SCHUBI, KATRIN & Band

die Schubert Band live 1981

Beitrag + Fotos Hartmut Helms

 


Der Musiker Sieghard Schubert fiel mir erstmalig als Posaunist bei Klaus Lenz bzw. bei der einmaligen Tour der All Star Band 1973 auf. Das war wohl kurz vor der Gründung der Schubert-Formation.

Schubert war als Bandleader, Posaunist und Keyboarder weniger dem Jazz, als dem Jazz-Rock zugeneigt und damit komplexen Sound-Strukturen a la Blood, Sweat & Tears und Chicago. Da kamen ihm natürlich die Erfahrungen mit Lenz zustatten, und das fand seine Umsetzung in seiner 1973 gegründeten Schubert-Formation. Schubert setzte wie seine Vorbilder auf einen kompletten Bläsersatz und hatte mit Holger Biege (!) einen Sänger, dessen Potential und Stimme hervorragend dazu paßten. Aus jener Zeit ist mir der Song "Sommer ade" in Erinnerung, der auch schon die Handschrift des Komponisten Biege trägt.

Holger Biege verließ die Schubert-Formation wenig später für eine Solo-Karriere, eine der wenigen, die zu DDR-Zeiten auch eine solche war. Für ihn kam 1976 Christian Schmidt, der mehr als nur Ersatz hätte sein können. Doch der folgte den Lockruf nach Berlin zu Hugo Laartz und seiner Modern Soul Band. Aus der Schubert-Formation wurde die Schubert-Band, als die Sängerin Katrin Lindner vom Erbe-Chor und der Gruppe WIR kommend den Weg nach Halle und zu Sieghard Schubert fand. Damit stand der letzte und entscheidende Stilwechsel ins Haus. Mit Katrin Lindner wurde die Musik liedhafter, allerdings noch immer vordergründig rockig, hatte die Sängerin doch genügend Rockerfahrungen in die Band einzubringen. Sieghard Schubert gelang immer wieder das Kunststück, exzellente Musiker für sich zu gewinnen, und damit ein Abdriften in ein seichtes Schlagerumfeld zu verhindern. Das machte letztlich auch den Erfolg der Band über viele Jahre aus, reichte dennoch aber nicht zum Durchbruch an die absolute Spitze in der DDR. Aus heutiger Sicht betrachtet, war die Schubert-Band für viele Musiker so etwas wie ein Durchlauferhitzer, ein Sprungbrett zu späterer Popularität. Die Liste ist sicher unvollständig, liest sich aber dennoch erstaunlich: Holger Biege, Christian Schmidt, Hans "Die Geige" Wintoch, Michael Demnitz, Peter "Bimbo" Rasym, Konrad Burkert, Volker Wicher, Eberhard Struch.

Als ich die Schubert-Band am 21. Oktober 1981 für ROCK-MIX No. 10 im Kulturhaus Plessa verpflichtet hatte, war ihre erste und einzige LP bei AMIGA erschienen und ihr Stern leuchtete hoch im Zenit. Der Titel der Langspielplatte konnte getrost auch für das ganze Konzert gelten. "Heiße Tage" war synonym für die Musik der Band. Von Beginn an steht die rockende Röhre der Rock-Lady im Mittelpunkt und die Show ist auf sie ausgerichtet. In hautengen Lederhosen tobt Katrin Lindner über die große Bühne, ist sich ihrer optischen und gesanglichen Wirkung bewußt und spielt beides aus.

Ihr Partner auf der Bühne und damals auch im Leben versteht es geschickt, sein Können an den Tasten ganz in den Dienst der Songs und der Interpretin zu stellen. Bei "Haltet ein" baut er gemeinsam mit Katrins Stimme ständig wechselnde Klangwände bis zum fulminanten Höhepunkt auf und läßt sie dann auch optisch hinter einem Nebelschleier verklingen. Mit dem Song "Junge aus Liverpool" gedenkt die Band John Lennon, der erst ein knappes Jahr zuvor erschossen worden, und natürlich auch Idol und Inspiration für die Rocker in der DDR war.

