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Vor fast genau einem Jahr gastierte die Gruppe KARAT in Kiel, um einen Auftritt mit dem Philharmonischen Orchester Kiel zu wiederholen und diesen für eine CD-Veröffentlichung mitzuschneiden. Die CD steht nun in den Startlöchern und wird noch in dieser Woche (11.10.) erscheinen. Es ist nach "Weitergehn" das zweite KARAT-Album ohne Herbert Dreilich am Mikrofon und gleichzeitig auch eine Wiederholung eines Crossover-Projekts mit einem Orchester. Vor 13 Jahren stand die Band erstmals mit einem Orchester auf der Bühne.001 20131008 1338074357 Das war das Babelsberger Filmorchester, welches zum 25. Bandgeburtstag gemeinsam mit der Rockband ein Konzert spielte. Auch bei sämtlichen "Ostrock in Klassik"-Auftritten ließ sich KARAT von dem Orchester begleiten. In Kiel war es ein anderes und für die Band anfangs noch unbekanntes Orchester und trotzdem wagte man den Schritt, die gemeinsame Arbeit auf einem Tonträger festzuhalten. Was erwartet die Fans, wenn sie sich am Freitag das Album "Symphony" kaufen? Ist es ein Aufguss schon längst im Plattenschrank befindlicher Aufnahmen? Ist es gar nur ein Lückenfüller für die Zeit zwischen zwei Studioalben? Wir haben Gitarrist Bernd Römer zu uns eingeladen, um über diese CD und auch ein paar andere Dinge der jüngeren Vergangenheit zu plaudern ...
 

 

Ihr kommt gerade von einer Schiffsreise zurück. Allerdings war das kein Erholungsurlaub. Wo wart Ihr und wie kam es dazu?
Das ist richtig. Es war in dem Sinne kein Erholungsurlaub, aber wir haben diese Reise trotzdem sehr genossen. Wir waren eine Woche mit der "MS Albatros" auf dem Kanal unterwegs ...

Wie passend ...
Genau. Und das war auch der Grund, warum wir das machten. Die Betreiber hatten die Idee, mal etwas Besonderes auf 's Schiff zu holen und Du hast den Bezug zu KARAT ja schon erkannt, denn "MS Albatros" heißt das Schiff. Vor etwa einem halben Jahr kam die Anfrage und die Fahrt fand genau zwischen zwei Konzerten statt, so dass wir das auch zeitlich einrichten konnten. Wir haben diese Fahrt vier oder fünf Tage genossen, dann hatten wir einen "Arbeitstag", denn wir haben nämlich nur zum Abschluss der Fahrt ein Konzert gegeben. Das war eine unheimlich schöne Erfahrung, wir haben davon ganz ganz viel - jeder für sich - mit nach Hause genommen. Es war ein ganz bedeutendes Konzert - einfach irre. Es fand in einer total ungewohnten Umgebung statt und die Leute standen drauf. Das ganze Personal incl. Schiffsführung, also dem Kapitän, und auch die Leute von Phönix Reisen, die diese Touren organisieren, waren dabei und es hat ihnen gefallen. Das war ein wunderschönes Erlebnis für uns.

Seit 30 Jahren gibt es im ZDF die Serie "Das Traumschiff". Ihr könnt das ja jetzt gut beurteilen: Wieviel Traumschiff steckt in einer echten Kreuzfahrt?
Damit möchte ich das überhaupt nicht vergleichen. Ich bin von Hause aus kein Massentourist und ich hätte für mich auch nie so eine Reise, also eine Kreuzfahrt, gebucht. Ich bin Individualist, muss mich da aber jetzt ein bisschen revidieren, denn was meinem bzw. unserem Feeling sehr nahe kommt ist, dass die "MS Albatros" kein riesiges Kreuzfahrtschiff ist. Das Ding ist noch überschaubar und da ist auch noch nicht alles so supermodern.a 20131008 1744163312 Ich finde, es hat sehr viel Atmosphäre und Seele. Es war insofern auch interessant, dass wir mehrere Häfen angelaufen sind. Als erstes Dover und Portland, dann ging's rüber nach Frankreich, dort Le Havre und dann ging es über Antwerpen in Belgien und Amsterdam in Holland zurück nach Bremerhaven. Man konnte sich auf dieser Fahrt Ausflügen anschließen, die man im Vorfeld, aber auch auf dem Schiff noch buchen konnte oder sich individuell am Tag dort bewegen. Das war unheimlich interessant. Ich habe mit meiner Freundin beides gemacht. Wir waren entweder nur für uns unterwegs oder haben uns einem Ausflug angeschlossen. Das war toll. Dazu kommt noch, dass auch das Wetter mitgespielt hat.

