Interview vom 14. September 2016
70 ist das neue 50, und in diesem jungen Alter kann man durchaus nochmal einen Neuanfang wagen. Dieter Birr alias Maschine tut dies und wird Ende September 2016 sein drittes Soloalbum veröffentlichen. Aber was ist daran nun ein Neuanfang? Waren die Alben "Intim" (1986) und "Maschine" (2014) nur Nebenprojekte seiner Arbeit mit der Gruppe PUHDYS, ist "Neubeginner" (Heart Of Berlin/Universal) das erste Album in "Freiheit". Die Gruppe PUHDYS gibt es seit Juni nicht mehr und Maschine ist kein Teil mehr eines Kollektivs. Mit nahezu gleicher Besetzung wie 2014 nahm er in den letzten Monaten eben erwähntes Album "Neubeginner" auf. Viele neue Songs und auch neue Gäste sind darauf zu hören, und eine Tournee folgt im Januar und Februar 2017. Die CD haben wir Euch in der Rubrik "Neuerscheinungen" bereits ausführlich vorgestellt (siehe HIER) und über die Pressekonferenz mit Vorabhören der Scheibe haben wir ebenfalls berichtet (siehe HIER). Nun wird es Zeit, den Musiker selbst zu Wort kommen und ihn etwas über sein neuestes Werk und die Geschichten drumherum erzählen zu lassen. Christian hatte in der vergangenen Woche die Gelegenheit, mit Maschine ein längeres Gespräch zu führen ...
Noch zwei Wochen, dann kommt Deine neue Scheibe auf den Markt. In welcher Stimmung bist Du im Moment?
Natürlich sehr aufgeregt. Es ist alles sehr spannend, wenn man vor einer solchen Veröffentlichung steht. Und auch der Stress ist nicht ohne. Man muss Interviews für das Radio und ganz viele Zeitungen geben, für die nötige Promotion sorgen, dann mache ich auch noch eine Sendertour, ich werde im Fernsehen zu sehen sein, bin u.a. bei "Thadeusz", was am 4.10. gesendet wird. Das sind alles Dinge, die zu einem neuen Album dazu gehören.
Bevor wir über das Album "Neubeginner" plaudern, lass uns erstmal über die Leute sprechen, die die Scheibe mit Dir eingespielt haben und mit denen Du live auf die Bühne gehen wirst. An der Gitarre hört man Uwe Hassbecker, der ja auch schon 2014 beim Album "Maschine" dabei war und zur Liveband gehörte. Wie kam es damals dazu, dass sich Uwe Dir und Deiner Idee angeschlossen hat?
Mein Produzent Ingo Politz hatte ihn gefragt. Uwe war sofort begeistert und machte gerne mit. Wie er sagte, wollte er schon immer mal etwas mit mir zusammen machen. Das fand ich natürlich sehr schön. Außerdem ist Uwe ein sehr kreativer Mensch und leistete wunderbare Beiträge zu dem Album.
Über Hassbeckers erstklassiges Gitarrenspiel müssen wir nicht lange reden, das ist hinlänglich bekannt. Was macht ihn noch so besonders, dass er so gut zu Dir und in Deine Band passt?
Uwe ist ein toller Musiker und ein ebenso toller Mensch. Wir verstehen uns prächtig und Uwe betont auch immer wieder, wie sehr er sich auf die kommende Tour freut und dass es ihm einen Riesenspaß macht, mit mir zu spielen. Ich glaube, er kann sich bei mir mal so richtig austoben und schön Krach machen. Bei SILLY ist ja alles eine Spur filigraner, die Musik im Ganzen und die Gitarrenarrangements im Speziellen, deshalb bin ich überzeugt, dass es ihm wirklich Spaß macht, auch mal wieder richtigen Rock'n'Roll zu machen.
Jörg Weißelberg ist der zweite Gitarrist in Deiner Band, richtig?
Ja genau. Uwe und Jörg spielen beide auf dem gleichen Niveau. Sie gehören mit zum Besten, was Deutschland auf dem Gebiet zu bieten hat.
2014 hattest Du Maxs Repke dabei. Hatte der diesmal keine Zeit?
Er wusste im Vorfeld nicht, ob er Zeit haben würde, da er ja gerade wieder mit dem CLUB DER TOTEN DICHTER tourt. Aber unseren Auftritt bei der "Goldenen Henne" macht er mit. Ich muss ja ohnehin sehen, dass ich auch mal Musiker austauschen kann, wenn der eine oder andere nicht kann. Da Uwe am Tag der "Goldenen Henne"-Veranstaltung mit SILLY unterwegs ist, wird Maxs Repke einspringen. Die Tour ist ja fertig geplant und ich musste dafür wissen, welche Musiker wann können. Maxs konnte mir keine definitiven Zusagen geben, ob er in dieser Zeit verfügbar ist, deshalb war es nicht möglich, ihn fest einzuplanen. Aber wir sind keinesfalls aufeinander böse, ganz im Gegenteil. Nach wie vor ist Maxs Repke bei mir ein gern gesehener Gast und er wird eines Tages auch mal wieder mitmachen.
Die Tatsache, dass Du mit zwei echten Gitarristen auf der Bühne stehen wirst, lässt ja vermuten, dass Ihr auch gerne mal mit drei Gitarren agieren werdet, oder nimmst Du Dich da komplett raus?
Nein, ich spiele natürlich trotzdem Gitarre, wenn auch meist Akustikgitarre. Die Songs sind ja alle mit mehreren E-Gitarren eingespielt und ich möchte es auf der Bühne natürlich genauso klingen lassen wie auf der Platte.
Ebenfalls zu Deiner Band gehört Christian Liebig von Karat, der bei Dir den Bass übernimmt. Auch hier die Frage, wie es zu seinem Mitwirken kam. Habt Ihr das vielleicht schon bei den Rocklegenden eingefädelt?
Nein, das haben wir schon beim "Maschine"-Album geklärt. Christian stand ja beim damaligen Record Release-Konzert im Kesselhaus mit auf der Bühne. Ich habe ihn einfach gefragt, ob er auch diesmal wieder dabei wäre. Er hat sofort zugesagt und freut sich schon mächtig auf die Tour. Das passt insofern wunderbar, weil KARAT im Januar und Februar immer pausieren. Christian ist ein super Bassist und singt dazu auch noch gut. Vor allem für den Backgroundgesang ist er wertvoll, denn viele meiner Songs beinhalten Backgroundgesang.
Der Nächste im Bunde ist Marcus Gorstein, der bei Dir nicht nur die Tasteninstrumente bedient, sondern auch als Mitproduzent auftritt. Kennt Ihr Euch über seinen Vater Arnold "Murmel" Fritzsch, oder wie ist die Verbindung zustande gekommen?
Murmel kenne ich natürlich auch, klar. Aber die Verbindung zu Marcus kam ebenfalls durch Ingo Politz zustande. Ingo meinte, er arbeitet hin und wieder mal mit Marcus zusammen und vielleicht können wir den ja mit ins Boot holen. Der Zufall spielte hier auch noch eine gewisse Rolle. 2014 wollte ich ja das "Lied für Generationen" neu aufnehmen. Ich wollte, dass sich die Neufassung hörbar von der Originalversion unterscheidet, dass ein Klavier darin vorkommt und dass möglichst alles einen Ton tiefer gespielt wird. Ingo verwies dann auf Marcus Gorstein. Wir schickten ihm den Song und unsere Vorstellungen und schon am nächsten Tag hatte Marcus den Song fertig. Die Klavierspur war komplett eingespielt, so dass wir bei Ingo im Studio in aller Ruhe den Rest dazu spielen konnten. Wir lernten uns dann auch bald persönlich kennen. Ich fragte ihn, ob er mit auf Tour gehen möchte, was er auch gleich bejahte. Ansonsten ist Marcus ja bei den Zöllnern tätig und betreibt diverse andere Projekte.
Ich wollte es gerade sagen, Marcus eilt der Ruf voraus, dass er ein vielseitig begabter Musiker ist ...
Ja, der macht ja noch bei der ABBA-Show mit, produziert viel im Studio ...
Du warst ja nun sehr dicht dran an Marcus Gorstein. Wie siehst Du sein Können, wie siehst Du ihn als Persönlichkeit?
Er ist ein sehr sensibler, netter Kollege, der sehr leidenschaftlich ist und mit dem ich alle Sachen im Studio verwirklich kann. Er greift meine Ideen auf, ich greife seine Ideen auf, wir ergänzen uns gegenseitig sehr gut. Vor allen Dingen ist er aber auch ein guter Sänger. Man merkt hier wirklich, dass Marcus mal Gesang studiert hat. Das ist sehr hilfreich vor allem für die Backgrounds. So ein Backgroundsänger hat es durchaus nicht leicht. Der Solosänger steht vorne und kann sich wunderbar hören, während Du beim Backgroundgesang eine ganz andere Geräuschkulisse um Dich herum hast und dazu auch noch gut mit den anderen Backgroundsängern harmonieren musst. Ich lasse Marcus jetzt auch die ganzen Proben für den Backgroundgesang machen, denn ich habe gar nicht die Zeit, mich darum zu kümmern, kann mich aber gleichzeitig darauf verlassen, dass Marcus alles richtig einstudiert mit den Kollegen.
Die Bandbesetzung wird vervollständigt durch Felix Lehrmann am Schlagzeug. Auch er ist ein erstklassiger Musiker, war ebenfalls schon 2014 mit von der Partie. Gleichzeitig ist Felix auch der Jüngste in Deiner Truppe. Wie bist Du auf ihn aufmerksam geworden?
