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Ein Nachruf von Christian Reder. Fotos: Global Records And Tapes, Hendrik Bruch privat



Der Blick aus dem Fenster lässt einen wie in eine Nebelwand nur in ein tiefes Grau blicken, das zur schreiend lauten Stille passt, die einen umgibt. Selbst dann, wenn draußen die Sonne scheint und das Leben pulsiert ist es das, was man sieht und hört. Die hellen Farben nimmt man nicht mehr wahr - auch das Geräusch des Lebens nicht. Dazu diese grenzenlose Müdigkeit und Ausweglosigkeit. So fühlt es sich an, wenn die Seele keinen Ausweg mehr findet, schmerzt und die kalte Hand der Depression einem seine Finger um den Hals legt. Während diese immer fester zudrückt, wählen viele Betroffene als letzten Schritt schließlich DEN letzten Schritt und versuchen, sich das Leben zu nehmen. So erging es auch dem Sänger, Komponisten und Produzenten Hendrik Bruch. In den Jahren 2003 und 2004 unternahm er zwei Versuche, die Welt früher als vorgesehen zu verlassen. Er wollte nicht mehr. Beide Versuche scheiterten. Sein Leben mit der Depression ging weiter. Heute erreicht uns die Nachricht, dass Hendrik Bruch gestern Mittag (14.9.2016) tot im Innenhof seines Hauses aufgefunden wurde. Möglicherweise handelt es sich dabei um einen weiteren Selbsttötungsversuch, jedoch ist dies derzeit noch nicht bestätigt ...

003 20160915 1013472867Der gelernte Zimmermann Hendrik Bruch, geboren am 5. Dezember 1962 in Ost-Berlin, war in den 80ern Teil des Jürgen-Erbe-Chors. Im Jahre 1985 begann er ein Musik-Studium an der Hochschule "Hanns Eisler" in seiner Heimatstadt Berlin. Dies schloss er vier Jahre später (1989) mit dem Staatsexamen ab. Während seiner Studienzeit und aktiven Zeit beim Erbe-Chor betätigte sich der junge Mann im Studio des DDR-Plattenlabels AMIGA als Backgroundsänger. So ist er u.a. auf den Alben "Inka" (1987) und "Schritte" (1989) seiner späteren Ehefrau Inka Bause zu hören. 
Ab 1987 trat er auch als Solist in Erscheinung. Die Lieder schrieb ihm Arndt Bause, während Wolfgang Brandenstein ihm die Texte auf den Leib schneiderte. Mit einem seiner ersten Songs, "Bitte wart' auf mich", erhielt Bruch 1988 den "Silbernen bong" in der TV-Musikshow bong. In der gleichen Sendung trat er auch mit seinem Lied "Dann schlag ich zu" auf. Im Jahre 1989 veröffentlichte das DDR-Plattenlabel AMIGA die Kopplung "Kleeblatt No. 25 - Geheimtipp! Stars von morgen", auf der Bruch mit den Stücken "Bitte wart' auf mich", "Dann schlag ich zu" und "Es war ein Traum" zu hören ist. Nach der Wende veröffentlichte Bruch mit "Hendrik Bruch" (1994) sein Debüt-Album und mit "Wenn Du mich liebst" (1996) ein zweites und letztes Album. Abseits der Musik war der Künstler auch als Moderator tätig. Zwischen 1988 und 1991 war er zusammen mit Inka Bause Gastgeber der Kindersendung "Talentebude", die im Deutschen Fernsehfunk ausgestrahlt wurde. Im Jahre 1996 übernahm Bruch den Gesang der deutschen Synchronstimme des Quasimodo im Walt Disney-Zeichentrickfilm "Der Glöckner von Notre Dame". Weitere Songs sang er für die Disney-Produktionen "Der Glöckner von Notre Dame 2" (Stimme der Figur Quasimodo), "Der König der Löwen 2" (Stimme der Figur Kovu), "Anastasia" (Stimme der Figur Dimitri), "Der Prinz von Ägypten" (Stimme der Figur Moses) sowie "Bärenbrüder 2" ein. Seit 2004 verband Bruch eine enge Freundschaft mit Arnold Fritzsch, mit dem er gemeinsam Songs für das Projekt Fritzsch & Bruch schrieb und auch gemeinsam auftrat.

Auch wenn Hendrik Bruch der Musik über all die Jahre immer treu blieb, wurde es in den letzten Jahren zunehmend stiller um den ihn. Weitere Platten- oder Song-Veröffentlichungen hat es nicht mehr gegeben. Dafür war er seit 2007 an der Musikschule "TonArt" in der Berliner Kulturbrauerei als Gesangslehrer tätig. Im Jahre 2015 schloss er zudem an der Universität der Künste Berlin ein Studium in den Fächern Musiktherapie, psychologische Psychotherapie und Entwicklungspsychologie ab. Trotz all der beruflichen Vorhaben, 
Pläne und Projekte ließ ihn seine kranke Seele offenbar nicht mehr zur Ruhe kommen. Wenn es sich bei dem gestern bekannt gewordenen Tod des Künstlers tatsächlich um einen weiteren Selbsttötungsversuch handeln sollte, ist das der Schlusspunkt unter eine tragische Lebensgeschichte, von der die Öffentlichkeit nur am Rande etwas mitbekommen hat. Erst seine Ex-Frau Inka Bause sprach darüber in einem Interview und machte die Öffentlichkeit auf die Situation ihres Ex-Mannes aufmerksam.

Es ist Hendrik zu wünschen, dass er dort, wo er jetzt ist, seinen Frieden findet und die Qual, die ihm seine Psyche bereitet hat, ein Ende hat. Möge der Blick aus dem Fenster dort wieder bunt und die Klänge um ihn herum lebendig sein und ihn dafür entschädigen, was er über Jahre erleiden musste. Bruch hinterlässt mit Inka Bause eine Ex-Frau und die gemeinsame, inzwischen 19-jährige Tochter Annelie. Wir möchten ihnen auf diesem Wege unser tief empfundenes Beileid aussprechen.




   
   
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