frank: Für mich gibt es auch ein besonderes Baby. Das ist ein Song, für den ich richtig kämpfen musste während der Produktionsphase. Der Song heißt "Es ist (wie du mich liebst)" und wurde ebenfalls extra für diese Platte von mir geschrieben. Ich wollte den Menschen damit ein Liebesgefühl schenken, wie ich es in meinen besten Momenten empfinde. Das Lied musste sich aber erst durchsetzen, weil es ja doch ein wenig smart ist. Am Ende hat Kai es aber ganz toll produziert und abgemischt, weshalb ich das Lied umso mehr liebe.
Gibt es evtl. sogar einen Titel, mit dem Ihr nicht so zufrieden seid und den ihr jetzt vielleicht sogar noch anders machen würdet, wenn es möglich wäre?
Rale: Nein, es gibt keinen einzigen Titel auf dem Album, mit dem wir nicht zufrieden sind. Anderenfalls hätten wir die Nummer einfach neu eingespielt und das Album wäre mit der neuen Version erschienen.
Nach den Inhalten habe ich bereits gefragt, die gleiche Frage möchte ich zur Musik und zum Klang stellen. Woher kommen die Ideen in den Arrangements und bei der Auswahl der Sounds? Gibt es Vorbilder, wird im Studio fleißig experimentiert oder wie kann man sich den Kuss der Muse bei Euch vorstellen?
Frank: Der Kuss der Muse ging zwischen unserem PASO DOBLE-Musikstudio in Hamburg und Riedstadt, wo Kai sein Studio hat, rege hin und her. Wir haben uns eine Dauerstandleitung mit facetime eingerichtet und warfen uns die Ideen regelrecht zu. Manchmal passierte das in Besprechungen, manchmal schickten wir uns auch nur ein paar Audiofiles zu. Es kam auch vor, dass wir ein Arrangement bereits fertig hatten. Dazu muss man wissen, dass immer zuerst der Gesang fertig war und alles andere drumherum geschrieben wurde. Nun passierte es aber tatsächlich hin und wieder, dass Kai oder ich plötzlich noch eine neue Idee zu einem eigentlich fertigen Arrangement hatten. Ein gutes Beispiel dafür war "Smalltalk". Eines Morgens rief Kai bei uns an und meinte, es täte ihm sehr leid, aber er denkt, wir müssten aus "Smalltalk" einen Multikulti-Song machen. Wir müssten also jetzt französisch singen, türkisch singen, wir brauchen ein großes türkisches Orchester und machen am Ende keinen Popsong daraus, sondern einen echten Multikulti-Song. Also setzte ich mich und arrangierte alles völlig neu. Am Schluss war es dann so wie immer: wir waren alle richtig glücklich über das Ergebnis.
Ist es im Bereich der elektronischen Musik heute einfacher zu arbeiten und evtl. sogar grundlegend anders als vor 35 Jahren?
Frank: Wir kommen ja aus der Zeit, als die elektronische Musik erfunden wurde. Wir waren damals echt stolz auf unsere ersten Computer und unsere ersten Rhythmusmaschinen. Und natürlich haben wir aus den Geräten alles rausgesaugt, was möglich war. Heute ist die Aufgabe bzw. die Herausforderung eine andere. Jeder verfügt über die gleichen erschwinglichen Voraussetzungen wie die jeweilige Software oder die Klangerzeuger. Man muss deshalb heute über den Ausschluss, über besonderes Sortieren, über Stilsicherheit seine Eigenheiten bewahren, denn grundsätzlich kann heute jeder alles produzieren, alle elektronischen Klänge herstellen, die es gibt. Aber daraus einen wiedererkennbaren Stil zu schaffen, das ist heutzutage deutlich schwieriger.
Die Zahl der Musiksendungen im Fernsehen ist ja im Vergleich zu den 80ern arg geschrumpft. Damit fällt auch die große Auswahl weg und man muss gucken, wie und wo man unterkommt. Mit Schlager-Musik, die sich inzwischen ja auch massiv im elektronischen Bereich bedient, hat man es heute einfacher, sich im TV noch präsentieren zu können. Spielt das eine Rolle im kreativen Prozess, wenn man im Studio an der eigenen Musik werkelt und Arrangements macht?
Frank: Also die Verwertbarkeit bzw. auf welchen Plattformen oder Sendungen unsere Musik am Ende stattfindet, spielt für uns im Studio keine Rolle. Bei uns geht es nur darum, wenn man eine musikalische oder textliche Idee hat, diese auf allen Ebenen zur Blüte zu führen. Deshalb haben wir für das Album auch so lange gebraucht, denn es gibt viele Parameter, an denen man herumschraubt. Aber wir haben wirklich nicht darüber nachgedacht, ob wir es damit in irgendeine große Sendung schaffen, sondern wir wollten uns zuallererst zu dritt neu erfinden.
Mit Plattenverkäufen verdienen Musiker heute ja leider nicht mehr so viel Geld wie noch vor 20 Jahren. Heute ist das Live-Geschäft Haupteinnahmequelle. Werdet Ihr - sobald es Corona wieder zulässt - mit "Urknall" auch auf Tour gehen?
Rale: Natürlich wollen wir auch live spielen. Mal sehen, wann das wieder möglich sein wird. Wir freuen uns jedenfalls schon riesig darauf, denn der ganz persönliche Kontakt zum Publikum ist ja für jeden Künstler das Schönste, was es gibt.
Ich möchte noch ein paar Fragen zur Geschichte Eurer Band und zu Euch loswerden, die sich bei der Recherche zu diesem Interview ergeben haben. Frank, Du warst Keyboarder und Sänger bei LAKE, stimmt das? Wie lange warst Du Mitglied dieser Gruppe und war das Deine erste Station im Musikzirkus?
Frank: Bei LAKE habe ich lange und gerne gespielt, aber das war nicht meine erste Band. Vorher war ich Mitbegründer der Band IAN CUSICK & THE FLEET mit dem schottischen Sänger Ian Cusick. Das war eine super Truppe. Und davor habe ich mit Herb Geller, dem tollen amerikanischen Saxophonisten, in einer Jazzrock-Band namens KÄNGURU gespielt.
Zu Deinen größten Erfolgen "hinter den Kulissen" dürfte wohl der mit dem Song "Major Tom" von Peter Schilling gehören. Warst Du damals der hauptamtliche Produzent oder der Co-Produzent, und wie kam es überhaupt dazu, dass Du für und mit Peter im Studio warst?
Frank: Das stimmt, hinter den Kulissen gab es eine tolle Zusammenarbeit mit Peter Schilling. Ich war damals schon ausgiebig im Musikbusiness tätig, vorwiegend in den Hamburger Studios und dort wiederum bevorzugt im Peer-Studio. Peter Schilling war seinerzeit noch ein unbekannter Peer-Künstler, mit dem ich mich im Studio zusammenfand, vermittelt durch Peer. Wir kamen schnell und gut miteinander klar und da ich auch damals schon viel und gerne arrangierte, half ich bei der Produktion von "Major Tom" mit beim Chor und war dementsprechend an der ganzen Sache beteiligt.
Die Nummer ging ja richtig ab. Wie hast Du diese Zeit damals empfunden?
Frank: Das kann ich dir ganz genau beschreiben, denn es war der pure Wahnsinn. Wir wussten natürlich schon während der Arbeit im Studio, dass wir mit "Major Tom" eine Riesennummer am Start hatten. Ich verrate hier jetzt ein kleines Geheimnis: diese Arbeit war die Geburtsstunde meines Wunsches, mit Rale zusammen ebenfalls deutsche Musik zu machen. Danach zogen wir uns auch tatsächlich zurück, gründeten PASO DOBLE, schrieben an unseren Songs und veröffentlichten dann bei WEA unser erstes Album. Peter Schilling war so um 1983 dran, während wir anschließend intensiv an unseren Sachen arbeiteten und 1985 dann als PASO DOBLE unser Album "Fantasie" an den Start brachten.
