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Tobi Hillig hat schon in so manch einer Band seine Spuren hinterlassen. Seine Wurzeln liegen in den 80ern und beim Ostrock. Bei ODYSSEE und der ROGER CREW packte er einst seine Klampfe aus, und prägte den Sound dieser Gruppen mit seinem besonderen Spiel auf selbiger. Mit MOODS OF ALLY trat er im neuen Jahrtausend mit einer eigenen Band in Erscheinung. Aber auch der Musik von Bob Dylan und den ROLLING STONES kann er etwas abgewinnen, und reproduziert sie live auf höchstem Niveau und einer eigenen Note mit Bands wie MASTERPEACE und TUMBLING DICE.001 20170326 1063259260 Der Live-Musiker Hillig wurde 2011 zudem von "höchster Stelle" zum Scheinheiligen gesprochen und beim Musical "Tina the Rock Legend" veredelt er mit seiner Gitarre die Songs von Tina Turner. Seit diesem Jahr wurde mit SWEET CONFUSION ein neues Projekt aus der Taufe gehoben, von dem wir demnächst noch einiges hören werden. Aber bevor es soweit ist, muss Tobi noch einen Kampf gewinnen. Über ihn als Musiker und seine bisherigen Stationen, haben Tobi und Christian in einem Gespräch in der letzten Woche ebenso gesprochen, wie über Zukunftspläne und Tobis derzeitige Situation ...




Tobi, zuletzt war zu hören, dass es Dir nicht so gut ging. Was war oder was ist los bei Dir?
Ich habe Anfang Oktober letzten Jahres nach unendlich erscheinenden Arztbesuchen eine Krebsdiagnose erhalten, die mein Leben kräftig durcheinander gebracht hat. Im Moment erfolgt nun noch bis April die Bekämpfung mittels Chemotherapie. Dadurch musste ich natürlich einiges an Auftritten absagen. Unter anderem auch mein Mitwirken am Tina Turner-Musical "TINA The Rock Legend", wo ich in den letzten beiden Jahren dabei war. Aber ich bin auf einem guten Weg. Alles läuft nach Plan und die Ärzte gehen von einer hundertprozentigen Gesundung aus.

Ich drücke Dir auf jeden Fall die Daumen, dass es weiter bergauf geht.
Dankeschön. Ich rechne damit, dass ich wahrscheinlich Mitte Juni wieder normal durchstarten kann.

Du musst schon ein paar Tage eher wieder fit sein, denn Du stehst auf dem Plakat zum zehnjährigen Jubiläum von Deutsche Mugge am 10.Juni!
(lacht) Genau das meine ich mit Mitte Juni. Wenn alles gut geht, ist dann die Reha abgeschlossen.

Der Grund für dieses Interview ist eine Vorstellung Deiner Person und ein gemeinsamer Blick auf Deine bisherige Karriere. Was war bei Dir der Auslöser, dass Du Dich für die Musik interessiert hast?
Auslöser war mein großer Bruder, der mich einfach mit der Musik infiziert hat. Das ist ja oft so. Mein Bruder ist neun Jahre älter als ich und so kam ich zwangsläufig mit diesen damals aktuellen Sachen wie LED ZEPPELIN, PETER FRAMPTON, STONES usw. in Verbindung. Natürlich spielte auch die Ostmusik eine Rolle. RENFT beispielsweise, LAKOMY ect. Wobei eigentlich RENFT und vor allem CÄSAR die ausschlaggebenden Impulse waren.

