Abschied vom Clown mit der Trommel
 
Peter Behrens ist tot

Ein Nachruf von Christian Reder.



Peter Behrens war vier Jahre auf dem Gipfel des Erfolges. Das erreichen nicht viele Künstler - insbesondere heute nicht - und trotzdem war der Erfolg auch sein Pech. Das Ende von TRIO bedeutete für Behrens nämlich auch den Beginn des Abstiegs, verbunden mit finanziellen Problemen und Drogensucht. Am Ende eines Lebens und im Alter von nur 68 Jahren bleibt nur die verblassende Erinnerung an eine kurze und gute Zeit, und einen Haufen von Problemen, die man danach zu bewältigen hatte.

Peter Behrens war der stille Clown am Schlagzeug, und "Clown" ist dabei absolut nicht despektierlich gemeint - zudem bezeichnete er sich in seiner 2013 erschienenen Biographie sogar selbst so. Er war wirklich Clown und lernte sein Handwerk in den 70er Jahren an der Mailänder Artistenschule. Zuvor verdingte er sich auch als Schlagzeuger in Tanz-Kapellen und Anfang der 70er gab es eine Band, in der Behrens ebenfalls Schlagzeug spielte und mit der er eine Langspielplatte produzierte. SILBERBART hieß die Combo, die kommerziell gesehen aber eher ein Flop war. Im Jahre 1979 wurde der damals arbeitslose Künstler über eine Zeitungsannonce auf einen Job als Schlagzeuger aufmerksam. Aufgegeben hatten diese Annonce die beiden Musiker Stephan Remmler und Kralle Krawinkel, die ein Haus im niedersächsischen Großenkneten gemietet hatten und dort an ihrer Musik "für den großen Durchbruch" feilten. Behrens hatte plötzlich wieder einen Job, mit TRIO eine neue Band und die Geschichte, die folgte, ist schnell erzählt ... nach insgesamt 23 Absagen auf Bewerbungen für einen Plattenvertrag wurde der Manager des Hamburger Plattenlabels Phonogram, Louis Spillmann, auf die Gruppe TRIO aufmerksam und nahm sie letztlich unter Vertrag. Im Sommer '81 nahm die Band dann ihr erstes Album auf, das von Klaus Voormann (Freund der Beatles und Bassist in John Lennons Band) produziert wurde. Ebenso minimalistisch wie die Musik, war auch das Cover der Platte gestaltet, das auf weißem Grund lediglich die Namen der Songs auf der Rückseite und ein Logo mit Privatadresse und Telefonnummer der Band auf der Vorderseite zeigte. TRIO bestachen im Gegensatz zu vielen anderen NDW-Bands dieser Zeit durch Witz und Ideenreichtum. Speziell das Live-Programm war trotz fehlender Light-Show und anderem Bühnenschnickschnack innovativ und die dort erzeugte Stimmung und "Magie" ließen sich nicht auf Schallplatte übertragen. Das musste man einfach live erlebt haben, um mitsprechen zu können. Die Aufnahmen zum Megahit "Da Da Da" folgten Anfang 1982 im Studio der Gruppe YELLO in Zürich. Nach dem Auftritt von TRIO mit diesem Song in der TV-Sendung "Bananas" veränderte sich für die Band alles. Ebenso für den kleinen Ort Großenkneten, der plötzlich deutschlandweit bekannt war ... 
Die Nummer ging durch die Decke. Nur Nicoles Grand Prix Siegertitel "Ein bisschen Frieden" verhinderte einen Nummer 1-Hit für TRIO. Es folgte der legendäre Auftritt in der ZDF Hitparade und zahlreiche andere TV-Auftritte. Die Single verkaufte sich weltweit 13 Millionen Mal. Mit "Bum Bum", "Herz ist Trumpf", "Anna - lass mich rein, lass mich raus" und "Turaluraluralu" veröffentlichte die Band weitere Hits und mit dem eigenen Kino-Film "Drei gegen Drei" feierte die Kapelle im Jahre 1985 sogar ihr Filmdebüt. Behrens fiel bei allen Auftritten im TV, auf den Bühnen und im eben genannten Film immer wieder als Kontrapunkt zu Remmler und Krawinkel auf. Er war der stille und traurig blickende Mann am Schlagzeug, gekleidet in weißen Hosen, weißem Hemd und mit roten Hosenträgern und Schuhen, der abseits der Bühne - ich kann mich auch täuschen - nie ein Wort sprach. Mal blickte er beim monotonen Schlagzeugspiel einfach nur geradeaus ins Nichts oder gelangweilt in eine Zeitschrift, ein anderes Mal aß er während "der Arbeit" einen Apfel oder ein Butterbrot ... Er war ein völlig untypischer Schlagzeuger, der immer im Stehen spielte und auch nie durch spektakuläre Drum-Soli in Erscheinung trat. Diese Rolle spielte er fast sechs Jahre lang in Perfektion. Innerhalb der Band kam es ab Mitte der 80er (und nach dem Kinofilm mit dem dazugehörigen Soundtrack) zu Unstimmigkeiten über die weitere musikalische Ausrichtung. Bekannt wurde TRIO für die minimalistische Ausrichtung ihrer Musik und ihrer Shows, und weil sich die Musiker uneins darüber waren, ob man so weitermachen oder sich verändern solle, löste man die Band 1986 letztlich auf. Ob im Streit oder sachlich, darüber ist nichts Näheres bekannt ... Wer dort aber die treibende Kraft war, die den Stil und die Musik der Band verändern wollte, kann durchaus "erraten" werden.

