Titel:
Interpret:
VÖ:
Label:
"Hier rein da raus"
Heinz Rudolf Kunze & Räuberzivil
07. September 2012
Rakete
Songs:  
CD 1:
1. Das Dasein und ich
2. Das Pony
3. Sie hassen dich
4. Lied für Berlin
5. Die Waffe
6. Ein Wirtshaus voller Probleme
7. Ein und aus
8. Mildernde Umstände
9. Nimm es nicht persönlich
10. Mach es wie ich
11. Räuberzivil
12. Überall liegen Dinge
13. Die Gefahr
14. Bleib Schmerz bleib
15. Sisyphos TV
16. Der Kartenleger
CD 2:
1. Als der Teufel kam
2. Im nächsten Leben werd'...
3. Es ist Krieg
4. Gesichter Gesichter
5. Rede an die Nasen
6. Die große Liebe
7. Redefreiheit
8. Heinemann & die Norweger
9. Fenster zu!
10. Mit den Musikern im Hotel
11. Putzfrau Jesus
12. Querflöte
13. Schleimhaut
14. Sitz
15. Tja
16. Tot
17. Waschbär
18. Hört nie auf
 
 
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Als HRK vor ein paar Jahren frisch verliebt war, wie er damals in einer Talkshow erzählte, schrieb er Liebeslieder. Ja, er zeigte sich stellenweise sogar richtig zahnlos (siehe dazu auch meine Rezension zur CD "Die Gunst der Stunde": HIER). Über den Song "Hunderttausend Rosen" war ich richtig erschrocken. Kunze koppelte diese Schlagernummer auch noch als Single aus und gastierte damit obendrein in der Familien-Kuschel-Knuddel-Bespaßungs-Samstagabendshow "Willkommen bei Carmen Nebel". Gruselig war das, in jeder Hinsicht, und ich hatte auch ein bisschen Angst. Inzwischen ist einige Zeit vergangen. Die Angst ist verflogen, und ich kann wieder gut schlafen. Letztes Lebenszeichen von Kunze war das Album "Ich bin", das erst im Februar d.J. veröffentlicht wurde, und auf dem sich diverse Neueinspielungen älterer Songs und Hits als Duette befinden. Schon wieder kratzte ich mich fragend am Kopf. Das brauchte nun auch wirklich kein Mensch, schon gar nicht die Einladung an Hartmut Engler, einen Kunze Titel gemeinsam zu singen. Soll ich etwa schon wieder Angst kriegen? Ein knappes halbes Jahr später liegt nun ein weiteres neues Kunze-Album in den Regalen der Plattenleden und Elektrogroßmärkten. Und dieses Mal geht's anders zur Sache, als man es bisher von ihm gewohnt war...
 
Zum Album muss man etwas weiter ausholen: Das "Räuberzivil"-Programm gibt es live schon seit 2006. Es fing alles mit einem akustischen Liveprogramm an, das gemeinsam mit Wolfgang Stute entstand. Zuerst nur mit akustischer Gitarre, später auch mit Geige und Mandoline, wurden bereits existierende Lieder aus Kunzes reichhaltigem Song-Fundus mal anders dargeboten, als mit Stromgitarre und lautem Schlagwerk. Später verselbstständigte sich "Räuberzivil", und es entstanden dafür auch eigene Songs. Inzwischen konnte man davon schon über 300 Konzerte erleben, und mit "Kommando Zuversicht" (2006) und "Räuberzivil" (2009) gab es zwei Live-Alben in dieser Machart. Ich bin ganz ehrlich: Mein Fall ist es nicht! Aber mir muss ja auch nicht alles gefallen. Seit vergangenen Monat gibt's mit "Hier rein da raus" ein zu "Räuberzivil" passendes Studio-Album.
 
