monrev 20121204 1309199902 Label:
Best-Nr.:   
Datum:
 
Titel:




Rundlauf Musik / Fettton
RLM005
24/08/2007
 
· In The Search Of Dean
· Revolucionarios
· Jericho
· Annabelle
· Zur Sonne
· Zum Mond
· J.Lee Theme 1
· Bridge
· On The Road
· Rebel
· Railway Cowboy
· Off The Road
· J.Lee Theme 2
· Our Love
 
 
Label-Info:  Cowboy, Rockstar, Sozialist: Dean Reed, „der rote Elvis“, ist eine der geheimnisvollsten Ikonen der globalen Popkultur zu Zeiten des Kalten Krieges. Als Freund von Salvador Allende und Yasser Arafat, Frauenschwarm, Friedenskämpfer und Rebell wurde aus dem amerikanischen Sänger ein gefeierter Star des Sozialismus.
Olivier Fröhlich und Jan Weber von Monomango holten ihre Gitarren und Synths aus den Koffern und produzierten REVOLUCIONARIOS, den Soundtrack zum Berlinalefilm, der von scheppernden Gitarren, treibenden und rockenden elektronischen Beats, rohem, direktem und energetischem Sound geprägt ist. Ursprünglich entstand die Musik in der direkten Auseinandersetzung mit den frühen Songs von Dean Reed, dessen Wurzeln im Country, Rock`n`Roll und im lateinamerikanischen Revolutionssong zu finden sind. Im Laufe der engen Zusammenarbeit mit dem Regisseur Leopold Grün entstanden jedoch immer mehr unabhängige instrumentale Kompositionen, die im Film für emotionale Momente sorgen.
Olivier Fröhlich und Jan Weber (aka „Dubnoodles“) arbeiten schon lange als Musiker zusammen (Dekadenz2000). Sie haben sich in ihren verschiedenen Einflüssen, die von Jeff Buckley, Serge Gainsbourg über die frühen Pink Floyd, Radiohead bis Aphex Twin und Funkstörung reichen, aufeinander zu bewegt, was in den 14 Songs eindrucksvoll zu erkennen ist. So gibt es einerseits eigenwillige Neuinterpretationen von Dean Reed Songs zu entdecken, die mit den Originalaufnahmen seiner Stimme arbeiten, andererseits aber auch Raum für großes Kino im musikalischen Sinne. Für REVOLUCIONARIOS wurden die meisten Stücke umarrangiert, um Gesang erweitert und einige Bonussongs hinzugefügt, so dass der Soundtrack auf CD unabhängig vom Film wunderbar funktioniert. Zusammen mit den Texten, die stark von chilenischen Freiheitsliedern geprägt sind, entstand ein abwechslungsreicher, vielschichtiger Soundtrack, der die Revolte wieder hörbar macht. Ab 24.08.2007 im Handel.

