kah2010 20121220 1734740447 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Meine Besten (Best Of)"
DA Music
Juli 2010

1. Rosemarie
2. Sternenhimmel
3. Einmal nur mit Erika
4. Engel 07
5. Limousine
6. No Rain
7. Psycho Radio
8. Lifeline
9. Military Drums 2005
10. Lass mich träumen 2005
11. Raketen (Warp Acht Remix)
12. Ich bleib bei Dir
13. Wenn der Mond die Sonne berührt (live)
14. Sekunden 15. Willkommen im Leben
16. Die Erinnerung (feat. Purpur)
17. No Rain (Munich Sound)
18. Psycho Radio (Warp Acht Club Mix)

Als im "legendären Sommer" 1982, einer wahrhaft hitzigen Jahreszeit, die in Großbritannien liebevoll als "Summer of Pop" apostrophiert wurde, hierzulande die eher kommerziell und hitparadentauglich ausgerichtete Neue Deutsche Welle (NDW) Zeitgeist, Radiostationen, Feuilletons und Massenmedien beherrschte, war einer ganz vorn mit dabei: HUBERT KAH, 1961 unter seinem Realnamen "Hubert Kemmler" in Reutlingen geborener, Sänger, Komponist, Poplyriker und Produzent. Damals trat Hubert meist im Gewande eines nach ihm benannten Trios, gemeinsam mit dem Gitarristen Markus Löhr und dem Bassisten Klaus Hirschburger auf. Grell geschminkt, oft nur mit gleißend weißem Nachthemd bekleidet, ließ sich das schräge Multitalent sogar in der betörend konservativen "ZDF-Hitparade" des legendären Schnellsprechers und "Schachtelsätze-Verächters" Dieter Thomas Heck blicken.
Nach dem so phantastischen, wie ewig unterschätzten 1984er-Album "Goldene Zeiten", das mit Kommerz-NDW nichts mehr gemein hatte, sondern vielmehr elitären Deutschpop höchster Qualität beinhaltete, konvertierte Hubert zwei Jahre später zur Englischen Sprache. Mittels der Alben "Tensongs" (1986) und "Sound of my Heart" (1989), präsentierte er klassischen, aber zugleich widerspenstigen, nicht alltäglichen Synthipop, der international jederzeit konkurrenzfähig war. Kurz später, erkrankte Hubert Kah an einer schweren Depression; mit den von nun an nur noch sporadisch auf den Markt gebrachten CDs, konnte er an vorangegangene Erfolge nicht mehr anknüpfen. Erst 2005 überraschte der Co-Autor diverser Hits der KollegInnen Sandra, Münchener Freiheit oder Inker & Hamilton, mit einem, gerade von uns unverbesserlichen 80er-Jahre-Kindern, lange erwarteten, neuen Studioopus. Dieses nannte sich "Seelentaucher" und beinhaltete 14 englisch- wie deutschsprachige Popperlen, stilistisch angesiedelt zwischen Dancefloor, Pop, Gothic und - selbstverständlich - sacht ironischen NDW-Reminiszenzen.
Hubert polarisierte damit Fans wie Kritiker gleichermaßen, kehrte aber auf genau diese Weise in das Gedächtnis von uns 80er-Freaks zurück, wo er bis dato in positivster Weise verweilt. Und heute - d.h. dieser Tage - legt seine aktuelle Plattencompany DA Music/Diepholz eine alles andere als konventionelle, vorhersehbare Best-of-Kopplung des einstigen NDW-Heroen vor: Die Kompilation "Meine Besten" (so der Titel von Huberts neuer CD) führt prägnant und trefflich durch die langsam 28jährige Karriere des Hubert Kah. Es gelang den Kollegen in Diepholz sogar, einige Originalversionen früher Hits bei Huberts einstigen Firmen anzulizenzieren - selbst, wenn auf "Meine Besten" natürlich hauseigenes Material im Vordergrund steht.

