ap-bam 20121216 1426018546 Titel:
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Titel:

"Blick aufs Mehr"
Axel Prahl
BuschFunk
04. November 2011

01. Alle Mann an Deck
02. Reise, Reise
03. Wieso bist Du immer noch da?
04. Ich bin nun mal so
05. Weitergehn
06. Schön, dass Du da bist
07. Polonaise Internacional
08. Tanzt!
09. Wilde Welle
10. Passagiere
11. Liebe hat mir den Tisch gedeckt
12. Bla Bla Bla
13. Blick aufs Mehr

Wer mit dem Namen Axel Prahl im ersten Moment nichts anzufangen weiß, wird den Künstler aber spätestens nach einem Blick aufs Cover zuordnen können. Der 51-jährige Schauspieler studierte erst Musik und Mathematik, ehe er ein Schauspielstudium begann. Im Fach Schauspiel blieb er letztlich auch hängen. So ist er z.B. seit 2002 dem TV-Publikum als Hauptkommissar Frank Thiel in der erfolgreichen Krimi-Reihe "Tatort" (übrigens zusammen mit Jan Josef Liefers) bekannt und fährt damit Traumquoten für die ARD ein. Nun also die Musik... Sein Erstlingswerk "Blick aufs Mehr" (Kein Schreibfehler!) steht seit dem 4. November in den Plattenläden des Landes. Es ist sein Platten-Debüt...

Der eine oder andere Leser mag jetzt vielleicht denken, "Schon wieder ein singender Schauspieler?! Muss das denn sein??" Die Antwort darauf kann nur lauten: Ja! Muss es! Als ich die CD zugeschickt bekamt war ich anfangs skeptisch und hatte den eben formulierten Gedanken ebenfalls im Kopf. Doch schon beim ersten Hören seiner Lieder zerstreuten sich all meine Befürchtungen und bösen Vorahnungen. Der Sänger und seine Songs fassten mich sofort auf eine ganz besondere Art und Weise an. Dabei hat Axel Prahl eigentlich so gar keine "Singstimme". Während einige Berufskollegen lieber bereits bekannte Songs nachsingen oder sich von "echten" Musikern Titel auf den Leib schreiben lassen, präsentiert Prahl dem Publikum ein wirklich buntes Programm aus der eigenen Feder. Mal lustig, mal ernsthaft, mal bissig, mal traurig... die Musik und die Inhalte auf "Blick aufs Mehr" sind farbenfroh und abwechslungsreich. Alle Texte und Kompositionen (!) sind - wie schon erwähnt - aus Prahlst Feder. Bei einer Handvoll Titeln hat er sich Danny Dziuk beim Komponieren und Texten mit ins Boot geholt. Seine Begleitband (das "Inselorchester") beschreibt Prahls Plattenfirma BuschFunk so: "Seine Band ist ein kleines handverlesenes Orchester von neun Musikern, die in der deutschen Rock-, Jazz - und Klassikszene einen klangvollen Namen und eine Menge Erfahrung einzubringen haben." Außerdem kommt bei manchen seiner Stücke das Filmorchester Babelsberg zum Einsatz. Das Ergebnis ist ein wirklich gelungenes und großartig umgesetztes Werk mit Songs für alle "Lebenslagen".

