knorkator2011 20121216 1262546048 Titel:
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"Es werde Nicht"
Knorkator
tubareckorz / Rough Trade
16. September 2011

- Du nich
- Nö
- Arschgesicht
- Du bist schuld
- Warum
- Refräng
- Ain't Nobody
- Faster Harder Scooter
- Kinderlied
- Bleib steh'n
- Auf dem See
- Geboren
- Sofort

Humor und handwerklich erstklassige Musik zu verbinden geht nicht? Dann kennt Ihr KNORKATOR nicht. Ich habe keine Ahnung, wie man bei soviel skurrilem, schrägem, aber auch hintergründigem Humor im Studio arbeiten kann, ohne einen Lachanfall zu bekommen und die Fertigstellung des Werks über Monate hinauszuzögern, aber Deutschlands meiste Band der Welt kann das wohl, sonst wär die neue CD ja jetzt auch noch nicht fertig. Keine andere Musikkapelle (auch nicht die EAV) schafft es immer wieder auf's Neue, mich beim Hören ihres Produkts so dermaßen vor Lachen auszuschütten, dass ich zwischendurch mal unterbrechen muss. Umso geiler kam die Nachricht im vergangenen November, dass KNORKATOR wieder zusammen sind und ein neues Album veröffentlichen wollen. Und dieses Album hält allen Erwartungen stand!

"Es werde Nicht" heißt der Silberling und der hat's wieder einmal in sich. Die "Boygroup" aus Berlin, die auch bei ihrer neuen CD wieder ohne Robbie Williams auskommen muss, hat 13 neue Songs im Gepäck und die selbstauferlegte (nennen wir es ruhig mal) Pause hat ihr hörbar gut getan. Gewohnt laut und schräg kommt sie daher. Schon der Opener "Du nich" geht direkt in die Blutbahn. Ein typischer "Angebersong", einzigartig vorgetragen von uns Stumpen, der das wie kein anderer rüberbringen kann. Wer schon immer seinem Nachbarn 'ne lange Nase drehen wollte, dafür aber noch nicht die passenden Worte gefunden hat, kann hier eine Nachhilfestunde bekommen. Dass es aber nicht nur um Spaß und Blödeleien geht, hört man im Verlauf der CD immer wieder. Beim zweiten Song "Nö" beweist das z.B. das Gitarrensolo im Mittelteil. Es unterstreicht einmal mehr die großartige Virtuosität eines Buzz Dee Baur. Beim nächsten Stück reibt man sich erstaunt die Augen (bzw. die Ohren). Ein hörbar stark verjüngter Stumpen trotzt dem Stimmbruch und singt uns ein Stück, dessen Name ausgesprochen und einem Ordnungshüter entgegen geschleudert für Geldstrafen in astronomischer Höhe und einer Anzeige obendrein sorgen dürfte. Aber hier geht's nicht um das Geheimnis der eigenen Verjüngung (denn das ist ja gar nicht der Stumpen am Mikro), und auch geht es nicht um die Polizei oder Politessen! Hier geht's um das Stück "Arschgesicht", für dessen Aufnahme sich der etatmäßige Sänger der Band wohl Urlaub genommen zu haben scheint und dafür den Sohnemann von Alf Ator, Tim Tom, die Arbeit auf's Auge gedrückt hat. Der Sprössling von Alf macht dabei einer gute Figur und zeigt Selbstbewusstsein ("Geh aus dem Weg, du Arschgesicht! Eh Mann, du stinkst nach Klo."). Mutti und Vati schmeißen nach dem Hören dieses Stücks mit Sicherheit ihre LPs von Andrea Jürgens und der ganz jungen Stefanie Hertel weg, denn sie haben ab sofort einen neuen Liebling der Nation! Der junge Sänger bewirbt sich mit diesem Stück jedenfalls sehr nachhaltig für die nächste Samstagabendshow von Carmen Nebel. Allerliebst! Das Lied allein ist schon den Kauf der CD wert (Wie, Ihr habt die noch nicht???) Wer keine Ahnung hat, wie man einen Song macht oder Texte schreibt, darf sich gepflegt im Titel "Refräng" Tipps von Profis abholen. Mit krachenden Gitarren und einem entspannt trällernden Stumpen bekommt der Hörer einen tiefen Einblick in die Handwerkskunst der Band. Danach fällt es einem auch wesentlich leichter, einen Nummer 1-Hit zu machen. Ich hab's probiert... klappt! Wer sich jetzt noch nicht genug verschaukelt fühlt, wird spätestens bei "Ain't Nobody" den Rest bekommen. Hier bedient man sich mal flott eines Chaka Khan-Titels, der in Knorkator-Manier aufgepimpt wurde. Nicht lustig - trotzdem geil! Womit wir bei Coverversionen sind. Knorkator haben beim Entstehungsprozess ihres Albums nach 10 eigenen Titeln Feierabend gemacht. War ja auch Sommer und warm draußen. Neben dem eben erwähnten Chaka Khan-Song gibt's mit der Knorkator-Version von "Faster Harder Scooter" und "Geboren" noch zwei weitere Umbauarbeiten an bekannten Fremdtiteln. Wie der eine Songtitel ja schon verpetzt, haben sich die Knorkators bei Scooter ein Lied gemopst. Dabei haben sie einen typischen Techno-Titel in ein Rockgewand mit Gitarren und einem Richard-Clayderman-Gedächtnis-Klavier-Part gekleidet. Die musikalische Umsetzung von Knorkator unterstreicht den anspruchsvollen Text der Hamburger BummBumm-Kapelle wesentlich besser, als es das originale Arrangement je konnte. Großartig! Der dritte Song anderer Herkunft ist "Geboren", kommt ursprünglich von den Fantastischen Vier und ist für meinen Geschmack die viel bessere Version. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Musiker von Knorkator viel schönere Frisuren und Outfits haben. Ein weiteres "Hai-leit" auf der neuen Knorkator-Schallplatte ist das Stück "Kinderlied", bei dem der Sohn von Alf Ator den wohl inzwischen scheinbar zu faul gewordenen Stumpen schon wieder vertreten musste. Ist Kinderarbeit in Deutschland nicht verboten? Wenn das so weitergeht, singt Stumpen auf der übernächsten Platte wohl nur noch den Bonustrack. Mit "Sofort" wird der Hörer dann auch entlassen. Das Stück geht langsam los und steigert sich bis zu seinem Ende nach etwas über einer Minute zu einem rasanten Ritt. Anders als das Album selbst, das schon stark anfängt und eigentlich konstant ein hohes Level halten kann. Die CD ist danach jedenfalls zu Ende.

Ich werde bei meinem nächsten Besuch in der Kirche meines Vertrauens eine Kerze dafür anzünden, dass es Knorkator wieder gibt und auch dafür, dass sie uns so ein tolles Album gemacht haben. War "Hasenchartbreaker" bisher mein Lieblingsalbum von Knorkator, hat das jetzt starke Konkurrenz bekommen. Das Album gibt's als Standard-Version, als Luxus-Edition mit Bonus DVD (auf ihr ist das Abschiedskonzert von 2008 drauf) und als Schallplatte. Also nicht geizig sein, und den Bonuskrempel gleich mit kaufen. Was' los? Seid Ihr noch nicht weg?
(Christian Reder)


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