omegadvd2012 20121121 1904483065 Titel:
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VÖ:

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"Greatest Performances"
OMEGA
2 DVD
Edel Content
2012

siehe HIER

Ja, ich bin ein Fan von Konzert-DVDs. Etliche stapeln sich (zum Leidwesen meiner Frau) im dafür vorgesehen Schrank. Seit gestern nun haben die schon vorhandenen Scheiben Zuwachs bekommen. Es handelt sich dabei um eine Band, die hier bei Deutsche Mugge in diesem Jahr eine extra Portion Aufmerksamkeit erhielt, weil sie etwas Unglaubliches geschafft hat: sie ist seit fünfzig (50!) Jahren im Haifischbecken Rockmusik tätig, und immer noch nicht totzukriegen. Natürlich rede ich von den sympathischen Puszta-Rockern namens OMEGA.

Für viele Menschen ist OMEGA mehr als nur eine Band. Es ist ein Stück Zeitgeschichte, es ist eine Herzenssache, es ist für den einen oder anderen Hardcorefan möglicherweise sogar eine Art Lebenseinstellung. Ich erinnere mich gerne zurück in die Zeit Anfang der Achtziger Jahre, als ich damit begann, von meiner Heimat an der Ostseeküste zweimal jährlich mit dem Zug nach Berlin zu fahren, um mich im Ungarischen, Bulgarischen und Polnischen Kulturzentrum mit Schallplatten einzudecken. Während in den beiden letztgenannten Häusern vor allem sogenannte Lizenzplatten ausländischer Bands mein Begehr weckten, landeten aus dem Ungarn-Haus neben LPs von Piramis, Karthago und LGT vor allem die Omega-Scheiben in meiner Tasche und reduzierten das mir zur Verfügung stehende Taschengeld enorm. Doch das war es mir wert. Vor allem das legendäre Omega-Live-Doppelalbum von 1979 aus dem Budapester Kiss-Stadion brachte mich damals zum Ausflippen. So was von irrer Mugge und Fanbegeisterung hatte ich seinerzeit noch nicht gehört. Dummerweise habe ich es irgendwann mal verborgt und nie zurück bekommen.

Leider sind inzwischen solche Konzertmitschnitte von Omega kaum noch erhältlich. Umso mehr durfte man jubeln, als vor einigen Monaten erst ein Doppelalbum unter dem Namen "50 years - Greatest Performances" erschien, und dieser Tage die gleichnamige DVD nachgeschoben wurde. Nachdem ich die Herren um Janos Kóbor im Sommer im Rahmen ihrer Rhapsody-Tour erstmals live erleben durfte, bin ich richtig heiß auf diese DVD. Zumal es sich dabei um historisches Material handelt. Doch dazu gleich mehr.

Das Layout der DVD-Hülle gleicht der CD-Ausgabe zu hundert Prozent. Nur dass hier das überdimensionale "FSK 0"-Logo den ansonsten sehr homogenen Eindruck des Covers mal wieder mächtig versaut. Da gäbe es doch sicher auch andere, dezentere Möglichkeiten, wenn das Teil denn schon unbedingt mit rauf muss. In freudiger Erwartung klappe ich nun das Hardcover zu einem Triptychon auf - und bin enttäuscht. Normalerweise schnappe ich mir jetzt nämlich erst mal das Booklet, um darin zu blättern, doch hier ist keins dabei! Das finde ich dann doch an der falschen Stelle gespart. Also hoffe ich, dass mich wenigstens der audiovisuelle Eindruck der Konzerte entschädigen wird.

Die erste DVD beginnt, sobald man im ebenfalls sehr simpel wirkenden Menü auf "Play concert" klickt, ruckartig mit den ersten Tönen des wunderbar rockigen "Addig élj". Dazu erscheint die Einblendung "Budapest, Nep-Stadion". Aha, wenigstens etwas an Information. Auf die Titel im Einzelnen werde ich nur am Rande eingehen, denn das hat unser Kollege Hartmut bereits in seiner CD-Rezension zur akustischen Ausgabe dieses Werkes hinreichend getan (siehe HIER). Damit ist gesagt, dass die Songs 1:1 identisch sind. Ein Punkt, auf den ich am Ende nochmals zurückkommen werde.