Gab es über diesen Titel hinaus noch eine Zusammen- bzw. Mitarbeit, hast Du evtl. sogar am Album mitgewirkt?
Frank: Mit Peter war es eine super Zusammenarbeit. Das betraf nicht nur "Major Tom", sondern generell die Arbeit an seinem ersten Album. Und natürlich folgte bald darauf ein zweites Album, wo ich die gleichen Funktionen innehatte wie beim Debütalbum.
Rale, Du warst bereits 1972 auf Udo Lindenbergs LP "Daumen im Wind" als Sängerin zu hören. Wie kam es dazu, dass Du Teil von Udos Universum wurdest?
Rale: Ich kannte Udo schon viele Jahre, bevor er dieses Album machte, aus der Hamburger Szene. Und ich war damals eine der drei bis vier ständig gebuchten Backgroundsängerinnen in Hamburg. Also sang ich auch auf Udos Album "Daumen im Wind" im Background. Zwar nicht mit anderen Choristen, aber dafür mit Otto Waalkes. Ja, wirklich, ich habe zusammen mit Otto im Chor auf Udos LP gesungen. Das war eine echt gute und vor allem lustige Erfahrung.
War dies Deine erste Station im Musikgeschäft, oder gab es da vorher schon woanders erste Schritte?
Rale: Nein, das war nicht meine erste Station. Meine ersten Erfahrungen in diesem Business, gerade im Background-Singen, hatte ich bereits Mitte der 60er Jahre. Ich bin also schon recht früh eingestiegen und war schon eine richtig routinierte Sängerin mit einer klassischen Gesangsausbildung und Notenkenntnissen, was man damals für die Studioarbeit sehr stark benötigte, wenn auch nicht gerade bei Udo.
Auch auf Marius Müller-Westernhagens Debüt-Album aus dem Jahre 1975 bist Du zu hören. Kannst Du Dich noch an diese Produktion erinnern und wie Du zu Marius gekommen bist?
Rale: Oh ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Er war damals als Sänger noch völlig unbekannt. Es machte trotzdem unheimlich viel Spaß, weil Marius gerade mit seinem ersten Album ja noch in einer Art Versuchsstadium war. Er wollte ein neues Genre entwickeln, was ihm ja später auch wirklich gelungen ist.
Weitere Lindenberg- und Westernhagen-Platten entstanden mit Deiner Beteiligung und mit Deinem Mitwirken bei Novalis warst Du sogar im Prog-Rock-Bereich unterwegs. Das war ja schon etwas sehr Spezielles. Wie kommt man aus dem "normalen" Musikbereich zu dieser doch eher besonderen Abteilung des Rock?
Rale: Ich spielte ja damals auch live mit unterschiedlichen Bands. Hauptsächlich mit RANDY PIE, die du ja sicher auch noch kennst und die eher in die rockige Szene gehörten. Also all die Aktivitäten im Schlager- und Popbereich waren nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was ich gemacht habe. Live sang ich bei RANDY PIE oder trat mit anderen Bands auf Festivals auf, wo oftmals im Nachhinein Produktionen entstanden, zu denen ich als Backgroundsängerin eingeladen wurde. Es gab ja damals auch nicht so wirklich viele moderne junge Sängerinnen für den Background.
Ist es richtig, dass Du unter Deinem Namen Rale dann im Jahre 1977 im Pop-Bereich eine Solo-Karriere gestartet hast, es da aber nur eine Single gegeben hat?
Rale: Ja, das stimmt. Und zwar fand das unter meinem Namen Rale Bennett statt. Zwei Singles haben wir veröffentlicht, wovon die erste, "Last night in Paris" auf Englisch gesungen war. Die zweite Single hieß dann "Fürchte dich nicht". Gearbeitet hatten wir aber eigentlich an einem ganzen Album.
Wie habt Ihr beiden Euch dann kennengelernt? Passierte das auf beruflichem Wege oder klassisch irgendwo in einer Disko oder in einer Kneipe?
Rale: Das schließt an die vorherige Frage an, denn auf der Suche nach Songs für das geplante Soloalbum habe ich Frank kennengelernt. Wir lernten uns also quasi "beruflich" kennen, sahen uns im Studio, spielten auch mal live zusammen, beispielsweise mit Ian Cusick. Frank spielte Keyboards, ich war wie immer als Backgroundsängerin dabei. So verlief unser Kennenlernen. Richtig lieben lernten wir uns aber erst, als ich zu ihm ging, weil er Songs für mich schreiben sollte und wir nach und nach merkten, dass wir einfach zusammengehören.
Wie kam es dazu, dass Ihr beiden dann PASO DOBLE gegründet habt?
Frank: Rale und ich haben sehr viel Musik im Studio für andere Kollegen gemacht, zuletzt eben für Peter Schilling die Songs arrangiert. Dabei haben wir bemerkt, dass uns diese Stilistik so sehr gefällt, dass wir unser solistisches Potential auspacken wollten, aus dem Hintergrund heraustreten mussten und aus diesem Grunde eben PASO DOBLE gegründet haben. Das war, wie sich herausstellte, ja auch die einzig richtige Entscheidung.
Ihr wart beide ja schon - wie wir gerade besprochen haben - etwas länger im Geschäft und habt dort Spuren hinterlassen. War es für Euch damals einfach, einen Plattenvertrag zu bekommen oder musstet Ihr mit Eurer Musik wie der Nachwuchs Klinkenputzen gehen und Demos verschicken?
Frank: Natürlich war es für uns genauso schwer wie für jeden anderen unbekannten Interpreten, einen Plattenvertrag zu bekommen. Wir haben einfach beinhart an unseren Songs und den Texten gearbeitet, haben Demos aufgenommen. Es war eine sehr anstrengende Phase, denn wir mussten zum einen unseren eigenen Stil finden und zum anderen einen Weg suchen, um bei der WEA unterzukommen. Aber unsere Demos waren echt gut. Das merkten wir daran, dass wir später im Studio einige unserer Demos nur noch verfeinert haben, zum Beispiel "Computerliebe"
Seid Ihr mit der Musik auch auf Tour gewesen, bzw. haben PASO DOBLE überhaupt Konzerte gegeben, oder beschränkte sich Eure Arbeit allein auf die im Aufnahme- und Fernsehstudio?
Rale: Nein, wir sind mit unserer Musik leider nie auf Tournee gegangen. Für uns war viel interessanter, die ganzen Produktionen fertigzustellen. Auch war es damals üblich, einmal im Jahr ein neues Album zu veröffentlichen. Allein das war schon wahnsinnig viel Arbeit. Das Livespielen ging dadurch ein bisschen an uns vorbei. Sehr viel später haben wir das dann durchaus bereut. Nämlich genau zu dem Zeitpunkt, als wir mit dem Livespielen begonnen hatten. Das muss so um 2003 / 2004 gewesen sein. Da bemerkten wir erst, wie wahnsinnig viel Spaß das macht.
Was die Charts betrifft, so ist Euch kein Top 10-Hit gelungen. Dafür habt ihr in der ZDF-Hitparade den ersten Platz belegen können und auch sonst waren Eure Singles einem breiten Publikum bekannt. Ein Album und vier Singles hat es zwischen 1984 und 1986 gegeben, dann seid Ihr abgetaucht. Warum ging es nicht weiter und wieso folgte dem ersten Album nicht zeitnah ein weiteres?
