Christian Haase: "Die Korrektur" (Album)
VÖ: 10.05.2018; Label: hTMV; Katalognummer: 0792603084449; Musiker: Christian Haase (Gesang, Gitarre, Harp), Mario Ferraro (Gitarre, Lap Steel), Christoph Frenz (Bass), Daniel Dexter (Keyboard, Piano, Akkordeon), Andreas Wieczorek (Saxofon), Robert Memmler (Schlagzeug, Perkussion); Bemerkung: Auf CD, Schallplatte und Kassette erhältlich. Kein Textabdruck im Booklet/auf dem Innersleeve;
Titel: Im Käfig • Immer nur Freunde • Die Maschine • Tag X • Es gibt diese Tage • Deine Seele gemalt • Bittersüße Sinfonie • Was es wert ist • Mein Boot • Schnaps und Fleisch • Immerhin |
Rezension:
"Korrektur" nennt Christian Haase sein neues Album. Es ist bereits sein achtes. Der Titel ist ungewöhnlich, denn man bringt schließlich keine neuen Songs unters Volk, die man hinterher schon wieder korrigieren möchte. Oder doch?
Ich muss einräumen, dass mir der gebürtige Leipziger Christian Haase zwar dem Namen nach geläufig, dennoch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt war. Natürlich möchte man jetzt mehr über diesen Künstler wissen. Eine enorme schöpferische Bandbreite zeichnet den erst 37-Jährigen aus, der locker als Liedermacher, Barde, Chansonier, Rockpoet fungiert und - was mich außerdem verwunderte - sich der Schauspielerei mit großem Erfolg widmet. Wie man nachlesen kann, spielte er zum Beispiel im Jahr 2006 auf der Burg Ziesar, einer ehemalige Bischofsresidenz in Brandenburg, die Hauptrolle im Theaterstück "Wildwasser". Seine früheren Alben erfuhren in anspruchsvollen Medien eine hervorragende Resonanz. In den üblichen Mainstream-Medien kennt man ihn - man muss schon fast sagen "natürlich" - nicht. Dafür ist er einfach zu gut und das muss man der eigenen Klientel natürlich vorenthalten. Ich darf nicht vergessen, dass er neben seinen eigenen Bandprojekten seit 2010 noch in der Kapelle "Seilschaft" den 1998 verstorbenen Gerhard Gundermann vertritt. Das ganze Jahr über ist er mit verschiedenen Projekten (Band, Solo, Seilschaft, Haase Ferraro) leider fast ausschließlich nur in den östlichen Bundesländern unterwegs.
In nur zwei Tagen wurde die hier vorliegende Scheibe live im Studio eingespielt. Das alleine verdient schon Respekt. Es wirkten Mario Ferraro (E- und Akustikgitarre, Lap Steel), Andreas Wieczorek (Saxophon), Christoph Franz (E-Bass, Kontrabass - alle drei von der "Seilschaft"), Daniel Dexter (Piano, Keyboards, Akkordeon, "Schrödingers Katze") und natürlich Christian Haase (Gesang, Mundharmonika, Akustikgitarre) mit.
"Wider die Kleingeistigkeit" könnte man die Scheibe mit elf Kompositionen umschreiben. Mit einer Lockerheit, die seine Anliegen aber in keiner Weise konterkariert. Die ein bisschen an Johnny Cash ("I walk the line") erinnernde Einleitung leitet zu "Im Käfig" über, dem ersten Song. Es ist eine originelle Beschreibung aus der Sicht eines Vogels im Käfig, der ständig in einen Spiegel starren muss und schließlich von einem mitfühlenden Menschen Asyl bekommt. Die recht abrupte Überleitung zur Arbeitswelt mit vorgeschriebenen Zeiten und vorgeschriebenen Wegen bis zur Rente muss man erst mal hinbekommen. Haase kann es. Herrlich der Vergleich mit dem Mikroständer als Sicherheitsgeländer bei Bühnenauftritten. Es ist ein schöner Muntermacher-Einstieg, der ihm da gelungen ist. Eine Mundharmonika führt zu "Die Maschine" über. Eine Maschine als Wachstumsgenerator? Zum Glück entspringen die vielfältigen Gedanken nur einem Traum. Rockig geht es mit "Tag X" weiter, einem Protestsong zum "Düsterwald Deutschland", der die Menschen auf die Straßen bringt. Immer wieder lässt er sein poetisches Talent aufblitzen, wenn es im Song "Es gibt diese Tage" weiter heisst: "... an denen alles im Ende erfriert". "Deine Seele gemalt" ist eine traumhaft schöne Ballade im Keyboard- und Gitarren-Gewand. Das ist Dichtkunst par excellence! Ich erspare mir, hier Auszüge zu bringen, denn das wäre viel zu willkürlich. Noch eine Ballade muss ich erwähnen. "Wie viele Sterne kann man zählen, bevor die Unendlichkeit siegt?", "Wie viele Seelen kann man retten, wenn die eigene schon nicht?". Diese und weitere Fragen stellen sich dem Künstler in "Mein Boot", bevor er versteht, wer er wirklich ist. Texte, die unter die Haut gehen.
