sco-sitt 20130102 1202010501 Label:
VÖ:
Best.-Nr.:  

Titel:

Columbia / Sony
19/03/2010
88697 59330 2

· Raised On Rock
· Sting In The Tail
· Slave Me
· The Good Die Young
· No Limit
· Rock Zone
· Lorelei
· Turn You On
· Let's Rock
· SLY
· Spirit Of Rock
· The Best Is Yet To Come

Merkwürdig, was einem manchmal für Ideen durch den Kopf schießen, wenn man gerade dabei ist, eine neue CD zu rezensieren. Vor ein paar Minuten erst haben wir angesichts der aktuellen Krokus-Scheibe "Hoodoo" philosophiert, daß man diese nur am 1982er Meilenstein der Eidgenossen messen könne und die Probe auf's Exempel gemacht. Mit verblüffendem Ergebnis... Und irgendwie reizt uns der Gedanke, mit dem neuen Langeisen der Hannoveraner Stacheltierchen genauso zu verfahren. Dabei tritt urplötzlich eine gewisse Logik solchen Vorgehens zutage. Die Parallelen sind nämlich so naheliegend, daß man sich unweigerlich fragt, wieso man das nicht von vornherein ins Kalkül gezogen hat. Nicht nur, daß Krokus und die Scorpions alte Kollegen sind, die schon in ihrer Frühphase gemeinsame Konzerte absolvierten und daß beide in ihrem Heimatland die jeweils erfolgreichste Rockband aller Zeiten sind, springt ins Auge. Auch, daß das Jahr 1982 für beide Gruppen von nicht geringer Bedeutung war, ist nicht von der Hand zu weisen. Gilt doch für viele "Experten" gerade die 82er "Blackout"-Scheibe der Scorpions als absolutes Referenzwerk und deren "letztes richtig gutes Album" (eine Ansicht, die wir übrigens NICHT teilen, aber das nur nebenbei...). Einmal an diesem Punkt der Überlegung angelangt, machen wir eine weitere verblüffende Entdeckung. Ähnlich wie ihre Schweizer Kollegen haben auch die Scorpions an ihre stärkste Phase angeknüpft und ein Werk erschaffen, das dem Vergleich mühelos standzuhalten vermag. Und das mit einer Frische und Selbstverständlichkeit, die man zumindest in dieser Form nicht für möglich gehalten hätte. "Sting In The Tail" fesselt vom ersten Augenblick an und enthält all jene Trademarks, mit denen die Band einst ihren Siegeszug um die Welt angetreten hat. Zu keinem Zeitpunkt drängt sich der Verdacht auf, daß hier alternde Musiker verzweifelt versuchen, ihre Vergangenheit zu beschwören. Vielmehr geben gestandene Rocker mächtig Gas und sprühen förmlich vor Energie, wobei die Lockerheit und die kreativ überzeugende Eigenwilligkeit von ganz allein zum Tragen kommen. Die Scorpions bieten rasante, hymnische und auch getragene Rockmusik-Kunst, kompositorisch bestechend, auf den Punkt gespielt und über jeden Zweifel erhaben. Auch die eigentümliche Theatralik, die Klaus Meines Gesang zusammen mit seiner Stimme so unnachahmlich macht, fehlt nicht. Nur nach Schmachtballaden, die zu präferieren unbelehrbare Zeitgenossen der Band seit "Still Loving You" und "Wind Of Change" so gerne vorwerfen, sucht man erneut vergebens. "Sting In The Tail" ist ein mächtiges, überzeugendes, abwechslungsreiches und verdammt starkes Album geworden, das keine Konkurrenz aus dem eigenen, mit Hits gepflasterten Backkatalog zu fürchten braucht. Eigentlich unvorstellbar, daß es das unwiderruflich letzte sein soll. Aber die Scorpions werden, wie immer in ihrer langen Karriere, gute Gründe für ihre Entscheidung haben. An mangelnder Kreativität liegt es jedenfalls definitiv nicht! Wer's nicht glaubt, soll sich das Teil einfach anhören, ein besseres Argument gibt es nicht. John Lennons Worte kommen uns in den Sinn: "Es ist nur eine Rockband, die sich trennt. Nichts Wichtiges also..." Auch ein Beatle hat nicht immer Recht! Genauso wie die FabFour aus Liverpool werden auch die Scorpions eine Lücke hinterlassen, die nicht zu schließen ist. Doch an dem was bleibt werden noch viele Generationen ihre Freude haben... (kf)