st-rj 20121104 1159439243 Titel:
Interpret:
Label:
VÖ:
Titel:
"Rooftop Jumper"
Smoking Thompsons
EV
Juni 2012
1. Rooftop Jumper
2. Break´Ma´Fall
3. Into The Crew
4. Crooked Voice II
5. Save-Hold-Soldiers
6. Surprise! Now Die! (Bud´s Curse)
7. I Got No iPhone
8. F**k The World Down
9. For Lyn
10. Attitude
11. ...Ain´t No Rhapsody
 
"Rock'n'Roll ist kein Zuckerschlecken!" - dieses Motto hat sich eine Band aus der malerischen "Sabinchenstadt" Treuenbrietzen auf die Instrumentenkoffer geschrieben. Dieser Tage erschien nach "Soundcheck" (2010) bereits ihr zweites Album, betitelt mit "Rooftop Jumper". Das allein wäre ja noch nicht wirklich weltbewegend. Aber wenn man dann erfährt, dass die drei Brandenburger Jungs, die sich SMOKING THOMPSONS nennen, gerade mal 21 Jahre jung sind, komme ich schon ins Staunen und neige anerkennend mein kurzgeschorenes Rockerhaupt. Gleichzeitig baut sich wachsende Neugier in mir auf. Ich will wissen, was die Burschen drauf haben, denn ich bin immer dankbar, wenn sich mir neue musikalische Horizonte eröffnen, zumal sich die Innovationen und Neuentdeckungen auf dem Rocksektor derzeit doch in sehr überschaubaren Grenzen bewegen.
 
Sex, Drugs & Rock'n'Roll - dieser altehrwürdige und verpflichtende Slogan soll für die Musik der SMOKING THOMPSONS stehen. Beim Opener "Rooftop Jumper", der gleichzeitig Namensgeber für das Album ist, schaut man sich allerdings zunächst verwundert um, denn was da zu hören ist, klingt nun wahrlich weder nach Rock noch nach Roll. Stattdessen dringen sphärische Geräuschkulissen, geheimnisvoll klingende Soundteppiche an mein Ohr. Erst nach ca. einer Minute ist eine sanfte Grundmelodie erkennbar, die kurz darauf durch einen dezent eingeflochtenen Vokalpart mit Leben erfüllt wird. Interessant und spannend, aber irgendwie hatte ich etwas anderes erwartet. Doch zu meiner Beruhigung hat der Frosch seine Locken wenig später wieder gerichtet, und heftig schrammelnde Gitarren lassen nicht nur den zweiten Song "Break ma fall" schwungvoll beginnen, sondern geben auch gleich einen Vorgeschmack auf das, was für die kommenden 10 Songs Programm sein wird: feiner, lockig-flockiger Gitarrenrock. Dabei fällt schnell auf, dass hier nichts in eine bestimmte Schublade passt, sondern verschiedenste Stilistiken angezapft werden. Ob nun Alternative, Indie, leichte Punkanleihen, etwas Brit-Rock oder sogar hier und da Ausflüge in den Grunge-Bereich, alles wird bedient. Meine Ohren glauben an manchen Stellen Bands wie ITCHY POOPZKID, SUM41 oder sogar BABY UNIVERSAL, die ich als Vorband der letzten beiden PANKOW-Tourneen sehr schätzen gelernt habe, zu erkennen. Doch bei allen gezogenen Vergleichen bleibt festzustellen, hier wurde nichts geklaut oder kopiert, sondern es hört sich viel mehr taufrisch und ureigen an. Es macht wirklich Spaß, den ausschließlich selbstkomponierten Songs zuzuhören, wobei ich mich immer wieder dabei ertappe, wie ich bei der einen oder anderen Nummer die Beine im Takt zappeln lasse oder gar leichtes Headbanging betreibe. Ja, das geht auch ohne Zottelmähne!
 