Frank: Was die Charts betrifft, so waren wir mehrere Wochen auf Platz 1 der Deutschen Musikmarkt-Charts. Eine super Sache für uns! Ansonsten haben wir immer auch noch für andere Künstler gespielt. Das blieb gar nicht aus, weil die Studioszene in Hamburg damals äußerst lebendig war und wir Teil dieser Szene waren. Du fragst nach dem zweiten Album… Nun ja, wir bekamen dann Nachwuchs und unsere Arbeit flaute zwangsläufig ab. Allerdings nur die Arbeit am Projekt PASO DOBLE. Stattdessen arbeiteten wir nach der Familiengründung mehr von zuhause aus und widmeten uns unter anderem einer jungen Frau namens Blümchen, die von Rale unter anderem Gesangscoaching bekam und für die ich viele Titel schrieb und arrangierte. Es ging also immer irgendwie weiter. Dazu kamen viele Produktionen für Kinder, unter anderem mit Rolf Zuckowski. An anderen namhaften Kinderproduktionen waren wir ebenfalls beteiligt wie Findus Petterson, Rabe Socke, Kinder aus Bullerbü, 100 Jahre Astrid Lindgren. Und jetzt gerade Räuber Hotzenplotz. Als unsere Tochter dann flügge wurde, haben wir uns aber wieder unserem Lieblingskind, der Popmusik, zugewandt.
Rale, von Dir habe ich hier noch eine Maxi CD bzw. EP mit dem Titel "Frag den Abendwind", die aus dem Jahre 1998 stammt. War das ein weiterer Versuch, als Solistin zu arbeiten, oder welches Ziel verfolgte diese CD damals?
Rale: Ich habe ab 1998 bei Universal und unter der Schirmherrschaft von Rolf Zuckowski eine Märchen-CD-Reihe unter dem Titel "Rales Musikmärchen" gestartet. Das war also reine Kindermusik. Ich war Solistin, ich habe alle Texte geschrieben und die Märchen im Originaltext gelesen. Die Musik ist natürlich von Frank. Das war so eine Art Nebenlinie meiner Solokarriere. Genau dazu gehörte auch die von dir angesprochene Single "Frag den Abendwind". Die war so eine Art Trailer für die CD-Reihe. Diese Märchen-Reihe gibt es übrigens immer noch. Die letzten Märchen dafür habe ich 2010 geschrieben. Ich war damals auch mit Kindern zusammen auf Tournee. Es geht also auch damit noch weiter und ich habe immer noch große Lust, diese Art Musik zu machen, weil ich ja allein schon durch meine Ausbildung eine halbklassische Gesangsart bevorzuge. Das eignet sich richtig gut für Kindermusik und übrigens auch für Volksmusik. Solche Sachen kann ich gut singen und tue das auch wahnsinnig gerne. Vor allem hat mich aber das Thema Märchen echt mitgenommen. Bevor wir jetzt unser aktuelles Album "Urknall" aufgenommen haben, haben wir, das möchte ich noch erwähnen, mehrere Jahre lang ein Märchenprogramm für Erwachsene gespielt. Mit Liedern, die anmutig und sehr fein sind. Und ich würde nicht ausschließen, dass wir so etwas nicht nochmal machen. Dieser Zweig meiner Solokarriere ist also noch nicht wirklich beendet.
Frank, Du hast in den 90ern u.a. mit und für Stefan Waggershausen, Juliane Werding, Blümchen und Rio Reiser gearbeitet. Das klingt allein beim Lesen der Namen schon sehr abwechslungsreich. Was hast Du denn mit Rio zusammen gemacht?
Frank: Oh ja, speziell die Zeit mit Rio Reiser war unvergesslich. Ich hatte viel im Audio-Tonstudio Berlin zu tun, wo ja Udo Arndt produzierte. Ich spielte dort in erster Linie Keyboard, unter anderem auch für die Rio Reiser-LP "Blinder Passagier". Bei dieser Gelegenheit lernten Rio und ich uns kennen. Das war übrigens genau die Zeit, als ich auch ein Soloalbum machte. Da habe ich mich einfach mal getraut und habe Rio Songs vorgespielt und ihm die Texte gezeigt. Wir verstanden uns so gut, dass er mir seine Hilfe angeboten hatte. Wir gingen gemeinsam meine Texte durch, gestalteten sie ein bisschen um, denn Rio war ja ein begnadeter Lyriker. Und so findet also Rio Reiser auch auf meinem ersten Soloalbum "Heimweh" statt.
Gibt es noch andere Tätigkeiten Deinerseits, die ich vergessen habe zu erwähnen und die wichtigen Punkte in Deiner Vita sind?
Frank: Mir fällt noch ein, dass ich in der Zeit von 1989 bis 1994 sehr begeistert und stolz war, Teil von Udo Lindenbergs Panikorchester gewesen zu sein. Als 1989 die Grenzen zwischen den beiden deutschen Staaten fielen, bekam ich den Anruf von Udo, ob ich nicht mal ein bisschen bei ihm die Tasten drücken will. Das war eine ganz tolle Zeit. Ich durfte plötzlich Songs wie "Andrea Doria", "Mädchen aus Ostberlin" und so weiter, die ich persönlich ohnehin sehr mochte, mit ihm live auf der Bühne spielen. Und seit 2007 habe ich meine Genres etwas erweitert und darf zusammen mit einem Team die Musik zu der ARD-Serie "Rote Rosen" schreiben. Das ist eine orchestrale, eher klassische Aufgabe, was bei mir große Begeisterung hervorruft, weil ich das wirklich gut kann und weil ich jeden Tag Musik machen darf, die auch tatsächlich gesendet wird.
Ihr habt in all den Jahren eine ganze Menge gemacht und erlebt. Was waren für Euch persönlich die Höhepunkte Eurer bisherigen Karriere?
Rale: Wir haben die "Hitparade" gewonnen, wir bekamen die "Goldene Stimmgabel", wir waren in allen großen Fernsehshows, die es damals gab. Das waren karrieremäßig unsere Höhepunkte. Höhepunkte unseres Lebens, das nicht nur durch die Musik und die Karriere gestaltet wurde, gibt es natürlich noch viele andere.
Frank: Für mich gab es im letzten Jahr noch einen echten Höhepunkt, da sind wir nämlich zu UNESCO-Friedensbotschaftern ernannt worden.
Welche Unterschiede seht Ihr, wenn Ihr auf Eure Anfangszeit mit PASO DOBLE in den 80ern zurückblickt und wenn Ihr auf das Heute seht? Sowohl was Eure Arbeit als auch die Musiklandschaft allgemein betrifft?
Frank: Ach, da gibt es schon so einige Unterschiede. Ein sehr großer Unterschied ist für mich, dass man heutzutage für diese ganzen Social Media-Geschichten so unglaublich viel Präsenz zeigen muss. Fotos, Beiträge, jeden Tag die Fans mitnehmen in dein Privatleben… Das ist deutlich anders als in den 80er Jahren. Früher gab es dafür drei bis vier Fernsehsendungen, wo man unbedingt auftreten musste, danach war man bekannt und in aller Munde. Heute ist es durch diese hundertfache Verästelung der Fernsehsender und Rundfunkanstalten viel, viel schwerer, flächendeckend bekannt zu werden. Dafür hat man aber eher die Chance, auf kleineren Kanälen direkt an die Fans heranzukommen. Es sind also wirklich große Unterschiede vorhanden. Aber wir haben uns vorgenommen, mit unserem aktuellen Jubiläums-Album noch einmal voll anzugreifen und auch diese für uns neue Szene kennenzulernen und zu bedienen. Uns macht das jedenfalls einen Höllenspaß.