Im Alter von elf Jahren bekamst Du dann Gitarrenunterricht. Zuerst Konzertgitarre, später E-Gitarre. Waren das Deine ersten Instrumente oder hattest Du vorher schon andere Sachen ausprobiert?
Ich wollte schon immer Gitarre spielen. An der Schule bestand kurzfristig die Möglichkeit, Klavier zu lernen, was sich aber schnell zerschlagen hatte. Allein schon, weil es bei mir zu Hause an einem Klavier mangelte. Es war natürlich auch nicht leicht, eine Gitarre zu bekommen, aber das wurde irgendwie gelöst. Was jedoch fehlte, war ein Unterrichtsplatz für mich. In meinem Heimatort Schmölln gab es eine Art Privatlehrer, der Unterricht gab, doch der war hoffnungslos ausgebucht.003 20170326 1843520236 Als ich mich das erste Mal bei ihm vorstellte, wurde ich ohnehin abgelehnt, weil meine Finger noch zu kurz waren. Im Alter von elf Jahren war es dann endlich soweit und ich bekam einen dieser begehrten Plätze. Das war dann Gruppenunterricht mit zwei bis drei Schülern. Nebenbei hatte ich schon selber ein wenig "geforscht", denn bei klassischer Konzertgitarre ist ja alles sehr notenfokussiert mit diesen ganzen Etüden und so. Es gab dann auch tatsächlich viele, die nur das spielen konnten, die aber nicht in der Lage waren, mal drei Akkorde frei zu spielen. Das brachte ich mir nebenher mit Hilfe anderer außerhalb des Unterrichts bei. Hier ging meine Reise sozusagen los.

Deine erste Band war von 1984 bis 1986 die Gruppe ROCKTEAM. War das die Band von Stefan Ziehm und Torsten Eschricht oder liegt da nur eine Namensverwechslung bzw. Namensgleichheit vor?
Es gab tatsächlich noch eine Band ROCKTEAM, die kamen allerdings aus Frankfurt/Oder. Damit hatte meine Band nichts zu tun, das war wirklich nur eine Namensüberschneidung. Eigentlich hatten wir einen anderen Namen, mussten uns aber umbenennen, weil wir ansonsten keine Chance auf eine Einstufung gehabt hätten. Ein blöderer Name als ROCKTEAM fiel uns leider nicht ein, der wurde aber immerhin genehmigt und wir durften unsere Einstufung machen.

Was für eine Band wart Ihr, was habt Ihr gespielt und wer gehörte alles dazu?
Von den damaligen Protagonisten macht heute nur noch einer Musik. Die Namen werden Dir allesamt nicht viel sagen. Unsere Band hieß ursprünglich STRESS. Die Funktionäre des Kreiskulturkabinetts meinten dazu nur, dass wir mit diesem Namen niemals eine Einstufung bekommen würden, denn "...in der DDR gibt es keinen Stress." Und überhaupt, weshalb soll es ein englischer Name für die Band sein? Gegen ROCKTEAM hatte dann seltsamerweise niemand mehr Einwände.004 20170326 1990989940 Wir versuchten alles zu covern, was wir hingekriegt haben. Hauptsächlich STONES und das, was so angesagt war in dieser Richtung. Aber wir hatten auch schon eigene deutschsprachige Songs. Wenn man eine Einstufung machen wollte, waren eigene Lieder immer ein großer Vorteil. Und es klappte auch auf Anhieb mit der Oberstufe, das war schon Klasse. Wir waren ja fast noch eine Schülerband. Es war eine tolle Zeit, wir haben viel erlebt. Ich habe also mit noch nicht einmal sechszehn Jahren in Dorfsälen spielen können, was manchmal ein Problem darstellte, da unter sechzehnjährige ja normalerweise ab 22:00 Uhr die Diskotheken verlassen mussten. Ich sagte dann immer: "Wenn ich jetzt gehen muss, ist das Konzert zu Ende, denn ohne mich spielt die Band nicht weiter".

1986, also mit Beginn Deiner Volljährigkeit, bist Du zur Gruppe ODYSSEE gewechselt. Wie kam es dazu?
In einer kleinen Stadt wie Schmölln spricht sich natürlich schnell herum, wer von den einheimischen Musikern was auf dem Kasten hat. Also gaben mir die Jungs von ODYSSEE die Chance bei Ihnen einzusteigen, als ihr eigentlicher Gitarrist zur NVA eingezogen wurde. Für mich war das damals ein Quantensprung, denn bei ODYSSEE lief das alles schon recht professionell ab. Jedes Wochenende wurden drei Gigs gespielt, außerdem standen Studioaufnahmen und Fernsehauftritte an. Man muss aber dazu sagen, dass ODYSSEE eine Förderband des Zentralrates war, was vielleicht erklärt, dass wir sogar ins Ausland durften.