Auch hier wieder durch Ingo, weil Felix bei ihm schon diverse Sachen eingetrommelt hat. Unter anderem für BELL BOOK & CANDLE. Außerdem hat er seine eigene Band, die FLOWER KINGS, und er spielt bei Sarah Connor in der Band. Felix ist sowieso ein Ausnahmetalent. Der kommt ins Studio, hört sich ein, zweimal die Nummer an und spielt die perfekt. Wir haben von jedem Titel höchstens zwei oder drei Aufnahmen gemacht. Ohne zwischendurch abzubrechen, sondern komplett durchgespielt. Und selbst wenn wir doch mal eine andere Variante probieren wollten, hat Felix das einfach gemacht. Er spielt wie ein Uhrwerk, aber wie ein menschliches Uhrwerk. Du hörst es atmen, Du hörst, es ist etwas Handgespieltes.
Du hast jetzt mehrfach den Namen Ingo Politz erwähnt. Er war es ja auch, der Dich dazu brachte, 2014 endlich wieder ein Soloalbum zu machen. Kann man davon ausgehen, dass Ihr beiden im Team eng zusammenarbeitet?
Ja, auf jeden Fall. Wir verstehen uns blind. Ingo ist ein kritischer Partner, was mir sehr entgegenkommt. Ingo hat ja schon jede Menge Erfolge vorzuweisen, deshalb ist mir seine Meinung auch sehr wichtig. Musikalisch war sowieso schon alles klar, denn das hatte ich vorher schon mit Marcus Gorstein erledigt. Die Gesänge habe ich dann aber doch nochmal bei Ingo gemacht. Wenn so ein Lied entsteht, dann ist der Gesang beim ersten Mal noch nicht so hundertprozentig. Aus diesem Grund habe ich die meisten Lieder bei Ingo ein zweites Mal eingesungen. Das Schöne war, dass wir bei Marcus die Nummern so eingespielt haben, wie es gerade kam, weil ich davon ausging, dass wir vieles ohnehin nochmal einspielen müssen. Dann war aber vieles doch so, dass wir sagen konnten, wir lassen es so. Ich habe z.B. den Bass selber eingespielt, damit erst einmal eine Basslinie da ist und weil ich natürlich davon ausging, Christian macht das sowieso nochmal selber und besser, aber alle sagten: Lass das so, das klingt wunderbar. Dadurch spürt man beim Hören der Platte eine gewisse Spielfreude, eben weil es nicht ganz so perfekt ist. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich denke, gerade die ersten beiden Nummern klingen so, als wenn wir die live eingespielt hätten.
Wenn man Dich so reden hört, wie Du von Marcus, von Ingo und den ganzen Musikern erzählst, dann klingt es so, als wäre um Dich herum ein ganz neues Konstrukt entstanden, das sich gegenseitig trägt. Siehst Du das auch so?
Ja klar.
Machst Du das Booking für Deine Tournee eigentlich selber oder erledigt das jemand für Dich?
Ich habe dafür eine Agentur, die schon alle Großen dieser Welt unter Vertrag hatten. Gerade erst z.B. AC/DC oder auch Neil Young. Die waren vor langer Zeit übrigens auch die Erfinder, oder zumindest die Förderer, von ROSENSTOLZ.
Themenschwerpunkt der Tour wird natürlich das neue Album sein. Wirst Du das Album komplett spielen?
Ja, so wie es derzeit aussieht. Entscheidend werden die ersten Konzerte sein. Danach wissen wir, der eine oder andere Titel muss vielleicht nicht unbedingt mit rein. Das ist völlig normal. Aber da ich ja noch nicht so viele eigene Titel habe, werden wir sie wahrscheinlich alle spielen. Wenn wir mein erstes Album dann auch noch ganz spielen, werden es immerhin 26 Songs sein. Das ist dann wohl eher zu viel des Guten, da die Songs live ja doch etwas ausgebaut werden. Zumal wir zwei super Gitarristen haben, die sich dann auf der Bühne auch gerne mal etwas duellieren dürfen. Also das wird sich alles zeigen. Der jetzige Plan lautet jedenfalls, wir spielen das neue Album komplett.
Jetzt hast Du die letzten Monate mit der Arbeit am Album verbracht. Wie lange haben die Band und Du letztlich gebraucht, bis die Platte richtig fertig war?
Also zunächst habe ich ja alles allein bzw. mit Marcus eingespielt. Dann kam das Schlagzeug und anschließend war Hasbe (Uwe Hassbecker, Anm. d. Red.) dran. Aber er hat nicht bei allen Nummern mitgespielt. Dann folgte bei "Zwei Hände mehr" noch der Flötist und das war es auch schon. Wie gesagt, den Bass und die Gitarren habe ich selber eingespielt bis auf die, die von Hasbe gespielt wurden. Wir sind immer so daran gegangen, dass es noch nicht die Endlösung war, sondern erst mal nach etwas klingt. Dass Ingo, Marcus und auch ich dann an vielen Stellen feststellen würden, es klingt so, wie es ist, ganz wunderbar, das war vorher nicht abzusehen. Selbst Hasbe sagte manchmal: "Das hast Du super hingekriegt, da brauche ich nichts mehr zu machen". Angefangen haben wir, um auf Deine Frage zu kommen, im Februar 2015. Aber wir haben nicht jeden Tag gearbeitet. Es waren längere Unterbrechungen dabei, auch mal eine Sommerpause.
Anders als auf "Maschine" hast Du diesmal ausschließlich auf neue Lieder gesetzt. Die Songs, die Du selber geschrieben hast, sind die alle für dieses Album entstanden?
Ja, extra für dieses Album. Und es sind wirklich alles neue Lieder.
Beim Song "Irgendwie begabt" wirst Du nicht nur von Heinz-Rudolf Kunze begleitet, sondern er hat diese Nummer auch getextet. Ist die Zusammenarbeit zwischen Euch über Eure Agentur entstanden? Ihr seid ja bei der gleichen Firma, nämlich MAWI, untergebracht.
Richtig, aber wir kannten uns schon lange vorher. Wir lernten uns vor Jahren kennen, als wir mal in München spielten und Kunze ebenfalls dort auftrat. Wir verstanden uns von Anfang an super. Er war u.a. auch mal in meiner Radiosendung "Maschines Rockfabrik" zu Gast. Wir haben lange geplaudert, denn die Sendung ging volle sechs Stunden. Ansonsten trafen wir uns bei verschiedenen Fernsehsendungen immer mal wieder. Das ausschlaggebende Detail für die Zusammenarbeit bei dem erwähnten Song war unser Treffen beim "Sachsen-Anhalt-Tag". Ich kam nachts ins Hotel, in dem er auch untergebracht war. Nachts waren noch fast 30 Grad, herrlichstes Wetter. Wir tranken ein, zwei Bierchen und unterhielten uns prächtig. Mit dabei war Kunzes Manager, mit dem ich mich auch gleich gut verstand. Der fragte mich, ob wir nicht mal etwas zusammen machen wollen, ob er nicht vielleicht meine Tour organisieren könnte. Wir haben uns noch oft getroffen und uns beschnuppert, denn ich wollte natürlich nicht gleich zusagen. Ich kannte den Mann ja noch nicht richtig. Doch es ging alles gut und wir einigten uns. Dabei entstand auch die Idee, Heinz-Rudolf mal zu fragen, ob er nicht einen Text machen wolle. Nun muss man wissen, Kunze ist ein Vielschreiber, der schreibt am Tag wirklich mehrere Texte. Da wird zwar am Ende nicht immer Musik draus, sondern er schreibt manchen Text auch nur so für sich. Erst kam ein Text, dann wurden es immer mehr, so dass ich jetzt gleich sechs Texte von ihm auf dem Album habe.
Wie lief das, schreibt er die Texte einfach allein, oder legt er sie Dir erst vor, bietet sie Dir an und Ihr entscheidet dann gemeinsam?
Natürlich reden wir darüber und nehmen notfalls auch mal ein paar Änderungen vor. Gerade bei dem Lied "Silberstreifen", welches nur auf der "Deluxe Edition" drauf ist, haben wir manches umgeschrieben. Aber das ist alles kein Problem gewesen. Im Allgemeinen blieb aber alles so, wie Heinz-Rudolf es gewollt hat.
Ein weiterer Gast ist János "Mecky" Kóbor von OMEGA. Euer Duett heißt "Der große Magnet". Gab es vorher auch schon Kontakte zwischen den PUHDYS und OMEGA oder woher kennt Ihr Euch?
Wir kennen uns, da wir schon oft gemeinsame Fernsehauftritte hatten. Wir haben in Österreich auch schon mal bei einer Art Festival zusammen gespielt. Musikalisch hatten wir aber noch nichts miteinander zu tun. János fragte dann bei mir an, ob ich auf dem OMEGA-Jubiläumsalbum mitsingen würde. Natürlich fragte ich zurück, ob er dann auch bei mir einen Gesangspart übernimmt. Das hat er gemacht. Und vor vierzehn Tagen stand ich ja in Landsberg bei OMEGA mit auf der Bühne. Da spielten wir unser Duett, die Band war super vorbereitet, es hat Spaß gemacht. Anschließend sang ich noch bei OMEGAs großem Hit "Mädchen mit dem Perlenhaar" mit.