In der Zwischenzeit sind die restlichen Arbeiten an Eurer neuen Live-CD zum Abschluss gebracht worden. Die Scheiben sind fertig aus dem Presswerk gekommen und warten auf die Veröffentlichung am Freitag. Hast Du die Endfassung des Konzerts, wie sie jetzt auf der CD "Symphony" erscheint, schon hören können?
Wir haben die CD am Samstagabend in die Hand bekommen und gestern (Sonntag) habe ich sie mir angehört. Da ich aber beim ganzen Misch-Prozess mit dabei war, wusste ich ja ungefähr, was mich erwartet. Dann gibt es ja noch einen Produktionsvorgang, der heißt "Mastern", und dabei wird das ganze Produkt soundmäßig noch mal insgesamt, ohne dass man dabei einzelne Verhältnisse verändert, angepasst. Leute, die so was machen, also das Mastern, sind ein ganz eigenes Volk - das können nur ganz ganz wenige. Dabei kann man nämlich sehr viel Mist machen, man kann aber insgesamt noch Transparenz aus dem Produkt herausholen. Ich glaube, das ist hier auch passiert. Da haben gute Leute gearbeitet.

Das Konzert, das auf dieser CD zu hören ist, ist schon über ein Jahr her ...
Ja, fast genau ein Jahr.

Das erinnert ein wenig an das Jubiläumsalbum mit dem Mitschnitt Eures Konzerts im Jahr 2000 in Berlin. Auch diese CD kam mit deutlicher Verspätung in den Handel. Woran lag es bei "Symphony", dass da so viel Zeit zwischen Konzert und Album-VÖ liegt?
Das ist schwer zu sagen. Wir haben als Band ja auch viel zu tun. Dazu kommt, dass bei dem Mitschnitt 60 Spuren, allein vom Orchester, zu bearbeiten waren. Dann kommen wir als Band noch mit dazu. Wir mussten jemanden finden, der auch die Zeit dafür hat, sich jede einzelne Spur vorzunehmen und die so zu bearbeiten, dass sie ganz sauber ist.002 20131008 1058947525 Das ist ein Arbeitsprozess, den - wenn man ihn erklärt- vielleicht auch nicht jeder versteht. Aber dieser Prozess hat sehr viel Zeit in Anspruch genommen, insbesondere auch deswegen, weil gerade Aufnahmen mit einem Orchester für eine Band sehr schwierig zu bearbeiten sind. Eine Band kann sich selbst nur bis zu einer gewissen Lautstärke runterfahren - also wir waren schon sehr diszipliniert. Aber dann muss man sich vorstellen, dass bei den Aufnahmen bei jeder Geigen-Spur auch ein Schlagzeug zu hören ist. Das Schlagzeug ist so laut, dass es bei der Aufnahme auch mit in die Geigen-Mikrofone mit rein geht. Dann gibt es Laufzeiten und so was und das muss hinterher alles herausgefiltert werden, ohne den Sound der Geige zu beeinflussen. Das Bereinigen der einzelnen Spuren war die am zeitaufwändigste Arbeit. Auch beim Cover haben wir sehr lange überlegt ... Das sind alles Prozesse, die Zeit in Anspruch nehmen. Manchmal hat man etwas wo man sagt, "Das ist es!", dann haben wir aber doch noch weiter darüber diskutiert, bis wir das Richtige hatten. Hinzu kommt, dass wir die CD eigentlich schon im Sommer hätten veröffentlichen können. Aber in den Sommermonaten interessiert niemanden eine CD. Da stehen andere Dinge an. Entweder man schafft es zum Frühjahr - das war einfach nicht hinzubekommen - oder man bringt es im Herbst raus. Dazwischen nicht. In unseren kühnsten Träumen hatten wir zwar gehofft, dass wir es bis zum Frühjahr hinbekommen, wir haben dann aber gesagt, "Nein, wir machen das doch lieber in Ruhe". Es liegt uns so viel an diesem Album, dass wir es so gut, wie möglich haben wollten. Und darum ist es der Herbst als Erscheinungstermin für unsere CD geworden.