Wenn ich mir eine Konzert-DVD anschaue, möchte ich mich hineinversetzen in das, was der Zuschauer live vor Ort erlebt hat. Und das gelingt hier prächtig. Das Bild ist auf meinem zeitgemäßen LED-Bildschirm zwar nicht überragend, aber das kann man von einer Aufnahme aus dem Jahr 1990 (DVD 1) wohl auch nicht unbedingt erwarten. Auf der zweiten DVD wird es dann schon besser. Dafür ist der Ton prächtig! Zur Auswahl stehen LPCM Stereo / DOLBY AC3 Surround / DTS Surround. Ich habe es mit und ohne Kopfhörer probiert, beide Male fühlt man sich pudelwohl beim Hören dieser so schönen und vertrauten Klänge. Im Gegensatz zur "Rhapsody"-Tour sieht man hier noch die komplette Original-Omega-Besetzung (natürlich ohne Gabor Presser), bestehend aus László Benkö (keyb), Ferenc Debreczeni (dr), Tamás Mihály (bg), György Molnár (git) und János Kóbor (voc). Seit Jahren dazugehörig und auch hier natürlich mit auf der Bühne: Tamás Szekeres (git) und Zsolt Gömöry (keyb).

Vor allem das Mitwirken von Tamás Szekeres empfinde ich als wohltuend. Der Sound wirkt dadurch ungemein rockig, die Gitarren röhren richtig "heavy", das Gesamtgebilde wirkt manchmal regelrecht bombastisch. Auf der Bühne passiert ansonsten nicht allzu viel. Soll heißen, der Agilste ist noch Frontmann János Kóbor. György "Elephant" Molnar wirkt hier und da fast schon etwas gelangweilt, wenn er nicht gerade eines der zahlreichen Soli auf seiner Klampfe spielt und dabei auftaut. Tamás Szekeres als zweiter Guitar-Hero ist da schon präsenter und deutet ab und an mal ein paar Posings an, wie sie sonst nur Rockgitarristen der härteren Spielart darbieten. Tamás Mihály steht mit seinem Bass meist in stoischer Ruhe und Bewegungslosigkeit weit hinten im Dunkeln, dafür macht aber Fernec Debreczeni ordentlich Dampf hinter seiner Schießbude. Es macht mir jedenfalls einen Heidenspaß, die Ungarn-Rocker auch endlich mal am heimischen Bildschirm sehen zu können. Das Feeling der guten, alten Zeit erreicht mich mühelos, denn ich bin mit dieser Musik aufgewachsen. Wer allerdings mit Omega bisher nichts anfangen konnte, wird sich wahrscheinlich an diesen DVDs nicht erwärmen können. Dafür ist das Klanggebilde viel zu speziell und besonders, entspricht einfach nicht den heutigen Hörgewohnheiten. Ich jedoch liebe dieses Wechselspiel aus ordentlich fetzenden Gitarrenriffs und dem ausgebreiteten Teppich der Orgeln, Pianos und Synthesizer von László Benkö und Zsolt Gömöry, hervorragend unterstützt und zusammengehalten durch Ferenc Debreczenis druckvolles Schlagzeug.

Omega-Konzerte leben nicht zuletzt von ihren Lightshows. Davon bekommt man auf beiden DVDs genügend zu sehen. Licht ohne Ende, in allen Farben und Variationen, und vor allem auf der zweiten Scheibe kommt die berühmte Lasershow zum Einsatz. Selbst am Bildschirm wirkt es gigantisch, wenn die grünen Strahlen sich in unterschiedlichen Formen und Gebilden von der Bühne in den Nachthimmel oder über die Köpfe des Publikums bewegen. Das Ganze wird nicht wahllos als Spielerei eingesetzt, sondern ist durchdacht und wird sparsam, aber passend zu bestimmten Songs als Untermalung genutzt. Durch eine große Leinwand werden auch die Fans in den hinteren Reihen gut bedient. Geil ist der Beginn der zweiten DVD, als zu den Klängen von "Gammapolis" riesige Meteoriten über die Leinwand scheinbar ins Publikum rasen. Als sehr wohltuend empfinde ich außerdem, dass die Schnitttechnik noch nicht den heutigen Maßstäben entspricht. Die Kamera darf also durchaus mal über mehrere Augenblicke auf einer Stelle verweilen, sei es bei einem Musiker oder bei einem Schwenk ins Publikum. Hier gibt es nicht alle zwei Sekunden hektische Bildwechsel, ich werde nicht durch nervige Slow Motions belästigt, der Bildschirm wird nicht viergeteilt - all dieser Schnickschnack fällt weg, so dass ich mich wirklich voll und ganz dem Konzertgenuss widmen kann. Ob man sich nun mit dem angebotenen Titelmaterial zufriedengibt, muss jeder selbst entscheiden. Ja klar, es sind die größten und wichtigsten Hits der Band dabei, aber ich für meinen Teil hätte durchaus auf die fast komplett gespielte "Szvit" verzichten können, dafür hätte ich gerne mehr "Time Robber"-Songs gehört und gesehen. Wie gesagt, Geschmackssache. Übrigens muss ich hier leider meinem Kollegen Hartmut noch die Illusion zerstören, dass bei "Petróleumlámpa" ein Mundharmonikasolo rein gehauen wurde. Diese Klänge werden nämlich von Zsolt Gömory auf dem Keyboard erzeugt.