Das ist ja jetzt ein bisschen kompliziert. János wohnt in Budapest, Du in Berlin. Wie ist Euer Duett entstanden, wer hat was geschrieben und wie habt Ihr den Song aufgenommen? Gemeinsam im Studio?
Geschrieben wurde der Song von mir, der Text stammt von Heinz-Rudolf Kunze. Wir haben János alles geschickt, er hat seinen Teil im eigenen Studio in Budapest eingesungen und uns dann alles geschickt.
Du hast es gerade gesagt, Du warst Gast bei OMEGA in Landsberg, wo sie zusammen mit der Stern Combo gespielt haben. Wird Mecky auf Deiner Tour einen Gegenbesuch machen, oder gibt es da noch keine Absprachen?
Darüber wurde noch nicht gesprochen, aber ich gehe davon aus, dass er bei einigen Konzerten dabei sein wird. Vielleicht gleich zum Premierenkonzert in Leipzig, wo ich natürlich am liebsten alle Gäste dabei haben möchte, die auf dem Album mitspielen. Das Problem bei Mecky ist nur, dass er nicht gerne fliegt. Und mit dem Auto sind es 800 Kilometer oder mehr, da muss man sich das schon überlegen.
Beim Stück "So viel erlebt" hören wir dann auch eine weibliche Stimme, nämlich die von Ela Steinmetz von der Gruppe Elaiza. Damit verlässt Du nicht nur die Grenzen Deutschlands, wie bei "Der große Magnet", sondern auch die der Generationen. Wie gestaltete sich denn die Zusammenarbeit mit der jungen Dame, die ja nicht nur ein paar Jahre jünger ist als Du, sondern die auch aus einer ganz anderen musikalischen Ecke kommt?
Wunderbar! Wir akzeptieren uns gegenseitig, arbeiten auch im selben Studio bei Ingo Politz. Ich habe sie einfach mal gefragt, ob sie mir nicht einen Text schreiben kann. Da ich es nicht schaffe, alle Texte alleine zu schreiben, horche ich mich ständig um nach Textideen anderer Leute. Zwar gibt es von mir jede Menge Texte, aber ich freue mich immer, auch mal fremde Texte singen zu können, vor allem wenn mir diese dann auch gut über die Lippen kommen. In diesem Fall stammt aber nicht nur der Text von Ela, sondern sie hat auch gleich das ganze Lied geschrieben. Normalerweise mache ich die Musik ja alleine, aber in dem Fall habe ich den Song von Ela übernommen. Anfangs war ich mir gar nicht sicher, ob das Lied überhaupt zu mir passt. Also schickte sie mir ein Demo, auf dem sie auch gesungen hat. Ich sagte dann zu ihr, wenn ich die Nummer mache, muss sie aber mitsingen. Das hat sie auch sehr gerne angenommen. Und sie hat zum ersten Mal deutsch gesungen!
Beim Vorgängeralbum "Maschine" hattest Du z.B. Julia Neigel und Wolfgang Niedecken von BAP als Gäste dabei. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, Maschine sucht sich bewusst die großen Namen, um die als Sprungbrett für sich selbst zu benutzen. Ist das tatsächlich ein Teil dieser Überlegung oder, um mal bildlich zu sprechen, geht es Dir einzig und allein darum, möglichst viel Farben für Dein Werk zu verwenden?
Stimmt, ich möchte viele Farben einbringen. Außerdem finde ich es spannend, mit besonderen Leuten zusammenzuarbeiten. Als Sprungbrett ...?! Nein, das ist Quatsch. Sicher haben damals auch ein paar BAP-Fans gesagt: "Die Platte hole ich mir", aber letztendlich geht es mir darum, dass ich auf der Platte eine gewisse Vielfalt habe. Und ich finde es eben schön, wenn solche Leute wie Wolfgang Niedecken, der ja auch einen hohen Anspruch an seine Musik hat, bei mir mitspielen. Darüber freue ich mich.
Lass uns noch einmal auf die inhaltlichen Aspekte des Albums zurückkommen. Mit "Ehe der Krieg beginnt" findet sich ein ziemlich beeindruckender Song auf der Platte. Zum einen vom Inhalt her, zum anderen von der musikalischen Umsetzung. Du hast hier mit Gisela Steineckert zusammengearbeitet, mit der Du wohl vorher noch nie etwas zu tun hattest, richtig?
Das stimmt. Es gibt ja auch noch einen anderen Gastmusiker auf der Platte, und zwar ist das Dirk Michaelis. Ihm schlug ich vor, mit mir "Zwei Hände mehr zu singen". Allerdings hatte ich dafür noch keinen Text. Ich fragte ihn, ob er eine Idee hätte und er nahm den Song erstmal mit. Damit ging er dann gleich zu Gisela Steineckert, mit der er ja bekanntlich sehr eng zusammenarbeitet. Gisela rief mich an, um mir zu sagen, sie hätte lange nicht ein so schönes Lied gehört. Darüber freute ich mich und gab ihr das Okay, dazu den Text zu schreiben. Es ging aber noch weiter. Für "Mein Zug ist abgefahren" hatte ich nur die erste Strophe fertig und fragte Gisela, ob sie noch weitere passende Worte für den Song findet. Das gelang ihr auch und ich schrieb einen Refrain dazu. Fertig war der Titel. Danach schickte sie mir den Text zu "Ehe der Krieg beginnt". Das beeindruckte mich total. Ich hatte ursprünglich eine ganz andere Musik dazu geschrieben. Ingo Politz meinte dann aber, er würde sich zu diesem Text irgendwie eine andere Musik wünschen oder vorstellen, etwas, was noch beeindruckender rüberkommt. Es war anfangs eine eher schnelle Nummer, da ich das Thema nicht zu pathetisch rüberbringen wollte. Doch Ingo blieb bei seiner Meinung, der Text sei so gut, dass die Musik eine andere sein müsste. Gut, dass er das so ehrlich gesagt hat. Genau das meinte ich übrigens, als ich vorhin sagte, Ingo ist auch immer ein kritischer Partner, der Ideen hat, die ich anschließend aufgreifen und verwerten kann. Natürlich nur, wenn ich selber auch davon überzeugt bin. In dem Fall war ich auch wirklich seiner Meinung, dass der Text zu schade wäre für die dazugehörige Musik. Ich setzte mich dann also nochmals hin und schrieb relativ schnell die jetzige Musik dazu. Das war ein absoluter Glückstreffer. So etwas gelingt natürlich nicht andauernd. Auf jeden Fall entwickelt der Titel durch das Zusammenspiel von Text und Musik eine ganz große und besondere Wirkung.
Ein weiterer Song auf dem Album heißt "Helden meiner Generation".
Die Helden meiner Generation sind natürlich alle die, die in meinem Leben große Spuren hinterlassen haben. Zum Beispiel Chuck Berry, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis, Beatles, Stones, The Who, The Kinks, später dann Led Zeppelin, Black Sabbath, Jethro Tull, Deep Purple usw. Noch ein paar Jahre weiter dann Bruce Springsteen oder U2 oder Rammstein. Die hinterließen alle ihre Spuren bei mir, das will ich in dem Lied ausdrücken. Und ich will auf die damalige Situation hinweisen. Dadurch, dass der DDR-Bürger nicht so einfach rauskam aus dem Land, war ja das Radio so etwas wie das Tor zur weiten Welt. Natürlich kommen auch ständig neue Sachen, neue Musiken dazu. Aber wenn ich dann mal wieder eine alte Chuck Berry-Nummer höre, berührt mich das schon mächtig.
Der Titelsong "Neubeginner" unterstreicht Dein Vorhaben, nochmal richtig loszulegen. Die Nummer sprüht vor Lust und Leidenschaft. Es ist fast eine Hymne, die man bei Konzerten durchaus vorn ran stellen könnte. Ist der Song vielleicht sogar als so etwas vorgesehen, spukt Dir die Idee schon durch den Kopf?
Ja. Es war klar, das muss in jedem Fall die erste Nummer sein. Das stand schon fest, bevor überhaupt der Text fertig war. Und es soll und wird auch der erste Titel auf den Konzerten sein.
"Auf das Leben" ist der letzte Titel der Platte. Bist Du tatsächlich so ein Optimist, der alles was derzeit schief läuft auf der Welt, ausschalten kann und glaubt, unsere Enkel werden mal eine bessere Welt erleben?
Nein, ich wünsche mir das nur. Aber mit so einem Lied möchte ich durchaus einen optimistischen Gedanken reinbringen und Mut machen. Natürlich bewegt mich das alles sehr, diese ganzen Grausamkeiten, die auf der Welt passieren, die Kriege ... Das kann man ja mit dem normalen Menschenverstand gar nicht mehr begreifen, wie grausam Menschen sein können. Gerade deshalb braucht man Lieder, die auch ein wenig Optimismus verbreiten. Denn eigentlich wünscht sich jeder Mensch Harmonie, Freunde, eine intakte Familie, dass man sich gut versteht, dass man am Abend zusammensitzt und sich freut, dass die alten Freunde noch da sind. Worauf trinkt man dann? Auf das Leben. Auf das, was einem wichtig ist. Das waren also meine Gedanken zu einem positiven Leben.
Nun kann man ja in einem Interview nicht die ganze Platte sezieren und analysieren. Betrachten wir deshalb mal die bis jetzt angesprochenen Titel als kleinen Einblick in das, was am 30. September in die Läden kommt. Hast Du nach Abschluss der Produktion einen Titel, den Du als ganz persönlichen Favoriten bezeichnen würdest?