Los geht's mit dem unvergesslichen Top-3-Hit, Partyrenner und Radiodauerbrenner "Rosemarie", einer durchaus schlichten Komposition mit ziemlich einfältigem Text, die aber seinerzeit das Lebensgefühl des "Summer of Pop" punktgenau traf. Der berühmte "Sternenhimmel"... für uns unverbesserliche 80er-Epigonen ein nicht weg zu diskutierender Teil unserer Kindheit/Jugend. Heutzutage Wochenende für Wochenende radikaler Tanzflächenfüller auf jeder Discoparty von Nord bis Süd; fraglos ein Klassiker deutscher Popmusik.
1983 folgte das zweite Hubert-Kah-Album "Ich komme...", welches die gefeierte Single "Einmal nur mit Erika (dieser Welt entflieh'n)" in sich trug, die für "Meine Besten" selbstverständlich berücksichtigt wurde.
Im Mai des "Orwell-Jahres" stellten Hubert Kah und seine Mitstreiter die neue Single "Engel 07" vor: Ein ‚Perfect Popsong', der sich von kommerziell orientierter Fließband-NDW wohltuend abhob und auf bewegende Weise dauerhaft zeitlos daher kommt. Die Folge-45er "Wenn der Mond die Sonne berührt", knapp Top-40 im Oktober 1984, hören wir auf "Meine Besten" in einer balladesken, semiakustischen, im Tempo drastisch verlangsamten Neufassung aus 2005, die erstmals auf "Seelentaucher" zum Einsatz kam, bei Huberts Fans nicht unumstritten war, aber bei näherem Hinsehen bzw. Hinhören zwar ungewohnt, aber alles andere als verachtenswert klingt. Im Juni 1986 stürmte Hubert mit "Limousine", einer zynischen, englischgesungenen, mit genialischen Gospelelementen angereicherten Ode auf einen schwarz lackierten Leichenwagen (!), erneut die Top 10 der hiesigen Singlehitparaden.

Darüber hinaus gibt es auf "Meine Besten" nicht uninteressante Neuaufnahmen des 1987er-Charthits "Military Drums" - nun stark rhythmisiert und auf Dancefloor getrimmt - und des 1983er-Albumtracks "Laß mich träumen" zu hören; letzterer Beitrag wirkt geradezu bedrohlich, wurde mit brodelnden Rockgitarren unterlegt und entwickelt so ganz neuen, unerwarteten Charme, in nächster Nähe zur Gothic-Szene.
Der düster-melancholische, (nicht nur entfernt) an die norwegischen 80er-Pophelden "A-Ha" erinnernde, prickelnde Synthi-Blues "No Rain" diente 2005 als erste Singleauskoppelung aus "Seelentaucher". Gleichfalls spürbar kühl und computerlastig, wenn auch temporeicher ausgefallen, ist der Disco-Titel "Psycho Radio", der im Original ebenfalls aus "Seelentaucher" stammt, und den wir, wie auch "No Rain", 2010 auf "Meine Besten" in brandneuen Remixes vernehmen. "Lifeline" (2005) erweist sich als edle, äußerst romantische Pop/Rock-Ballade auf Synthibasis, "Raketen", gleichsam "Seelentaucher" entnommen, wurde für "Meine Besten" als dröhnender, lauter "Warp Acht Elektropunk RMX" knallig aufbereitet. Unverkennbares, schwarz-bizarres Gothic-Flair plus ausschweifende Gefühlsorgien vermitteln der dunkle Pianoschleicher "Ich bleib bei Dir" und der ebenso nachdenkenswerte, philosophische Psycho-Walzer "Die Erinnerung", den Hubert übrigens zusammen mit seinen Labelkollegen "PurPur" aufgenommen hatte. In ebendiese Richtung, wenn auch eher im Up-Tempo-Bereich zu verorten, tendieren auch die düsteren Synthipopper "Sekunden" und "Willkommen im Leben".

Hubert Kah anno 2010 ist bestimmt kein leichter Mensch. Er hat auf jeden Fall etwas zu sagen - und vielleicht muß man womöglich selbst schwerdepressiv sein, um seine Botschaften ganz genau zu verstehen oder zumindest nachvollziehen zu können. "Meine Besten" repräsentieren einen Hubert Kah, der in seiner Jugend Dank "Rosemarie", "Sternenhimmel" oder "Erika" unvergessliche Evergreens geschrieben und gesungen hatte, und der heute, als arrivierter 50Plus-Erwachsener, trotz seiner depressiven Erkrankung immer noch in der Lage ist, tolle, eingängige, wenn auch oft nachdenkliche, sagen wir ruhig: grübelnde, traurige Songs vorzuweisen.
Ich finde die Kompilation "Meine Besten" einfach nur Super und freue mich auf ein erstes persönliches Treffen mit Hubert Kah, inkl. eines anvisierten Interviews, Anfang September 2010, im Rahmen des "Hamburger Alstervergnügens". "Meine Besten" spiegelt alle Nuancen des künstlerischen Lebens, des kreativen Schaffens von Hubert Kah, in Bestform wider. Ich hoffe sehr stark, daß es bald wiederum ganz neues Material dieser unverbrüchlichen 80er-Ikone geben wird, und lade nun alle Freunde nicht alltäglicher, quer gedachter Popmusik zwischen Deutschrock, Synthipop und Gothic ein, sich Huberts "Beste" zu Gemüte zu führen. Es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger, als um perlenden, pointierten, erlesenen Pop ‚Made in Germany', ein ums andere Mal versehen mit intensiven, ehrlichen und ausdrucksstarken Texten, die regelmäßig zum Nachdenken auffordern!
(Holger Stürenburg)

 


   
   
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