Glanzlichter setzte Katrin ohne Zweifel auch mit ihren Rockballaden. "Ich liebe noch" ist eine solche. Schubi rollte für Katrin's Stimme sinnbildhaft einen Keyboardteppich aus, auf dem sich ihre Stimme beinahe zerbrechlich in die Höhe tastet, ohne dabei an Power zu verlieren. Die gleiche Wirkung erzielt die Sängerin bei "Abendträume", vielleicht ihr schönstes Lied, das durch Schubi's Tastenkünste bis zu seinem wuchtigen Höhepunkt getrieben wird.

Die Band rockt sich durch das Repertoire der aktuellen Scheibe. Katrin singt "Und wie weiter", eine Nummer, in der es um die erste Liebe in der Schule geht. Im Konzert wird fast ausschließlich eigenes Material gespielt. Dazwischen gibt's immer wieder auch Gelegenheit für die Musiker, ihr Können auch solistisch auszutoben. Vor allem Michael (Mike) Demnitz, der ehemalige Bassist von Reform, ist dabei kaum zu halten. Seine Soli waren damals legendär, seine urwüchsige Kraft, die Saiten zu bearbeiten ein Genuß. Demnitz hatte den Ruf, der "schnellste Bassist" des Landes zu sein, wie ein "Baßbomber" zu agieren. Wenn der richtig in Fahrt kam, nahm er schon auch mal ein bereitstehendes Trinkgefäß, meist ein Wasserglas, um damit seinem Baß ein klirrendes Soundinferno zu entlocken. Am Ende flog das Glas meist in eine hintere Ecke, vorn blieb ein glücklich schwitzender Bassist stehen - der Typ war mit seinem Instrument ganz und gar eins.

Hinter dem Schlagzeug saß zu jener Zeit der Pole Waldemar Janicki, der von der Gruppe Magdeburg kam und in seiner Heimat schon mit dem Polnischen Blues-König Tadeusz Nalepa & Breakout gespielt hatte. Der Mann an der Gitarre heißt Volker Wicher, einer der besten Saitenzupfer zu jener Zeit. Den hatte Schubi bei SIT aus Thüringen aufgegabelt und war mit seinem von Hendrix und Gallagher beeinflußten Spiel eine Bereicherung für die Gruppe und für Mike Demnitz der perfekte Gegenpart. Das Zusammenspiel beider war die besondere Brise Salz für das Konzert, das ich zu großen Teilen noch in bester Erinnerung behalten habe, nicht zuletzt auch der beiden Saitenkünstler wegen.

Die Schubert-Band in dieser Form löste sich kurze Zeit später (1983) auf und wurde nur noch als 3-Personen-Projekt fortgesetzt. Die studierte Malerin Katrin Lindner widmet sich später intensiv wieder ihrer eigentlichen Leidenschaft und Sieghard Schubert war einer der wenigen, die sich zu DDR-Zeiten mit einem eigenen Studio selbständig machten. Geblieben ist die einzige LP und die Erinnerung an eine Band, die sich nie in die absolute Spitzenliga spielen konnte, weil außer dem zeitweiligen Ehepaar Schubert/Lindner kein Musiker beständig dem Projekt und der Musik erhalten blieb. Auf Dauer nur "Durchlauferhitzer" zu sein, kostete wahrscheinlich viel Energie und letztlich auch den großen Banderfolg.

Katrin Lindner, so scheint mir jedenfalls, hat ihre Bestimmung und ihren Ruhepol gefunden. Die Spuren von Wichert, Janicki und Demnitz kann man finden, so man möchte. Die von Schubi müßte ich erst noch suchen. Manchmal bringt grenzenlose Freiheit auch so eine ungewollte Stille des Vergessens mit sich, gegen die anzuschreiben, Sinn dieser Zeilen ist.
 
 
 
Foto Impressionen:
 
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