Welche Hoffnungen und Wünsche habt Ihr für Eure berufliche Zukunft?
Rale: Wir haben einen ganz großen Wunsch: wir wollen live spielen. Das gilt übrigens nicht nur für uns, sondern für alle Künstler. Für uns ist es deshalb so wichtig, weil wir ein Album gemacht haben, welches inhaltlich das wiedergibt, was wir glauben und was wir lieben. Wir haben uns auf dem Album regelrecht geoutet und würden das gerne auch auf der Bühne zeigen. Wir möchten mit diesen Inhalten den Kontakt zum Publikum aufbauen und wollen einfach mal schauen, in welchem Strom unsere Zukunft laufen wird. Und auch hier sei wieder gesagt, das gilt nicht nur für uns, sondern für alle Künstler, die auf die Bühne gehen wollen.
Frank: Wir nutzen die Zeit gerade, verschiedene Arten von Aufführungen zu üben. Natürlich wollen wir am liebsten zu dritt, also mit Kai, auf große Bühnen, um den Originalsound von "Urknall" zu präsentieren. Das wird richtig abgehen. Es wird tanzbar sein, tiefgründig, orchestral und groß. Was wir jetzt im Moment zuhause einstudieren, ist eine Unplugged-Version. Rale singt, ich spiele Klavier, bediene ein paar kleine Loops und singe ebenfalls, so dass wir auch in der Lage sein werden, Wohnzimmerkonzerte und kleine Clubauftritte zu spielen. Wir sind ja auch Meister der leisen Töne und wissen, dass man unsere Lieder auch im kleinen Verband super rüberbringen kann. Und in den jetzigen Zeiten, wo man organisatorisch überhaupt nicht weiß, wie und wo es mal weitergehen wird, ist es natürlich sinnvoll, wenn man verschiedene Varianten beherrscht, die man überall darbieten kann und mit denen man mobil ist.
Müssen die Fans nach "Urknall" wieder so lange auf ein weiteres Lebenszeichen von Euch warten?
Rale: Da wir keine Hellseher sind, können wir diese Frage auch nicht wahrheitsgemäß beantworten. Vielleicht geht es ganz schnell weiter. Alleine dadurch, dass wir live spielen wollen, werden wir so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden.
Frank: Auch ich habe schon wieder verschiedene Ideen im Köcher. Man ist ja angefixt durch das neue Album. Ich ertappe mich dabei, dass ich am Klavier sitze und an neuen Songs schreibe. Also ich glaube, die Fans müssen keinesfalls nochmal so lange warten. Wahrscheinlich wird es kein Doppelvinyl mit 18 Songs werden, denn dafür bräuchten wir wohl nochmal vierzig Jahre, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nach und nach neues Material geben wird, weil wir einfach Spaß haben an der Musik und am Leben. Zumal wir jetzt mit Kai jemanden an Bord haben, der einen bestechenden Sound für uns macht und den wir einfach lieben.
Ich danke Euch herzlich für dieses Gespräch!
Nach "Hautnah" aus dem Jahre 2008 ist "Urknall" das erste richtige Album von Euch seit über 12 Jahren. Kann man hier von einem Comeback sprechen und was ging Euch am vergangenen Freitag, am Tag des Erscheinens Eures neuen Albums, so durch den Kopf?
Frank: Ich glaube, wir waren erlöst und superfroh, dass nach einer dreijährigen Produktionsphase das Album nun rauskam. Von einem Comeback kann man eigentlich nicht sprechen. Wir hatten auch niemals das Gefühl, dass es ein Comeback ist, da wir ja vorher immer wieder live gespielt hatten. Es war für uns eher ein Jubiläumsalbum, welches nun endlich auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
Es gab 2012 noch ein NDW-Album mit Coverversionen, aber sonst war es doch ziemlich still um Euch in den letzten Jahren. Wo wart Ihr so lange und wieso hat ein neues Album so viel Zeit gebraucht?
Frank: Wie schon gesagt, haben wir vor der Veröffentlichung des Albums sehr, sehr viel live gespielt, und zwar verschiedenste Programme. Als wir dann anfingen, das Album aufzunehmen, haben wir einfach unglaublich gründlich gearbeitet. Immerhin sind auf dem Album achtzehn Songs vorhanden. Die aufzunehmen, das dauert halt eine gewisse Zeit.
Das eben erwähnte Album "Hautnah" und sein Vorgänger "Versunkener Schatz" von 2006 erschienen nur digital als Download. "Urknall" gibt es wieder physisch und nicht nur als CD, sondern auch auf Vinyl. Habt Ihr mit der ausschließlich digitalen VÖ Eurer Musik schlechte Erfahrungen gemacht, oder wie kam es zur Rückkehr zum "festen Material"?
Frank: Nein, wir haben überhaupt keine schlechten Erfahrungen mit non-physikalischen Tonträgern gemacht. Aber unser Jubiläumsalbum enthält Songs, die wir wirklich als physische Tonträger mit großem Cover, mit großem Inlet präsentieren wollen. Immerhin werden hier vierzig Jahre unseres Musikschaffens repräsentiert. Und da wollten wir unseren Fans etwas zum Anfassen in die Hand geben.
Nun steht auf dem Cover neben dem Bandnamen noch ein Zusatz und neben Euch beiden ist ein weiteres Gesicht zu sehen. Wer ist der "neue" Kollege? Seit wann ist er mit an Bord bzw. seit wann arbeitet Ihr mit ihm zusammen?
Frank: Dieses neue Gesicht ist Kai Soffel alias DJKC. Wir haben ihn vor vier oder fünf Jahren kennengelernt, als er als DJ "Computerliebe" neu aufnehmen wollte. Herausgekommen sind dabei am Ende eine super Freundschaft und eine tolle Zusammenarbeit, weil wir gemerkt haben, dass wir der Welt etwas zu geben haben in Form von großartigen Songs. Kai hat unsere Texte verstanden und gerade unsere etwas lyrischeren Songs so schön mitarrangiert, dass wir jetzt sagen, er ist unser dritter Mann.
Ihr habt 1985 einen eigenen Sound kreiert und hattet damit ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Musiklandschaft. Habt Ihr Euch das kein zweites Mal zugetraut, dass Euch sowas nochmals gelingt, oder welche Gründe hatte es Euch mit DJKC Verstärkung zu holen?
Frank: Es stimmt, wir hatten damals einen eigenständigen Sound kreiert, welcher vor allem durch Rales dreistimmigen, auch eher klassisch arrangierten Satz bestimmt war. Dazu kamen Synthies und Maschinenklänge. Im Prinzip haben wir das auch beibehalten. Aber die Zeit ist weitergegangen und so hatten wir uns ganz fest vorgenommen, wenn wir unser 40 Jahre-Jubiläumsalbum machen, dann soll das einen Sound bekommen, der total am Puls der Zeit hängt. Dazu wollten wir uns einen sounderfahrenen DJ holen, was uns ja mit Kai Soffel hervorragend gelungen ist.
Es gibt eine Vielzahl an Remakes auf "Urknall", für die sicher auch DJKC verantwortlich ist. Hat dies strategische Gründe, die Klassiker neu zu produzieren und möglicherweise als verkaufsfördernde Anreize mit auf die CD zu nehmen oder steckt dahinter wirklich die Idee, man könne die Hits von einst heute nochmal besser machen?
Frank: Unser Album ist eine Zeitreise durch unser ganzes Leben und da gehören natürlich diese Songs unbedingt dazu.
Die Frage mag doof klingen, aber würdet Ihr die neuen Versionen den Alten inzwischen vorziehen? Da fiel mir zum Beispiel direkt "Computerliebe" auf, das mit E-Gitarren angereichert wurde, die dann für meinen Geschmack das komplette Innenleben des Songs verändert haben. War das bewusst so angelegt, oder war diese Verfremdung ein Effekt, der sich erst beim Experimentieren im Studio ergeben hat?
