ams-egt 20121219 2098709449 Titel:
Label:
VÖ:

Titel:

"Es gibt Tage..."
Verve / Universal
November 2010

CD:
1. Armin, Günther und Tobias stimmen sich ein
2. Nun wart ich jede Stunde
3. Die blaue Kuh
4. Die Hüte
5. Spielt der Donner...
6. Sommerwind
7. Der Bauchladenmann
8. Spatzenhymne
9. Es gibt Tage...
10. Marie hat eine Nase
11. Elsbeth
12. Liebesballaden
13. Brief an den toten Geliebten
14. Die Spinne und der Floh
15. Sagst mir lächelnd
16. Nach dem letzten großen Krieg
17. Ich kauf dir eine Blume

DVD:
1. Die blaue Kuh
2. Es gibt Tage... (Albumdokumentation)
3. Interview Armin Mueller-Stahl
4. Interview Günther Fischer
5. Der Bauchladenmann (1972)

Am vergangenen Freitag (17.12.) ist einer der ganz Großen des Schauspielfachs 80 Jahre alt geworden: Armin Mueller-Stahl. Der Schauspieler hat auf beiden Seiten des "Eisernen Vorhangs" mit seiner Kunst Erfolge feiern dürfen und zählte - egal wo er wirkte - zu den hoch anspruchsvollen Darstellern, denen man gerne auch komplizierte Rollen anvertraute. Mehr noch - er eroberte sogar die Traumfabrik Hollywood! Wer kennt sie nicht, die tollen und großartigen Film- und Serienproduktionen wie z.B. "Fünf Patronenhülsen", "Nackt unter Wölfen", "Das unsichtbare Visier", "Momo" (als Chef der "Grauen Herren"), "Avalon" oder "Shine - Der Weg ins Licht" (brachte ihm eine Oscar-Nominierung ein) . Der Darsteller verzichtete stets auf Rollen in deutschen Serien-Produktionen wie z.B. "Der Alte" oder "Die Schwarzwaldklinik" auf Kosten von vielleicht großen Gagen und weiterem, schnell verdienten Ruhm, und er tat gut daran. Er ist eine lebende Legende, die nie in verfilmten Groschenromanen, dafür aber in vielen ernsten Rollen zu sehen war, die nur ganz wenige spielen konnten!
Was viele Leute vielleicht gar nicht wissen, ist, dass er fast einen anderen Beruf ergriffen hätte. Armin Mueller-Stahl wollte Musiker werden. Er wuchs in einer Familie auf, in der Kunst (Musizieren und Malen) einen festen Platz im Alltag hatte. Er studierte Violine und Musikwissenschaft am Städtischen Konservatorium in Berlin, und schloss sein Studium 1949 mit einem Examen als Musiklehrer ab. Doch bevor er da tätig werden konnte, wechselte er ins Schauspielfach. Der Rest ist Geschichte.

Mit seinen nunmehr 80 Jahren begibt er sich noch einmal auf neues, und für seine Fans gefühlt ungewöhnliches Terrain, denn im November erschien sein erstes (!) Album, auf dem er als Sänger in Erscheinung tritt. Dabei hat er schon früher Ausflüge in die Musik gemacht, nur hat das damals nicht den Weg auf Platte und deshalb nur bei wenigen Menschen den Weg ins Ohr gefunden. Sein Debüt-Album trägt den Titel "Es gibt Tage..." und beinhaltet 17 Jazz-Songs sowie eine DVD mit Bonusmaterial. Was es hier zu hören gibt ist etwas, für das man sich Zeit nehmen sollte. Musik nur mit Klavier (Gernot Reetz, Günther Fischer), Saxophon (Günther Fischer), Akkordeon (Tobias Morgenstern), Flöte und Violine (Armin Mueller-Stahl), mal lustig beschwingt, mal ernsthaft, teils finster, aber immer spannend und höchst interessant. Der Künstler hat Lieder neu aufgenommen, die vor 45 Jahren in der DDR entstanden sind. Alle Texte (mit Ausnahme dem des Liedes "Liebesballade", der von Francois Villon stammt) sind aus seiner Feder. Darunter auch solche, die der Zensur in der DDR zum Opfer gefallen sind. Die Lieder erzählen auf ungewöhnliche und lyrisch-poetische Weise vom Leben und Lebenssituationen in der DDR, von der Liebe und vom Zwischenmenschlichen, aber auch von der Stasi ("Marie hat eine Nase"). Wie man es von Songtexten aus der DDR kennt, sind die Botschaften nicht direkt zu erkennen, sondern manchmal nur angerissen oder verschlüsselt. Aussagen sind versteckt hinter Metaphern und Fabeln und somit eine wahre Herausforderung an den Hörer, sie zu finden und zu entschlüsseln. "Es gibt Tage..." ist ein Album voller Musik, die berührt und Texten, die es im wahrsten Sinne des Wortes in sich haben. Beim Vertonen wurde auf jeglichen Schnickschnack und auf jeden "überflüssigen" zusätzlichen Ton verzichtet. Und um diese Schlichtheit in der Musik - wie eben beschrieben - hinzubekommen, hat Mueller-Stahl mit keinem Geringeren als seinem Freund Günther Fischer die Köpfe zusammen gesteckt. Für die Aufnahmen dieses Albums reiste der Musiker in die USA, um mit dem Schauspieler dieses Kunstwerk fertig zu stellen. Es war übrigens nicht das erste Mal, dass die beiden in Sachen Musik gemeinsame Sache gemacht haben. Im Studio legte dann zum Schluss noch Rainer Oleak Hand an und verlieh den Titeln den letzten Schliff.

Unter dem Strich ist "Es gibt Tage..." ein großartiges Werk. Die Musik und der Inhalt sind vielleicht oft schwer-verdaulich - inhaltlich wie musikalisch - finden aber ganz sicher ihre Freunde. Wie auf dem Gebiet der Schauspielerei, macht Armin Mueller-Stahl auch als Sänger eine gute Figur. Mehr noch: Als Texter zeigt er hier ebenfalls, was in ihm steckt. Die Zusammenarbeit von Mueller-Stahl, Fischer und Morgenstern hat den Liedern und somit der gesamten CD ein strahlend schönes Gesicht verliehen. Der große Mime vermittelt seine Botschaften. Zusammen mit seinen Begleitern kleidet er sie in Musik, die dazu einfach passt. Was vor vielen Jahren mit einem Jazz-Quartett (damals auch schon mit Mueller-Stahl und Fischer) zum Vortrag gebracht wurde, fand jetzt endlich den Weg auf einen Tonträger. Allen, die sich Musik schonmal nur des genauen Zuhörens, Entdeckens und Genießens Willen einlegen, sei diese CD empfohlen. Wer mit der Kunstform Jazz nichts anzufangen weiß, sollte aber die Finger davon lassen. Hierbei handelt es sich nicht um Musik, die den Massengeschmack treffen soll, sondern um ein zeitgeschichtliches Tondokument, an dem man - so man dafür offen ist - große Freude haben kann.
(Christian Reder)

 


   
   
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