Zum Tod von
 
Udo Jacob
 

Vom Wirken des kleinen "u"

Text: Hartmut Helms (01.02.2013) | Fotos: Archiv, Pressematerial
 
 
 
 
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Das kleine "u" im Namen lebt nicht mehr. Es ist tot und beinahe scheint es, als wäre dies ein paar Leuten auch nur ein paar ganz wenige Worte wert. Dabei ist dieses kleine "u" bei den PUHDYS in den Ur-Zeiten so ungemein wichtig gewesen. Später dann auch für den Sound anderer und für die vielen Muggen, also die Beschaffung der musikalischen Gelegenheitsgeschäfte, und damit für die Radatten in einer Band, um einen weiteren Kunstbegriff zu benutzen.

Versuche doch einer nur mal "P?hdys" auszusprechen oder "P?hdy-Quartett", was beweist, dass man den UDO JACOB, der das kleine "u" für den Bandnamen Puhdys zur Verfügung stellte, nicht einfach emotionslos durchwinken kann. Für ein schlichtes "herzliches Beileid der Familie und den Freunden" war der Mann am Schlagzeug und das Organisationstalent zu wirkungsvoll, was ihm ja letztlich auch zur Stolperschnur wurde. Nun bin ich nicht der Chronist des DDR-Rockuniversums, und auch nicht der einer einzelnen Band, aber ein paar Dinge sind mir dann doch noch sehr geläufig, wichtig und fest in der Erinnerung. Grund genug, obwohl ich beim ersten Anruf noch dankend abgelehnt hatte, nach dem zweiten Nachdenken nun doch, so gut es eben möglich ist, daran zu erinnern.

Eigentlich beginnt alles mit einer stinknormalen DDR-Biografie: Kindheit, Klavierunterricht, Lehre und nebenbei Tanzmusik. Dabei läuft das junge kleine "u" dem jungen Musiklehrer Peter Meyer über den Weg, der einen Schlagzeuger für seine UDO-WENDEL-COMBO sucht, die ihren Lebensunterhalt schon mit Muggen bestritt.


Da war das kleine "u" schon und noch dabei. Das sind auch jene Monate, da Peter Meyer ab und an durch ein Kasernentor spazierte und abwechselnd Herbert Dreilich, Reinhard Lakomy oder auch Henry Kotowski bei der Band aushalfen. Auch Dieter Hertrampf war schon mal da. Das sind auch exakt jene Jahre, da ich als Penneler das Puhdy-Qartett, die Kotowoski-Combo oder eben auch die Puhdys zum Tanz in Hohenleipisch, Elsterwerda oder Plessa erlebte. Damit mir keiner was anderes unterjubeln kann, hat ein Freund von mir damals ein Foto vor dem Kulturhaus in Plessa gemacht und die Puhdys (Jacob, Meyer, Jeske & Dreilich) haben auch als PUHDYS, und als nichts anderes, unterschrieben.Also heuerte UDO JACOB in der Musikschule Friedrichshain an und holte sich das theoretische Rückzeug, um auch Profi zu werden. Dann verließ der Namensgeber seine Band und bei der Suche nach einem neuen wirkungsvollen Namen wirbelte man kurzerhand die Anfangsbuchstaben der Bandmitglieder durcheinander. Dabei kam P-U-H-D plus Y heraus. Man schrieb das Jahr 1965 (!) und wenn dies nicht als Geburtsjahr gilt, dann aber sicher als jenes Datum der noch "jungfräulichen Zeugung" vom Puhdy-Quartett. Der quicklebendige, wild beatende und laut rockende Embryo einer späteren Band namens PUHDYS ward geboren.

So viel zur Legendenbildung und wie man mit einem offiziellen Gründungsdatum Geschichte schreiben kann. Dass es damals noch kurzzeitig eine junge Aushilfe namens Wolfgang Behrend an den Drums gab, sei noch am Rande erwähnt und ob das vollständig dargestellt ist, glaube ich selbst nicht. Diese Zeiten waren einfach zu turbulent, zu wild und manchmal auch zu undurchsichtig. Es kommt immer darauf an, wie man heute damit umzugehen bereit ist.

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Irgendwo zwischen 1966 bis 1968 hieß der Schlagzeuger der PUHDYS, oder welchen Decknamen man gerade benutzte, jedenfalls UDO JACOB und erst als Peter Meyer von der Fahne zurück kam, setzte sich GUNTHER WOSYLUS an diesen Platz und DIETER BIRR wurde der Frontmann. Nach einem Konzert im Freiberger Tivoli wurde die Geschichte neu definiert und das Jahr als Geburtsjahr der Band ausgerufen. Bei Deep Purple, diesen Vergleich bitte nicht falsch verstehen, nannte man das Mark II.