Mein Favorit auf dem Album ist "Save Hold Soldiers" (Das Video dazu findet Ihr am Ende dieser Seite). Der Song beginnt mit einem sirenenartigen Gitarren-Intro und entwickelt sich dann zu einer treibenden, intensiven, aber leider viel zu kurzen Rocknummer, die live sicher ein Kracher sein dürfte. Die Singleauskopplung "Surpise! Now die" ist von einer ähnlichen Qualität, besticht aber vor allem durch die Tempowechsel innerhalb des Songs. Als richtig flotte Kalklöser für eingestaubte Kniegelenke kann ich bedenkenlos zwei Nummern aus dem letzten Drittel der Scheibe empfehlen, nämlich "For Lyn" und "Fuck the world down". Keine Ahnung, ob sie beim letztgenannten Titel ihren Weltschmerz rauslassen, aber die Nummer rockt und haut richtig rein. Die Wandlungsfähigkeit und Vielseitigkeit der Band wird in Titel Nr. 3 namens "Into the crew" deutlich, wo es für mich tatsächlich ein kleines bisschen klingt, als würde Grunge-Ikone Kurt Cobain seine Gruft verlassen haben und mitsingen. Einzig die vorletzte Nummer ("Attitude") geht ziemlich an mir vorbei. Das hört sich ein bisschen schwerfällig und langatmig an, vielleicht ist das der obligatorische Lückenfüller der Platte. Insgesamt gesehen muss ich anerkennend sagen, die Riffs von Steven Baltots Gitarre sitzen auf den Punkt genau, Sebastian Schinkel an den Drums treibt die Songs gnadenlos voran, und Rudolf Werners Bass hält alles zusammen. Okay, es sind keine Kompositionen, die die Musikwelt revolutionieren, und manche Songstruktur klingt ein wenig simpel. Aber diese Art Musik ist eben so und nicht anders. Kurz, knackig und schnörkellos, ohne großen Firlefanz. Doch man fühlt sich gut unterhalten, und es wird vor allem nie langweilig. Das abwechslungsreiche Songwriting lässt auch mal eine etwas getragenere Nummer zu ("Crooked Voices II"). Am Ende des Albums darf man dann sogar die Wunderkerzen rausholen und mit seine/r/m Liebsten kuscheln, wenn mit dem akustischen "Ain't no rhapsody" (klingt für mich sehr britisch, könnte auch von Oasis stammen) noch mal eine richtig schöne Melodie rausgehauen wird.
 
Leider dauert das Vergnügen insgesamt nur schlappe 42 Minuten, aber die haben es wirklich in sich. Es ist zweifellos kein Bombast-Hightechsound, den die drei jungen Musiker uns um die Ohren hauen, sondern eher rotziger, urwüchsiger und absolut glaubwürdiger Rock'n'Roll, der (sehr zu meinem Leidwesen) auch ohne große Gitarrensoli funktioniert, der sich aber fernab vom üblichen Dödeldaddeldu-Geträller der meisten Radiosender unaufhaltsam in die Gehörgänge schleicht. Dass der Gesang ab und an mal etwas schief (z.B. bei "Attitude") rüber kommt, ein wenig zu brav und nicht immer schön klingt, spielt überhaupt keine Rolle, denn hier geht es ja nicht um die Verleihung der "Goldenen Nachtigall". Bei alledem muss bedacht werden, dass Steven, Sebastian und Rudolf kein großes Label hinter sich hatten, sondern die CD selbst produziert haben. Und dafür ist das Ergebnis wirklich beachtlich. Ich gebe zu, beim ersten Antesten der CD war ich noch etwas unschlüssig, weil diese Art Musik eher nicht so meine ist. Aber Vorsicht: wenn man der Scheibe die Chance auf einen zweiten und dritten Durchlauf gibt, setzen sich die Mehrzahl der Songs unweigerlich im Hirn fest und entwickeln durchaus eine Art Suchtpotential, die einen gerne mal auf den Repeat-Knopf des CD-Players drücken lassen.
 
Zusammenfassend kann man sagen, dass sich "Rooftop Jumper" von den SMOKING THOMPSONS als sehr angenehme Überraschung entpuppt hat. Das Album hat durchaus Charme und geht ordentlich vorwärts. In der Band steckt eine Menge Potential, was mich hoffen lässt, dass sich hier endlich mal wieder eine Nachwuchsband ohne den Aufprall in einer Castingshow nach oben spielt. Wer sich also ungeschminkten, rohen Rock mit diversen Ausflügen in benachbarte Genres gönnen möchte, sollte dem Silberling deshalb unbedingt eine Chance geben. Da die Herren die CD mangels Plattenvertrag in Eigenregie unter die Leute bringen, kann man "Rooftop Jumper" derzeit allerdings nur über die Webseite der Band oder auf ihren Konzerten erwerben. Doch das sollte nun wirklich kein Hindernis darstellen. Von mir gibt es jedenfalls eine aufrichtige Kaufempfehlung!
(Torsten Meyer)
 
Weitere Infos und Bezugsquelle für die CD:
o Bandportrait über die SMOKING THOMPSONS: demnächst hier
 

 
Videoclip:
 
 




   
   
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