cdtd2010 20121220 1036108075 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Eines Wunders Melodie"
Zug Records
29. Oktober 2010

1. Einsamkeit
2. Die Erblindende
3. Es ist noch Tag auf der Terrasse
4. Lösch mir die Augen aus
5. Die Liebende
6. Schlaflied
7. Ich wollt' sie hätten statt der Wiege
8. Rot war der Abend
9. Geseh'n Gehofft Gefunden
10. Ich lese es heraus
11. Aus einer Kindheit
12. Herbsttag
13. Der Panther
14. Das Karussell
15. Opfer
16. Liebeslied
17. Zum Einschlafen zu sagen

Maxs Repke alias Reinhardt Repke, viele kennen ihn auch als Bassisten der Band Rockhaus, hat sich erneut etwas Besonderes einfallen lassen. Im Jahr 2005 gründete er den „Club der toten Dichter“. Bereits die Erstausgabe vom „Club“ war mehr als überzeugend. Damals - im Jahr 2006 - erschien die Vertonung der Gedichte Heinrich Heines auf der CD „Das Buch der Lieder“, gesungen von Dirk Zöllner. Zu meinen Lieblingsliedern daraus zählt noch bis heute „Ich hab im Traum geweinet“. Auch die zweite Ausgabe unter dem Titel „Zweifach sind die Phantasien“ (2008), mit Norbert Leisegang (Keimzeit) als Sänger, überzeugten mich beim ersten Hören während eines Live-Konzerts des "Club". Dabei hatte ich bei diesem Programm im Vorhinein, also bei der Ankündigung, große Bedenken, denn wie sollte man Buschs Worte bzw. Geschichten in melodische Kleider stecken? Jetzt, im Jahr 2010, hat Maxs Repke beim dritten Programm des "Clubs" die Werke von Rainer Maria Rilke vertont. Für dieses Projekt konnte er zum ersten Mal eine Sängerin gewinnen: Katharina Franck. Viele werden denken, "Der Name sagt mir was, die kenne ich doch irgendwo her?!" Richtig! Katharina Franck war die Frontfrau und Seele der „Rainbirds“. In den 80ern, genauer gesagt 1987/88, hatte die Sängerin mit ihrer Band und dem Titel „Blueprint“ ihren großen Durchbruch. Daran wird sich jeder erinnern. Sollte man jetzt für gut befinden, dass die Rainbirds nicht aktiv sind? Es wäre sonst sicherlich fragwürdig ob sich Maxs und Katharina unter anderen Umständen für eine gemeinsame Platte entschieden hätten. Also, alles gut so wie es ist! Katharina Franck war auch schon mit eigenen musikalischen Projekten unterwegs. Ihre umwerfende Stimme passt vorzüglich zum „Club der toten Dichter“. Sie gibt Rilkes Texten und Maxs Vertonungen die nötige Intensität, und verleiht dem Ganzen Ausdruck.

„...und es wird Herbst“, Ende September eben. Beim ersten „Grobhören“ der CD muss ich widersprechen. Ich höre den Frühling, obwohl ich nicht bis zum Frühling 2011 auf diese CD hätte warten wollen. Allerdings hörte ich die CD als ich durch die sonnige Stadt fuhr und schenkte den Texten keinerlei Beachtung. Beim zweiten, wirklich intensiven Zuhören, erkannte ich die Schwerfälligkeit in Rilkes Gedichten und die entsprechende musikalische Umsetzung in den 17 (!) Songs. Gleich beim ersten Song, der mit den Worten „Die Einsamkeit ist wie ein Regen. Sie steigt vom Meer den Abenden entgegen“ beginnt, spürt man die lyrische Kunst des Herrn Rilke. Katharina Franck gelingt es Maxs' Kompositionen im richtigen Stil zu präsentieren. Wer Katharinas Stimme mag, wird garantiert auch diese Scheibe mögen. Mit entsprechender Sensibilität verleiht sie jedem einzelnen Song Einmaligkeit. Kräftige Unterstützung findet sie hierbei im Musikerensemble:

Reinhardt Repke (acc-git, e-git, dobro, voc)
Andreas "Spatz" Sperling (flügel, org, keyb, chor)
Markus Runzheimer (bg)
Tim Lorenz (dr, perc)
Gastmusiker Phillip Steinke (Flügel u Orgel bei Titel Nr. 17)

„Es ist noch Tag auf der Terrasse“, „Lösch mir die Augen aus“ und „Rot war der Abend“ kommen schwungvoll bzw. beswingt daher. Ein wiederholendes „ba da da dab“ oder auch „lei lei lei“ der Band verbreitet ein Gefühl von Leichtigkeit. Bei den Werken Rainer Maria Rilkes (geboren als Renè Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke) handelt es sich um schwere Kost, die aber durch Vertonung eventuell leichter zu verdauen ist. Das gesungene Wort verleiht viel mehr Aussagekraft, als wenn man die Texte nur lesen würde. Viele werden sicherlich durch die musikalische Umsetzung überhaupt erst Zugang zu seiner Poesie finden. Der fünfte Song „Die Liebende“ beginnt mit einem Geständnis: „Ja, ich sehne mich nach dir“, später dann im Text: „aber jetzt in den Frühlingswochen...“. Nanu, hier gibt's also doch die Bestätigung: die Frühlingsgefühle beim ersten Hören der Platte waren dann doch nicht so abwegig!
Schwermütig wird es wenn zuerst Katharina, dann Maxs und danach beide zusammen singen: „Einmal wenn ich dich verlier, wirst du schlafen können, ohne dass ich wie eine Lindenkrone mich verflüstere über dir“. Das „Schlaflied“ im Duett, Berührung mit dem Tod verbunden mit einer wahnsinnigen Liebeserklärung, wird von einer wunderbaren Melodie getragen. Maxs singt, wie bereits bei den ersten beiden Projekten, einige seiner Kompositionen selbst: „Ich wollt sie hätten statt der Wiege“, „Rot war der Abend“, „Opfer“ und das „Liebeslied“. Ganze sechzehn Kompositionen hat Maxs auf dem Silberling verewigt. Lediglich für die siebzehnte Komposition, „Ich lese es heraus“ (Titel Nr. 10), zeigt sich Katharina Franck verantwortlich.

Auch Tierisches kann man beim „Club der toten Dichter“ vernehmen, einen einsamen Panther und weiße Elefanten vom klingenden Karussell. Weiterhin kann ich mich aber nicht zwischen Frühling und Herbst entscheiden. Tiefsinn, Traurigkeit und Frische liegen nahe beieinander. In „Herbsttag“ (aus dem Jahr 1902) heißt es: „Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß. Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren und auf den Fluren lass die Winde los.“ Aber eines scheint sicher: die CD erscheint in diesem Herbst, denn am 29. Oktober ist Veröffentlichungs-Termin. Mit dieser CD zu träumen oder abzuheben, sie zu genießen (mit einem Glas Wein) oder zwischen Frühling und Herbst zu wandeln, das bleibt jedem selbst überlassen. Kaufen! Anhören!
Die Tour hat bereits begonnen und erstreckt sich vom Spätsommer 2010 bis komplett über das Jahr 2011. Die Tourdaten und weitere Informationen unter www.club-der-toten-dichter.de
(Petra Heinzel)