Nach gut zwei Stunden hat man sich beide Silberlinge reingezogen. Mit einem Fazit tue ich mich allerdings etwas schwer, denn Plus und Minus halten sich fast die Waage. Nimmt man einfach mal nur die beiden angebotenen Konzerte als Bewertungsmaßstab, so gibt es nicht viel zu meckern. Klasse Sound, das altbekannte Kribbeln und Wohlgefühl stellt sich sofort ein. Vor allem wird hier jeder einzelne Ton wirklich live gespielt, während es ja heute fast schon zum Standard gehört, viele Soundbestandteile von Konserve einzuspielen, weil ansonsten der Studioklang der Titel nicht zu erreichen wäre. Nicht so bei Omega. Hier stellt man lieber zwei Keyboarder auf die Bühne, bietet dem Fan aber dafür trotz der komplexen Klangstrukturen ein echtes Live-Erlebnis. Also hier stimmt alles, man könnte sich zufrieden zurücklehnen. Habe ich auch gemacht, und dennoch stören mich ein paar Dinge gewaltig.

Das Werk wird benannt "Omega 50 years - Greatest performances". Dann erwarte ich aber auch wirklich das, was drauf steht, und nicht nur einen Zusammenschnitt zweier Konzerte von 1990 und 2000. Noch dazu gibt es von jedem Gig nur 60 Minuten zu sehen. Der Titel der DVD ist für mich somit eine Art Mogelpackung. Warum greift man sich nicht einfach aus allen vorliegenden Livemitschnitten eine Auswahl heraus? Zum Beispiel vom 1994er Spektakel im Nepstadion, als die Fans bei strömendem Regen und Gewitter ausharrten und der Musik lauschten? Ich weiß nicht, ob es filmische Dokumente anderer historischer Konzerte von Omega gibt. Zumindest hätte man die DVD dann anders nennen sollen, um beim Fan nicht falsche Erwartungen zu wecken. Ebenfalls sehr schwach finde ich die fehlenden Extras auf der DVD. Da wird eine Rockband 50 Jahre, was ja nun wahrlich fast einzigartig ist auf der Welt. Und dann gibt es nicht mal ein Booklet, geschweige denn irgendwelche Bonusmenüs auf der DVD, die Omega-Geschichte näher beleuchten und die Band würdigen? Sorry, aber das erwarte ich einfach bei einer solchen Ausgabe. Ich musste mir ja sogar eigenhändig im Internet die Informationen zusammensuchen, dass die beiden gezeigten Konzerte von 1990 und 2000 sind! Und schon geht die Verwirrung los, denn online finde ich überall die Angaben, beide Konzerte wären im Budapester Nepstadion aufgezeichnet worden. Die zweite DVD beginnt aber mit der Einblendung: "Debrecen, Fönix Csarnok (Csarnok heißt Halle)". Da hätte ein ordentliches Booklet Gewissheit schaffen können. Auch finde ich schade, dass zwar auf der Innenseite der Hülle die fünf Stamm-Musiker genannt werden, aber mit keinem Wort erwähnt wird, dass ja auch noch Tamás Szekeres und Zsolt Gömöry sowie zwei Backgroundsänger/innen und teilweise ein Orchester dabei waren. Gehören solche Angaben nicht schon allein der Fairness halber mit auf den Klappentext oder ins (nicht vorhandene) Booklet? Wenn ich jetzt ganz kleinlich werden würde, könnte ich noch anmerken, dass man bei den heutigen Kapazitäten von DVDs beide Konzerte auf einen Rohling hätte packen und stattdessen vielleicht die Audio-Ausgabe dazu legen könnte, meinetwegen als sogenannte Premium Edition. Ganz zu schweigen von einigen Bonustiteln, die die DVD gegenüber der CD noch etwas aufwerten. Platz dafür wäre ja noch reichlich gewesen. Wirklich schade, hier wurde vieles verschenkt, was die DVD zu einem wahren Kleinod für den Fan hätte werden lassen können. Oder sieht ein Edelfan galant über solche Dinge hinweg? Das sollte mich wundern.

Ansonsten aber überwiegt die Freude, die Herren Benkö, Molnár, Kóbor, Mihály, Debreczeni, Szekeres und Gömöry von jetzt an jederzeit per DVD in Aktion sehen zu können, was mir in gewissen Momenten deutlich mehr gibt als nur die CD einzulegen.
(Torsten Meyer)

 


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