Das sind ja alles meine Kinder. Weißt Du, wenn Du so ein Lied produziert hast und es ist endgültig fertig, dann nimmst Du es mit nach Hause, spielst es vor und alle sind begeistert. Dann kommt das nächste Lied und schon hast Du einen neuen Favoriten. Der Lieblingssong meiner Frau ist "Ehe der Krieg beginnt". Ansonsten hat jeder Song den gleichen Wert für mich.
Dann mal die Gegenfrage. Nach dem Produktionsprozess hat man als Musiker sicher gar keinen klaren Blick mehr auf das, was man gerade zum Abschluss gebracht hat. Kannst Du Dir denn inzwischen ein Urteil erlauben über das, was gerade im Presswerk für den Handel gefertigt wird oder würdest Du im Nachhinein gerne noch ein paar Änderungen vornehmen?
Nein, ich bin in dieser Beziehung sehr zufrieden. Meistens, da hast Du Recht, findet man immer noch ein paar Kleinigkeiten. Bei diesem Album muss ich sagen, wir haben über zwanzig Titel aufgenommen, von denen ich dann wirklich nur das Beste behalten wollte. Das Album ist auch sehr vielfältig und in meinen Augen absolut gelungen. Auch die Mixe sind toll geworden. Das stinkt jetzt sicher ein bisschen nach Eigenlob. Aber es wäre ja schlimm, wenn ich nicht davon überzeugt wäre.
Das wäre jetzt meine nächste Frage. Abgesehen vom kommerziellen Erfolg, den Dir jeder unbesehen wünscht, was möchtest Du mit "Neubeginner" erreichen, was bei den Menschen bewirken?
Ach, das klingt immer so hochtrabend. Ich möchte zumindest, dass die Leute mich kennenlernen, dass sie wahrnehmen wie ich ticke, wie ich dem Leben gegenüber stehe, welche Botschaften ich vermitteln möchte. Sicher werde ich mit dem Album nicht die Welt verändern oder am Ballermann gespielt werden, aber ich denke mal, dass ich damit Leute erreichen werde, die sich auch mit den Texten auseinandersetzen und einfach nur gute Musik hören wollen. Wir haben ja mit den PUHDYS viele Fans gehabt und ich denke, dass ich von den PUHDYS einige Fans mit rüber holen kann und hier auch neue Fans gewinnen werde. Das würde ich mir wünschen.
Das ist ein schöner Schlusssatz zur Albumbesprechung. Gestattest Du mir zum Abschluss unseres Interviews noch ein paar Fragen zum letzten Jahr und die letzte Zeit mit den PUHDYS?
Na klar.
Es gab Momente, da wurde man das Gefühl nicht los, Ihr hättet Euch auf der Bühne nicht mehr ganz so viel zu sagen. Es gibt übrigens auf Deutsche Mugge zwei Konzertberichte von Gastautoren, die genau das bestätigen. Hand auf`s Herz: war die Luft bei Euch wirklich raus oder täuschten diese Beobachtungen?
Das sind ja letztlich alles innerbetriebliche Wahrnehmungen. Ich erinnere mich, dass ich öfter mal gelesen habe, die spielen aneinander vorbei oder die sind gar nicht mehr für ihr Publikum da. Das stimmte aber zu keiner Zeit, weil ich selbst ja am besten weiß, wie ich mich auf der Bühne fühle. Natürlich gab es auch mal Zeiten, in denen gewisse Spannungen drin waren. Aber das passiert jeder Band mal. Es gab auch Konzerte, die waren total super, da sind die Leute komplett ausgerastet. Und in der Presse las man dann am nächsten Tag, wir hätten lustlos gespielt. Manchmal ist eben die Wahrnehmung der Leute völlig falsch. Dadurch wirkt es vielleicht tatsächlich so, als hätten wir lustlos gespielt. Guck Dir doch mal den Drummer von ZZ TOP an. Da denkst Du, der schläft gleich ein oder hat schlechte Laune. Das ist aber gar nicht so. Ich gebe aber zu, dass es jetzt eine andere Frische hat. Und wenn ich mir die Bilder angucke, wo ich mit OMEGA gespielt habe, da freut man sich, Musiker mit Leib und Seele zu treffen, die alle einen großen Enthusiasmus haben. Für OMEGA war das nämlich auch neu, aber ich freute mich riesig, mit ihnen mal spielen zu dürfen und die Jungs von OMEGA hatten dieselbe Freude in sich. Ich habe mir außerdem den Luxus erlaubt, Hasbe einzuladen. Für mich war Hasbe eine Art Sicherheit, denn ich wusste ja nicht, wie OMEGA vorbereitet sein würde. Außerdem hat OMEGA nur eine Gitarre, aber auf der Aufnahme sind definitiv mindestens drei Gitarren zu hören. Für Hasbe war das auch etwas Besonderes. Ich glaube, es hat ihm einen Riesenspaß gemacht. Man selber hat in solchen Momenten gleich eine ganz andere Ausstrahlung. Das musst Du Dir vorstellen wie eine Familie. Da bist Du auch nicht jeden Tag in Hochstimmung. Jetzt bekommst Du aber Besuch und bist gleich viel besser drauf. Aber das ist normal, das ist der Reiz des Neuen, des Einmaligen. Aber zurück zur Frage. Die Konzerte mit den PUHDYS haben mir alle Riesenspaß gemacht, wir haben gesehen, wie viel Leute immer wieder da waren. Das war wirklich gigantisch. Aber jetzt ist es eben auch genug. Wir haben alles erlebt, was es zu erleben gab und müssen niemanden mehr etwas beweisen. Wir haben selbst zum Schluss mit den PUHDYS noch zweimal die Mercedes Benz Arena in Berlin ausverkauft. Zwei Abende hintereinander bitte. Das muss man auch erst einmal schaffen. Vor allem nach so langer Zeit. Obwohl ich es mir wünschen würde. Ich weiß aber ganz genau, jetzt stehe ich auf einer anderen Baustelle. Für mich ist es ab sofort nur noch Spaß und Hobby. Ich mache Musik ohne den Druck im Hinterkopf, zehntausend Leute vor der Bühne haben zu wollen. Ganz im Gegenteil, jetzt will ich zwanzigtausend Leute sehen (lacht). Und wenn es dann eben nicht klappt, ist es auch nicht schlimm, auch wenn ich natürlich traurig darüber wäre. Hätte seinerzeit bei den PUHDYS etwas nicht gestimmt, hätte mich das persönlich sehr getroffen und niedergeschlagen, weil wir eine etablierte Band waren. Und wenn es da eher rückwärts geht anstatt nach vorne, dann muss man sich Gedanken machen. Bei den PUHDYS ging es aber aus irgendwelchen Gründen immer höher und weiter, obwohl wir den Leuten ja nun schon so lange auf die Nerven gehen (lacht). Jetzt fange ich wieder ganz von unten an, die Menschen sind noch nicht verwöhnt von mir.
Hast Du mit dem Kapitel PUHDYS inzwischen völlig abgeschlossen oder gibt es an manchen Tagen immer noch Momente, in denen Du wehmütige Gedanken hast?
Wehmütig eher nicht. Aber man darf nicht vergessen, die PUHDYS gab es 46 Jahre und das war mit die schönste Zeit in meinem Leben. Wir haben die Anfänge erlebt, wir haben uns aus eigener Kraft hochgearbeitet ohne irgendwelche Unterstützung. Oft wurde uns unterstellt, wir wurden vom Staat gefördert, was aber überhaupt nicht wahr ist. Unsere Lieder mussten wir schon noch selber schreiben und den Erfolg musst Du Dir auch allein erspielen. Das zu schaffen und über so lange Zeit zu erhalten, das ist schon etwas Besonderes. Aus diesem Grunde wird die Zeit mit den PUHDYS immer in meinem Herzen bleiben. Nun gibt es ja Stimmen, die darauf spekulieren, dass wir zu unserem 50-jährigen Jubiläum noch einmal zusammen spielen werden. Da sage ich Dir, das würde nie wieder so werden wie es mal war. Es gibt ja Beispiele von den ganz Großen wie den BEATLES oder ABBA, die ganz genau wussten, wenn sie Jahre später nochmal auf die Bühne gehen, das würde nicht funktionieren. Du wirst älter, hast vielleicht auch nicht mehr die ganz große Ausstrahlung.
Du schließt also ein Konzert zum 50. Geburtstag der PUHDYS definitiv aus?
Ja.
Vor ein paar Wochen habe ich ein Interview mit Helmar Federowski geführt, der von Dir sagte, Du seist der Sänger, der in all den Jahren seiner Tätigkeit als Produzent immer der Sänger gewesen, der am besten vorbereitet war. Du wärst ein echter Profi gewesen. Stimmt es, dass Du in den 80er Jahren im Studio fast alles allein eingespielt hast, wenn es um PUHDYS-Produktionen ging?
Ja, das stimmt. Auf jeden Fall habe ich den Bass selber eingespielt. Es stellte sich nämlich heraus, dass man durch das Synchronisieren der Musik nicht mehr so gut vorbereitet war, was ja auch gut ist, weil dadurch im Studio auch manchmal neue Ideen entstehen. Das war bei uns nicht so, wir haben alles nachträglich eingespielt. Die Keyboards hat natürlich Peter Meyer eingespielt. Bis auf einmal. Beim Lied "Computerträume" saß wirklich ich an den Keys. Helmar Federowski spielte auch ein bisschen was. Ich habe immer den größten Teil der Gitarren und den Bass komplett eingespielt. Und Schlagzeug konnte ich auch nie spielen. Ich hatte es bei "TV-Show" probiert, aber bei "Jahreszeiten" fielen mir fast die Hände ab.