Während Remmler in den Schlagerbereich mit Ausflügen in die Volksmusik wechselte und damit weitere Erfolge als Solist feierte, Krawinkel ein eigenes Tonstudio betrieb und später auch ein Solo-Album produzierte, blieb Behrens' weitere Karriere eher farblos. Zwar hatte er mit "Das Tor" noch einen kleinen Hit, der im Zuge der Fußball Europameisterschaft 1988 das Licht der Welt erblickte, ansonsten machte er eher durch Finanz- und Drogenprobleme Schlagzeilen - wenn er denn überhaupt noch in den Medien Erwähnung fand. An den TRIO-Tantiemen durch Verkäufe von Platten und CDs war Behrens jedenfalls nicht beteiligt - er hatte dummerweise an den Hits nicht mitgeschrieben. Mit einer der Gründe, warum er finanziell auf dem harten Pflaster landete. Er suchte sein Glück später wieder beim Zirkus, in Rollen beim Film und bezog letztlich sogar Sozialhilfe. Trotzdem er zusammen mit Ecki S. wieder live aufgetreten ist, fanden die letzten Jahre seines Lebens nicht mehr im Lichtkegel der Scheinwerfer statt, sondern eher im Schatten abseits der großen Bühnen. Er war zudem gezeichnet von einem harten Leben und seiner Drogensucht. 
Es war ihm nicht vergönnt, mit seinem Talent und seiner Kunst Geld zu verdienen und sich damit über Wasser zu halten. Medienberichten zufolge haben Polizeibeamte den Musiker am 6. Mai in seiner Wohnung in Wilhelmshaven aufgefunden. Er sei in kritischem Zustand gewesen und in ein Krankenhaus eingeliefert worden, wo er zuletzt fünf Tage im Koma lag und gestern (11. Mai 2016) an den Folgen von Nierenversagen, einer Lungenentzündung und einer Blutvergiftung gestorben ist. Wie schlecht es Peter Behrens zuletzt gegangen sein muss, kann man aus der Ferne nur erahnen. War sein Tod am gestrigen Tag die Erlösung eines Pechvogels, mit dem es das Schicksal nicht gut meinte? Dem es nur vier erfolgreiche Jahre in seinem Job gönnte und ihm sonst alle Steine in den Weg rollte, die auf seiner Reise zu finden waren? Schon als Baby ließ ihn das Glück im Stich. Als nichtehelicher Sohn eines US-amerikanischen GIs wurde er von seiner leiblichen Mutter zur Adoption freigegeben. Ein Start ins Leben ohne beide Elternteile ... Sein trauriger Blick hatte also durchaus Berechtigung, auch wenn dieser im Showgeschäft eine andere Bedeutung hatte. In Erinnerung wird mir Peter Behrens als der eben beschriebene, ruhige Vertreter der Neuen Deutschen Welle bleiben, der mit so wenig so viel Humor versprühte und Leute zum Lachen bringen konnte. Er bleibt auch als der minimalistische Schlagzeuger der Welt in Erinnerung, der nicht viel Einsatz zeigen musste, um einem TRIO den nötigen Rhythmus zu geben.

Wo auch immer Peter Behrens jetzt ist ... Es wird ein besserer Ort für ihn sein, ohne Geldsorgen, ohne Süchte und ohne miese Medien, die immer nur dann über einen berichten, wenn man diese Welt schon verlassen hat. Mach's gut, Peter, und Danke für alles!



 


   
   
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