War ODYSSEE denn schon eine Profiband?
Ich würde sie als semiprofessionell bezeichnen. Die waren kurz vor dem Sprung ins Profilager.

Du sagtest eben, mit ODYSSEE konntest Du Deine ersten Erfahrungen in einem Aufnahmestudio machen. Erinnerst Du Dich noch daran, wie das für Dich war?
Das erste Mal war ich dabei, als wir bei Bernd Aust in dessen Homestudio waren. Das war eine Art Garagenkomplex, den er sich als Tonstudio ausgebaut hatte. Dort machte ich meine erste Studioerfahrung. Aust selber war nicht dabei, denn er hatte das Studio untervermietet. Wir brachten jedenfalls unseren Produzenten mit, aber woher der kam und wer das war, weiß ich nicht mehr. Wir konnten jedenfalls die vorhandene Technik des Studios nutzen und nahmen dort unsere Songs auf.

Waren die Aufnahmen für den DDR-Rundfunk?
Ich will nichts Falsches sagen, aber das müsste für den Rundfunk gewesen sein. Der Song, den wir aufnahmen, hieß "Sommer in der City". Der lief dann auch im Rundfunk. Aber ob es davon auch eine Plattenpressung gab ... Ich glaube nicht.

Du hast vorhin erwähnt, dass Du mit ODYSSEE auch im Ausland gespielt hast. Wo ging es hin und wie habt Ihr das geschafft?
Wir waren in der CSSR, genauer gesagt in Pilsen. Das war eine Art Austausch und immer sehr schön. Es war eine jährliche Veranstaltung, die auch schon vor meiner Zeit stattfand. Selber war ich zweimal mit in Pilsen und noch einmal mit in Ungarn. Allerdings weiß ich im Moment nicht sicher, ob es noch unter ODYSSEE lief oder schon unter dem Namen des Sängers, der irgendwann als ROGER & BAND solo weitermachte. In der Übergangszeit scharte er nämlich noch ein paar ODYSSEE-Musiker um sich.

006 20170326 1690523644Im Jahre 1990 ging es für Dich weiter in der ROGER-CREW.
Genau. Das war auch der damalige Sänger von ODYSSEE. Es war die Zeit der Wende, die Musik im Osten lag am Boden, die Bands hatten sich aufgelöst, es gab keine Gigs und Auftritte mehr. Es war quasi die Stunde Null. Und besagter Roger hatte damals eine kleine Spielothek und Kneipe. Eines Tages sagte er, er soll am 23. Dezember einen Gig in Iserlohn spielen. Aber er hatte gar keine Band mehr! Das war dann für uns der Anlass, wieder neu zu beginnen und loszulegen. Wir suchten uns also ein paar Musiker, gingen nach Iserlohn und spielten den Gig.

Was war das für eine Band, welche Art Musik habt Ihr gespielt?
Wir spielten ausschließlich deutschsprachige, eigene Songs. Zum Großteil stammten die Lieder noch von ODYSSEE und aus der Solozeit des Sängers. Es waren aber auch ein paar neue Sachen dabei. 1994 produzierten wir sogar eine CD.

Im Vorfeld des Interviews habe ich natürlich fleißig recherchiert, aber genau hierzu überhaupt nichts gefunden. Bei welchem Label ist diese CD denn erschienen?
Das passierte alles im Eigenvertrieb ganz ohne Plattenfirma. Wahrscheinlich liegen die alle noch bei mir rum (lacht).

