rb-zze 20121216 1633211431 Titel:
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VÖ:

Titel:

"Zurück zu Euch"
Roland Bless
Koch / Universal
11. März 2011

1. Vielleicht seh ich Dich heute Nacht
2. Jemand der Dich liebt
3. Verliebt in Deine Augen
4. Bitte bleib noch hier
5. Stern vom Himmel
6. Es ist Sommer
7. Lass mich jetzt nicht allein
8. Flieg mit mir
9. Ich fühl mich gut
10. Weit hinaus
11. Wir
12. Der Sommer ist vorbei

Bonustrack:
13. Verliebt in Deine Augen (akustisch)

Viele Leute fragen sich, wieso die Kapelle PUR so viele Fans hat - ich mich übrigens auch! Überhaupt fällt auf, dass es bei PUR irgendwie kein "Schwarz" oder "Weiß" gibt. Entweder die Leute lieben sie oder sie mögen sie überhaupt nicht. Seit nunmehr 26 Jahren (ja, PUR gab's schon vor "Lena", "Hör gut zu" und "Lied für die Vergessenen") musizieren ein paar Musiker aus Bietigheim-Bissingen fröhlich vor sich hin und veröffentlichen Platte um Platte. Auffällig dabei ist - zumindest wenn man genauer hinhört -, dass die Songs immer das gleiche Strickmuster haben... Man mag es glauben oder nicht, aber trotz dieser Tatsache hat die Qualität der Lieder in den letzten Jahren merklich nachgelassen. Man kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass man ein zweites "Abenteuerland" (ein Song, der sogar mir gefällt) nicht wieder hinbekommen hat. Dies steht konträr zu den Verkaufszahlen und scheint die Fans überhaupt nicht zu stören. Ganz im Gegenteil, sie pilgern trotzdem in Scharen zu den Konzerten und in Plattenläden... Lange Rede - kurzer Sinn: Einer, der die Entwicklung der Band scheinbar genauso kritisch sieht, ist Gründungsmitglied Roland Bless. Er hat die Kapelle 1976 zusammen mit Ingo Reidl gegründet und sie 34 Jahre später, genauer gesagt am 3. Mai 2010 - wie es heißt - aus "menschlichen wie musikalischen Gründen" verlassen. Man möchte den Musiker dazu beglückwünschen, diesen Schritt gegangen zu sein. Er verließ aus Überzeugung und unter Verzicht auf alle Vorteile eine Band, die auch ohne große Meisterwerke zu produzieren Hallen und Plätze füllt und deren Publikationen meist schon kurz nach VÖ auf Platz 1 der Album-Charts landen. Zu Deutsch: Er läßt reichlich Geld liegen! Statt weiterhin die immer gleichen Stücke mit Beats und Breaks zu unterlegen, machte sich der Musiker auf und selbstständig. Die Hände in den Schoß zu legen und sich nach dem Zurücklehnen anzuschauen, wie die Euros auch ohne musikalisch aktiv zu sein in Form von Tantiemen auf das eigene Girokonto wandern, ist offensichtlich nicht Herrn Bless' Ding. Nö, er ist hergegangen und hat Songs für ein Album in der Art komponiert und getextet, wie er sich die Musik vorstellt. Sinnigerweise nennt er seinen Silberling auch "Zurück zu Euch". Na gut, also wird es neben PUR jetzt auch noch Ableger geben, die in das gleiche Horn blasen. Denkste!

Das Scheibchen eingelegt und sofort stellt man fest: "Das klingt gar nicht schlecht!" Dem Außenstehenden stellt sich allerdings schon beim ersten Song die Frage, warum Bless nicht von vornherein der Sänger von PUR geworden ist. Warum ist diese Stimme über Jahre hinter einem Schlagzeug verschwunden? Ihm muss doch vorher schonmal jemand gesagt haben: "Junge, Du musst nach vorne und singen!" Sein Debüt-Album als Solist beginnt mit einer locker-flockigen Deutschrock-Nummer namens "Vielleicht seh' ich Dich heute Nacht". Eine wirklich treibende Nummer mit harten Gitarren und einem sehr geilen Gitarrensolo. So hat Deutschrock zu klingen! Es folgt eine Ballade mit dem Titel "Jemand der Dich liebt". Eine wunderschöne Komposition, die sogar dem härtesten Lederjackenträger den einen oder anderen wohligen Schauer über den Rücken jagen dürfte. Danach erklingt "Verliebt in Deine Augen". Im Pressetext heißt es zu dem Song, dass es sich dabei um die erste Single aus dem Album handelt und beim Hörer "erste Frühlingsgefühle wecken soll". Bei mir weckte der Song eher die Angst, Wolfgang Petry sei zurück! Die Nummer klingt volles Programm nach Petry und geht gar nicht. Die Wahl zur ersten Single mag die feigen Radioredakteure im Lande, die sich nicht mehr trauen, etwas anderes als gleichgeschalteten Schotter zu spielen, in Verzückung versetzten, aber auf dem Album ist dieser Song der meiner Meinung nach schwächste Titel! Da knüpft "Bitte bleib noch hier" qualitativ schon eher an die ersten beiden Nummern an. Wieder eine Ballade, wieder erreicht sie den Hörer (mich). Ein wirklich gelungenes Stück. Auch "Stern vom Himmel" steht dem in nichts nach. Ebenfalls ein eher ruhiges Stück Musik mit Streichern und Akustikgitarren. Bless überzeugt mit seinem Gesang erneut und der Titel sowieso. So leise und beschaulich die Nummer auch anfangen mag, im Verlauf geht's dann richtig zur Sache. Auch hier haut den Hörer das Gitarrensolo am Ende des Songs aus den Schuhen und der Spannungsbogen funktioniert bestens. Das wäre die geeignetere Single gewesen (Dass es auch gerne mal anders klingen darf, zeigt uns derzeit ja Frau Meyer Landrut mit ihrer düsteren Nummer für den Eurovision Song Contest)! Und in der Art und Weise geht's auf der CD weiter. Die von Dieter Falk produzierten Songs (Falk produzierte übrigens auch schon für PUR) überzeugen, machen Spaß und haben allesamt ihren Reiz. Musikalisch ist Roland Bless nichts vorzuwerfen. Die Kompositionen sind wirklich ansprechend, die Arrangements sind von hoher Qualität und bieten dem Hörer viele Überraschungen und Abwechslung. Für meinen Geschmack geht es inhaltlich zu viel um "Liebe, Herzschmerz, Leidenschaft", kurz: Mir fehlen die Inhalte. Aber das muss nicht unbedingt etwas Negatives sein. Wichtig ist, dass der Funke überspringt, und das tut er.

Bless' Debüt-Album wird ganz sicher Freunde und Fans finden. Mich würde interessieren, wieviele PUR-Fans beim Hören dieser CD merken, dass sie seit Jahren dem falschen Sänger gehuldigt haben. Ich bleibe bei meinem Einwurf, dass Roland Bless schon viel früher hätte ans Mikro treten sollen. Nicht nur das: PUR hätte schon viel früher mal auf Bless' Ideen hören sollen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Ideen zu diesen Songs erst gestern hatte und sie nicht schon längst mal bei einer Bandprobe vorgestellt hätte. Für meinen Geschmack ist Roland Bless das bessere PUR - hier sind Klassenunterschiede nicht zu überhören! Alles in Allem bekommt die Scheibe eine gute Note mit Abzügen, was den Inhalt der Songs betrifft.
(Christian Reder)

 


   
   
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