vircheisen 20130104 1152114963 Titel:
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"Altes Eisen"
Luxus Musik Verlag
April 2009
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1. Das kann niemand so wie du
2. Schlampe
3. Immer wenn ich aufwach
4. Du kannst doch jetzt nicht gehen
5. Autobahn
6. Schön schön schön
7. Geld
8. Nazis
9. Träum weiter
10. Altes Eisen
11. Guter Hund
12. Einfach Liebe
13. Du fehlst mir
14. Dein Lächeln


Hinter den Kulissen des einheimischen Rock-, Pop- und Schlagergeschehens ist er seit Jahrzehnten ein überaus gefragter Mann: ERICH VIRCH, studierter Germanist und Anglist, gebürtig aus Hessen stammend, heute im Landkreis Lüneburg lebend, ersann bereits unzählige Titel für so unterschiedliche Künstler, wie z.B. Wolfgang Petry, dessen Sohn Achim, Klaus Lage, "Karat", Angelika Milster, Katja Ebstein, Stephan Wald, aber auch für gänzlich stildivergente Interpreten a la "Klostertaler", Kalle Pohl, "Die Zillertaler" oder Hans Werner Olm. Sogar die bildhübsche Österreicherin Allessa erhielt die Ehre zuerkannt, für ihr 2007er-Debütalbum "Samstag Nacht" Erichs Komposition "Dieser Sommer stirbt nie" aufnehmen zu dürfen.
Als Sänger seiner eigenen Songs, ist der Hobby-Buchautor und Bühnenstücke-Schreiber nur ganz, ganz selten hervorgetreten. Nach zwei eher unbeachteten Alben im Rausche des NDW-Fiebers 1981 und 1982 (http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Virch), stellte er neun Jahre später, ergo 1991, die sog. "Virch Band" zusammen und veröffentlichte mit dieser die grandiose Deutschrock-Scheibe "Halt mich fest", die mehrheitlich charismatische Pop-, Rock- und Bluesballaden beinhaltete und mit dem (textlich bedauerlicherweise nicht selten haarscharf zutreffenden) Funkrocker "Schöne Männer sind dumm" phantastisch ausklang. Doch dabei blieb es - und Erich beschränkte sich von nun an ausschließlich auf das Arbeiten im Hintergrund.
Kürzlich aber erschien endlich wiederum Selbstgesungenes des hochtalentierten Komponisten und Texters. "Altes Eisen" (Bell Musik GmbH/Aichtal) wartet ca. 47 Minuten lang mit gehobenem Deutschpop/Deutschrock auf, mal mehr heftiger inszeniert, mal gar folkorientiert, still ausgestaltet, versehen mit mehr als nur anspruchsvollen Texten, die überwiegend emotionale Themen behandeln, aber auch vor politischen/gesellschaftskritischen Inhalten nicht zurückschrecken. Der Autodidakt, der nahezu alle Instrumente eigenständig spielt, wird nur bei zwei Titeln von seinem langjährigen Arbeitspartner Andreas Cisek auf der Gitarre begleitet. Cisek hatte seinerzeit übrigens schon "Halt mich fest" mitproduziert.
Zu den prägnantesten, mitreißendsten Beiträgen auf "Altes Eisen" gehört unzweifelhaft der riff-betonte Bluesrocker "Schlampe", der sich klanglich irgendwo zwischen Westernhagen und den "Stones" aufhält, wobei das besonders Spannende an ebenjenem Titel ist, daß er sich von einem sachten Akustikgitarren-Intro nach und nach zu einer dröhnenden, schnellen Rocknummer mit leichter Punkattitüde aufbaut, um in einer krachenden Gitarrenorgie zu enden. Kraftvoll drauflos fetzt auch "Du kannst doch jetzt nicht gehen", eine aufmunternde, latent hedonistische "Anmach-Hymne" - für den Verfasser dieser Zeilen so eine Art ‚Antwort' Erichs auf Wolf Maahns, inhaltlich ähnlich ausgerichteten 1984er-LP-Beitrag "Total gut drauf". Vorangetrieben von einem knackigen Baß, verstärkt mit Bläsern aus dem Synthesizer, vernehmen wir einen weiteren Höhepunkt von "Altes Eisen", genau gesagt, die rasende Sympathiebekundung "Einfach Liebe".
Die im mittleren Tempo arrangierte Pop/Rockballade "Träum weiter" kennen wir von Wolfgang Petry, als zuvor seinerseits unveröffentlichten Titel auf seiner 2007er-Best-of-Koppelung "Seine schönsten Balladen"; die regenromantische, sehr atmosphärische Pop/Rock-Elegie "Autobahn" wurde bereits 1995 von einem darüber hinaus nicht weiter aufgefallenen Nachwuchssänger namens Thomas Wechlin aufgenommen. Der Autor betonte im Gespräch mir gegenüber, er habe diesen Titel jedoch nicht per se für Wechlin geschrieben, sondern vielmehr, da er von Gino Vanellis exquisitem 1987er-Klassiker "Wild Horses" - Zitat - "elektrisiert" war.
Textlich brillant, provokativ und überaus bissig wird's im Mid-Tempo-Rocker "Schön, Schön, Schön", der von ebensolchen Typen berichtet, die das Lied-Ich auf den Tod nicht ausstehenden kann: Jesus-ähnliche Jammerlappen, frühreife "Matratzen", klassische "Rasenmäher-Spießer" oder "Ey, weiss Du, ey, Alda f*** Dich"-Migrantenmachos bekommen hierin , stets augenzwinkernd, aber gleichsam offen und direkt, ihr Fett weg, während der hymnische, Springsteen'eske Rocker "Geld" auf ironische Weise Kapitalismuskritik übt.