007 20170326 1484804019In den Neunzigern gab es noch zwei weitere Bands, in den Du aktiv warst. Zum einen spieltest Du bei BIBA & DIE BUTZEMÄNNER, die zweite Band nannte sich MÜLLER. Bei den BUTZEMÄNNERN dürfte klar sein, was dort passierte. Aber was war denn MÜLLER für eine Band?
Auch hier machten wir wieder eigene deutschsprachige Rockmusik. Anfangs war die musikalische Gangart etwas härter, später kamen dann Keyboards dazu. Wir standen immerhin kurz vor einem Vertrag bei einem großen Label. Universal Music hatte Interesse, erschien sogar zu unserer Record Release Party. Aber wie das so ist: der Typ von Universal, der sich um uns kümmern wollte, war dann einen Monat später plötzlich nicht mehr bei Universal tätig. Damit war es für uns auch schnell wieder vorbei. Als wir mit unserer Musik raus kamen, hat diese Art Musik noch keinen interessiert. Der Hype für deutschsprachige Songs kam leider erst später, so Anfang der 2000er Jahre, als WIR SIND HELDEN und all sowas den Markt überschwemmte. Aber MÜLLER war auf jeden Fall eine sehr interessante Band, an der ich auch mit sehr viel Herzblut hing.

War denn die Arbeit bei BIBA & DIE BUTZEMÄNNER genauso spaßig, wie der Name klingt?
Am Anfang war diese Band durchaus ein Phänomen. Ursprünglich war BIBA & DIE BUTZEMÄNNER als Spaßprojekt von Sonntag bis Donnerstag geplant. Wir wollten mit der Band also an den Tagen spielen, wo nichts los war, weil wir alle noch in anderen Bands tätig waren und immer freitags und samstags gespielt haben. Wir coverten ganz viel Glam Rock und solchen Kram, das aber auch nicht besonders gut. Unerklärlicherweise rannten uns die Leute dennoch die Türen ein, da konnten wir noch so schlecht spielen. Ich dachte dann immer, das kann doch nicht wahr sein! In unseren anderen Bands machen wir uns einen echten Kopf und proben und feilen an den Arrangements herum, während wir bei BIBA das Zeug einfach nur so hinrotzen und es funktioniert trotzdem!008 20170326 1438370396 Die Leute waren aus dem Häuschen und fanden uns richtig cool. In diesem Falle passte einfach alles, weil wir den Zeitgeist trafen. Damals waren gerade DIE DOOFEN oder GILDO HORN am Start, da passten wir gut rein. Wir schrieben dann sogar eigene Nummern, hatten insgesamt drei CDs mit eigenem Material, aber irgendwann kamen auch Wochenendtermine hinzu, was wiederum mit unseren Coverbands kollidierte. BIBA & DIE BUTZEMÄNNER verließen dann auch nach und nach die Schiene mit den eigenen Songs, machten stattdessen Covermusik in Richtung Top 40.

Mit dem Jahrtausendwechsel ging ja auch die Geburtsstunde der Gruppe MOODS OF ALLY einher. Diese Band ist sicher vielen unserer Leser ein Begriff. Wie entstand MOODS OF ALLY und wer gehörte damals zur Besetzung?
Da schließt sich wieder mal der Kreis, denn besagter Roger (eigentl. Wolfgang Witte, ehemals Sänger bei ODYSSEE) hatte die Idee dazu. Der kam eines Tages an, fragte mich, ob ich die Fernsehserie "Ally McBeal" kennen würde. Nein, kannte ich bis dahin nicht, aber die dazugehörige Musik war schon ziemlich geiles Zeug. Allerdings fehlte uns dazu noch eine gute Sängerin, um etwas in der Art zu machen. Die fanden wir mit Steffi Breiting - ein Glücksgriff - für die Band und für mich persönlich, wie sich schnell erweisen sollte. Begonnen hat das Ganze dann wieder als Kneipenprojekt und "Unter der Woche"-Musik. Wir hatten auch kein Schlagzeug dabei, spielten nur mit Akustikgitarre, wodurch die Songs natürlich nur schwer umzusetzen waren. Also nahmen wir uns ein Schlagzeug dazu, Roger wechselte die Rolle und spielte jetzt Bass, aber auch nicht auf Dauer, denn irgendwann stieg er aus. Es kamen in der Folgezeit mehrere Bassisten, aber auch die Schlagzeuger und Keyboarder wechselten mehrfach. Am Ende waren dann von der Originalbesetzung nur noch Steffi Breiting und ich übrig.