Ihr habt im Jahr 2001 mit der eben schon erwähnten CD "25 Jahre Karat - Das Konzert" und mit den diversen "Ostrock in Klassik"-Veröffentlichungen bereits all Eure großen Hits als Crossover-Versionen veröffentlicht. Warum gibt es jetzt noch eine weitere Platte in diesem Stil?
(lacht) Das ist ganz kurios, wie sich das ergeben hat. Na ja, was heißt kurios ...? Wie sich Dinge eben so ergeben. Man trifft Leute im Leben oder bei seiner Tätigkeit und das ist vor gut drei Jahren auch in Kiel passiert. Wir hatten damals ein Angebot, mit den Kieler Philharmonikern auf der großen Hauptbühne der "Kieler Woche" ein Crossover-Konzert zu geben. Das Orchester hatte das bis dahin schon zum zehnten Mal gemacht, immer mit internationalen Künstlern.003 20131008 1397272538 Man muss dazu sagen, dass dies ein ausgesprochen gutes Orchester ist, was für uns natürlich nochmal einen Extra-Reiz darstellte. Dieser Auftritt vor drei Jahren ist sehr gut eingeschlagen, es gab darauf eine riesige Reaktion. Das Besondere daran war, dass die bereits neue Orchesterarrangements angefertigt hatten. Sie haben zum Teil die alten übernommen, aber auch sehr viel neu gemacht. Damals war das aber kein komplettes Konzert, sondern der Auftritt dauerte nur eine Stunde. Aber uns und dem Orchester hat das so viel Spaß gemacht, dass der Orchesterleiter, Georg Fritsch, gesagt hat: "Wir müssen unbedingt in Verbindung bleiben. Irgendwas machen wir noch mal zusammen!" Und im letzten Jahr gab es dann den ersten Termin, der realisierbar war. Für uns, aber auch für das Orchester, das ja weit über ein Jahr so was planen muss. Bis man dann einen Termin gefunden hat, zu dem beide Seiten auch Zeit haben, vergeht manchmal auch sehr viel Zeit. Und für dieses zweite Konzert wurde noch mal an den Arrangements gearbeitet. Was wir dieses Mal auch anders gemacht haben, ist, dass wir das Orchester ein bisschen weiter in den Vordergrund gerückt haben.

Ja, das ist auf der CD sehr deutlich zu hören ...
Das, was wir als Band spielen, kennt jeder. Darum haben wir es dieses Mal etwas anders gemacht. Aber da, wo eine Gitarre knallen muss, ist die auch da. An den Stellen, an denen das Orchester bei der neuen Form seine Aufgabe bekommen hat, haben wir das beim Mix auch berücksichtigt. Ich glaube, das ist uns auch sehr gut gelungen.

Wenn man sich die Tracklist anschaut, dann sieht man 11 Klassiker, eine Orchester-Einleitung und zwei Songs von der letzten Studio-CD. Nach welchen Kriterien habt Ihr die Songs für die CD ausgesucht?
Auf jeden Fall haben wir bei der Auswahl der Lieder darauf geachtet, dass sie sich für eine Klassik-Bearbeitung eignen und da sind die alten Stücke sowieso ganz vorn. Wir merken das auch immer bei unseren "normalen" Konzerten: Wir versuchen immer, sehr viel Neues ins Live-Programm einzubauen, was wirklich auch sehr gut angenommen wird. Aber die Lieder, mit denen die Leute über viele Jahre auch wirklich Erinnerungen verbinden, haben einen ganz anderen Stellenwert. Das muss man bei so was zusätzlich auch noch berücksichtigen.