Maschine, das war es. Herzlichen Dank für Deine Zeit und die Antworten auf meine Fragen. Ich wünsche Dir für das Album und die Tour viel Erfolg.
Vielen Dank!
Natürlich sehr aufgeregt. Es ist alles sehr spannend, wenn man vor einer solchen Veröffentlichung steht. Und auch der Stress ist nicht ohne. Man muss Interviews für das Radio und ganz viele Zeitungen geben, für die nötige Promotion sorgen, dann mache ich auch noch eine Sendertour, ich werde im Fernsehen zu sehen sein, bin u.a. bei "Thadeusz", was am 4.10. gesendet wird. Das sind alles Dinge, die zu einem neuen Album dazu gehören.
Bevor wir über das Album "Neubeginner" plaudern, lass uns erstmal über die Leute sprechen, die die Scheibe mit Dir eingespielt haben und mit denen Du live auf die Bühne gehen wirst. An der Gitarre hört man Uwe Hassbecker, der ja auch schon 2014 beim Album "Maschine" dabei war und zur Liveband gehörte. Wie kam es damals dazu, dass sich Uwe Dir und Deiner Idee angeschlossen hat?
Mein Produzent Ingo Politz hatte ihn gefragt. Uwe war sofort begeistert und machte gerne mit. Wie er sagte, wollte er schon immer mal etwas mit mir zusammen machen. Das fand ich natürlich sehr schön. Außerdem ist Uwe ein sehr kreativer Mensch und leistete wunderbare Beiträge zu dem Album.
Über Hassbeckers erstklassiges Gitarrenspiel müssen wir nicht lange reden, das ist hinlänglich bekannt. Was macht ihn noch so besonders, dass er so gut zu Dir und in Deine Band passt?
Uwe ist ein toller Musiker und ein ebenso toller Mensch. Wir verstehen uns prächtig und Uwe betont auch immer wieder, wie sehr er sich auf die kommende Tour freut und dass es ihm einen Riesenspaß macht, mit mir zu spielen. Ich glaube, er kann sich bei mir mal so richtig austoben und schön Krach machen. Bei SILLY ist ja alles eine Spur filigraner, die Musik im Ganzen und die Gitarrenarrangements im Speziellen, deshalb bin ich überzeugt, dass es ihm wirklich Spaß macht, auch mal wieder richtigen Rock'n'Roll zu machen.
Jörg Weißelberg ist der zweite Gitarrist in Deiner Band, richtig?
Ja genau. Uwe und Jörg spielen beide auf dem gleichen Niveau. Sie gehören mit zum Besten, was Deutschland auf dem Gebiet zu bieten hat.
2014 hattest Du Maxs Repke dabei. Hatte der diesmal keine Zeit?
Er wusste im Vorfeld nicht, ob er Zeit haben würde, da er ja gerade wieder mit dem CLUB DER TOTEN DICHTER tourt. Aber unseren Auftritt bei der "Goldenen Henne" macht er mit. Ich muss ja ohnehin sehen, dass ich auch mal Musiker austauschen kann, wenn der eine oder andere nicht kann. Da Uwe am Tag der "Goldenen Henne"-Veranstaltung mit SILLY unterwegs ist, wird Maxs Repke einspringen. Die Tour ist ja fertig geplant und ich musste dafür wissen, welche Musiker wann können. Maxs konnte mir keine definitiven Zusagen geben, ob er in dieser Zeit verfügbar ist, deshalb war es nicht möglich, ihn fest einzuplanen. Aber wir sind keinesfalls aufeinander böse, ganz im Gegenteil. Nach wie vor ist Maxs Repke bei mir ein gern gesehener Gast und er wird eines Tages auch mal wieder mitmachen.
Die Tatsache, dass Du mit zwei echten Gitarristen auf der Bühne stehen wirst, lässt ja vermuten, dass Ihr auch gerne mal mit drei Gitarren agieren werdet, oder nimmst Du Dich da komplett raus?
Nein, ich spiele natürlich trotzdem Gitarre, wenn auch meist Akustikgitarre. Die Songs sind ja alle mit mehreren E-Gitarren eingespielt und ich möchte es auf der Bühne natürlich genauso klingen lassen wie auf der Platte.
Ebenfalls zu Deiner Band gehört Christian Liebig von Karat, der bei Dir den Bass übernimmt. Auch hier die Frage, wie es zu seinem Mitwirken kam. Habt Ihr das vielleicht schon bei den Rocklegenden eingefädelt?
Nein, das haben wir schon beim "Maschine"-Album geklärt. Christian stand ja beim damaligen Record Release-Konzert im Kesselhaus mit auf der Bühne. Ich habe ihn einfach gefragt, ob er auch diesmal wieder dabei wäre. Er hat sofort zugesagt und freut sich schon mächtig auf die Tour. Das passt insofern wunderbar, weil KARAT im Januar und Februar immer pausieren. Christian ist ein super Bassist und singt dazu auch noch gut. Vor allem für den Backgroundgesang ist er wertvoll, denn viele meiner Songs beinhalten Backgroundgesang.
Der Nächste im Bunde ist Marcus Gorstein, der bei Dir nicht nur die Tasteninstrumente bedient, sondern auch als Mitproduzent auftritt. Kennt Ihr Euch über seinen Vater Arnold "Murmel" Fritzsch, oder wie ist die Verbindung zustande gekommen?
Murmel kenne ich natürlich auch, klar. Aber die Verbindung zu Marcus kam ebenfalls durch Ingo Politz zustande. Ingo meinte, er arbeitet hin und wieder mal mit Marcus zusammen und vielleicht können wir den ja mit ins Boot holen. Der Zufall spielte hier auch noch eine gewisse Rolle. 2014 wollte ich ja das "Lied für Generationen" neu aufnehmen. Ich wollte, dass sich die Neufassung hörbar von der Originalversion unterscheidet, dass ein Klavier darin vorkommt und dass möglichst alles einen Ton tiefer gespielt wird. Ingo verwies dann auf Marcus Gorstein. Wir schickten ihm den Song und unsere Vorstellungen und schon am nächsten Tag hatte Marcus den Song fertig. Die Klavierspur war komplett eingespielt, so dass wir bei Ingo im Studio in aller Ruhe den Rest dazu spielen konnten. Wir lernten uns dann auch bald persönlich kennen. Ich fragte ihn, ob er mit auf Tour gehen möchte, was er auch gleich bejahte. Ansonsten ist Marcus ja bei den Zöllnern tätig und betreibt diverse andere Projekte.
Ich wollte es gerade sagen, Marcus eilt der Ruf voraus, dass er ein vielseitig begabter Musiker ist ...
Ja, der macht ja noch bei der ABBA-Show mit, produziert viel im Studio ...
Du warst ja nun sehr dicht dran an Marcus Gorstein. Wie siehst Du sein Können, wie siehst Du ihn als Persönlichkeit?
Er ist ein sehr sensibler, netter Kollege, der sehr leidenschaftlich ist und mit dem ich alle Sachen im Studio verwirklich kann. Er greift meine Ideen auf, ich greife seine Ideen auf, wir ergänzen uns gegenseitig sehr gut. Vor allen Dingen ist er aber auch ein guter Sänger. Man merkt hier wirklich, dass Marcus mal Gesang studiert hat. Das ist sehr hilfreich vor allem für die Backgrounds. So ein Backgroundsänger hat es durchaus nicht leicht. Der Solosänger steht vorne und kann sich wunderbar hören, während Du beim Backgroundgesang eine ganz andere Geräuschkulisse um Dich herum hast und dazu auch noch gut mit den anderen Backgroundsängern harmonieren musst. Ich lasse Marcus jetzt auch die ganzen Proben für den Backgroundgesang machen, denn ich habe gar nicht die Zeit, mich darum zu kümmern, kann mich aber gleichzeitig darauf verlassen, dass Marcus alles richtig einstudiert mit den Kollegen.
Die Bandbesetzung wird vervollständigt durch Felix Lehrmann am Schlagzeug. Auch er ist ein erstklassiger Musiker, war ebenfalls schon 2014 mit von der Partie. Gleichzeitig ist Felix auch der Jüngste in Deiner Truppe. Wie bist Du auf ihn aufmerksam geworden?
Auch hier wieder durch Ingo, weil Felix bei ihm schon diverse Sachen eingetrommelt hat. Unter anderem für BELL BOOK & CANDLE. Außerdem hat er seine eigene Band, die FLOWER KINGS, und er spielt bei Sarah Connor in der Band. Felix ist sowieso ein Ausnahmetalent. Der kommt ins Studio, hört sich ein, zweimal die Nummer an und spielt die perfekt. Wir haben von jedem Titel höchstens zwei oder drei Aufnahmen gemacht. Ohne zwischendurch abzubrechen, sondern komplett durchgespielt. Und selbst wenn wir doch mal eine andere Variante probieren wollten, hat Felix das einfach gemacht. Er spielt wie ein Uhrwerk, aber wie ein menschliches Uhrwerk. Du hörst es atmen, Du hörst, es ist etwas Handgespieltes.
