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"Zum Glück"
Iona Blum
blumrecords/7ups
28. September 2012

1. Die Stille
2. Wie echt
3. Minus 12 Dioptrien
4. Will heut nichts sein
5. Zum Glück
6. Alles Sommer (Pure Version)
7. Schräger Vogel
8. Salzsäulen
9. Outro (Die Stille - Instrumental)

Wer Iona Blum ist und was sie vor ihrem Debütalbum musikalisch machte, musste ich dem der CD beigefügtem Pressematerial entnehmen. Das Cover zeigt mir eine schöne Frau, wie aus einer Parfüm-Werbung, aber so etwas muss ja nichts heißen. Nach dem Hören des Albums jedoch war ich einerseits verwundert, noch nie etwas von Iona Blum gehört zu haben, andererseits hoch erfreut über diese Neuentdeckung.

Iona Blum probierte sich als Sängerin in verschiedenen Bands aus und das auch noch in unterschiedlichen Stilistiken. Mal war es eine Soulband, mal eine Rock- und Funkband, dann wieder Reggae und HipHop, Blues und Jazz sowie deutscher Chanson. All diese Erfahrungen mit den wirklich teilweise recht unterschiedlichen Stilistiken haben ihr nicht geschadet, ganz im Gegenteil. Auf dem Album "Zum Glück" beweist sie, wie sehr sie mit diesen Stilistiken zu spielen vermag und dass sie von jedem etwas benutzt, um ihre ganz eigene Stilistik zu formen. 2006 wurde sie von der Deutschen Popstiftung als "Beste Funk- und Soulsängerin" beim "Deutschen Rock & Pop Preis" ausgezeichnet, auch 2010 für ihre gesanglichen Fähigkeiten, u.a. mit einer Eigenkomposition. 2011 lernte sie in Münster den Tonmeister Jochen Hohmann kennen, entwarf Musiken und Texte für das vorliegende Album, holte sich die Musiker dazu und nun habe ich diese CD "Zum Glück" gehört.
Die Sängerin ist zugleich auch Komponistin, Texterin und Produzentin dieser Scheibe.

Eingeführt in die Welt der Iona Blum wurde ich mit einem klassisch anmutenden Klavierspiel, darüber nach einer Weile sich legend eine charismatische chansonhafte Stimme, herb und zärtlich, je nachdem. Wie facettenreich diese Stimme ist, durfte ich während der leider viel zu wenigen Titel nach meinem Gefühl schnell erfahren. In "Die Stille" erzählt uns Iona Blum eine sehr schöne Nicht-Nur-Liebes-Hymne in einer heute bedauerlicherweise in der Popmusik nicht mehr sehr gewohnten Sprache. Eine balladenhafte Epistel zum Krafttanken und zum Sich-Besinnen zugleich. Es perlt, es perlt ... die Mehrstimmigkeit der Sängerin umhüllt uns wärmend zum Ende des Titels. Ich empfinde die Idee des Weitergehens sehr deutlich. Das Klavierspiel findet sich - viel mehr als eine Etüde - ohne Gesang noch einmal am Ende der CD, als letzter Titel.

Ganz anders "Wie echt": Treibend, erinnernd an Balkan-Pop-Rock, auch in der Art dieser osteuropäischen Lieder gesungen, aber auch erinnernd an die große Zeit der französischen Chansons. Der Blick auf sich selbst. Immer wieder schauen wir nach innen, sind Getriebene und wissen schon, wir sollten uns vielleicht mal einfach gegen den Wind drehen, aber es ist noch nicht ganz an der Zeit; wir verharren. Nach diesem Titel würde ich es wagen. Trotz aller Selbtzweifel. Der Schluss, als wäre das Ende einer solchen Bewegung offen. So ist es ja auch im "richtigen Leben".