004 20131008 1193747645Nun geht so eine Live-Veröffentlichung ja selten ohne eine dazu passende Live-DVD einher. Kommt die noch ... ?
Nein. Eine DVD wird es davon nicht geben. Der Aufwand in diesem Saal wäre auch wahnsinnig groß gewesen. Wenn da jetzt auch noch Kameras rumgefahren wären, wäre das nicht gut gewesen. Wir wollten uns bei dem Konzert voll auf die Musik konzentrieren. Die Atmosphäre bei dem Konzert war so gigantisch ... Im Schloss in Kiel, wo das alles passierte, ist der Orchesterraum von den Kieler Symphonikern und der war randvoll mit Konzertbesuchern. Das Interessante dabei war, dass die Leute ihre Plätze um uns herum hatten. Vor der Bühne waren die meisten, dann gab es links einen Rang und hinten war auch noch ein weiterer Rang, wo bestimmt weitere zehn Reihen mit Sitzplätzen waren. So eine Art von Applaus haben wir als KARAT bisher noch nie erlebt. Der kam von allen Seiten. Das war Quadrophonie-Applaus (lacht) und eine riesige Erfahrung für uns. Im Nachhinein muss man sagen, dass wir es doch auch für eine DVD hätten aufnehmen sollen. Aber das haben wir nicht gemacht und deshalb wird es definitiv auch keine DVD davon geben.

Unser letztes Interview für Deutsche Mugge ist schon eine Weile her. Damals war das Album "Weitergehn" der Anlass ...
Ja.

Wie siehst Du das Album heute, mit dem Abstand von über drei Jahren, die ins Land gezogen sind? Würdest Du es heute noch mal so veröffentlichen oder gibt's da was, was Du im Nachhinein noch verändern würdest?
Man würde immer etwas anders machen. Das ist ganz normal. Ein Album ist auch immer ein Spiegelbild der momentanen Ebene. Wir spielen aus diesem Album auch ein paar Titel live. Die sind vom Arrangement her auch anders, als auf CD, textlich haben wir daran aber nichts verändert. Live ist alles ein bisschen anders geworden.

005 20131008 1178898898Nun gibt es Leute, die mit dem Album gar nicht warm werden. Ich bin übrigens einer davon. Ich kann mich an keine KARAT-CD erinnern, die so polarisiert hat, wie "Weitergehn". Habt Ihr von den teils auch sehr kritischen Stimmen eigentlich etwas mitbekommen?
Was kritische Stimmen betrifft, bin ich jetzt überfragt. Eine Kritik bedeutet ja, dass jemand konkret sagt, was ihm nicht gefällt. Vielleicht, dass jemand sagt, "Die andere CD gefällt mir besser. Diese finde ich nicht so gut" und das dann auch begründet. Aber das, was bei uns ankommt, wenn wir z. B. unterwegs sind - und wir spielen ja auch sehr viel live und geben Autogrammstunden, bei denen gerade dieses Album signiert wird - ist durchweg positiv. Die Leute sagen z. B., "Oh, ist das toll!" Auf der CD sind auch ein paar Themen dabei, die mussten einfach mal raus. So muss man das auch sehen. Wir hatten in der Zeit davor sehr viel erlebt, z. B. haben wir den Streit um den Bandnamen überstanden und auch ein paar andere Dinge hinter uns gebracht. Das haben wir in den Liedern auf dieser CD verarbeitet.

Du sprichst von konkreter Kritik. Um das Kind mal beim Namen zu nennen: Mir persönlich fehlt das typische KARAT auf der CD, das sich nicht konkret benennen lässt, was einen aber sofort berührt, wenn man es hört. Außerdem ist es zu wenig rockig und zu viel Pop geworden. Es kommen für mich eindeutig zu wenig Gitarren zum Einsatz.
Das geht mir als Gitarristen auch ein bisschen so. Aber manchmal macht man auch eine CD, die bewusst ein bisschen anders ist. Ich habe die Gitarre mehr auf Melodien bezogen. Das Album sollte auch ein anderes Flair haben. Wir wollten das so.

