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Ein Beitrag von Christian Reder | Fotos : Redaktion, Marcus Schloussen privat



Im August 2018 gab uns Marcus Schloussen ein sehr offenes Interview, in dem er ohne ein Geheimnis daraus zu machen von seiner angeschlagenen Gesundheit sprach. Immer wieder hatte ihn zuletzt irgendwas an einem beschwerdefreien Leben gehindert. Die größte Baustelle war eine Lungenerkrankung, deren Behandlung weitere körperliche Beeinträchtigungen als Nebenwirkungen mit sich brachte. Die Medikamente hatten Einfluss auf das Immunsystem, was z. B. zu einer Lungenentzündung führte und auch die Pumpe angriff. Er litt deshalb an einer verminderten Herzleistung.002 20191202 1788131930 Und wenn das Herz nicht mehr so kann wie es soll, geht das zulasten der Kondition. Einfache Wege werden plötzlich zu großen Wanderungen. Trotzdem ließ sich der Musiker nicht hängen. Er stand immer wieder auf, schnallte sich seinen Bass um und ging mit seinen Kollegen von Renft, Suedpark oder Andrea Timm & Band auf die Bühne. "Wenn ich irgendwie zum Veranstaltungsort komme, kann ich auch spielen", hat er mal gesagt. Und darum saß er auch immer auf einem Hocker und veredelte so manche Mugge mit seinem Bassspiel.

Zuletzt sah unser Kollege Reinhard den "Basskran" bei der Mugge von RENFT im Berliner "Neu Helgoland". Das war im Februar dieses Jahres. Marcus saß dort auch wieder auf einem Hocker neben Schlagzeuger Delle Kriese, lieferte die tiefen Töne zu den RENFT-Klassikern und sang im Verlauf des Abends das Stück "Irgendwo dazwischen" von der CD "Abschied und Weitergehen". Über 20 Jahre hat er bei RENFT seinen Dienst verrichtet, der Band seinen Stempel aufgedrückt und mindestens einmal im Jahr im "Neu Helgoland" einen Auftritt gehabt. Niemand im Saal hätte da wohl vermutet, dass es sein letzter Auftritt hier sein würde. Bis zum Sommer gab es noch Auftritte, dann musste Marcus eine Zwangspause einlegen. Er hatte zuletzt nur noch eine Herzleistung von 30% - die Wege zu den Muggen waren für ihn zu lang, zu beschwerlich, nicht mehr zu schaffen. Stattdessen wartete er auf einen OP-Termin, bei dem ihm ein Schrittmacher eingesetzt werden sollte. Und während dieser Wartezeit war ein "normales" Leben nicht möglich.

Am 25. November war es dann soweit. Die OP, auf die Marcus so lange gewartet hatte, stand an. Ein Schrittmacher hat schon so vielen Leuten ein neues Leben geschenkt, und auch Marcus hatte all seine Hoffnungen in diese Aussicht gesteckt. Er war Musiker mit jeder Faser seines Körpers und er wollte natürlich zurück auf die Bühne, wo er hingehörte, wo er seine Energie auftanken konnte, wo er zu Hause war. Lange genug hatte er untätig in seiner Berliner Wohnung gesessen und auf diesen Tag gewartet. Nun war er endlich da. Die OP verlief gut und schon für diese Woche war eine Reha-Maßnahme angedacht. Er hatte noch eine Menge aufzuholen. Die Kondition musste wieder aufgebaut werden, die Kraft musste zurück in den geschwächten Körper. Es würde zwar nicht leicht sein, aber die Aussicht auf all das, was zuletzt nicht mehr möglich war, war Ansporn genug. Am Samstag spielte seine Band in Berlin - ohne ihn am Bass. Aber die Gelegenheit, ihren "Basskran" im Krankenhaus zu besuchen, ließen sich die Kollegen von RENFT nicht nehmen. Und sie taten gut daran. Es war die letzte Möglichkeit ...

Am gestrigen Sonntag verstarb Marcus Schloussen an den Folgen einer Lungenentzündung, die möglicherweise durch die OP ausgelöst wurde. Sein Körper war nach den Strapazen der letzten Monate und der Operation am vergangenen Montag schwach und ausgelaugt ... hatte nichts mehr zuzusetzen.003 20191202 1710397295 Marcus war ein Baum von einem Kerl. Er überlebte nach dem RENFT-Konzert im Jahre 2007 einen schweren Verkehrsunfall, ließ sich von vielen kleineren und größeren gesundheitlichen Problemen nicht unterkriegen und stand immer wieder auf. Jetzt, wo ein neues Leben durch einen einfachen Eingriff hätte beginnen können, hatte das Schicksal mit ihm andere Pläne. "Der liebe Gott muss ein RENFT-Fan sein", schrieb gestern jemand bei Facebook als Kommentar unter die Todesnachricht, und da könnte was dran sein. Fast das komplette Ensemble ist nun "da oben". Marcus jetzt auch.

Die Fans werden den "Basskran" als Musiker und Leute, die ihn persönlich und näher kannten, als Menschen, Freund und Geschichtenerzähler vermissen. Marcus war ein angenehmer Mensch, der viel erzählen konnte, denn in den 65 Jahren auf diesem Planeten hat er so einiges erlebt - auf und abseits der Bühne. Ich kenne niemanden, der je ein schlechtes Wort über Marcus verlor. Im Gegenteil: Der "Basskran" war einer der beliebtesten Musikanten in unserer Szene, und das Genre übergreifend. Ein feiner Kerl, wie es immer so schön heißt, und bei ihm war diese Umschreibung wirklich zutreffend. Wir verabschieden uns heute von ihm mit einer tiefen Verbeugung. Einer Verbeugung vor dem Menschen Marcus Schloussen und dem, was er der deutschen Musikszene gegeben hat. Mach's gut, Du großer Mann mit dem großen, doch zuletzt leider viel zu schwachen Herzen.









   
   
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