Du hast jetzt mehrfach den Namen Ingo Politz erwähnt. Er war es ja auch, der Dich dazu brachte, 2014 endlich wieder ein Soloalbum zu machen. Kann man davon ausgehen, dass Ihr beiden im Team eng zusammenarbeitet?
Ja, auf jeden Fall. Wir verstehen uns blind. Ingo ist ein kritischer Partner, was mir sehr entgegenkommt. Ingo hat ja schon jede Menge Erfolge vorzuweisen, deshalb ist mir seine Meinung auch sehr wichtig. Musikalisch war sowieso schon alles klar, denn das hatte ich vorher schon mit Marcus Gorstein erledigt. Die Gesänge habe ich dann aber doch nochmal bei Ingo gemacht. Wenn so ein Lied entsteht, dann ist der Gesang beim ersten Mal noch nicht so hundertprozentig. Aus diesem Grund habe ich die meisten Lieder bei Ingo ein zweites Mal eingesungen. Das Schöne war, dass wir bei Marcus die Nummern so eingespielt haben, wie es gerade kam, weil ich davon ausging, dass wir vieles ohnehin nochmal einspielen müssen. Dann war aber vieles doch so, dass wir sagen konnten, wir lassen es so. Ich habe z.B. den Bass selber eingespielt, damit erst einmal eine Basslinie da ist und weil ich natürlich davon ausging, Christian macht das sowieso nochmal selber und besser, aber alle sagten: Lass das so, das klingt wunderbar. Dadurch spürt man beim Hören der Platte eine gewisse Spielfreude, eben weil es nicht ganz so perfekt ist. Ich weiß nicht, wie es Dir geht, aber ich denke, gerade die ersten beiden Nummern klingen so, als wenn wir die live eingespielt hätten.
Wenn man Dich so reden hört, wie Du von Marcus, von Ingo und den ganzen Musikern erzählst, dann klingt es so, als wäre um Dich herum ein ganz neues Konstrukt entstanden, das sich gegenseitig trägt. Siehst Du das auch so?
Ja klar.
Machst Du das Booking für Deine Tournee eigentlich selber oder erledigt das jemand für Dich?
Ich habe dafür eine Agentur, die schon alle Großen dieser Welt unter Vertrag hatten. Gerade erst z.B. AC/DC oder auch Neil Young. Die waren vor langer Zeit übrigens auch die Erfinder, oder zumindest die Förderer, von ROSENSTOLZ.
Themenschwerpunkt der Tour wird natürlich das neue Album sein. Wirst Du das Album komplett spielen?
Ja, so wie es derzeit aussieht. Entscheidend werden die ersten Konzerte sein. Danach wissen wir, der eine oder andere Titel muss vielleicht nicht unbedingt mit rein. Das ist völlig normal. Aber da ich ja noch nicht so viele eigene Titel habe, werden wir sie wahrscheinlich alle spielen. Wenn wir mein erstes Album dann auch noch ganz spielen, werden es immerhin 26 Songs sein. Das ist dann wohl eher zu viel des Guten, da die Songs live ja doch etwas ausgebaut werden. Zumal wir zwei super Gitarristen haben, die sich dann auf der Bühne auch gerne mal etwas duellieren dürfen. Also das wird sich alles zeigen. Der jetzige Plan lautet jedenfalls, wir spielen das neue Album komplett.
Jetzt hast Du die letzten Monate mit der Arbeit am Album verbracht. Wie lange haben die Band und Du letztlich gebraucht, bis die Platte richtig fertig war?
Also zunächst habe ich ja alles allein bzw. mit Marcus eingespielt. Dann kam das Schlagzeug und anschließend war Hasbe (Uwe Hassbecker, Anm. d. Red.) dran. Aber er hat nicht bei allen Nummern mitgespielt. Dann folgte bei "Zwei Hände mehr" noch der Flötist und das war es auch schon. Wie gesagt, den Bass und die Gitarren habe ich selber eingespielt bis auf die, die von Hasbe gespielt wurden. Wir sind immer so daran gegangen, dass es noch nicht die Endlösung war, sondern erst mal nach etwas klingt. Dass Ingo, Marcus und auch ich dann an vielen Stellen feststellen würden, es klingt so, wie es ist, ganz wunderbar, das war vorher nicht abzusehen. Selbst Hasbe sagte manchmal: "Das hast Du super hingekriegt, da brauche ich nichts mehr zu machen". Angefangen haben wir, um auf Deine Frage zu kommen, im Februar 2015. Aber wir haben nicht jeden Tag gearbeitet. Es waren längere Unterbrechungen dabei, auch mal eine Sommerpause.
Anders als auf "Maschine" hast Du diesmal ausschließlich auf neue Lieder gesetzt. Die Songs, die Du selber geschrieben hast, sind die alle für dieses Album entstanden?
Ja, extra für dieses Album. Und es sind wirklich alles neue Lieder.
Beim Song "Irgendwie begabt" wirst Du nicht nur von Heinz-Rudolf Kunze begleitet, sondern er hat diese Nummer auch getextet. Ist die Zusammenarbeit zwischen Euch über Eure Agentur entstanden? Ihr seid ja bei der gleichen Firma, nämlich MAWI, untergebracht.
Richtig, aber wir kannten uns schon lange vorher. Wir lernten uns vor Jahren kennen, als wir mal in München spielten und Kunze ebenfalls dort auftrat. Wir verstanden uns von Anfang an super. Er war u.a. auch mal in meiner Radiosendung "Maschines Rockfabrik" zu Gast. Wir haben lange geplaudert, denn die Sendung ging volle sechs Stunden. Ansonsten trafen wir uns bei verschiedenen Fernsehsendungen immer mal wieder. Das ausschlaggebende Detail für die Zusammenarbeit bei dem erwähnten Song war unser Treffen beim "Sachsen-Anhalt-Tag". Ich kam nachts ins Hotel, in dem er auch untergebracht war. Nachts waren noch fast 30 Grad, herrlichstes Wetter. Wir tranken ein, zwei Bierchen und unterhielten uns prächtig. Mit dabei war Kunzes Manager, mit dem ich mich auch gleich gut verstand. Der fragte mich, ob wir nicht mal etwas zusammen machen wollen, ob er nicht vielleicht meine Tour organisieren könnte. Wir haben uns noch oft getroffen und uns beschnuppert, denn ich wollte natürlich nicht gleich zusagen. Ich kannte den Mann ja noch nicht richtig. Doch es ging alles gut und wir einigten uns. Dabei entstand auch die Idee, Heinz-Rudolf mal zu fragen, ob er nicht einen Text machen wolle. Nun muss man wissen, Kunze ist ein Vielschreiber, der schreibt am Tag wirklich mehrere Texte. Da wird zwar am Ende nicht immer Musik draus, sondern er schreibt manchen Text auch nur so für sich. Erst kam ein Text, dann wurden es immer mehr, so dass ich jetzt gleich sechs Texte von ihm auf dem Album habe.
Wie lief das, schreibt er die Texte einfach allein, oder legt er sie Dir erst vor, bietet sie Dir an und Ihr entscheidet dann gemeinsam?
Natürlich reden wir darüber und nehmen notfalls auch mal ein paar Änderungen vor. Gerade bei dem Lied "Silberstreifen", welches nur auf der "Deluxe Edition" drauf ist, haben wir manches umgeschrieben. Aber das ist alles kein Problem gewesen. Im Allgemeinen blieb aber alles so, wie Heinz-Rudolf es gewollt hat.
Ein weiterer Gast ist János "Mecky" Kóbor von OMEGA. Euer Duett heißt "Der große Magnet". Gab es vorher auch schon Kontakte zwischen den PUHDYS und OMEGA oder woher kennt Ihr Euch?
Wir kennen uns, da wir schon oft gemeinsame Fernsehauftritte hatten. Wir haben in Österreich auch schon mal bei einer Art Festival zusammen gespielt. Musikalisch hatten wir aber noch nichts miteinander zu tun. János fragte dann bei mir an, ob ich auf dem OMEGA-Jubiläumsalbum mitsingen würde. Natürlich fragte ich zurück, ob er dann auch bei mir einen Gesangspart übernimmt. Das hat er gemacht. Und vor vierzehn Tagen stand ich ja in Landsberg bei OMEGA mit auf der Bühne. Da spielten wir unser Duett, die Band war super vorbereitet, es hat Spaß gemacht. Anschließend sang ich noch bei OMEGAs großem Hit "Mädchen mit dem Perlenhaar" mit.
Das ist ja jetzt ein bisschen kompliziert. János wohnt in Budapest, Du in Berlin. Wie ist Euer Duett entstanden, wer hat was geschrieben und wie habt Ihr den Song aufgenommen? Gemeinsam im Studio?
Geschrieben wurde der Song von mir, der Text stammt von Heinz-Rudolf Kunze. Wir haben János alles geschickt, er hat seinen Teil im eigenen Studio in Budapest eingesungen und uns dann alles geschickt.
Du hast es gerade gesagt, Du warst Gast bei OMEGA in Landsberg, wo sie zusammen mit der Stern Combo gespielt haben. Wird Mecky auf Deiner Tour einen Gegenbesuch machen, oder gibt es da noch keine Absprachen?
Darüber wurde noch nicht gesprochen, aber ich gehe davon aus, dass er bei einigen Konzerten dabei sein wird. Vielleicht gleich zum Premierenkonzert in Leipzig, wo ich natürlich am liebsten alle Gäste dabei haben möchte, die auf dem Album mitspielen. Das Problem bei Mecky ist nur, dass er nicht gerne fliegt. Und mit dem Auto sind es 800 Kilometer oder mehr, da muss man sich das schon überlegen.