Frank: Nö, das ist überhaupt keine doofe Frage. Wir haben nur inzwischen eine gewisse Routine im Zuhören, wie andere Produktionen unserer Songs klingen, denn alle halbe Jahre kommt von "Computerliebe" oder "Herz an Herz" ein Remake. Und wir dachten, wir sind es unseren Fans schuldig, dass wir selber Remakes machen, die sich von allem unterscheiden, was man bislang gehört hat. Diese Idee stammt übrigens von Kai. Und "Herz an Herz" einerseits als Funky Version und dann auch noch als orchestrale, große Version sowie "Computerliebe" als harte Gitarrennummer zu bringen, das war es absolut wert, produziert zu werden.
Bei den neuen Liedern sprang mir gleich "Übers Ziel" ins Ohr. Klassische PASO DOBLE-Elemente treffen auf den Zeitgeist. Ist das noch ein Song aus der alten Zeit oder ist er für dieses Album geschrieben worden?
Frank: Stimmt, der Song "Übers Ziel" fiel uns auch als etwas Besonderes auf, nachdem er fertig war. Ja, das ist ein neuer Song, den ich extra für dieses Album geschrieben habe. Der entstand mitten in dieser Zeit und ist dem Wissen zu verdanken, dass wir mit Kai so absolut vitale Rhythmen und Songs hinbekommen. Im Ergebnis dessen schrieb ich einfach noch einen weiteren Song, nämlich "Übers Ziel".
Auch "Gebet" sticht für meinen Geschmack heraus. Eine wunderbare Melodie und eine tolle Idee, ein Zwiegespräch mit Gott als Songtext zu verwenden. Wer hatte die Idee dazu und wie ist das Stück entstanden?
Rale: Ein Gebet zu vertonen finde ich einfach wunderbar, weil es wirklich auch zu unserem Leben gehört. Ich bete zu meinem Gott ungefähr in dem Stil, wie das Lied am Ende geworden ist. Und es ist eben eine wunderbare Melodie und ein wunderbarer Inhalt. Das hast Du gut erkannt.
Ihr beiden seid ja nicht nur auf der Bühne ein Paar, sondern auch im richtigen Leben. Wie kommt dann ein Song wie "Du weinst" zustande, wo es ja um eine Trennung, einen neuen Partner und das Zusammentreffen in dieser neuen Konstellation geht. Autobiographisch scheint der Song ja nicht zu sein …
Rale: Doch, der Song ist absolut autobiographisch, denn ich hatte auch schon ein Leben vor Frank. Und da dieses Album eine wirkliche Zeitreise ist und dieses Erlebnis, aus dem der Text zu "Du weinst" entstanden ist, mein Leben unglaublich geprägt hat, ist der Song auch mit auf dem Album.
Woher nehmt Ihr überhaupt die Ideen zu den Inhalten Eurer Lieder?
Frank: Ich empfinde das so, dass wir überhaupt keine Ideen aufnehmen. Unsere Sprache, unsere Probleme und unsere Gefühle drücken wir direkt über die Musik aus. "Lover" setzt sich beispielsweise mit Cybersex auseinander, in "Gebet" geht es um Gott, "Kleine Killer" behandelt das Thema der Videogames und der ganzen Technik in Kinderzimmern. Wenn man sich diese Phänomene als Künstler oder als wacher Mensch anschaut, dann bleibt uns als erste Möglichkeit, diese Themen in einem Song zu verarbeiten. Und zwar möglichst so, dass man selber dabei auch noch den Humor und den Spaß am Leben behält, selbst wenn es mal etwas ernster zugeht. Das Leben bietet uns also genügend Stoff, um unsere Lieder mit Inhalten zu füllen.
Welcher der 18 Songs auf "Urknall" - egal ob neuer Song oder Remake - ist Euer besonderes Baby, oder habt Ihr selbst keinen Favoriten?
Rale: Im Grunde genommen habe ich mehrere Lieblingssongs auf dem Album. Aber wenn ich einen rausgreifen sollte, dann wäre es für mich "Smalltalk". Der Song geht für mich dermaßen in die Beine, dass ich immer, wenn ich ihn höre, aufspringen muss und ich will mittanzen, mitsingen. Und ich hoffe, dass das alle anderen, die den Song hören, auch so empfinden.
Frank: Für mich gibt es auch ein besonderes Baby. Das ist ein Song, für den ich richtig kämpfen musste während der Produktionsphase. Der Song heißt "Es ist (wie du mich liebst)" und wurde ebenfalls extra für diese Platte von mir geschrieben. Ich wollte den Menschen damit ein Liebesgefühl schenken, wie ich es in meinen besten Momenten empfinde. Das Lied musste sich aber erst durchsetzen, weil es ja doch ein wenig smart ist. Am Ende hat Kai es aber ganz toll produziert und abgemischt, weshalb ich das Lied umso mehr liebe.
Gibt es evtl. sogar einen Titel, mit dem Ihr nicht so zufrieden seid und den ihr jetzt vielleicht sogar noch anders machen würdet, wenn es möglich wäre?
Rale: Nein, es gibt keinen einzigen Titel auf dem Album, mit dem wir nicht zufrieden sind. Anderenfalls hätten wir die Nummer einfach neu eingespielt und das Album wäre mit der neuen Version erschienen.
Nach den Inhalten habe ich bereits gefragt, die gleiche Frage möchte ich zur Musik und zum Klang stellen. Woher kommen die Ideen in den Arrangements und bei der Auswahl der Sounds? Gibt es Vorbilder, wird im Studio fleißig experimentiert oder wie kann man sich den Kuss der Muse bei Euch vorstellen?
Frank: Der Kuss der Muse ging zwischen unserem PASO DOBLE-Musikstudio in Hamburg und Riedstadt, wo Kai sein Studio hat, rege hin und her. Wir haben uns eine Dauerstandleitung mit facetime eingerichtet und warfen uns die Ideen regelrecht zu. Manchmal passierte das in Besprechungen, manchmal schickten wir uns auch nur ein paar Audiofiles zu. Es kam auch vor, dass wir ein Arrangement bereits fertig hatten. Dazu muss man wissen, dass immer zuerst der Gesang fertig war und alles andere drumherum geschrieben wurde. Nun passierte es aber tatsächlich hin und wieder, dass Kai oder ich plötzlich noch eine neue Idee zu einem eigentlich fertigen Arrangement hatten. Ein gutes Beispiel dafür war "Smalltalk". Eines Morgens rief Kai bei uns an und meinte, es täte ihm sehr leid, aber er denkt, wir müssten aus "Smalltalk" einen Multikulti-Song machen. Wir müssten also jetzt französisch singen, türkisch singen, wir brauchen ein großes türkisches Orchester und machen am Ende keinen Popsong daraus, sondern einen echten Multikulti-Song. Also setzte ich mich und arrangierte alles völlig neu. Am Schluss war es dann so wie immer: wir waren alle richtig glücklich über das Ergebnis.
Ist es im Bereich der elektronischen Musik heute einfacher zu arbeiten und evtl. sogar grundlegend anders als vor 35 Jahren?