Wenn man sich mit Deiner Vita befasst, kommt man zu dem Schluss, Tobi Hillig ist ein ständiger Unruheherd. Du bleibst nicht ruhig auf einer Stelle stehen. Und so hast Du Dich 2002 einer ROLLING STONES-Coverband namens TUMBLING DICE angeschlossen. Das ist für einen Gitarristen doch das Größte, wenn man die STONES spielt, oder?
Absolut! Noch dazu, wenn man STONES-Fan ist. Die Band war für mich eigentlich eine logische Konsequenz. Ich kenne die Jungs von TUMBLING DICE schon seit den frühen Neunzigern. Da habe ich mangels Alternativen in einem Musikladen in Gera gejobbt und die Jungs dort kennengelernt. So entstand der erste Kontakt. Die waren gerade mal Anfang Zwanzig, spielten aber schon erstklassig. Vor allem Stefan, der Sänger, war eine Bombe. Da stimmte alles, die Bewegungen, die Stimme, die Energie … Mitte oder Ende der Neunziger waren MÜLLER und TUMBLING DICE dann auch mal zusammen auf Tour. Wie das so ist, hatten TUMBLING DICE dann eines Tages die STONES-Coverschiene verlassen, um eigene Sachen zu machen. Der Sänger war dann auch weg, was dazu führte, dass die Band sich eine Zeitlang aufgelöst hatte. Als sie wieder zusammenfanden, um wie früher nur STONES zu covern und mich fragten, ob ich mitmachen will, habe sofort zugesagt.

Du spielst auch heute noch bei TUMBLING DICE, richtig?
Ja, das stimmt. Das ist eine Art Hobbykapelle für alle Beteiligten. Die Musiker haben alle ihre bürgerlichen Jobs und machen TUMBLING DICE wirklich nur nebenbei, wodurch bei uns auch jederzeit der Spaß erhalten bleibt.

Du spielst aber seit 2003 auch noch woanders, nämlich bei VICKY VOMIT.
Eigentlich schon, aber mittlerweile ist Vicky ja mehr als Solist beim Kabarett tätig. Die Band als solche agiert derzeit nur noch in der Weihnachtszeit und geht dort auf eine kleine Tour.

010 20170326 2012645129Wie bist Du überhaupt bei VICKY VOMIT in die Band gekommen?
Wir kennen uns auch schon seit den frühen Neunzigern. Sein damaliger Gitarrist hatte irgendwann andere Ambitionen und Ziele und übergab den Staffelstab an mich. Zur Weihnachtstour 2003 stieg ich dann richtig ein.

In den 2000ern gab es für Dich neben der Arbeit in Deinen Bands auch noch jede Menge Gastauftritte, beispielsweise bei ENGERLING oder BLUE STIFT. Und vor allem auch bei und mit Dirk Zöllner. Woher kennst Du Dirk?
Richtig kennengelernt haben wir uns in Schmölln. Es gibt hier einen ganz heißen Music Club und dieser war vorher das Tonstudio von MOODS OF ALLY. Dirk Zöllner war in dem Studio unser erster Klient. Es ging damals um das Programm "Sieben Sünden". Ursprünglich war das mehr oder weniger eine Trio-Geschichte und relativ ausgedünnt. Ganz ohne Bläser und selbst den Bass hat Gensi am Keyboard gespielt. Nach den ersten Gigs kam Dirk dann ins Grübeln und meinte, er hätte schon ganz gerne noch eine Gitarre dabei. So kam ich als Gitarrist dazu und spielte die ersten Konzerte mit. Später war ich dann immer wieder mal als Gast bei Zöllner dabei. Daraus entwickelte sich eine große und dicke Freundschaft.

