Erinnerungen an ...
 
Tom Petty

Learning to Fly
Ein Beitrag von Christian Reder

 

Es war wieder eine dieser Nachrichten, die keiner braucht. Wieder war ein Mensch gestorben, der für jemanden, der ihn nur aus der Ferne beobachten konnte, irgendwie unsterblich schien. Ein musikalischer Held wie Bowie, Harrison, Lemmy oder Jackson. Ein Typ aus dem großen internationalen Rock'n'Roll- und Pop-Zirkus, der so weit weg und irgendwie doch so vertraut war. Vor fünf jahren, am 2. Oktober 2017, starb TOM PETTY im Alter von 66 Jahren in einem Krankenhaus an den Folgen eines Herzstillstands. Damit riss ihn der Tod mitten aus einem aktiven Leben, denn Petty war kurz zuvor noch mit seiner Band auf einer Jubiläumstournee in den USA unterwegs und hatte für den folgenden November zwei weitere Konzerte in New York im Veranstaltungskalender stehen. Man war wieder einmal fassungslos, wie schnell und plötzlich so ein Leben vorbei sein kann.

An diesem Montag saß ich mit dem Smartphone auf der Couch, nutzte beim Spielen meine neuen Ice Casino Bonus und hörte die Nachricht im TV. Schnell lag eines der Alben des großen Tom Petty auf dem Plattenspieler und man erinnerte sich. Dabei wurde die Karriere des US-amerikanischen Künstlers nochmal verfolgt, und diese Karriere war ereignisreich. Ein Auslöser für seine Berufswahl war ein Zusammentreffen mit Elvis Presley. Als Petty 10 Jahre alt war, drehte der King of Rock'n'Roll in direkter Nachbarschaft zu seinem Elternhaus den Film "Follow That Dream" und er durfte bei den Dreharbeiten zuschauen. Petty war begeistert von dem Gesamtpaket, das Elvis ausmachte. "Er sah wirklich aus, als würde er hell strahlen", erzählte der Musiker später in einem Interview, befragt nach seinen Vorbildern. Wie bei vielen anderen Musikern auch, kamen dann noch die BEATLES dazu, die nicht weniger Einfluss auf den jungen Tom und sein Berufsziel nahmen. Nach der Highschool ging's für ihn auf das College, wo er ein Jahr blieb und dann die Brocken hinschmiss, um sich voll und ganz auf seine Berufung, die Musik, zu konzentrieren. Schon während der Schulzeit spielte er in Bands. Seine erste Kapelle im Jahr 1967 trug den Namen The Sundowners, die kurz darauf in Epics umbenannt wurde. Ab 1970 heiß sie dann für eine ganze Zeit lang Mudcrutch und wurde mit Abschluss des ersten Plattenvertrages im Jahre 1975 auf "Anraten" der Plattenfirma in TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS umbenannt. Von Anfang an dabei waren Gitarrist Mike Campbell und Keyboarder Benmont Tench, die bis zuletzt zusammen mit Tom in der Band spielten.

Erste Erfolge feierte der Künstler mit seiner Band in Europa. Die Plattenfirma ABC, bei der die Kapelle unter Vertrag stand, bewarb das Debüt "Tom Petty & The Heartbreakers" als "Punk Album", was natürlich voll nach hinten losging, denn mit Punk hatte das, was auf dem Album zu hören ist, überhaupt nichts zu tun. Daheim in den USA interessierte sich deshalb zunächst niemand dafür. In England spielten TOM PETTY & THE HEARTBREAKERS im Vorprogramm der Tour von Nils Lofgren, und dort traf die junge Band mit ihrer Musik auf das richtige Publikum. Titel wie "American Girl" und "Breakdown" trafen dort ins Schwarze. Zurück in der Heimat arbeiteten Tom und seine Band hart daran, auch dort erfolgreich zu sein. Letztlich gelang es ihm auch, aber wesentlich später. Nachdem die Plattenfirma ABC pleite ging und Petty gleich mit, entstanden in dieser Not die Lieder für das Album "Damn The Torpedoes" (1979). Er gehörte damit plötzlich zu den Vertretern des "Heartland Rock", die Geschichten aus Amerikas Arbeiterklasse, von Krisen, Problemen und Armut erzählen. Aus vielen Zeilen seiner Texte kann man die Existenznot und Verzweiflung eines "gescheiterten" Künstlers heraushören, der gerade eine Bruchlandung hinter sich hatte und Lieder wie "Refugees", "Even The Losers" und "Here Comes My Girl" sorgten mit dafür, dass Petty fortan zu den festen Größen im amerikanischen Musikgeschäft der 80er Jahre gehörte. Dies mündete 1988 sogar darin, dass er mit Weltstars wie Roy Orbison, George Harrison und Bob Dylan zusammen bei den TRAVELING WILBURYS spielte, Platten aufnahm und gemeinsam live auftrat.