Der Eröffner von "Altes Eisen", "Das kann niemand so wie Du", erinnert, Dank seiner sanften Akustikgitarren-Klänge, der Nutzung eines sog. "Shakers", anstelle konventioneller Rhythmusinstrumente, und des schleichenden, fragilen Tempos an den 1990er-Welthit "More than Words" der US-Hardrockband "Extreme". Diesen Titel nahmen übrigens schon "Karat" und Wolfgang Petry in ihr Repertoire auf; zusätzlich befindet er sich auf der aktuellen CD von Wolfgang Lippert. "Immer, wenn ich aufwach" spielt gekonnt mit Elementen aus Folk, Reggae, Zydeco, Ska und klassischem Rock, und lebt v.a. vom Einsatz eines trefflichen, zickig/frechen Akkordeons; offenbar eines der Lieblingsinstrumente des sympathischen Singer/Songwriters, da er die sprichwörtliche "Quetschkommode" bereits 1991 auf "Halt mich fest" mehrfach berücksichtigte.
Der Titelsong "Altes Eisen" handelt über einen arbeitslosen Bauarbeiter, dem irgendein Jungspund in der Personalabteilung frech verkündet, die angestrebte Stelle sei aus Altersgründen leider, leider nicht mehr frei, woraufhin sich der Arbeitssuchende erhebt und seinem Gegenüber deutlich darlegt: "Ich gehör zum Alten Eisen - das ist wahr / Denn für eisenharte Arbeit bin ich da / … Und ich werd' es Dir beweisen / eisenhart". Sehr eindringlich, authentisch und überzeugend formuliert, dargeboten zu einem traditionellen, deftigen, aber niemals zu "eisenharten" Rocker.
Bluesig, grazil, semiakustisch, erklingt die ultralangsame Hommage auf den besten Freund des Menschen, "mit vier Pfoten", "Guter Hund". Erst hintergründig, dann lautstark los rockend, atmosphärisch und lyrisch ehrlich, dringt das Sehnsuchtsopus "Du fehlst mir" aus den Boxen.
Ein heißes Eisen greift Erich im brodelnden, klanglich, seinem Plot entsprechend, 'ungemütlichen' Klangdrama "Nazis" auf. In dessen so faszinierendem, wie fraglos missverständlichen Text begibt sich der Vortragende in die Rolle brauner Banden und grölt überzeichnet und drastisch aus deren Sicht dümmliche Parolen, wie "Wir sind Nazis / Und keine Barmherzigen Brüder / Wir sind Nazis / Wir machen die Ausländer nieder". Hier sollte Erich allerdings aufpassen, daß diese bittere Zuspitzung des Problems hinsichtlich unbelehrbarer Extremisten nicht auf der einen Seite von scheuklappenbehafteten Gutmenschen missdeutet und andererseits womöglich von Skinheads und Co wortwörtlich und somit für ihre Zwecke genutzt wird.
Hierzu der Songautor persönlich: "Nazis" hab ich in der Zeit der ersten Antinazi-Lichterketten geschrieben, die sehr gut gemeint waren - ich fand es jedoch nicht ganz so einfach, mich durch bloße Abgrenzung gegen braune Arschköpfe schon rein und gut zu fühlen - in einem Land, das von der Ausbeutung der Dritten Welt zehrt, zu den größten Rüstungsprofiteuren der Welt gehört und sich international keineswegs sehr "ausländerfreundlich" verhält.
Der nachdenkliche, gefühlvolle, verträumte Gitarren-Poprocker "Dein Lächeln" beschließt eine perfekte Songkollektion, bestehend aus, wie der Künstler zu Protokoll gibt, sowohl älteren Liedern "aus grauer Vorzeit" (Zitat), auch aus solchen, die vor zig Jahren bereits von einem oder mehreren Interpreten eingesungen wurden, bzw. aus manchen Schmankerln, die sich enge Freunde und "Eingeweihte" gewünscht hatten. Zudem betont Erich, daß er die 14 Titel für "Altes Eisen" in ebenjener Form aufgenommen hat, wie sie seinerzeit sein Studio verließen, um von anderen Künstlern übernommen zu werden.
Aus allen 14 Songs ist eindeutig und zweifelsfrei zu entnehmen, daß Erich Virch in Wahrheit ein klassischer Rocker guter, alter Prägung ist, der seine musikalischen Wurzeln in den 60er bis 80er Jahren hat. Solche wunderwollen Rockperlen, wie die auf vorliegender CD vorhandenen, landen dann bei irgendwelchen "Kanaillen" aus der Comedy- oder Volksdümmlichen Ecke…Eine echt herrliche Vorstellung für Freunde superber Rockklänge… wobei es andererseits natürlich durchaus als positiv bewertet werden kann, daß auch Vertreter aus diesen Genres zwischendurch mal auf einen guten Titel zurückgreifen.
Da Erich jedoch nicht nur über einen wundervollen Fundus an Melodien und eine schier phänomenale Formulierungskunst verfügt, sondern auch über eine kraftvolle, authentische (Rock)-Stimme, sollte er es sich überlegen, vielleicht öfter mal mit einer eigenen, selbst gesungenen CD an die Öffentlichkeit zu treten!
Gesamtnote: 1
(Holger Stürenburg)

 


   
   
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