011 20170326 15457754742011 wurdest Du dann der "Scheinheilige".
Ja, aber wie so oft im Leben, spielte auch hier der Zufall eine große Rolle. Mein Freund Axel Lorenz fragte mich vor der 2011er Tour der 3HIGHLIGEN, ob ich nicht etwas Zeit hätte, ihm beim Aufbauen der Technik zu helfen, denn er bräuchte noch jemanden. Als es sich unter den Musikern rumsprach, dass ich die Technik mitmache, wurde sofort entschieden, dass ich dann auch gleich bei ein paar Nummern mitspielen könnte. Ursprünglich sollte ich für zwei, drei Lieder mit auf die Bühne kommen, aber am Ende spielte ich dann das ganze Konzert mit.

Das neue Jahrzehnt wiederum ist geprägt von vielen neuen Projekten und Bands. 2014 entstand z.B. die Band EXILE.
Dahinter steckt mein Freund Mick Szutor aus Jena, mit dem ich schon viel gemacht habe und der mittlerweile auch bei TUMBLING DICE Gitarre spielt. Wir traten oft als Duo auf, spielten in Kneipen, nahmen manchmal auch noch einen Kumpel an der Harp dazu. So entwickelte sich das nach und nach zu einer eigenständigen Band mit dem Fokus auf Blues, wobei wir hierbei vor allem den großen Vorbildern wie MUDDY WATERS huldigen.

Eigenes ist bei EXILE also nicht entstanden?
Nein. Ich hatte aber mit Mick noch eine Band namens SALON WINTER, da haben wir ausschließlich eigene Lieder gespielt. Das begann etwa 2010 und zog sich über knapp drei Jahre hin. Wir wollten eigentlich auch eine Platte machen mit unseren Songs, am Ende wurde aber nur eine EP mit vier deutschsprachigen Titeln daraus.

Weiter ging es 2015 mit MASTERPEACE. Da habt Ihr Euch dem guten Bob Dylan zugewandt. Wie kamt Ihr denn auf diese Idee?
Irgendwie kamen wir in einer gemeinsamen Runde auf die Idee mit den Dylan-Songs und einer Frau am Gesang. Das gibt es bisher in dieser Art noch nicht, soviel ich weiß. Sicher, es gibt Patti Smith oder Joni Mitchell, die alle mal Dylan gesungen haben. Aber ein komplettes Dylan-Programm mit einer Frauenstimme ist mir nicht bekannt. Nun war zwar die Idee da, aber mit wem können wir das durchziehen? Also gingen wir unsere Wunschkandidaten durch und kamen zuallererst auf Bodi Bodag, der ja bekanntermaßen großer Dylan-Fan ist. Er sagte nur, "Ja, mach ich". Wir sprachen danach noch einen Schlagzeuger an, der schon bei der MICK TAYLOR BAND und SNOWY WHITE an den Drums saß. Da ich mir dachte, Dylan kommt erst dann richtig gut, wenn wir es mit zwei Gitarren spielen, fiel mir also Bernd Römer ein. In meiner Vorstellung harmonieren unsere beiden Gitarren prächtig miteinander, was sich am Ende auch voll und ganz bewahrheitete. Das Hauptproblem dabei war und ist natürlich, dass Bernd zu hundert Prozent für KARAT da sein muss und es schon purer Zufall sein würde, wenn er mal Zeit für unser Projekt hat. In Zukunft werden wir MASTERPEACE also eher nicht mehr mit Bernd bewerben können. Schon die letzten Gigs spielten wir alle ohne ihn und wenn wir das weiterhin so machen, wäre es für die Fans eine Mogelpackung. Und so etwas mache ich nicht. Wir werden unser Projekt also künftig ohne Bernd Römer weiterführen. Und wenn er dann doch mal Zeit hat und dabei sein kann, ist es für die Fans eine schöne Überraschung. Alles andere wäre gemogelt. Unser Schlagzeuger meinte dann noch, sein Kumpel Kuma Harada möchte auch gerne mitmachen. Und schon hatten wir einen japanischen Bassisten in der Band.

