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Ein Beitrag von Christian Reder (Fotos: Ivo Kljuce)



Ich kannte Edo Zanki nicht persönlich. Ich hatte auch nie mit ihm zu tun. Sein Name gehörte aber als fester Bestandteil zu der Musikszene immer dazu, mit der ich mich schon so lange beschäftige. Und natürlich habe ich Musik von ihm in der Sammlung. Aber trotzdem kannte ich auch vieles aus Edo Zankis Berufsleben nicht wirklich. Sein Background war mir lange nicht bekannt und vieles, über das die Gazetten heute im Zusammenhang mit seinem Tod schreiben, wusste ich gar nicht. Für mich war Edo Zanki immer ein Musiker, der deutsche Pop- und Soulmusik machte, und dessen Musik ich anfangs auf eher ungewöhnliche Art und Weise kennenlernte. In einer Zeit, die viele Jahre zurückliegt und auf eine Weise, wie sie aufgrund veränderter Voraussetzungen heute wohl kein Jugendlicher mehr entdecken wird ...

"Gestern Nacht war ich in Afrika", sang da ein Typ zu einer leicht vom Reggae angehauchten Nummer. Einer meiner Kumpel hatte die Maxi Single "Afrika" von Edo Zanki, und die war in vielerlei Hinsicht für uns Kids interessant. Er hatte die Platte nicht, weil er den Song so toll fand, sondern weil seine Mutter sie ihm für eine Mark von einem ihrer Einkäufe in der Stadt mitbrachte. Sie lag auf dem "Grabbeltisch" eines Einkaufsmarktes und weil sie so toll aussah, nahm die Mutter sie für ihren Sohn einfach mal mit. Die Scheibe sah deshalb "so toll" aus, weil der Song auf farbigem Vinyl gepresst wurde.003 20190902 1713915989 In blauen, grünen und weißen Farben marmoriert war die 12" Schallplatte ein Hingucker und es entstanden tolle Effekte, wenn sie sich auf dem Plattenteller drehte. Wir Kids hockten jedenfalls fasziniert vor dem Plattenspieler, denn eine solch bunte Platte war damals echt was Besonderes. Mir gefiel zum Visuellen aber auch das, was ich mit meinen Ohren einfangen konnte. "Afrika" ist ein toller Song von Zanki, der mit den karibischen Klängen und dem geslappten Bass schnell im Ohr blieb. Und ich erinnere mich noch heute sehr gut daran.

Im Laufe der Jahre lief mir Edo Zanki immer wieder mal über den Weg, und aufgrund des eben beschriebenen Erlebnisses mit "Afrika" nahm ich ihn auch bewusster wahr. Dabei war es nicht immer höchstpersönlich, der da in Erscheinung trat. Sehr oft taten es andere Künstler, die seine Lieder sangen und spielten. Unerwartet und für mich damals echt überraschend war ein "Treffen" im Jahre 1984, als ich im Zuge des großen Hypes um Tina Turner und deren Mega-Comeback mit dem Album "Private Dancer" die LP "Rough" aus dem Jahre 1978 in die Hände bekam. Beim Studium der Plattenhülle stieß ich beim Titel "Fruits Of The Night" auf den Namen Edo Zanki. Da hatte der deutsche Musiker einen Songs für die große US-Sängerin geschrieben. Aber nicht nur für sie, denn diese funkig angehauchte Soul-Nummer mit kräftigem 70er Einschlag stammt ebenso aus seiner Feder wie die Songs "´n Bombenlied" und "Frag mich nicht" von Herbert Grönemeyers 1982er Album "Total egal", das er nebenbei bemerkt auch komplett produziert hat. Die bekanntesten Songs daraus dürften wohl "Kaufen" und "Musik nur wenn sie laut ist" sein. Oder Ulla Meinecke und ihr Hit "Die Tänzerin". Im Rockpalast trat sie auf und trug diesen Song vor, der gleich bleibende "Schäden" hinterließ. Ich fand die Nummer sofort gut und ließ sie zu einem meiner Allzeit-Favoriten werden. Damals wusste ich aber nicht, dass Zanke diese wunderbare Nummer geschrieben hatte. Ich hatte die Platte nicht im Original und das Internet als Informationsquelle gab es noch nicht. So erging es ir auch mit dem von Anne Haigis 1985 veröffentlichteln Stück "Freundin" … Dieses und viele andere auch waren Lieder, die von ihm geschrieben wurden. Er selbst trat immer wieder auch als Solist in Erscheinung. "Wache Nächte", "Gib mir Musik" und "Ruhig Blut" hießen seine LPs in den 80ern, die an mir aber gänzlich vorbei gingen und erst Jahre später von mir entdeckt wurden. Mir fiel Edo Zanki vor allem 1985 mit dem Duett "Du hast `ne Ladung Dynamit" auf, das er zusammen mit Ina Deter sang. Hier trat er außer als Gesangspartner von Ina auch als Produzent des Stücks in Erscheinung.