"Weitergehn" und das neue Live-Album "Symphony" sind die ersten beiden CDs ohne Herbert Dreilich. Wie unterscheidet sich der Arbeitsablauf bei der Produktion einer neuen CD und der Arbeit im Proberaum heute von der vor 2004?
So viel hat sich eigentlich nicht verändert. Damals hat Herbert sehr viel mit Martin zusammen gesessen. Logischerweise ist in solchen Dingen immer der Keyboarder der Prädestinierte. Das liegt daran, dass sehr viele Kompositionen von ihm kommen.006 20131008 1756046737 Außerdem müssen neue Songs immer mit dem Sänger erarbeitet werden. Man kann nie am Sänger vorbei irgendwelche Songs schreiben. Deswegen ist das bei uns die Urquelle für das, was bei uns passiert. Es gibt auch Ausnahmen, aber das ist ganz normal. Das war schon immer so und daran wird sich auch nichts mehr ändern.

Ihr habt jetzt sehr viel Zeit und Energie in dieses neue Live-Album gesteckt. Wie sieht es bei Euch denn mit neuen Songs aus? Seit 2010 habt Ihr keinen neuen Titel in Euer Live-Programm aufgenommen, was die Befürchtung aufkeimen lässt, dass KARAT möglicherweise in Zukunft auf neue Songs verzichten wird ...
Nein, das auf gar keinen Fall! Wir sind aber nicht die Band, die gnadenlos und auf Teufel komm raus Songs produziert. Vielmehr ist es so, dass wir über die Jahre Songs sammeln. Als wir die Arbeit an dem Live-Album abgeschlossen hatten, begann bei uns die Konzeption bzw. die Überlegung für das neue Studioalbum. Die Veröffentlichung einer neuen CD ist natürlich zum 40. Bandgeburtstag, also 2015, geplant. Alles andere wäre auch Quatsch, denn man muss sich dafür ein bisschen Zeit nehmen. Wir haben in all den Jahren schon so viel Musik gemacht, dass man auch darauf achten muss, dass man sich nicht wiederholt. Neue bzw. junge Bands müssen immer wieder und in kurzen Abständen etwas Neues auf den Markt bringen, damit man weiter von ihnen spricht. Wir sind Gott sei Dank nicht in dieser Zwangslage und können uns die Zeit nehmen.

Es gibt eine junge und sehr talentierte Sängerin aus Sachsen, die sich Tässa nennt. Das Mädel hat einen von Claudius komponierten und getexteten Song im Repertoire und der ist nicht von schlechten Eltern. Kennst Du das Stück?
Nein, ich kenne das Lied nicht. Aber ich habe den Namen Tässa schon mal gehört. Ich habe die Stimme nicht im Kopf, aber das ist sehr interessant ...

007 20131008 1749481716Ich erinnere mich noch an die Zeit zwischen 2005 und 2010, in der Ihr intensiv und - ich vermute - manchmal auch erfolglos Ausschau nach neuen Songs und Texten gehalten habt. Warum gibt man dann so ein - wie ich finde - tolles Stück Musik her und lässt es einen anderen Künstler, in diesem Fall ja eine Künstlerin, singen?
Da müssten wir Claudius fragen. Da bin ich selber überfragt. Vielleicht haben wir dieses Stück bei einer Probe mal gespielt, aber ich erinnere mich nicht mehr an das Lied. Ich bin morgen mit Claudius zusammen, denn wir machen gemeinsam eine Rundfunk-Tour, um unsere neue CD bewerben. Bei der Gelegenheit werde ich auf jeden Fall mal mit ihm reden und ihn danach fragen (lacht).

Die Frage stelle ich deshalb, weil Ihr für "Weitergehn" auf Texter von außen zurückgegriffen habt, statt eigenes Material zu vertonen. Gibt es seit Herberts Tod bei KARAT ein Text-Problem?
Puh ... Ein Textproblem hat man immer. Die hatten wir auch, als Herbert noch da war. Es ist schwer, Texte zu finden, die auch wirklich gut sind. Wie ich vorhin schon sagte, die Wiederholungen wollen wir eigentlich vermeiden. Es ist das allerschwierigste, vernünftige Texte zu machen. Das weiß jeder, der sich damit befasst.