013 20170326 1699882132Über ein MASTERPIECE-Konzert haben wir ja auch schon auf Deutsche Mugge berichtet. Eine unserer Kolleginnen, die dabei war, wusste zu berichten, dass Ihr aus Dylan richtig fetten Sound rausholt, was ja eigentlich für Dylan gar nicht unbedingt üblich ist.
Richtig. Genau das war ja auch unser ursprünglicher Gedanke. Wir wollten es nicht genauso wie Dylan klingen lassen, denn die Songs haben dafür einfach viel zu viel Potential. Es ist bei Dylan ja so, dass seine Songs, wenn er sie auf Platte eingespielt hat, eher wie Rohdiamanten klingen. So richtig erfolgreich wurden sie ja zumeist erst dann, als sie gecovert wurden. Also nicht unbedingt die Originale wurden zu Hits. Hört man Dylan, dann hört man in der Regel eine zu hohe und quietschende Mundharmonika und jemanden, der durch die Nase singt, um es mal etwas überspitzt und bösartig zu sagen. Das wird ihm und seinen Liedern aber gar nicht gerecht. Die Songs sind es einfach wert, den Menschen zu Gehör gebracht zu werden. Aber eben ohne diese eben genannten Vorurteile, die so typisch für viele Musiker der Folkszene sind. Es gibt von Bob Dylan Liveaufnahmen zusammen mit Band, die sind der Hammer! Da klingt der Sound auch schon echt fett. In diese Richtung wollten wir gehen und das Programm mehr als Hommage an ihn verstehen. Auf keinen Fall soll es ein simples Coverprojekt darstellen, was wir mit MASTERPEACE abliefern. Dylan selber macht das auf seinen Konzerten ja auch gerne so, dass er seine eigenen Songs immer wieder neu erfindet und man die Sachen anfangs gar nicht erkennt, erst beim Refrain das "Aha!"-Erlebnis verspürt und den Song dann doch heraushört.

Ebenfalls seit 2015 gehörst Du zum Ensemble des Rockmusicals "TINA The Rock Legend", wie Du eingangs ja schon angesprochen hast. Zwei Fragen dazu. Wie bist Du zu dem Engagement gekommen? Und wie gestaltet sich für Dich die Arbeit an einem Musical?
Ich kam über einen guten Freund dazu, der bei der ersten Tour des Musicals der Musical Director war. Er war dadurch auch für die Zusammenstellung der Band verantwortlich. Eines Tages kam er einfach mal vorbei und fragte, ob ich Lust hätte und mir das vorstellen könnte. Klar, dachte ich, TINA TURNER macht coole Musik,014 20170326 2040781126 Tess D. Smith spielt TINA TURNER und das macht sie hervorragend. Die Frau ist der absolute Hammer! Das "D." in ihrem Namen steht für "Dynamite", was auch völlig berechtigt ist, wenn man sie auf der Bühne erlebt. Es war überhaupt eine super Crew, es hat alles gepasst. An der Band selber wurde eigentlich auch kaum etwas verändert. Lediglich ich musste aus bekannten Gründen ersetzt werden.

Wirst Du nach Deiner Genesung wieder einsteigen können?
Ich hoffe es. Zumindest hatte man es mir so gesagt.

Also kann man sagen, die Arbeit in einem Musical ist etwas ganz anderes, als in einer Band zu spielen?
Na ja, man hat natürlich in einem Musical nicht die Freiheiten wie z.B. in einer Band, wo man dann auch mal eine Jamsession machen kann, und wo man selbst entscheidet, wie lang das Solo sein soll. Das geht im Musical nicht. Da ist alles durchgetimt, die Setliste wird vom ersten bis zum letzten Gig genauso und nicht anders gespielt. Wenn sie es Dir mit Standing Ovations danken, ist das schon cool. Unter anderem hatten wir die Stadthalle Wien im letzten Jahr zweimal mit jeweils 3.000 Zuschauern ausverkauft, das will schon etwas heißen. Aber wie gesagt, man muss sich beim Musical strikt an die Abläufe halten. Es sind ja u.a. auch Tänzerinnen dabei, die auf ihre Einsätze warten. Da kann man nicht sagen: "Wartet mal, wir jammen schnell noch zehn Minuten, dann dürft Ihr kommen".