Anfang der 90er kam es dann auch zum Duett mit Veronika Fischer. Ihr gemeinsames Lied "Nicht zu retten" ist - wie auch "Die Tänzerin" - bis heute eins meiner Lieblingslieder. Und immer wenn man dachte, jetzt wird es ruhig um Edo Zanki - da kommt nix mehr, hatte er neue Ideen und war plötzlich wieder da. Im März 2001 erschien z.B. das Album "Die ganze Zeit". Mit darauf der Song "Gib mir Musik" in einer neuen Fassung. Zanki hatte dafür befreundete Musiker (u.a. Sasha und Xavier Naidoo) mit ins Studio genommen, und den Titel mit ihnen gemeinsam neu produziert. Dazu wurde auch ein Video gedreht. Dieser Clip lief sogar auf Viva. Ein damals schon nicht mehr taufrischer Sänger, der auch als junger Künstler kein "BRAVO"-Typ war, ist plötzlich mit einem seiner Songs auf einem Jugendsender zu sehen? Das schaffte vorher nur Witt und "Die Flut". Auch neun Jahre später tauchte sein Name (und natürlich auch er) wieder auf. Zusammen mit Julia Neigel ging er auf "Rock'n'Soul-Tour 2010" (einen Konzertbericht dazu findet Ihr HIER) und kurz darauf veröffentlichte er sein letztes Studio-Album. Dieses letzte musikalische Lebenszeichen gab Zanki im Jahre 2011 mit der CD "Zu viele Engel". Dass er in den letzten neun Jahren dann keine neue Musik veröffentlichte, fiel gar nicht groß auf, denn Pausen gab es bei ihm immer wieder. Dafür veröffentlichte er Live-CDs mit seiner Band und gab Konzerte. Er war also nie wirklich weg, auch wenn man ihn nicht wahrnahm. Edo Zanki war seit seinem Karrierestart im Jahre 1970, als er unter dem Namen Edward Zanki ein paar Singles im Bereich Schlager und 1972 unter dem Namen Don Anderson ein Album ("Feelin' Alright") und einige Singles mit englischsprachiger Rockmusik veröffentlichte, immer irgendwie präsent. Wenn er nicht selbst auftrat und Platten veröffentlichte, war es als Komponist oder Produzent für andere tätig. Auch Thomas D. von den Fantastischen Vier und die Söhne Mannheims darf man in der langen Liste derer, die von seiner genialen Kreativität profitierten, nicht vergessen.

Edo Zanki starb am Sonntag im Alter von 66 Jahren an den Folgen einer kurzen und schweren Krankheit, wie es kurz und knapp auf seiner Homepage heißt. Sein Bruder Vilko Zanki und sein Management bestätigten die Meldung heute. Wieder ist ein Künstler aus den "guten alten Zeiten" gegangen. Wieder ging da einer viel zu früh und wieder hinterlässt da einer eine Lücke, die schwer zu schließen ist. Wie so viele andere auch, die schon voraus gegangen sind, gehörte Edo Zanki zu einer kleinen aber nicht unbedeutenden Szene, die den Soundtrack für das Leben mehrerer Generationen geschrieben hat. Egal, ob es einzelne Lieder sind, mit denen die Menschen etwas verbinden oder wie bei mir eine kuriose Geschichte, wie man seine Musik kennengelernt hat: Edo Zanki hat mit seinen zu Liedern gewordenen Ideen Wege in das Leben einzelner Leute gefunden und egal, ob man nun ein großer Fan oder ein Gelegenheitshörer war, dabei bleibende Spuren hinterlassen. Wir müssen wieder einmal Abschied nehmen. Abschied von einem stillen und nicht immer im Vordergrund stehenden Künstler, von einem Mann mit ausgesprochen guten Ideen und einem Kollegen, dem man - wie verschiedene Musiker sagen - wohl immer gern begegnet ist. Auch wenn ich Dich nicht persönlich kannte und nie mit Dir zu tun hatte: Tschüss Edo, mach's gut. Danke für die Musik und die schöne Erinnerung, die ich damit verbinde.






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