kl-wb 20130102 1970600881 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Nichts bleibt"
Buschfunk
März 2010

1. Halt mich fest
2. An deinen Ufern
3. Der Clown
4. Dunkelheit
5. Die Königin
6. Verliebt
7. Zeit steht still
8. Die Sonne scheint nicht mehr
9. Ich rufe dich
10. Flügel wachsen mir
11. Hoffnung
12. Nichts bleibt


Wer die Reise der unvergleichlichen Schubert- bzw. Katrin Lindner Band (die Gruppe hatte im Verlauf der Zeit ja einige Namen) von 1976 bis 1985 verfolgt hat und nach ihrer Auflösung nicht sicher war, ob er jemals wieder Musik hören würde, die er so gut finden und die ihn dermaßen zu berühren im Stande wäre, wird sich im März 2010 ganz besonders freuen, denn die Stimme dieser Band, Katrin Lindner, hat endlich wieder ein Album mit neuen Titeln aufgenommen.
Große Stimmen brauchen keine Fisimatenten, sondern können sich zur Not auch ohne Begleitung in die Herzen ihrer Zuhörer singen. Das ist ein seltenes Talent, das auch Katrin Lindner ihr eigen nennen kann, doch die Künstlerin hat für die Aufnahme ihrer neuen, selbst geschriebenen Songs letztlich aber nicht ganz auf Instrumentierung verzichtet. Vielmehr hat sie mit dem begnadeten Pianisten und Keyboarder André Gensicke (Zöllner Band) und dem seit vielen Jahren aktiven und wohl bekanntesten Cellisten dieses Landes, Sonny Thet (u.a. Bayon), zwei großartige Kollegen dazu gewinnen können, ihre Songs zu vertonen. Die eben vorgestellte Dreier-Besetzung läßt den interessierten Leser sicher jetzt schon nicht nur ahnen, dass hier nicht mit Rock- oder Popmusik zu rechnen ist. Bereits der Opener zeigt neue und alte Stärken der Sängerin. "Halt mich fest" heißt der erste Song der zwölf Titel umfassenden Scheibe und man verspürt sofort den Wunsch, ihr diesen Gefallen zu tun. Leicht, zerbrechlich und gefühlvoll singt sie über die optimistische Sichtweise einer Frau in den besten Jahren. Hier und auch im Verlauf der CD bemerkt man die Professionalität einer Sängerin, die spielend leicht und gekonnt mit der Musik harmoniert und mit ihr ein Ganzes bildet.

Mit "An deinen Ufern" geht die musikalische Reise in die "neue" Welt von Katrin Lindner weiter. Leise und sacht geht der Song los, um dann beim Refrain immer wieder in eine Art Varieté-Musik, volkstümlich mit französischen Einflüssen, mit Staccato-Rhythmen des Klaviers und dem Einsatz des Akkordeons, zu münden.
Auch der folgende Titel "Der Clown" wird von ruhigen Klaviertönen getragen, während Katrin sanft und einfühlsam das traurige Dasein eines Clowns beschreibt, der "zum Lachen verdammt ist", und das nur "für den Applaus". Ein wirklich trauriger Titel. Passend dazu schließt sich ohne Pause das Lied "Dunkelheit" an. Inhaltlich ist der Name Programm ("Ich war immer in der Spur und ich weiß nicht mehr wofür, seh' alles nur noch grau. Woher nehme ich denn Sinn, alle Tage zieh'n dahin..."). Ein trauriges und sehr nachdenkliches Lied, das von der überzeugenden und beeindruckenden Gesangsleistung Lindners lebt und durch sie erst seine Stärke bekommt.
Aber es geht auf "Nichts bleibt" nicht nur traurig oder melancholisch zu. Z.B. findet sich mit "Verliebt" ein Titel, der so nur entstehen kann, wenn man wirklich verliebt ist. Fröhlich, frisch und voller Übermut fordert sie ihr fiktives Gegenüber keck auf: "Komm ich küss dich, wenn du mich läßt. "
Mit einem gehörigen Touch Klassik a la Beethoven legt "Zeit steht still" los, wechselt aber beim Refrain stets zu einem flotten Chanson. Fröhlicher wird's dann wieder bei "Ich rufe dich". Locker leicht erinnert der Song im Refrain etwas an Silly's "Wo bist Du", ist von seiner Machart her aber ganz anders. Inhaltlich geht's um eine im Sterben liegende (oder schon gestorbene) Beziehung ("Ich rufe dich, aber du hörst mich nicht"). Große Kunst! Und so reiht sich eine Songperle an die andere und ergibt am Ende eine Kette, die exakt in der Zusammensetzung funktioniert und zu überzeugen weiß.

"Nichts bleibt" ist insgesamt ein klassisch orientiertes Album, das fernab vom Mainstream und experimenteller Rockmusik seine ganz eigene Nische sucht und findet. Die CD ist etwas für die ruhigen Momente des Tages, z.B. bei einer Tasse Kaffee oder Tee an einem grauen Tag, am Abend eines arbeitsreichen Tages oder bei einer längeren Autofahrt. Wichtig dabei ist, sich auf den Inhalt einzulassen. Das ist DIE Voraussetzung für diese CD. Inhaltlich wechselt das Album von tief betrübt ("Dunkelheit") zu optimistisch eingestellt ("Halt mich fest"), von melancholisch ("Zeit steht still") zu poetisch berührt ("Flügel wachsen mir"). Mal zeichnet es ein Bild in dunklen Farben, mal eins in hellen und erfrischenden Tönen. Katrin Lindner versteht es, auf angenehme und überzeugende Weise den Hörer an die Hand zu nehmen und ihn durch zwölf unterschiedliche, abgeschlossene Geschichten zu führen. "Ich will das Leben spüren, und wie der Wind mich trägt / lass mich von ihm verführen, und fliege mit ihm weg" heißt es in "Flügel wachsen mir". Und das ist exakt das, was diese CD auch vermittelt. Katrin Lindner hat sich selbst verwirklicht. Sie unterlag keinerlei Zwängen und hat in zwölf Liedern das gemacht, wonach ihr war. Wie ein guter Wein ist auch Katrin Lindner als Sängerin über die Jahre noch besser geworden. Ihre Art des Vortrags berührt mehr denn je, ihre Geschichten binden den Hörer. Auch wenn "Nichts bleibt", bleibt die Erkenntnis, dass große Stimmen - wie eingangs schon erwähnt - nicht viel Schnickschnack brauchen. Auch die Erkenntnis, dass langes Warten auf ein Wiedersehen sich manchmal lohnen kann, denn "Nichts bleibt" ist ein vielfältiges, melancholisches, verträumtes, an jeder Stelle spannendes und sehr gut produziertes, wunderschönes Album, wie man es nicht häufig findet. Es wird die Herzen seiner Hörer erreichen, die Frage stellt sich nicht. Eine deutliche Kaufempfehlung für Freunde der etwas anspruchsvolleren und klassisch orientierten Musik mit Tiefgang. Ich verneige mich vor der Künstlerin und vor diesem wunderschönen Werk!
(Christian Reder)


 


   
   
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