Frank: Wir kommen ja aus der Zeit, als die elektronische Musik erfunden wurde. Wir waren damals echt stolz auf unsere ersten Computer und unsere ersten Rhythmusmaschinen. Und natürlich haben wir aus den Geräten alles rausgesaugt, was möglich war. Heute ist die Aufgabe bzw. die Herausforderung eine andere. Jeder verfügt über die gleichen erschwinglichen Voraussetzungen wie die jeweilige Software oder die Klangerzeuger. Man muss deshalb heute über den Ausschluss, über besonderes Sortieren, über Stilsicherheit seine Eigenheiten bewahren, denn grundsätzlich kann heute jeder alles produzieren, alle elektronischen Klänge herstellen, die es gibt. Aber daraus einen wiedererkennbaren Stil zu schaffen, das ist heutzutage deutlich schwieriger.
Die Zahl der Musiksendungen im Fernsehen ist ja im Vergleich zu den 80ern arg geschrumpft. Damit fällt auch die große Auswahl weg und man muss gucken, wie und wo man unterkommt. Mit Schlager-Musik, die sich inzwischen ja auch massiv im elektronischen Bereich bedient, hat man es heute einfacher, sich im TV noch präsentieren zu können. Spielt das eine Rolle im kreativen Prozess, wenn man im Studio an der eigenen Musik werkelt und Arrangements macht?
Frank: Also die Verwertbarkeit bzw. auf welchen Plattformen oder Sendungen unsere Musik am Ende stattfindet, spielt für uns im Studio keine Rolle. Bei uns geht es nur darum, wenn man eine musikalische oder textliche Idee hat, diese auf allen Ebenen zur Blüte zu führen. Deshalb haben wir für das Album auch so lange gebraucht, denn es gibt viele Parameter, an denen man herumschraubt. Aber wir haben wirklich nicht darüber nachgedacht, ob wir es damit in irgendeine große Sendung schaffen, sondern wir wollten uns zuallererst zu dritt neu erfinden.
Mit Plattenverkäufen verdienen Musiker heute ja leider nicht mehr so viel Geld wie noch vor 20 Jahren. Heute ist das Live-Geschäft Haupteinnahmequelle. Werdet Ihr - sobald es Corona wieder zulässt - mit "Urknall" auch auf Tour gehen?
Rale: Natürlich wollen wir auch live spielen. Mal sehen, wann das wieder möglich sein wird. Wir freuen uns jedenfalls schon riesig darauf, denn der ganz persönliche Kontakt zum Publikum ist ja für jeden Künstler das Schönste, was es gibt.
Ich möchte noch ein paar Fragen zur Geschichte Eurer Band und zu Euch loswerden, die sich bei der Recherche zu diesem Interview ergeben haben. Frank, Du warst Keyboarder und Sänger bei LAKE, stimmt das? Wie lange warst Du Mitglied dieser Gruppe und war das Deine erste Station im Musikzirkus?
Frank: Bei LAKE habe ich lange und gerne gespielt, aber das war nicht meine erste Band. Vorher war ich Mitbegründer der Band IAN CUSICK & THE FLEET mit dem schottischen Sänger Ian Cusick. Das war eine super Truppe. Und davor habe ich mit Herb Geller, dem tollen amerikanischen Saxophonisten, in einer Jazzrock-Band namens KÄNGURU gespielt.
Zu Deinen größten Erfolgen "hinter den Kulissen" dürfte wohl der mit dem Song "Major Tom" von Peter Schilling gehören. Warst Du damals der hauptamtliche Produzent oder der Co-Produzent, und wie kam es überhaupt dazu, dass Du für und mit Peter im Studio warst?
Frank: Das stimmt, hinter den Kulissen gab es eine tolle Zusammenarbeit mit Peter Schilling. Ich war damals schon ausgiebig im Musikbusiness tätig, vorwiegend in den Hamburger Studios und dort wiederum bevorzugt im Peer-Studio. Peter Schilling war seinerzeit noch ein unbekannter Peer-Künstler, mit dem ich mich im Studio zusammenfand, vermittelt durch Peer. Wir kamen schnell und gut miteinander klar und da ich auch damals schon viel und gerne arrangierte, half ich bei der Produktion von "Major Tom" mit beim Chor und war dementsprechend an der ganzen Sache beteiligt.
Die Nummer ging ja richtig ab. Wie hast Du diese Zeit damals empfunden?
Frank: Das kann ich dir ganz genau beschreiben, denn es war der pure Wahnsinn. Wir wussten natürlich schon während der Arbeit im Studio, dass wir mit "Major Tom" eine Riesennummer am Start hatten. Ich verrate hier jetzt ein kleines Geheimnis: diese Arbeit war die Geburtsstunde meines Wunsches, mit Rale zusammen ebenfalls deutsche Musik zu machen. Danach zogen wir uns auch tatsächlich zurück, gründeten PASO DOBLE, schrieben an unseren Songs und veröffentlichten dann bei WEA unser erstes Album. Peter Schilling war so um 1983 dran, während wir anschließend intensiv an unseren Sachen arbeiteten und 1985 dann als PASO DOBLE unser Album "Fantasie" an den Start brachten.
Gab es über diesen Titel hinaus noch eine Zusammen- bzw. Mitarbeit, hast Du evtl. sogar am Album mitgewirkt?
Frank: Mit Peter war es eine super Zusammenarbeit. Das betraf nicht nur "Major Tom", sondern generell die Arbeit an seinem ersten Album. Und natürlich folgte bald darauf ein zweites Album, wo ich die gleichen Funktionen innehatte wie beim Debütalbum.
Rale, Du warst bereits 1972 auf Udo Lindenbergs LP "Daumen im Wind" als Sängerin zu hören. Wie kam es dazu, dass Du Teil von Udos Universum wurdest?
Rale: Ich kannte Udo schon viele Jahre, bevor er dieses Album machte, aus der Hamburger Szene. Und ich war damals eine der drei bis vier ständig gebuchten Backgroundsängerinnen in Hamburg. Also sang ich auch auf Udos Album "Daumen im Wind" im Background. Zwar nicht mit anderen Choristen, aber dafür mit Otto Waalkes. Ja, wirklich, ich habe zusammen mit Otto im Chor auf Udos LP gesungen. Das war eine echt gute und vor allem lustige Erfahrung.
War dies Deine erste Station im Musikgeschäft, oder gab es da vorher schon woanders erste Schritte?
Rale: Nein, das war nicht meine erste Station. Meine ersten Erfahrungen in diesem Business, gerade im Background-Singen, hatte ich bereits Mitte der 60er Jahre. Ich bin also schon recht früh eingestiegen und war schon eine richtig routinierte Sängerin mit einer klassischen Gesangsausbildung und Notenkenntnissen, was man damals für die Studioarbeit sehr stark benötigte, wenn auch nicht gerade bei Udo.
Auch auf Marius Müller-Westernhagens Debüt-Album aus dem Jahre 1975 bist Du zu hören. Kannst Du Dich noch an diese Produktion erinnern und wie Du zu Marius gekommen bist?
Rale: Oh ja, daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Er war damals als Sänger noch völlig unbekannt. Es machte trotzdem unheimlich viel Spaß, weil Marius gerade mit seinem ersten Album ja noch in einer Art Versuchsstadium war. Er wollte ein neues Genre entwickeln, was ihm ja später auch wirklich gelungen ist.
Weitere Lindenberg- und Westernhagen-Platten entstanden mit Deiner Beteiligung und mit Deinem Mitwirken bei Novalis warst Du sogar im Prog-Rock-Bereich unterwegs. Das war ja schon etwas sehr Spezielles. Wie kommt man aus dem "normalen" Musikbereich zu dieser doch eher besonderen Abteilung des Rock?
Rale: Ich spielte ja damals auch live mit unterschiedlichen Bands. Hauptsächlich mit RANDY PIE, die du ja sicher auch noch kennst und die eher in die rockige Szene gehörten. Also all die Aktivitäten im Schlager- und Popbereich waren nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was ich gemacht habe. Live sang ich bei RANDY PIE oder trat mit anderen Bands auf Festivals auf, wo oftmals im Nachhinein Produktionen entstanden, zu denen ich als Backgroundsängerin eingeladen wurde. Es gab ja damals auch nicht so wirklich viele moderne junge Sängerinnen für den Background.