"Minus 12 Dioptrien": frech, jazzig. Erzählend, wonach sich das anfühlen könnte, wenn da einer "Good Bye" sagt. Iona Blum sind dafür viele Gleichnisse eingefallen. Vielschichtige auch. Da wird die leichte Stimme auch mal dreckig, Ja, "genauso fühlt sich das an". So richtig traurig hat es mich nicht gemacht. Eher spürte ich in diesem Titel eine feine kleine Spur von Selbstironie. Wie überhaupt dieses Debütalbum alles andere als humorfrei ist, selbst da, wo die sehr guten und interessanten Texte die Tiefsinnigkeit berühren oder gar in sie eindringen. Vielleicht sollte man wirklich einfach Ragtime tanzen, wenn sich jemand von jemandem trennt. Das Leben geht ja doch irgendwie weiter, auch wenn man es vielleicht nicht gleich glaubt.

Dafür durfte ich mir Sentimentalitäten leisten beim Hören des Titels "Will heut nichts sein". Iona Blum gestaltet wohldosiert wohlbekannte Emotionen und überrascht immer wieder mit einer musikalisch und textlich etwas schrägen Perspektive und öffnet so den Raum für neue Sichtweisen, auch auf sich selbst. "ich geb mich frei will heut nichts sein / als der name den jeder vergisst". Und leise, sachte ... melancholisch lasse ich mich gerne in ihre Stimme fallen und in das, was sie mir mit ihr erzählen möchte. Eine Stimme, die mich zudeckt, mir schmeichelt, mich lockt, mich berührt ... ja anstößt ... so facettenreich und so eigen. Selbst da, wo sie sich an sich selbst in zartem Rauch-Hauch zu verlieren scheint.

So auch in "Zum Glück". Aus der Kindheit entronnen und doch noch ganz in ihr verfangen. "was ist glück wie geht glück". Der Musik und der Stimme folgend, kann es doch nur etwas ganz Wunderbares sein, Erhellendes, Fröhliches, Weckendes, Kräftigendes. Dabei geht es um gebrochene Versprechen. Und wenn in diesem Titel noch der Kinderchor erklingt, möchte man fröhlich tanzen. Auch ein Versprechen. Ein gehaltenes Wort. Oder eher auch eine gehaltene Musik.

Völlig schräg der Sound in "Alles Sommer". Noch eine Überraschung auf diesem Album. Ein frivol schimmernder Blues, fast glitzernd, in verschiedene Schattierungen aufgeteilt. Sie tanzt zwischen den Stilen, die Iona Blum. "und irgendwann find ich den rosengarten / den ich mir selbst versprach". Na, da ist er doch schon. Und sie hat mir nicht mal einen versprochen. Wie wohl alle Titel ist dieser auf jeden Fall mehrmals hintereinander anhörbar und wird doch nicht langweilig. So viel Selbst-Bewußtsein muss sein ...

Fast schlagerartig kommt der "Schräge Vogel" daher. Wenn der überaus witzige (und aus meiner Sicht dennoch sehr stimmige) Text nicht wäre, könnte man dieses freche vielseitige Lied sowohl in die 20er als auch in die 60er Jahre verorten. Aber er ist absolut heutig. Denn ... zum Glück ... ist die Welt heute immer noch voller schräger Vögel, in die man sich durchaus verlieben können sollte.

Nachdem ich nun so fröhlich war, ging es wieder tief hinab mit mir ins melancholische Tal. "Salzsäulen": "versuch mich immer wieder an den tag zu erinnern / an dem du mein herz durch die hintertür verließt". Wie Salzsäulen erstarrt vor dem Einfach-Nicht-Mehr-Lieben. Fast mehr erzählt als gesungen. Und wieder ist es die Wärme der Stimme der Iona Blum, die mich auffängt, bevor ich tatsächlich zu weinen beginne ...

Nur schade, dass diese musikalisch und textlich sehr kluge und schöne CD so schnell zu Ende war. Alle, wie man kindlich sagen könnte ... Da will man doch mehr ... Ich hoffe, das kriegen wir auch noch. Doch bis dahin dürfen sich unsere Herzen an diesem herz-lichen Debüt-Album "Zum Glück" von Iona Blum schönen.

Iona Blum ist am 7.10. live zu Gast in der Sendung "Wahl-Lokal".
(Andreas Hähle)

 


   
   
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