Aus meiner Sicht erübrigt sich jede "Korrektur" für ein großartiges Album, das Christian Haase gelungen ist. Aber was ist schon statisch, bleibt immer gleich? Ich denke, Christian Haase wird auf seiner Tour erklären, was er wirklich meint. Und sagen, was er privat und im Staat gerne korrigieren würde ...
(Gerd Müller)
"Korrektur" nennt Christian Haase sein neues Album. Es ist bereits sein achtes. Der Titel ist ungewöhnlich, denn man bringt schließlich keine neuen Songs unters Volk, die man hinterher schon wieder korrigieren möchte. Oder doch?
Ich muss einräumen, dass mir der gebürtige Leipziger Christian Haase zwar dem Namen nach geläufig, dennoch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt war. Natürlich möchte man jetzt mehr über diesen Künstler wissen. Eine enorme schöpferische Bandbreite zeichnet den erst 37-Jährigen aus, der locker als Liedermacher, Barde, Chansonier, Rockpoet fungiert und - was mich außerdem verwunderte - sich der Schauspielerei mit großem Erfolg widmet. Wie man nachlesen kann, spielte er zum Beispiel im Jahr 2006 auf der Burg Ziesar, einer ehemalige Bischofsresidenz in Brandenburg, die Hauptrolle im Theaterstück "Wildwasser". Seine früheren Alben erfuhren in anspruchsvollen Medien eine hervorragende Resonanz. In den üblichen Mainstream-Medien kennt man ihn - man muss schon fast sagen "natürlich" - nicht. Dafür ist er einfach zu gut und das muss man der eigenen Klientel natürlich vorenthalten. Ich darf nicht vergessen, dass er neben seinen eigenen Bandprojekten seit 2010 noch in der Kapelle "Seilschaft" den 1998 verstorbenen Gerhard Gundermann vertritt. Das ganze Jahr über ist er mit verschiedenen Projekten (Band, Solo, Seilschaft, Haase Ferraro) leider fast ausschließlich nur in den östlichen Bundesländern unterwegs.
In nur zwei Tagen wurde die hier vorliegende Scheibe live im Studio eingespielt. Das alleine verdient schon Respekt. Es wirkten Mario Ferraro (E- und Akustikgitarre, Lap Steel), Andreas Wieczorek (Saxophon), Christoph Franz (E-Bass, Kontrabass - alle drei von der "Seilschaft"), Daniel Dexter (Piano, Keyboards, Akkordeon, "Schrödingers Katze") und natürlich Christian Haase (Gesang, Mundharmonika, Akustikgitarre) mit.
"Wider die Kleingeistigkeit" könnte man die Scheibe mit elf Kompositionen umschreiben. Mit einer Lockerheit, die seine Anliegen aber in keiner Weise konterkariert. Die ein bisschen an Johnny Cash ("I walk the line") erinnernde Einleitung leitet zu "Im Käfig" über, dem ersten Song. Es ist eine originelle Beschreibung aus der Sicht eines Vogels im Käfig, der ständig in einen Spiegel starren muss und schließlich von einem mitfühlenden Menschen Asyl bekommt. Die recht abrupte Überleitung zur Arbeitswelt mit vorgeschriebenen Zeiten und vorgeschriebenen Wegen bis zur Rente muss man erst mal hinbekommen. Haase kann es. Herrlich der Vergleich mit dem Mikroständer als Sicherheitsgeländer bei Bühnenauftritten. Es ist ein schöner Muntermacher-Einstieg, der ihm da gelungen ist. Eine Mundharmonika führt zu "Die Maschine" über. Eine Maschine als Wachstumsgenerator? Zum Glück entspringen die vielfältigen Gedanken nur einem Traum. Rockig geht es mit "Tag X" weiter, einem Protestsong zum "Düsterwald Deutschland", der die Menschen auf die Straßen bringt. Immer wieder lässt er sein poetisches Talent aufblitzen, wenn es im Song "Es gibt diese Tage" weiter heisst: "... an denen alles im Ende erfriert". "Deine Seele gemalt" ist eine traumhaft schöne Ballade im Keyboard- und Gitarren-Gewand. Das ist Dichtkunst par excellence! Ich erspare mir, hier Auszüge zu bringen, denn das wäre viel zu willkürlich. Noch eine Ballade muss ich erwähnen. "Wie viele Sterne kann man zählen, bevor die Unendlichkeit siegt?", "Wie viele Seelen kann man retten, wenn die eigene schon nicht?". Diese und weitere Fragen stellen sich dem Künstler in "Mein Boot", bevor er versteht, wer er wirklich ist. Texte, die unter die Haut gehen.
Aus meiner Sicht erübrigt sich jede "Korrektur" für ein großartiges Album, das Christian Haase gelungen ist. Aber was ist schon statisch, bleibt immer gleich? Ich denke, Christian Haase wird auf seiner Tour erklären, was er wirklich meint. Und sagen, was er privat und im Staat gerne korrigieren würde ...
(Gerd Müller)