Ist es richtig, dass Du unter Deinem Namen Rale dann im Jahre 1977 im Pop-Bereich eine Solo-Karriere gestartet hast, es da aber nur eine Single gegeben hat?
Rale: Ja, das stimmt. Und zwar fand das unter meinem Namen Rale Bennett statt. Zwei Singles haben wir veröffentlicht, wovon die erste, "Last night in Paris" auf Englisch gesungen war. Die zweite Single hieß dann "Fürchte dich nicht". Gearbeitet hatten wir aber eigentlich an einem ganzen Album.
Wie habt Ihr beiden Euch dann kennengelernt? Passierte das auf beruflichem Wege oder klassisch irgendwo in einer Disko oder in einer Kneipe?
Rale: Das schließt an die vorherige Frage an, denn auf der Suche nach Songs für das geplante Soloalbum habe ich Frank kennengelernt. Wir lernten uns also quasi "beruflich" kennen, sahen uns im Studio, spielten auch mal live zusammen, beispielsweise mit Ian Cusick. Frank spielte Keyboards, ich war wie immer als Backgroundsängerin dabei. So verlief unser Kennenlernen. Richtig lieben lernten wir uns aber erst, als ich zu ihm ging, weil er Songs für mich schreiben sollte und wir nach und nach merkten, dass wir einfach zusammengehören.
Wie kam es dazu, dass Ihr beiden dann PASO DOBLE gegründet habt?
Frank: Rale und ich haben sehr viel Musik im Studio für andere Kollegen gemacht, zuletzt eben für Peter Schilling die Songs arrangiert. Dabei haben wir bemerkt, dass uns diese Stilistik so sehr gefällt, dass wir unser solistisches Potential auspacken wollten, aus dem Hintergrund heraustreten mussten und aus diesem Grunde eben PASO DOBLE gegründet haben. Das war, wie sich herausstellte, ja auch die einzig richtige Entscheidung.
Ihr wart beide ja schon - wie wir gerade besprochen haben - etwas länger im Geschäft und habt dort Spuren hinterlassen. War es für Euch damals einfach, einen Plattenvertrag zu bekommen oder musstet Ihr mit Eurer Musik wie der Nachwuchs Klinkenputzen gehen und Demos verschicken?
Frank: Natürlich war es für uns genauso schwer wie für jeden anderen unbekannten Interpreten, einen Plattenvertrag zu bekommen. Wir haben einfach beinhart an unseren Songs und den Texten gearbeitet, haben Demos aufgenommen. Es war eine sehr anstrengende Phase, denn wir mussten zum einen unseren eigenen Stil finden und zum anderen einen Weg suchen, um bei der WEA unterzukommen. Aber unsere Demos waren echt gut. Das merkten wir daran, dass wir später im Studio einige unserer Demos nur noch verfeinert haben, zum Beispiel "Computerliebe"
Seid Ihr mit der Musik auch auf Tour gewesen, bzw. haben PASO DOBLE überhaupt Konzerte gegeben, oder beschränkte sich Eure Arbeit allein auf die im Aufnahme- und Fernsehstudio?
Rale: Nein, wir sind mit unserer Musik leider nie auf Tournee gegangen. Für uns war viel interessanter, die ganzen Produktionen fertigzustellen. Auch war es damals üblich, einmal im Jahr ein neues Album zu veröffentlichen. Allein das war schon wahnsinnig viel Arbeit. Das Livespielen ging dadurch ein bisschen an uns vorbei. Sehr viel später haben wir das dann durchaus bereut. Nämlich genau zu dem Zeitpunkt, als wir mit dem Livespielen begonnen hatten. Das muss so um 2003 / 2004 gewesen sein. Da bemerkten wir erst, wie wahnsinnig viel Spaß das macht.
Was die Charts betrifft, so ist Euch kein Top 10-Hit gelungen. Dafür habt ihr in der ZDF-Hitparade den ersten Platz belegen können und auch sonst waren Eure Singles einem breiten Publikum bekannt. Ein Album und vier Singles hat es zwischen 1984 und 1986 gegeben, dann seid Ihr abgetaucht. Warum ging es nicht weiter und wieso folgte dem ersten Album nicht zeitnah ein weiteres?
Frank: Was die Charts betrifft, so waren wir mehrere Wochen auf Platz 1 der Deutschen Musikmarkt-Charts. Eine super Sache für uns! Ansonsten haben wir immer auch noch für andere Künstler gespielt. Das blieb gar nicht aus, weil die Studioszene in Hamburg damals äußerst lebendig war und wir Teil dieser Szene waren. Du fragst nach dem zweiten Album… Nun ja, wir bekamen dann Nachwuchs und unsere Arbeit flaute zwangsläufig ab. Allerdings nur die Arbeit am Projekt PASO DOBLE. Stattdessen arbeiteten wir nach der Familiengründung mehr von zuhause aus und widmeten uns unter anderem einer jungen Frau namens Blümchen, die von Rale unter anderem Gesangscoaching bekam und für die ich viele Titel schrieb und arrangierte. Es ging also immer irgendwie weiter. Dazu kamen viele Produktionen für Kinder, unter anderem mit Rolf Zuckowski. An anderen namhaften Kinderproduktionen waren wir ebenfalls beteiligt wie Findus Petterson, Rabe Socke, Kinder aus Bullerbü, 100 Jahre Astrid Lindgren. Und jetzt gerade Räuber Hotzenplotz. Als unsere Tochter dann flügge wurde, haben wir uns aber wieder unserem Lieblingskind, der Popmusik, zugewandt.
Rale, von Dir habe ich hier noch eine Maxi CD bzw. EP mit dem Titel "Frag den Abendwind", die aus dem Jahre 1998 stammt. War das ein weiterer Versuch, als Solistin zu arbeiten, oder welches Ziel verfolgte diese CD damals?
Rale: Ich habe ab 1998 bei Universal und unter der Schirmherrschaft von Rolf Zuckowski eine Märchen-CD-Reihe unter dem Titel "Rales Musikmärchen" gestartet. Das war also reine Kindermusik. Ich war Solistin, ich habe alle Texte geschrieben und die Märchen im Originaltext gelesen. Die Musik ist natürlich von Frank. Das war so eine Art Nebenlinie meiner Solokarriere. Genau dazu gehörte auch die von dir angesprochene Single "Frag den Abendwind". Die war so eine Art Trailer für die CD-Reihe. Diese Märchen-Reihe gibt es übrigens immer noch. Die letzten Märchen dafür habe ich 2010 geschrieben. Ich war damals auch mit Kindern zusammen auf Tournee. Es geht also auch damit noch weiter und ich habe immer noch große Lust, diese Art Musik zu machen, weil ich ja allein schon durch meine Ausbildung eine halbklassische Gesangsart bevorzuge. Das eignet sich richtig gut für Kindermusik und übrigens auch für Volksmusik. Solche Sachen kann ich gut singen und tue das auch wahnsinnig gerne. Vor allem hat mich aber das Thema Märchen echt mitgenommen. Bevor wir jetzt unser aktuelles Album "Urknall" aufgenommen haben, haben wir, das möchte ich noch erwähnen, mehrere Jahre lang ein Märchenprogramm für Erwachsene gespielt. Mit Liedern, die anmutig und sehr fein sind. Und ich würde nicht ausschließen, dass wir so etwas nicht nochmal machen. Dieser Zweig meiner Solokarriere ist also noch nicht wirklich beendet.
