vonvielenmilch 20130102 1452662324 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Milch & Honig"
Motor Music
19.03.2010

1. Klub Krise
2. Asche zu Asche
3. Wenn wir wieder werden
4. Alles ist verbunden
5. Her damit
6. Sicher ist sicher
7. Halb so schlimm
8. Mein Block
9. Gross und leer
10. Meine Engel
11. Kein Zurück
12. Die Illusion
13. Bei den Beiden


Rainer von Vielen ist inzwischen kein Unbekannter mehr. Immer wieder mal stolpert man über seinen Namen und über seine Songs. Erst vor knapp zwei Jahren haben wir sein Album "Kauz" (Motor Music) vorgestellt und in den höchsten Tönen gelobt, nun kommt mit "Milch & Honig" im März sein neuester Streich.

Der erste Song "Klub Krise" kommt uns im Clubsound daher. Eine Mischung aus zeitgenössischem Dancefloor, ein bisschen Yello, ein bisschen Westbam, hier noch ein geslappter Bass und ganz viel Rainer von Vielen. Außergewöhnlich auch der zweite Song "Asche zu Asche". Wieder wabern computererzeugte Elektroniksounds aus den Boxen, die mit einer Gitarre, ein klein wenig Bassspiel und weiblichem Backgroundgesang ergänzt werden. Obendrauf erzählt uns von Vielen eine Geschichte. Kann man das hier Vorgetragene "Hip Hop" nennen? Ich weiß nicht... dafür ist "Asche zu Asche" eigentlich zu anspruchsvoll. Etwas erinnert die Nummer dann aber doch an Peter Fox, allerdings ist dieser Song hier nicht so nervig und belanglos wie der Großteil auf Fox' akustischem Erguss "Stadtaffe". Nach zwei eher tanzbaren Songs kommt mit "Wenn wir wieder werden" als drittes ein Song in der Machart von "Tocotronic" oder "Die Sterne". Auch hier dienen die genannten Bands nur als Beispiel, denn von Vielen kann das ebenso viel besser. Der Song zieht einen sofort in seinen Bann und man wird erst am Ende wieder in der Realität ankommen. Neben eingangs erwähntem Dancefloor-Sound treibt der Künstler sein Unwesen auch mit Funk. "Die Musik wird heavy und es macht rambam" (Zitat: Spliff) und "Her damit" knallt einem förmlich um die Ohren. Die Nummer packt sofort, und wer dabei die Füsse still halten kann, hat die Anlage ganz sicher zu leise gedreht. Außerdem findet man auf "Milch & Honig" Pop ("Sicher ist sicher"), Chanson ("Gross und leer"), schlurfenden Indie-Rock ("Die Illusion") aber auch Disco-Sound ("Meine Engel"). Dazu kommt man auch in den Genuss einer Coverversion von Sidos "Mein Block". Und wer glaubt, von Vielen versucht sich am Hip Hop, hat sich kräftig geschnitten. Seine Version ist eher volkstümlich... seeeeehr volkstümlich!
Rainer von Vielen bedient hier wirklich jeden Geschmack und verbindet. Er präsentiert auf seiner neuen Scheibe zwar Musikrichtungen, die andere Musiker vor ihm schon beackert haben, aber von Vielen macht es immer ein Stück besser und läßt den Rezensenten nicht nur einmal ungläubig zuerst auf die CD Hülle und anschließend auf die Anlage schau'n. Auf "Milch & Honig" reiht sich eine Songperle an die andere. Auch wenn kein Song stilistisch und musikalisch wie der andere ist, ist die Platte wie aus einem Guss. Trotzdem von Vielen quer durch alle Spielarten hüpft, wirkt die Platte als Ganzes und jeder einzelne Titel passt zum folgenden. Die musikalische Bandbreite auf "Milch & Honig" wirkt erfreulich frisch und abwechslungsreich. Über die gesamte Länge der CD bekommt man die geballte Ladung Tiefgang und der Hörer wird gefordert, die Inhalte von Vielens Songs zu interpretieren und nach Aussagen zu suchen. Einfach macht es der Mann einem nicht, und das ist auch gut so, denn eindeutige und platte Ansagen, untermalt von musikalischen Belanglosigkeiten, haben wir ja schon genug...

Fazit: Es kann ohne Zweifel behauptet werden, dass "Milch & Honig" zu den abwechslungsreichsten, überzeugendsten, mitreißendsten und qualitativ hochwertigsten Alben der letzten Jahre zu zählen ist. Die Vielfalt der Arrangements ist so spektakulär und reichhaltig, dass man beim ersten Hören gar nicht alles auf einmal erfassen kann. Die Komplexität der Songs und die mit reichlich Inhalt gefüllten Texte machen aus den Liedern eine nicht in kürzester Zeit zu lösende Aufgabe. Die klangliche Opulenz ist ebenso beeindruckend wie die Art des Vortrags. Rainer von Vielens neues Album ist völlig unkonventionell, stellenweise psychedelisch und so überhaupt nix für die Mainstream-Charts. Das Album gehört ganz nach vorne in die Regale, denn die darauf aufgespielte Musik toppt diverse Veröffentlichungen angesagter Vokalartisten und Klangtüftler unseres Landes um Längen, denn - wie weiter oben schon erwähnt - er macht es bei allem immer ein Stück weit besser.
(Christian Reder)