Ich beschränke mich in meiner Rezension auf eine kleine Auswahl seiner Lieder. Es haben insgesamt 13 Titel den Weg auf den Silberling geschafft, wobei darunter auch eine "Ouvertüre" und eine "Reprise" ("Tanzt"), mit etwas über einer Minute Laufzeit, zu finden sind. Besonders auffällig ist, dass der Künstler keine feste Musikrichtung gewählt hat. Er hat sich nicht festgelegt und singt sich quer durch die Angebotspalette. Jeder Song ist anders, beim ersten Hören wird man von Stück zu Stück aufs Neue überrascht. Den Höhepunkt dieser Musikvielfalt erfährt das Album wohl beim Titel "Polonaise Internacional", bei dem eine Mischung aus Klezmer, Zirkusmusik, Jazz- und Folklore den Text, der in diesen Tagen so perfekt ins Bild passt, einkleidet. Inhaltlich geht es (teilweise mit englischem Text und die deutschen Passagen mit italienischem Akzent gesungen!) um die Profitgier auf Kosten anderer ("You must know our philosophy - has nothing to do with democracy - we believe in money and dow jones - wohl bekomm's - Jawoll"). Ein volles Pfund auf die Zwölf - besser kann man eine Songidee wie diese gar nicht umsetzen. Beim Titel "Reise, Reise" weht ein echtes Seemannslied durch den Raum, und mit "Weitergehn" gibt's einen wunderschönen Popsong, der mich von der Machart her sofort an die 80er-Band JEREMY DAYS mit ihrem "Brand New Toy" erinnerte. Beim Song "Schön, dass Du da bist" ist die Gänsehaut vorprogrammiert! Es ist eine Ballade über die Vergänglichkeit ("Warum muss es vorbei sein? - Warum muss alles Schöne auch vergehn?"). Vielleicht ist es ein Lied für einen verstorbenen Freund!? Mit einem ruhigen Arrangement, das den Songinhalt absolut in den Vordergrund rückt, klingt die Botschaft Prahls ("...ist Erinnerung - alles was uns bleibt") deutlich heraus. Wunderschön und doch so traurig! Melancholie pur... "Passagiere" ist ein angejazzter Song mit Geigen- und Gitarren-Einspritzern über die Tatsache, dass letztlich nur die Natur uns regiert und führt ("Wir sind nur Passagiere - auf einer Reise ohne Ziel"). Luftig und locker singt uns Prahl das, was eigentlich schon jeder weiß, nämlich dass man in Sachen Krieg, Hunger und Katastrophen ruhig forschen kann - hat man endlich eine Lösung, hat uns die Natur am Ende schon längst überholt. Beim Lied "Liebe hat mir den Tisch gedeckt" kommt erstmals auch "Elektronik" zum Einsatz. Eine ruhige Nummer mit - wie eigentlich in jedem Song - Tiefgang und einem Hauch Poesie. Mit "Bla Bla Bla", einem knackigen Deutschrocker, der auch gut und gerne von Herrn Westernhagen hätte stammen können, macht Prahl mit den ständigen Phrasen und den stellenweise komplett überflüssigen Anglizismen, die uns täglich von oben, links und rechts, also Leuten aus der Politik, der Werbung und von 'trendigen' Figuren aus dem Showbereich, um die Ohren gehauen werden, kurzen Prozess ("kommunikative Lingualcholera"). Großartig! Hier trifft der Künstler den Nagel auf den Kopf... Den Abschluss bildet das Stück "Blick aufs Mehr", das dem Album auch den Namen gab. Ein echter Bluesrock mit allem was dazu gehört. Auch hier geht's mal wieder um die Maßlosigkeit mancher Menschen, die stets einen "Blick aufs Mehr" haben. Mehr im Portemonnaie, mehr Wohlstand, mehr Urlaub, mehr von allem...

Ich habe es im Verlauf dieser Rezension schon angemerkt: Prahl ist nicht der geborene Sänger. Ihm ist es nicht gegeben, in seinen Titeln verschiedene Tonlagen perfekt zu überspringen und zu meistern. Das können andere sicher besser. Prahl konzentriert sich vielmehr auf den Inhalt seiner Lieder und trotzdem passt sein anfänglich noch etwas gewöhnungsbedürftiger Gesang hervorragend zu den eigens für ihn entstandenen Arrangements. Auf der kompletten CD befindet sich kein Titel, der in irgendeiner Form abfällt oder nicht in das Gesamtbild passen will. Und das Wichtigste an der CD ist: Sie ist komplett in deutscher Sprache gesungen (mal abgesehen von der augenzwinkernden Nummer 7: "Polonaise Internacional"). Axel Prahl ist einer der singenden Schauspieler, die ihren Ausflug in die Musik nicht bereuen müssen. Seine Lieder sind herrlich auf den Punkt, stellenweise poetischer Natur und immer mit einem "Aha-Effekt" versehen. Seine Lieder haben eine Aussage, Prahl selbst wohl unzählige Ideen, wie man der eingangs erwähnten Vielfalt seiner Lieder entnehmen kann. Der Künstler nimmt seine Hörer mit in seine Welt; man lacht mit ihm, man ärgert sich mit ihm und man darf auch mal traurig sein, wenn er zu einem so sensiblen Thema wie den Tod geliebter Menschen die passenden Worte findet (wie bei dem in dieser Rezension besprochenen Stück "Schön, dass Du da bist"). Die Platte macht Spaß und wird wohl auch ob ihres Inhalts und der musikalischen Umsetzung so schnell nicht langweilig werden. Absolute Kaufempfehlung!
(Christian Reder)

 


   
   
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