Während sich bei den PUHDYS die "Türen zur Stadt öffneten" und wer weiß wohin noch, landete UDO JACOB mit seinem Instrument bei der "Musikantenfamilie" PANTA RHEI, wo er auch Herbert Dreilich wieder traf. Die Felle und Becken gerbte er nur noch gelegentlich, Frank Hille war eh der bessere Mann. Statt dessen übernahm er das filigrane Amt des "Organisationsleiters" für den bunten Haufen talentierter Musiker und steuerte den Sound an den Reglern. Diese anstrengende und kraftaufwendige Zeit, zu der auch eine "All Star Band '73" gehörte, endete 1973 nach den Weltfestspielen und danach gab es PANTA RHEI, den Schmelztiegel unterschiedlichster Interessen und künstlerischer Ambitionen, nicht mehr. UDO JACOB nahm seine Siebensachen und landete beim Orchester Alfons Wonneberg.

Was den nicht eingeweihten Beobachter vielleicht wunderte, Otto Normalo nicht interessierte, aber jedem Beteiligten bekannt war, ist die Tatsache, dass kaum einer der damals Agierenden mit einem Instrument "Made in GDR" oder einem Produkt Marke Vermona, einer robusten MV3-Box mit satten 12,5 Watt Leistung oder einer Regent 60-Gesangsanlage auf der Bühne stand. Die Frage nach der Herkunft, den verschlungenen Wegen und überhöhten Preisen feinen westlichen Equipments stand unausgesprochen immer im Raum. Nur sprach keiner drüber und die Offiziellen duldeten das Treiben, sobald ein bestimmtes Level des Interessenausgleichs erreicht war.


UDO JACOB ist still und unauffällig von uns gegangen, so, wie er die letzten Jahre seines Lebens gelebt hat. Manches wird auch weiterhin unausgesprochen bleiben, nur eben nicht die Tatsache, dass der stille Mann an den Reglern, im Schatten der Spots und hinter den Kulissen ein wichtiger und umtriebiger Wegbereiter des heutigen "Ostrock" war. Außer ein paar wenigen lapidaren Zeilen fällt heute in einem schlauen Forum, in einem Gästebuch und im Blätterwald kein einziges Wort, findet man nichts. Die ach so großen Fans und Grahlshüter der Szene aus Ost und West ergehen sich in Banalitäten. Das Netz ist so leer, wie die Worthülsen vom Beileid für Familie und Freunde auch. Kein Nachspüren der Vita, kein Würdigen, kein historischer Kontext, keine Emotionen, fast nur die nackte Nachricht und die Rede vom Beileid. Das macht fast noch mehr betroffen, als die eigentliche Nachricht.UDO JACOB stolperte über einen der unsichtbaren Fäden, verließ sich vielleicht auf falsche Freunde und so wurde ihm eine "geschenkte Tonanlage" als Devisenvergehen interpretiert. Ein unfreiwilliger Aufenthalt in einer "Staatspension" 1981/82 war die Folge und außerdem, dass man für die Szene danach wohl zu heiß war. Der Mann, dessen Spuren in der Rockhistorie der DDR nicht zu übersehen sind, wurde übersehen und lebte, bis auf Ausnahmen, eher zurückgezogen im heimatlichen Paretz. Über sein Verhältnis zu den Geschehnissen und Personen darf spekuliert werden, denn die Details wird man nun sicher nicht mehr aus berufenem Mund erfahren. Es wird Schlau-Meiers geben, die mehr wissen wollen, als die Beteiligten selbst, und die jungen Nachwuchs-Fans lesen sich ihre eigene Geschichte aus den Fragmenten zusammen, während unsereins lächelnd den eigenen Erinnerungen hinterher denkt. Es gibt Dinge, die kann einem keiner mehr nehmen!

Solche wie UDO JACOB gab es mehr als einen. Jedoch nur er war und ist für diejenigen, die ihn schon auf den Tanzsälen erlebten und bei PANTA RHEI live dabei waren, das kleine "u" bei den PUHDYS. Er ist Teil eines Namenszuges und einer Marke, und nichts und niemand wird das vergessen machen können. Wer PUHDYS ausspricht, sagt auch leise UDO JACOB. Das und so manch andres kann ihm keiner mehr nehmen und wird bleiben. Wieder ist einer gegangen und wider das Vergessen einer bunt schillernden Facette des vergangenen Landes mögen diese Worte für UDO JACOB stehen.

 


Erinnerungsstücke:
Flyer zum Projekt "All Star Band '73"
 

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