Beim Stück "So viel erlebt" hören wir dann auch eine weibliche Stimme, nämlich die von Ela Steinmetz von der Gruppe Elaiza. Damit verlässt Du nicht nur die Grenzen Deutschlands, wie bei "Der große Magnet", sondern auch die der Generationen. Wie gestaltete sich denn die Zusammenarbeit mit der jungen Dame, die ja nicht nur ein paar Jahre jünger ist als Du, sondern die auch aus einer ganz anderen musikalischen Ecke kommt?
Wunderbar! Wir akzeptieren uns gegenseitig, arbeiten auch im selben Studio bei Ingo Politz. Ich habe sie einfach mal gefragt, ob sie mir nicht einen Text schreiben kann. Da ich es nicht schaffe, alle Texte alleine zu schreiben, horche ich mich ständig um nach Textideen anderer Leute. Zwar gibt es von mir jede Menge Texte, aber ich freue mich immer, auch mal fremde Texte singen zu können, vor allem wenn mir diese dann auch gut über die Lippen kommen. In diesem Fall stammt aber nicht nur der Text von Ela, sondern sie hat auch gleich das ganze Lied geschrieben. Normalerweise mache ich die Musik ja alleine, aber in dem Fall habe ich den Song von Ela übernommen. Anfangs war ich mir gar nicht sicher, ob das Lied überhaupt zu mir passt. Also schickte sie mir ein Demo, auf dem sie auch gesungen hat. Ich sagte dann zu ihr, wenn ich die Nummer mache, muss sie aber mitsingen. Das hat sie auch sehr gerne angenommen. Und sie hat zum ersten Mal deutsch gesungen!
Beim Vorgängeralbum "Maschine" hattest Du z.B. Julia Neigel und Wolfgang Niedecken von BAP als Gäste dabei. Böse Zungen könnten jetzt behaupten, Maschine sucht sich bewusst die großen Namen, um die als Sprungbrett für sich selbst zu benutzen. Ist das tatsächlich ein Teil dieser Überlegung oder, um mal bildlich zu sprechen, geht es Dir einzig und allein darum, möglichst viel Farben für Dein Werk zu verwenden?
Stimmt, ich möchte viele Farben einbringen. Außerdem finde ich es spannend, mit besonderen Leuten zusammenzuarbeiten. Als Sprungbrett ...?! Nein, das ist Quatsch. Sicher haben damals auch ein paar BAP-Fans gesagt: "Die Platte hole ich mir", aber letztendlich geht es mir darum, dass ich auf der Platte eine gewisse Vielfalt habe. Und ich finde es eben schön, wenn solche Leute wie Wolfgang Niedecken, der ja auch einen hohen Anspruch an seine Musik hat, bei mir mitspielen. Darüber freue ich mich.
Lass uns noch einmal auf die inhaltlichen Aspekte des Albums zurückkommen. Mit "Ehe der Krieg beginnt" findet sich ein ziemlich beeindruckender Song auf der Platte. Zum einen vom Inhalt her, zum anderen von der musikalischen Umsetzung. Du hast hier mit Gisela Steineckert zusammengearbeitet, mit der Du wohl vorher noch nie etwas zu tun hattest, richtig?
Das stimmt. Es gibt ja auch noch einen anderen Gastmusiker auf der Platte, und zwar ist das Dirk Michaelis. Ihm schlug ich vor, mit mir "Zwei Hände mehr zu singen". Allerdings hatte ich dafür noch keinen Text. Ich fragte ihn, ob er eine Idee hätte und er nahm den Song erstmal mit. Damit ging er dann gleich zu Gisela Steineckert, mit der er ja bekanntlich sehr eng zusammenarbeitet. Gisela rief mich an, um mir zu sagen, sie hätte lange nicht ein so schönes Lied gehört. Darüber freute ich mich und gab ihr das Okay, dazu den Text zu schreiben. Es ging aber noch weiter. Für "Mein Zug ist abgefahren" hatte ich nur die erste Strophe fertig und fragte Gisela, ob sie noch weitere passende Worte für den Song findet. Das gelang ihr auch und ich schrieb einen Refrain dazu. Fertig war der Titel. Danach schickte sie mir den Text zu "Ehe der Krieg beginnt". Das beeindruckte mich total. Ich hatte ursprünglich eine ganz andere Musik dazu geschrieben. Ingo Politz meinte dann aber, er würde sich zu diesem Text irgendwie eine andere Musik wünschen oder vorstellen, etwas, was noch beeindruckender rüberkommt. Es war anfangs eine eher schnelle Nummer, da ich das Thema nicht zu pathetisch rüberbringen wollte. Doch Ingo blieb bei seiner Meinung, der Text sei so gut, dass die Musik eine andere sein müsste. Gut, dass er das so ehrlich gesagt hat. Genau das meinte ich übrigens, als ich vorhin sagte, Ingo ist auch immer ein kritischer Partner, der Ideen hat, die ich anschließend aufgreifen und verwerten kann. Natürlich nur, wenn ich selber auch davon überzeugt bin. In dem Fall war ich auch wirklich seiner Meinung, dass der Text zu schade wäre für die dazugehörige Musik. Ich setzte mich dann also nochmals hin und schrieb relativ schnell die jetzige Musik dazu. Das war ein absoluter Glückstreffer. So etwas gelingt natürlich nicht andauernd. Auf jeden Fall entwickelt der Titel durch das Zusammenspiel von Text und Musik eine ganz große und besondere Wirkung.
Ein weiterer Song auf dem Album heißt "Helden meiner Generation".
Die Helden meiner Generation sind natürlich alle die, die in meinem Leben große Spuren hinterlassen haben. Zum Beispiel Chuck Berry, Buddy Holly, Jerry Lee Lewis, Beatles, Stones, The Who, The Kinks, später dann Led Zeppelin, Black Sabbath, Jethro Tull, Deep Purple usw. Noch ein paar Jahre weiter dann Bruce Springsteen oder U2 oder Rammstein. Die hinterließen alle ihre Spuren bei mir, das will ich in dem Lied ausdrücken. Und ich will auf die damalige Situation hinweisen. Dadurch, dass der DDR-Bürger nicht so einfach rauskam aus dem Land, war ja das Radio so etwas wie das Tor zur weiten Welt. Natürlich kommen auch ständig neue Sachen, neue Musiken dazu. Aber wenn ich dann mal wieder eine alte Chuck Berry-Nummer höre, berührt mich das schon mächtig.
Der Titelsong "Neubeginner" unterstreicht Dein Vorhaben, nochmal richtig loszulegen. Die Nummer sprüht vor Lust und Leidenschaft. Es ist fast eine Hymne, die man bei Konzerten durchaus vorn ran stellen könnte. Ist der Song vielleicht sogar als so etwas vorgesehen, spukt Dir die Idee schon durch den Kopf?
Ja. Es war klar, das muss in jedem Fall die erste Nummer sein. Das stand schon fest, bevor überhaupt der Text fertig war. Und es soll und wird auch der erste Titel auf den Konzerten sein.
"Auf das Leben" ist der letzte Titel der Platte. Bist Du tatsächlich so ein Optimist, der alles was derzeit schief läuft auf der Welt, ausschalten kann und glaubt, unsere Enkel werden mal eine bessere Welt erleben?
Nein, ich wünsche mir das nur. Aber mit so einem Lied möchte ich durchaus einen optimistischen Gedanken reinbringen und Mut machen. Natürlich bewegt mich das alles sehr, diese ganzen Grausamkeiten, die auf der Welt passieren, die Kriege ... Das kann man ja mit dem normalen Menschenverstand gar nicht mehr begreifen, wie grausam Menschen sein können. Gerade deshalb braucht man Lieder, die auch ein wenig Optimismus verbreiten. Denn eigentlich wünscht sich jeder Mensch Harmonie, Freunde, eine intakte Familie, dass man sich gut versteht, dass man am Abend zusammensitzt und sich freut, dass die alten Freunde noch da sind. Worauf trinkt man dann? Auf das Leben. Auf das, was einem wichtig ist. Das waren also meine Gedanken zu einem positiven Leben.
Nun kann man ja in einem Interview nicht die ganze Platte sezieren und analysieren. Betrachten wir deshalb mal die bis jetzt angesprochenen Titel als kleinen Einblick in das, was am 30. September in die Läden kommt. Hast Du nach Abschluss der Produktion einen Titel, den Du als ganz persönlichen Favoriten bezeichnen würdest?
Das sind ja alles meine Kinder. Weißt Du, wenn Du so ein Lied produziert hast und es ist endgültig fertig, dann nimmst Du es mit nach Hause, spielst es vor und alle sind begeistert. Dann kommt das nächste Lied und schon hast Du einen neuen Favoriten. Der Lieblingssong meiner Frau ist "Ehe der Krieg beginnt". Ansonsten hat jeder Song den gleichen Wert für mich.
Dann mal die Gegenfrage. Nach dem Produktionsprozess hat man als Musiker sicher gar keinen klaren Blick mehr auf das, was man gerade zum Abschluss gebracht hat. Kannst Du Dir denn inzwischen ein Urteil erlauben über das, was gerade im Presswerk für den Handel gefertigt wird oder würdest Du im Nachhinein gerne noch ein paar Änderungen vornehmen?
