swiw-kv 20121119 1793274673 Titel:
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"Kinskis Villon"
SEID WAS IHR WOLLT
EV
2012
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1. Verbannt
2. Lumpenpack
3. Interludio
4. Verehrt und Angespien Part I
5. Verehrt und Angespien Part II
6. Stern von Afrika
7. Die Marien-Ballade
8. Im Bordell
9. Krank
10. Stimmen
11. Rotes Haar
12. Die Mäusefrau
13. Alptraum
14. Gehenkt
15. Nachschrift
16. Erdbeermund

 

SEID WAS IHR WOLLT - Kinskis Villon
Tod und Vergänglichkeit; Liebe und Hass; Hunger und Armut;
Biederkeit und Laster; Exzesse - der Mensch - und ein Poet

Die Idee ist nicht neu: Man bediene sich eines Klassikers. In diesem Falle eines "gesprochenen" Klassikers. DES Klassikers schlechthin. Und vertone das ganze sodann. Da liegt es nahe, sich der legendären Klaus Kinski-Rezitationen Villons (in der recht weit vom Original entfernten Übersetzung von Paul Zech) anzunehmen. Der Meister des Jähzorns, geliebt und gehasst wegen seines Genies, das so oft mit cholerischen Ausbrüchen einherging. Der selbst immer wieder nach Liebe bettelte und dennoch als gebrochener Mensch dahinschied ...

"Gelesenes aus dem Reich der Toten in irdischer Musik" untertitelt das Berliner Bandprojekt SEID WAS IHR WOLLT ihre aktuelle Produktion "Kinskis Villon". Angetrieben von Ideengeber, Komponist und Keyboarder Tim van Jul wird hier die Vision zelebriert, Klaus Kinski meets Rock'n'Roll. Das mag sich manch einer schon zu Lebzeiten des Mimen hat vorstellen können - weiß man doch spätestens seit dessen (unlängst auf DVD wiedererschienener) 1971er Aufführung "Jesus Christus Erlöser" aus der Deutschlandhalle, dass Kinskis Allüren auf der Bühne denen eines Rockstars durchaus ähnlich waren.
Nun besteht die Schwierigkeit eines musikalischen Projektes, welches unter maßgeblicher Beteiligung eines bereits verstorbenen Künstlers geplant ist, zunächst einmal darin, dass jener bei der Produktion nicht gegenwärtig ist. Man bedient sich also fertigen Ausgangsmaterials, das zudem ursprünglich nicht als musikalische Vorlage angelegt war. Grundvoraussetzung ist demnach gleichwohl ein gewisser Rhythmus, der dem Werk immanent sein muss. Ein Rhythmus, der insbesondere dessen Rezitation inne wohnen, ja in dieser mitschwingen muss. Voraussetzungen, wie sie die alten Villon-Sprechplatten Kinskis auf geradezu ideale Weise mitbringen; ohne, dass dessen Redefluss einer nachträglichen Abänderung bedarf:
"Du sagst, dass es bald Kinder gibt / wenn man sich in dein rotes Haar verliebt / so rot wie Mohn, so weiss wie Schnee / Im Herbst, da kehren viele Kinder ein / warum soll's auch bei uns nicht sein? / Du bleibst im Winter auch mein rotes Reh / und wenn es tausend schönere gibt ... / Ich habe mich in dein rotes Haar verliebt."
Die beteiligten Musiker entstammen unterschiedlichsten Genres und machen das Projekt nicht zuletzt deshalb so interessant. Neben dem bereits erwähnten Bandchef ist Renft-Drummer Delle Kriese dabei, der Heavy-Metal-Basser Stefan Pietzsch (Pharao), Zinnober an der Gitarre. Daneben diverse Gastmusiker, wobei sogar Material - in diesem Falle der Flöte - des unvergessenen Cäsar verwendet wurde. Die Stilrichtungen sind denn auch breit gefächert und bieten selbst experimentellen Interpretationen ihren Freiraum.
Zugegeben - die Umsetzung der Idee stellt schon eine Herausforderung dar, der das Ensemble jedoch mehr als gewachsen ist. Angetrieben von der nimmermüden Rhythmusfraktion vermag es die Band, ihren virtuellen Frontmann lebendig erscheinen zu lassen, als dominierenden Teil eines gewachsenen Ganzen. Stimme und (punktgenaue!) Musik fließen bei korrespondierender Grundstimmung ineinander, ohne zu verwischen. Trotzdem gibt Kinski Ton und Takt vor, das ist gewollt. Kaum vorstellbar, die an Markanz kaum zu überbietende Rezitation des Exzentrikers hätte sich irgendetwas unterzuordnen. Diesen Ärger wollte man sich dann doch ersparen.

Das Album gibt es userfreundlich als kostenlosen (!) Download im Netz (Link siehe unten) in allen möglichen Dateiformaten und Datenraten. Erfreulich, dass auch verlustfreie Formate wie FLAC oder Apples ALAC dabei sind. Ungetrübtem Hörgenuss auf iPod & Co. steht demnach nichts im Wege. Kinski und Villon - da war doch noch was? Der legendäre "Erdbeermund" mag dem einen oder anderen vielleicht ein Begriff sein - wurde er doch in der Vergangenheit bereits mehrfach vertont, wenn nicht verhätschelt. Hier finden wir das Stück nun doch tatsächlich als Country(!)-Version. Was sagt die Band selbst dazu? "In seinem medialen Konzept, im Umgang mit Geschichte und Gegenwart, der Aktualisierung von Wort, Musik und Bild, stellt das Projekt SEID WAS IHR WOLLT einen Kontrast zum medialen Rauschen und zur konformistischen Akzeptanz des verbreiteten Fortschrittglaubens dar." Dem ist nichts hinzuzufügen!
(Rüdiger Lübeck)

Bezugsquelle:
Das Album kann HIER kostenlos runtergeladen werden.


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