Das Problem haben viele, das stimmt ...
Na klar, die hat jeder. Du hast bestimmt hier und da mal eine Sternstunde, aber das ist wirklich harte Arbeit. Wenn man einen Anspruch hat, ist es sehr sehr schwer. Wir werden auch beim nächsten Album bestimmt wieder Texte von Leuten nehmen, die außerhalb der Band agieren.

008 20131008 1034512093Ihr seid 2013 natürlich auch wieder viel unterwegs. Die Tour mit dem Schiff hatten wir eingangs ja schon besprochen. Was sich offenbar immer mehr ergibt, sind Termine im Westen. Täuscht der Eindruck oder wird das tatsächlich immer mehr?
Das ist Gott sei Dank so! Wir sehen das natürlich gerne, dass wir Partner gefunden haben, die mit uns auch Konzerte in den alten Bundesländern machen. Wir haben bis jetzt auch schon sehr schöne Konzerte dort gehabt. Die Rahmen sind ein bisschen kleiner, vielleicht so um die 800 bis 1.000 Leute, manchmal auch mehr, manchmal weniger, aber man kommt so langsam wieder rein. Und wenn wir dort spielen, das muss man echt so sagen, ist die Begeisterung der Leute riesig.

Kollegen von Euch haben da weniger Glück. Für sie sind und bleiben die gebrauchten Bundesländer eine ungemähte Wiese. Was macht Ihr anders und warum, glaubst Du, gibt es an KARAT ein wachsendes Interesse gerade in Richtung Westen?
Was machen wir anders? Wir machen eigentlich immer das Gleiche. Aber Du musst Partner finden, die sich für Dich vor Ort einsetzen. Du kannst ja nicht sagen, "Ich mache jetzt ein Konzert" und fährst da einfach hin und man fährt ja auch ein bisschen länger, als wenn man in der alten Heimat bleibt ... Das funktioniert so nicht. Es muss ja im Vorfeld auch ein bisschen Werbung und und und gemacht werden, ansonsten kommt keiner - da kann spielen, wer will. Du musst dafür Leute finden, die sich bereit erklären, diese Aufgaben zu übernehmen. Und wenn man längere Zeit in einer Region nicht war, ist dieser Aufwand umso größer. Wir werden, wie alles andere, was aus der ehemaligen DDR stammt, in den westlichen Medien bzw. im Rundfunk viel weniger gespielt, als hier im Osten des Landes. Das heißt, wir sind für die Leute auch gar nicht mehr so präsent. Die Leute haben zwar die Erinnerung mit uns und unserer Musik - glaube ich - auch sehr schöne, aber diese Erinnerungen muss man aus der Bibliothek da oben erst wieder hervor holen.

Was liegt für die letzten Wochen des Jahres bei Euch an? Gibt es noch besondere Termine, die man sich merken sollte?
(Überlegt lange) ...

Wahrscheinlich alle, oder?
Ja, auf jeden Fall alle (lacht). Ich hab' sie jetzt nicht so im Kopf, aber ein Termin, auf den wir uns immer wieder sehr freuen, ist unser Konzert bei den "Wühlmäusen" in Berlin, das auch in diesem Jahr wieder am 18. November stattfinden wird.

Eine Frage, die man auch immer wieder von Lesern gestellt bekommt, ist die nach Ed. Auf der Homepage wird er als sechster KARAT-Musiker geführt, macht sich in den letzten Monaten aber sehr rar. Auch bei der Kieler Mugge, die jetzt auf CD erscheint, war er nicht dabei. Woran liegt das, dass seine Auftritte mit KARAT so selten sind?
Ed ist im Hintergrund das stille sechste Mitglied von KARAT. Er wird auch immer zu KARAT gehören. Aber er hat sich damals in den 80ern ja auch nicht umsonst aus dem ganzen Live-Geschehen heraus genommen.009 20131008 1115716362 Der Aufwand ist für ihn einfach zu groß. Außerdem muss man dabei bedenken, dass die Arrangements sofort wieder andere sind, wenn Ed mitspielt. Es ist ein anderer und größerer Aufwand, wenn wir statt mit einem mit zwei Keyboards spielen. Es bedarf immer eines immensen Aufwands bei den Proben, damit das Produkt am Ende insgesamt stimmig ist.