Frank, Du hast in den 90ern u.a. mit und für Stefan Waggershausen, Juliane Werding, Blümchen und Rio Reiser gearbeitet. Das klingt allein beim Lesen der Namen schon sehr abwechslungsreich. Was hast Du denn mit Rio zusammen gemacht?
Frank: Oh ja, speziell die Zeit mit Rio Reiser war unvergesslich. Ich hatte viel im Audio-Tonstudio Berlin zu tun, wo ja Udo Arndt produzierte. Ich spielte dort in erster Linie Keyboard, unter anderem auch für die Rio Reiser-LP "Blinder Passagier". Bei dieser Gelegenheit lernten Rio und ich uns kennen. Das war übrigens genau die Zeit, als ich auch ein Soloalbum machte. Da habe ich mich einfach mal getraut und habe Rio Songs vorgespielt und ihm die Texte gezeigt. Wir verstanden uns so gut, dass er mir seine Hilfe angeboten hatte. Wir gingen gemeinsam meine Texte durch, gestalteten sie ein bisschen um, denn Rio war ja ein begnadeter Lyriker. Und so findet also Rio Reiser auch auf meinem ersten Soloalbum "Heimweh" statt.
Gibt es noch andere Tätigkeiten Deinerseits, die ich vergessen habe zu erwähnen und die wichtigen Punkte in Deiner Vita sind?
Frank: Mir fällt noch ein, dass ich in der Zeit von 1989 bis 1994 sehr begeistert und stolz war, Teil von Udo Lindenbergs Panikorchester gewesen zu sein. Als 1989 die Grenzen zwischen den beiden deutschen Staaten fielen, bekam ich den Anruf von Udo, ob ich nicht mal ein bisschen bei ihm die Tasten drücken will. Das war eine ganz tolle Zeit. Ich durfte plötzlich Songs wie "Andrea Doria", "Mädchen aus Ostberlin" und so weiter, die ich persönlich ohnehin sehr mochte, mit ihm live auf der Bühne spielen. Und seit 2007 habe ich meine Genres etwas erweitert und darf zusammen mit einem Team die Musik zu der ARD-Serie "Rote Rosen" schreiben. Das ist eine orchestrale, eher klassische Aufgabe, was bei mir große Begeisterung hervorruft, weil ich das wirklich gut kann und weil ich jeden Tag Musik machen darf, die auch tatsächlich gesendet wird.
Ihr habt in all den Jahren eine ganze Menge gemacht und erlebt. Was waren für Euch persönlich die Höhepunkte Eurer bisherigen Karriere?
Rale: Wir haben die "Hitparade" gewonnen, wir bekamen die "Goldene Stimmgabel", wir waren in allen großen Fernsehshows, die es damals gab. Das waren karrieremäßig unsere Höhepunkte. Höhepunkte unseres Lebens, das nicht nur durch die Musik und die Karriere gestaltet wurde, gibt es natürlich noch viele andere.
Frank: Für mich gab es im letzten Jahr noch einen echten Höhepunkt, da sind wir nämlich zu UNESCO-Friedensbotschaftern ernannt worden.
Welche Unterschiede seht Ihr, wenn Ihr auf Eure Anfangszeit mit PASO DOBLE in den 80ern zurückblickt und wenn Ihr auf das Heute seht? Sowohl was Eure Arbeit als auch die Musiklandschaft allgemein betrifft?
Frank: Ach, da gibt es schon so einige Unterschiede. Ein sehr großer Unterschied ist für mich, dass man heutzutage für diese ganzen Social Media-Geschichten so unglaublich viel Präsenz zeigen muss. Fotos, Beiträge, jeden Tag die Fans mitnehmen in dein Privatleben… Das ist deutlich anders als in den 80er Jahren. Früher gab es dafür drei bis vier Fernsehsendungen, wo man unbedingt auftreten musste, danach war man bekannt und in aller Munde. Heute ist es durch diese hundertfache Verästelung der Fernsehsender und Rundfunkanstalten viel, viel schwerer, flächendeckend bekannt zu werden. Dafür hat man aber eher die Chance, auf kleineren Kanälen direkt an die Fans heranzukommen. Es sind also wirklich große Unterschiede vorhanden. Aber wir haben uns vorgenommen, mit unserem aktuellen Jubiläums-Album noch einmal voll anzugreifen und auch diese für uns neue Szene kennenzulernen und zu bedienen. Uns macht das jedenfalls einen Höllenspaß.
Welche Hoffnungen und Wünsche habt Ihr für Eure berufliche Zukunft?
Rale: Wir haben einen ganz großen Wunsch: wir wollen live spielen. Das gilt übrigens nicht nur für uns, sondern für alle Künstler. Für uns ist es deshalb so wichtig, weil wir ein Album gemacht haben, welches inhaltlich das wiedergibt, was wir glauben und was wir lieben. Wir haben uns auf dem Album regelrecht geoutet und würden das gerne auch auf der Bühne zeigen. Wir möchten mit diesen Inhalten den Kontakt zum Publikum aufbauen und wollen einfach mal schauen, in welchem Strom unsere Zukunft laufen wird. Und auch hier sei wieder gesagt, das gilt nicht nur für uns, sondern für alle Künstler, die auf die Bühne gehen wollen.
Frank: Wir nutzen die Zeit gerade, verschiedene Arten von Aufführungen zu üben. Natürlich wollen wir am liebsten zu dritt, also mit Kai, auf große Bühnen, um den Originalsound von "Urknall" zu präsentieren. Das wird richtig abgehen. Es wird tanzbar sein, tiefgründig, orchestral und groß. Was wir jetzt im Moment zuhause einstudieren, ist eine Unplugged-Version. Rale singt, ich spiele Klavier, bediene ein paar kleine Loops und singe ebenfalls, so dass wir auch in der Lage sein werden, Wohnzimmerkonzerte und kleine Clubauftritte zu spielen. Wir sind ja auch Meister der leisen Töne und wissen, dass man unsere Lieder auch im kleinen Verband super rüberbringen kann. Und in den jetzigen Zeiten, wo man organisatorisch überhaupt nicht weiß, wie und wo es mal weitergehen wird, ist es natürlich sinnvoll, wenn man verschiedene Varianten beherrscht, die man überall darbieten kann und mit denen man mobil ist.
Müssen die Fans nach "Urknall" wieder so lange auf ein weiteres Lebenszeichen von Euch warten?
Rale: Da wir keine Hellseher sind, können wir diese Frage auch nicht wahrheitsgemäß beantworten. Vielleicht geht es ganz schnell weiter. Alleine dadurch, dass wir live spielen wollen, werden wir so schnell nicht von der Bildfläche verschwinden.
Frank: Auch ich habe schon wieder verschiedene Ideen im Köcher. Man ist ja angefixt durch das neue Album. Ich ertappe mich dabei, dass ich am Klavier sitze und an neuen Songs schreibe. Also ich glaube, die Fans müssen keinesfalls nochmal so lange warten. Wahrscheinlich wird es kein Doppelvinyl mit 18 Songs werden, denn dafür bräuchten wir wohl nochmal vierzig Jahre, aber ich könnte mir vorstellen, dass es nach und nach neues Material geben wird, weil wir einfach Spaß haben an der Musik und am Leben. Zumal wir jetzt mit Kai jemanden an Bord haben, der einen bestechenden Sound für uns macht und den wir einfach lieben.
Ich danke Euch herzlich für dieses Gespräch!
Interview: Christian Reder
Bearbeitung: tormey
Fotos: Pressematerial der WEA/Warner Music, Archiv Band, privat
Bearbeitung: tormey
Fotos: Pressematerial der WEA/Warner Music, Archiv Band, privat