Nein, ich bin in dieser Beziehung sehr zufrieden. Meistens, da hast Du Recht, findet man immer noch ein paar Kleinigkeiten. Bei diesem Album muss ich sagen, wir haben über zwanzig Titel aufgenommen, von denen ich dann wirklich nur das Beste behalten wollte. Das Album ist auch sehr vielfältig und in meinen Augen absolut gelungen. Auch die Mixe sind toll geworden. Das stinkt jetzt sicher ein bisschen nach Eigenlob. Aber es wäre ja schlimm, wenn ich nicht davon überzeugt wäre.
Das wäre jetzt meine nächste Frage. Abgesehen vom kommerziellen Erfolg, den Dir jeder unbesehen wünscht, was möchtest Du mit "Neubeginner" erreichen, was bei den Menschen bewirken?
Ach, das klingt immer so hochtrabend. Ich möchte zumindest, dass die Leute mich kennenlernen, dass sie wahrnehmen wie ich ticke, wie ich dem Leben gegenüber stehe, welche Botschaften ich vermitteln möchte. Sicher werde ich mit dem Album nicht die Welt verändern oder am Ballermann gespielt werden, aber ich denke mal, dass ich damit Leute erreichen werde, die sich auch mit den Texten auseinandersetzen und einfach nur gute Musik hören wollen. Wir haben ja mit den PUHDYS viele Fans gehabt und ich denke, dass ich von den PUHDYS einige Fans mit rüber holen kann und hier auch neue Fans gewinnen werde. Das würde ich mir wünschen.
Das ist ein schöner Schlusssatz zur Albumbesprechung. Gestattest Du mir zum Abschluss unseres Interviews noch ein paar Fragen zum letzten Jahr und die letzte Zeit mit den PUHDYS?
Na klar.
Es gab Momente, da wurde man das Gefühl nicht los, Ihr hättet Euch auf der Bühne nicht mehr ganz so viel zu sagen. Es gibt übrigens auf Deutsche Mugge zwei Konzertberichte von Gastautoren, die genau das bestätigen. Hand auf`s Herz: war die Luft bei Euch wirklich raus oder täuschten diese Beobachtungen?
Das sind ja letztlich alles innerbetriebliche Wahrnehmungen. Ich erinnere mich, dass ich öfter mal gelesen habe, die spielen aneinander vorbei oder die sind gar nicht mehr für ihr Publikum da. Das stimmte aber zu keiner Zeit, weil ich selbst ja am besten weiß, wie ich mich auf der Bühne fühle. Natürlich gab es auch mal Zeiten, in denen gewisse Spannungen drin waren. Aber das passiert jeder Band mal. Es gab auch Konzerte, die waren total super, da sind die Leute komplett ausgerastet. Und in der Presse las man dann am nächsten Tag, wir hätten lustlos gespielt. Manchmal ist eben die Wahrnehmung der Leute völlig falsch. Dadurch wirkt es vielleicht tatsächlich so, als hätten wir lustlos gespielt. Guck Dir doch mal den Drummer von ZZ TOP an. Da denkst Du, der schläft gleich ein oder hat schlechte Laune. Das ist aber gar nicht so. Ich gebe aber zu, dass es jetzt eine andere Frische hat. Und wenn ich mir die Bilder angucke, wo ich mit OMEGA gespielt habe, da freut man sich, Musiker mit Leib und Seele zu treffen, die alle einen großen Enthusiasmus haben. Für OMEGA war das nämlich auch neu, aber ich freute mich riesig, mit ihnen mal spielen zu dürfen und die Jungs von OMEGA hatten dieselbe Freude in sich. Ich habe mir außerdem den Luxus erlaubt, Hasbe einzuladen. Für mich war Hasbe eine Art Sicherheit, denn ich wusste ja nicht, wie OMEGA vorbereitet sein würde. Außerdem hat OMEGA nur eine Gitarre, aber auf der Aufnahme sind definitiv mindestens drei Gitarren zu hören. Für Hasbe war das auch etwas Besonderes. Ich glaube, es hat ihm einen Riesenspaß gemacht. Man selber hat in solchen Momenten gleich eine ganz andere Ausstrahlung. Das musst Du Dir vorstellen wie eine Familie. Da bist Du auch nicht jeden Tag in Hochstimmung. Jetzt bekommst Du aber Besuch und bist gleich viel besser drauf. Aber das ist normal, das ist der Reiz des Neuen, des Einmaligen. Aber zurück zur Frage. Die Konzerte mit den PUHDYS haben mir alle Riesenspaß gemacht, wir haben gesehen, wie viel Leute immer wieder da waren. Das war wirklich gigantisch. Aber jetzt ist es eben auch genug. Wir haben alles erlebt, was es zu erleben gab und müssen niemanden mehr etwas beweisen. Wir haben selbst zum Schluss mit den PUHDYS noch zweimal die Mercedes Benz Arena in Berlin ausverkauft. Zwei Abende hintereinander bitte. Das muss man auch erst einmal schaffen. Vor allem nach so langer Zeit. Obwohl ich es mir wünschen würde. Ich weiß aber ganz genau, jetzt stehe ich auf einer anderen Baustelle. Für mich ist es ab sofort nur noch Spaß und Hobby. Ich mache Musik ohne den Druck im Hinterkopf, zehntausend Leute vor der Bühne haben zu wollen. Ganz im Gegenteil, jetzt will ich zwanzigtausend Leute sehen (lacht). Und wenn es dann eben nicht klappt, ist es auch nicht schlimm, auch wenn ich natürlich traurig darüber wäre. Hätte seinerzeit bei den PUHDYS etwas nicht gestimmt, hätte mich das persönlich sehr getroffen und niedergeschlagen, weil wir eine etablierte Band waren. Und wenn es da eher rückwärts geht anstatt nach vorne, dann muss man sich Gedanken machen. Bei den PUHDYS ging es aber aus irgendwelchen Gründen immer höher und weiter, obwohl wir den Leuten ja nun schon so lange auf die Nerven gehen (lacht). Jetzt fange ich wieder ganz von unten an, die Menschen sind noch nicht verwöhnt von mir.
Hast Du mit dem Kapitel PUHDYS inzwischen völlig abgeschlossen oder gibt es an manchen Tagen immer noch Momente, in denen Du wehmütige Gedanken hast?
Wehmütig eher nicht. Aber man darf nicht vergessen, die PUHDYS gab es 46 Jahre und das war mit die schönste Zeit in meinem Leben. Wir haben die Anfänge erlebt, wir haben uns aus eigener Kraft hochgearbeitet ohne irgendwelche Unterstützung. Oft wurde uns unterstellt, wir wurden vom Staat gefördert, was aber überhaupt nicht wahr ist. Unsere Lieder mussten wir schon noch selber schreiben und den Erfolg musst Du Dir auch allein erspielen. Das zu schaffen und über so lange Zeit zu erhalten, das ist schon etwas Besonderes. Aus diesem Grunde wird die Zeit mit den PUHDYS immer in meinem Herzen bleiben. Nun gibt es ja Stimmen, die darauf spekulieren, dass wir zu unserem 50-jährigen Jubiläum noch einmal zusammen spielen werden. Da sage ich Dir, das würde nie wieder so werden wie es mal war. Es gibt ja Beispiele von den ganz Großen wie den BEATLES oder ABBA, die ganz genau wussten, wenn sie Jahre später nochmal auf die Bühne gehen, das würde nicht funktionieren. Du wirst älter, hast vielleicht auch nicht mehr die ganz große Ausstrahlung.
Du schließt also ein Konzert zum 50. Geburtstag der PUHDYS definitiv aus?
Ja.
Vor ein paar Wochen habe ich ein Interview mit Helmar Federowski geführt, der von Dir sagte, Du seist der Sänger, der in all den Jahren seiner Tätigkeit als Produzent immer der Sänger gewesen, der am besten vorbereitet war. Du wärst ein echter Profi gewesen. Stimmt es, dass Du in den 80er Jahren im Studio fast alles allein eingespielt hast, wenn es um PUHDYS-Produktionen ging?
Ja, das stimmt. Auf jeden Fall habe ich den Bass selber eingespielt. Es stellte sich nämlich heraus, dass man durch das Synchronisieren der Musik nicht mehr so gut vorbereitet war, was ja auch gut ist, weil dadurch im Studio auch manchmal neue Ideen entstehen. Das war bei uns nicht so, wir haben alles nachträglich eingespielt. Die Keyboards hat natürlich Peter Meyer eingespielt. Bis auf einmal. Beim Lied "Computerträume" saß wirklich ich an den Keys. Helmar Federowski spielte auch ein bisschen was. Ich habe immer den größten Teil der Gitarren und den Bass komplett eingespielt. Und Schlagzeug konnte ich auch nie spielen. Ich hatte es bei "TV-Show" probiert, aber bei "Jahreszeiten" fielen mir fast die Hände ab.
Maschine, das war es. Herzlichen Dank für Deine Zeit und die Antworten auf meine Fragen. Ich wünsche Dir für das Album und die Tour viel Erfolg.
Vielen Dank!
Interview: Christian Reder
Bearbeitung: tormey, cr
Fotos: Archiv Dieter Birr, Matthias Ziegert, Bert Kubik, Heart Of Berlin
Bearbeitung: tormey, cr
Fotos: Archiv Dieter Birr, Matthias Ziegert, Bert Kubik, Heart Of Berlin