Die nächste Frage, die ich stelle, kannst Du Dir sicher schon denken: Hat Ed inzwischen was Neues für die Band geschrieben?
Ed schreibt immer ein bisschen was, aber er ist "back to the roots", d. h. er geht musikalisch mehr ins Soulige und macht das mehr oder weniger für sich. Das sind unheimlich tolle Nummern, die er da schreibt und ich wünsche ihm ganz ganz doll, dass er Leute findet, mit denen er das sogar produzieren kann. Das ist eine Hammermusik, sie wäre für uns aber unpassend, denn KARAT hat ja nun mal sein Image. Und dann kommt dazu, dass Ed seine Musik heute nach wie vor lieber auf Englisch produzieren möchte. Und da hat er auch total recht, denn diese Musik gewinnt erst mit der englischen Sprache Leben.

Das war's auch schon mit unserem Interview. Welche Hoffnungen knüpfst Du persönlich an das Live-Album "Symphony" und was erwarten Deine Kollegen von der Scheibe?
Als ich die Lieder gestern wirklich nach einer ganzen Weile - ich habe etwa ein Vierteljahr nicht mehr in die Aufnahmen reingehört - erstmals wieder gehört habe, war ich an einigen Stellen selbst sehr sehr angetan. Ich hoffe, dass das den Leuten genau so geht, weil KARAT dieses Mal doch etwas anders klingt. Auch wenn es die alten Songs sind, denn die spielen wir ja sowieso bei jedem Konzert, weil sie einen gewissen zeitlosen Charakter haben, mit dem Orchester bekommen die Lieder einen total neuen Reiz.

Was hörst Du derzeit privat?
(lacht) Privat habe ich mir gestern die neue CD von KARAT angehört ...
 
Was hättest Du jetzt auch anderes sagen sollen? Stelle ich die Frage mal anders: Welche war die letzte CD, die Du Dir gekauft hast?
Das war das neue Album von Black Sabbath. Die hat mir Matthias Reim empfohlen, der sagte, "Alter, das ist so eine coole LP!" Darum habe ich sie mir sofort bestellt und Matthias hatte recht.010 20131008 1357974251 Das ist so eine kraftvolle und Ozzy Osbourne entsprechende Rockmusik mit tierischen Gitarrenriffs. Sowas höre ich mir ganz gerne an, wenn ich mal weg von KARAT sein möchte. Ich höre aber auch sehr viel Klassik, obwohl ich kein Klassik-Freak bin, aber ich höre es sehr gern und ab und zu auch mal Jazz-Musik.

Du hast gerade den Namen Matthias Reim erwähnt: Der hat sich für sein letztes Album ja auch an KARAT-Musik versucht. Wie findest Du es?
Wir haben uns das angehört und ich finde das irgendwie cool. Er ist zwar nicht so innig, aber ich finde es teilweise auch arrangementmäßig, wo es Ebenen, gerade auch beim "Schwanenkönig", gab, bei denen ich sagte, "Hoppla, coole Ideen!". Ich finde es unheimlich interessant, was er da gemacht hat.

Wir drücken Euch die Daumen für Eure CD und die Konzerte, die in diesem Jahr noch anstehen! Hast Du noch ein paar abschließende Worte für die Leser?
Wir hoffen, dass Ihr uns alle treu bleibt und wir würden uns freuen, wenn wir zu diesem Album hauptsächlich positive Reaktionen bekommen. Auch wenn das Jahr fast schon wieder zu Ende ist, hoffen wir, den einen oder anderen noch bei unseren Konzerten begrüßen zu dürfen und dass wir uns 2014 und dann auch ein weiteres Jahr später zum 40. Jubiläum alle wiedersehen.


Interview: Christian Reder
Bearbeitung: mb, cr
Fotos: Redaktion Deutsche Mugge



 

 

   
   
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