"Hier rein da raus" ist schon das zweite neue Album von Heinz Rudolf Kunze in diesem Jahr. Es ist eine Mischung aus gesprochenem Wort und gespieltem Lied, und weil man manche Dinge nicht in 10 Liedern abhandeln kann, finden sich auf zwei CDs (alternativ dazu gibt es ein dreifach Vinyl Album) insgesamt 34 Lieder, von denen 13 Sprechtexte sind (einige davon auch musikalisch begleitet).
Musikalisch legt Kunze hier allerdings einen Ritt durch diverse Genres hin. Country, Deutschrock, Chanson, Lied... Es gibt 'ne Menge, wobei die Country-Songs für meinen Geschmack sehr schwer zugänglich sind. Deutsche Texte verpackt in Country-Musik erinnert mich zu stark an Truck Stop, Tom Astor und andere akustische Zumutungen dieser Art. Nichts desto trotz bekommt Kunze es aber hin, auch damit bei mir bleibenden Eindruck zu hinterlassen, denn was die Texte betrifft hat das überhaupt nichts mit dem gängigen Country-Zeug aus deutschen Landen zu tun. Überhaupt ist das Album inhaltlich Kunze wie er leibt und lebt: mal bissig, mal lustig und stets hintergründig. Egal in welcher Form er seine Botschaft vertont hat, er zeigt sich wie gewohnt wortgewandt und beeindruckend treffsicher.
 
Was die Musik betrifft, so läßt sich "Hier rein da raus" in drei Akte aufteilen. Der erste Akt besteht aus den 10 Songs der ersten CD. Sie sind im Stile der "Räuberzivil"-Geschichte gemacht. Die Lieder sind weit weg vom Mainstream und vom Rock. Vielmehr sind sie ruhig arrangiert, nicht unbedingt sofort zugänglich und einige haben den eben schon erwähnten Country-Anstrich. Im Stile eines Reinhard Mey (nicht nur musikalisch, auch von der Vortragskunst her) flötet uns Kunze z.B. das "Lied für Berlin". Das ist ebenso hörenswert wie "Die Waffe". Weniger gefallen hat mir hier jedoch "Das Pony" - ein Song, der gut und gerne auf dem Soundtrack zu "Die Mädels vom Immenhof" gepasst hätte.
Geht gar nicht!
Ab Song 11 der ersten CD beginnt Akt 2. Hier kommt der Deutschrock-Freund auf seine Kosten. Die Rhythmus-Fraktion, bestehend aus Bass und Schlagzeug, ist deutlich zu hören, es gibt ausreichend Gitarren und es rockt kräftig. Von ruhigen Arrangements kann hier keine Rede mehr sein. Vielmehr gibt's die typischen Kunze-Songs zu hören, und hier begeistert das Stück "Räuberzivil" am meisten. Das Lied ist eine wahre Perle Kunze'scher Songschmiedekunst. Wirklich großartig arrangiert und - ganz ehrlich - mit dem Zeug, ein ganz großer Kunze-Song zu werden. Es ist zugleich auch das stärkste Stück auf dem ganzen Album. Aber auch Titel wie "Gesichter Gesichter", angerichtet wie ein Westernhagen-Song, oder "Heinemann und der Norweger", der auch von Joachim Witt hätte sein können, schließt man schnell in sein Herz. Den dritten Akt könnte man als "das gesprochene Wort" überschreiben. Hier fabuliert Kunze dann munter über Jesus, der heute Swetlana heißt und bei reichen Leuten in Deutschland putzt, über den Tod, die Schleimhaut oder über Waschbären, die Menthol-Zigaretten rauchen, nachdem sie einen vergewaltigt haben, und die morgens beim Aufwachen schon längst abgehauen sind und dabei alle Heavy Metal CDs mitgehen ließen. Auch hier ist Abwechslung groß geschrieben. Mal tiefsinnig, mal irre lustig, manchmal auch völlig sinnfrei hält Kunze seine Monologe oder erzählt Geschichten.
 
Ich habe in einigen Zeitungen gelesen, dass Rezensenten "Hier rein da raus" für das beste Kunze-Album aller Zeiten halten. Wir wollen es mal nicht übertreiben und die Kirche im Dorf lassen, gelle? Das Album ist gut gelungen - ja! Aber das beste Album? Nicht wirklich. Musikalisch auf keinen Fall, inhaltlich lasse ich mich da aber gern auf eine Diskussion ein. Was es aber ist: Es ist auf jeden Fall das abwechslungsreiste Album von Heinz Rudolf Kunze. Keine Frage, denn auf keiner seiner bisher veröffentlichten Platten zeigte sich der Musiker in so vielen verschiedenen "Rollen". Und das inhaltlich wie musikalisch. Ach ja... Das Thema Liebe gibt's hier übrigens gar nicht (es sei denn, ich hab's überhört). Trotz der vielen - für meinen Geschmack - positiven Momente, empfehle ich dem interessierten Leser vor dem Kauf dieser CD oder Platte genau reinzuhören. Besser ist das...
(Christian Reder)


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