Zu dieser Zeit wurde auch ich auf TOM PETTY aufmerksam. Ich bekam das Album "Full Moon Fever" in die Hände und war von Songs wie "Free Fallin'", "I Won't Back Down" oder "Runnin' Down A Dream" sofort angezündet. Mehr noch ... Petty ließ mit seiner Musik und seinen Texten das Interesse an Springsteen bei mir kleiner werden und den Boss erst mal in die zweite Reihe zurücktreten. TOM PETTY begleitete mich nun eine ganze Weile mit seiner Musik. Ich entdeckte die älteren Sachen und freute mich über die später folgenden Alben "Into The Great White Open" (1991) und "Wildflowers" (1994). Er war zwischen 1989 und 1995 überall mit dabei, lieferte mir die Musik für Klassenfahrten, wie z.B. auf meiner Reise nach England mit dem Englisch Leistungskurs, und den Arbeitsalltag, wenn Petty mir beim Nebenjob und auf dem Weg zur Ausbildungsstelle über Walkman oder Autoradio all das, was so schrecklich nervte, einfach weg sang und spielte. Auch wenn diese Platten und Songs weiterhin von mir gehört wurden, verlor ich TOM PETTY danach etwas aus den Augen. Das ist nun über 20 Jahre her und auch wenn man einen Künstler nicht mehr ganz so intensiv und eng begleitet hat, wie eben beschrieben, so ist er doch irgendwie da. Man weiß, dass es ihn gibt und dass er noch Musik macht. Man könnte, wenn man mal die Gelegenheit hat, auch zum Konzert. Irgendwann ... Irgendwo. Und dann bekommt man an einem entspannten Abend über Videotext mit, dass TOM PETTY nicht mehr lebt. Vorbei die Gewissheit mit "irgendwann" und "irgendwo". Jeder Tod ist tragisch für die Hinterbliebenen. Und auch wenn man einen Menschen nicht persönlich kannte, ihn nie getroffen hat und auch nicht wusste, wie der Typ eigentlich privat so drauf war, hat man irgendwie einen Teil von sich verloren. Petty war jemand, der mit seiner Musik und seiner Art zu Singen nicht nur meinen Geschmack getroffen und Lieder zum Soundtrack des eigenen Lebens beigesteuert hat. Darum darf man eben auch als "ferner Beobachter" über solche Nachrichten traurig sein. Aber man darf an einem solchen Tag auch ein Dankeschön gen Himmel schicken für das, was er einem in den Jahren gegeben hat. Das sollte man eben auch nicht vergessen, und das tue ich hiermit.

Die eingangs erwähnte Tour, die er zuletzt mit seiner Band spielte, schien wohl sowas wie eine Abschiedstournee gewesen zu sein. In einem Interview mit dem Rolling Stone Magazine sagte er im Jahr davor, "Ich denke, das könnte die letzte Reise durchs Land sein". Ich hätte ihm das Kürzertreten und die für die Familie und Hobbys frei werdende Zeit gegönnt. Aber wer weiß das schon?! Vielleicht ist das Wiedersehen mit dem großen Vorbild Elvis oder mit Kollegen wie George Harrison und Roy Orbison für einen Rock'n'Roller ja angenehmer und spannender als Rosenzüchten und Autowaschen. Das erfahren wir Lebenden, die wir hier auf Erden weitermachen müssen, erst später. Hoffentlich viel später ...






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