Nicht ganz so voll wie in Wien wird es ja am 10. Juni in Berlin. Auf dem Plakat für unsere zehnjährige Geburtstagsparty stehst Du allerdings unter dem Namen SWEET CONFUSION. Erleben wir hier das Nachfolgeprojekt von MOODS OF ALLY?
Wir haben uns hier auf eine große Reise begeben, wissen aber noch nicht, wo es uns am Ende hinführen wird. Wir sind ein Trio, denn außer mir gehören noch Steffi Breiting und Volkmar Große dazu. Letzterer ist ein Bassist aus Potsdam, der vorher u.a. bei Cäsar gespielt hat. Wir kennen uns auch wieder seit den frühen Neunzigern.016 20170326 1173261967 Von ihm ging die Initiative aus, mal wieder etwas zusammen machen zu wollen. Wir haben uns überlegt, Was wir an Songmaterial haben und wer von uns was an Persönlichem einbringen kann. In dieser Dreierbesetzung haben wir zunächst ganz entspannt ein paar Kneipengigs gespielt. Mit Kontrabass und einer Mischung aus Konzert- und E-Gitarre. Und für anstehende größere Auftritte nehmen wir künftig einen Schlagzeuger dazu, der Kontrabass wird gegen einen E-Bass getauscht und dadurch wird alles auch rockiger und bluesiger. Im Moment ist alles noch in der Entstehungsphase. Zukünftig planen wir dann auch eigene Titel, aber derzeit ist alles noch nicht in dem Topf, wo es kocht. Wir haben zunächst ein paar Demos aufgenommen, die bald fertiggemacht werden und dann sehen wir weiter. Wir freuen uns auf jeden Fall auf den 10. Juni und darüber, dass wir dabei sein dürfen.

 
Jetzt haben wir innerhalb einer Stunde eine ganze Karriere abgearbeitet.
(lacht) Wenn man das denn Karriere nennen will. Musikalischer Werdegang passt vielleicht besser.

Du bist ja ziemlich umtriebig, selten rastlos. Ich nehme an, Du hast noch weitere Eisen im Feuer, die Du in naher Zukunft angehen willst?
Der Fokus liegt jetzt natürlich erst einmal darauf, dass ich wieder hundertprozentig gesund werde. Das hat oberste Priorität. Danach muss ich sehen, dass all das, was durch die Krankheit liegen bleiben musste, wieder irgendwie in Bewegung gesetzt wird. Hauptsächlich will ich mich natürlich um MASTERPIECE, EXILE und SWEET CONFUSION kümmern. Diese drei Dinger werden mich hoffentlich bald wieder richtig beschäftigen. Und als Bonbon steht dann sicher auch mal wieder TUMBLING DICE auf dem Plan. Und dann schauen wir mal, was noch so kommt. Vieles passiert ja auch zufällig, über Begegnungen oder so. Ein Jahr bis ins letzte Detail vorauszuplanen war nie mein Ding, sondern ich habe vieles auf mich zukommen lassen.

Was auch immer Du tun wirst, wir werden Dir auf den Fersen bleiben. Herzlichen Dank für das Gespräch. Möchtest Du abschließend noch ein paar Worte an unsere Leser richten?
Seid lieb zueinander, geht immer schön auf Konzerte und unterstützt damit die Livemusik, bleibt vor allem den Seiten von Deutsche Mugge treu. Ich lese selber sehr häufig bei Euch nach, vor allem natürlich bei den Konzertberichten und fühle mich dadurch wirklich immer gut informiert über unsere einheimische Szene. Also weiterhin viel Erfolg für Eure Seite!

 

Interview: Christian Reder
Bearbeitung: tormey, cr
Fotos: Archiv Tobias Hillig, Archiv Deutsche Mugge




   
   
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