Redaktion "Deutsche-Mugge.de":  Normalerweise sind Label-Infos mangels Objektivität stets ein bißchen mit Vorsicht zu genießen - man will schließlich ein Produkt verkaufen. In diesem Fall jedoch unterschreiben wir nicht nur vorbehaltlos den Text der Plattenfirma, sondern sind wild entschlossen, noch ein dickes Ausrufezeichen dahinter zu setzen!
Doch der Reihe nach: Zwei CDs, ein DVD-Package, zwei Bücher und ein Kinofilm innerhalb von wenigen Monaten - 2007 gehört eindeutig Dean Reed, der "rote Elvis" ist präsent wie lange nicht mehr. Warum das nun ausgerechnet in diesem Jahr passiert, wissen wir auch nicht, daß es allerdings längst überfällig war, umso mehr! Krönung der momentanen Veröffentlichungsflut ist unserer Meinung nach der sehr empfehlenswerte Dokumentarfilm "Der rote Elvis" von Leopold Grün, der just in die Kinos gekommen ist. Zu ebenjenem ist Ende August nun auch der Soundtrack erschienen, der einen nicht unwesentlichen Anteil am hohen qualitativen Level des Films für sich in Anspruch nehmen darf.
Spartanisch (ohne Booklet) doch edel (im DigiPak) kommt die CD daher, die für uns schon jetzt DAS musikalische Highlight des Jahres darstellt und in unserem Player auf Dauerrotation eingestellt ist. Dabei ist es gar nicht so leicht zu erklären, was die Faszination des Albums ausmacht (die uns - nebenbei bemerkt - bezüglich aktueller Neuerscheinungen schon längst abhanden gekommen schien). Die musikalische Umsetzung des Themas "Dean Reed" ist einfach wunderbar gelungen, wobei nicht etwa ein typischer Reed-Sound erzeugt wurde. Im Gegenteil: Monomango bedienen sich hauptsächlich bewährter Zutaten des Rock (wobei vor allem frühe Pink Floyd als Referenz zu nennen sind), in die klug und einfühlsam Elemente reedschen Musikverständnisses eingebettet wurden, wo es angebracht war. Das Spektrum reicht von entspannten und heiteren Momenten über psychedelische und ausufernde Collagen bis zu harschen und ruppigen, teils krass übersteuerten Passagen, die sich allesamt zu einer Art Charakterstudie zusammenfügen, die einfach den Nagel auf den Kopf trifft, was nicht zuletzt auch daran liegt, daß teilweise Lieder verwendet und umgeschrieben wurden, die Dean Reed im Verlaufe seiner Karriere gesungen hatte.
Die für uns stärksten Momente der CD kommen immer dann, wenn Vocal-Samples des Protagonisten die Basis eines Songs bilden und dieser quasi drumherum gestrickt ist. An diesen Stellen drückt sich der Respekt am deutlichsten aus, den die Macher ganz zweifellos ihrer Arbeit zugrunde gelegt haben, und der vor 21 Jahren verstorbene Dean Reed erwacht so noch einmal zu neuem Leben, das man fast körperlich spüren kann. Ein größeres Geschenk an die Fans des Sängers, Schauspielers, Regisseurs und Freiheitskämpfers ist wohl kaum vorstellbar...
Wir wiederholen uns in diesem Fall gerne: Film und Soundtrack sind DAS Dean-Reed-Ereignis des Jahres, das wir in der Form und in dieser Qualität niemals für möglich gehalten hätten. Pech für Tom Hanks & Co., die seit langem ein ähnliches Projekt im Visier haben: Zu spät, die Latte liegt bereits unerreichbar hoch! (kf)


Zehn Fragen an Monomango (Jan Weber, Olivier Fröhlich)

Welche Beziehung hattet ihr zur Person Dean Reed im allgemeinen und zu seiner Musik im speziellen, bevor ihr durch das Projekt direkt damit konfrontiert wurdet?

Olivier: Ich komme aus Frankfurt am Main und hatte vor dem Projekt noch nie etwas von ihm gehört.
Jan: Ich kannte Dean Reed nicht wesentlich mehr, obwohl ich aus Ostberlin stamme. Er schwirrte bis vor dem Film als graue, unbestimmte Masse in meinen Erinnerungen herum. Gegenständlich wurde er erst wieder, nachdem ich meine Eltern nach ihm ausgefragt habe und im Internet recherchierte. Wir konnten aber dadurch, dass wir kein festes Bild von ihm hatten, mit einer großen Freiheit an seine Musik herangehen und mit den Elementen arbeiten, die uns inspirierten.

Wie kam es dazu, daß die Musik zum Film "Der rote Elvis" euch übertragen wurde?

Olivier: Ich kenne Leopold (Grün, Regisseur des Films - Anm.d.Verf.) schon seit einigen Jahren, wir haben zusammen studiert. Er mochte unsere Musik, die damals elektronischer als heute war und vor ca. 6 Jahren erzählte er mir von seinem Filmprojekt über den "Ostcowboy", da war aber noch gar nicht klar, dass wir bei dem Projekt musikalisch mitmischen würden. Leopold wollte auf jeden Fall einen eigenen Soundtrack für den Film haben und irgendwie sind wir im Gespräch auf die Idee gekommen, dass es spannend wäre, neue Versionen seiner Songs zu produzieren um eine Brücke zur heutigen Zeit zu schlagen und um zu vermeiden, einen Film zu machen, der hauptsächlich in die Vergangenheit blickt.
Leopold wollte einen aktuellen Film machen, denn viele Themen, die im Film behandelt werden, spielen auch heute noch eine Rolle, sei es der Palästina-Konflikt oder die Frage nach der persönlichen Integrität. In der Person Dean Reed sammeln sich all diese Themen.

Wie seid ihr an die Arbeit herangegangen und wie entwickelte sie sich im weiteren Verlauf?

Jan: Wir bekamen einige Platten von Dean Reed und haben die erst einmal durchgehört und mit den Songs, mit denen wir etwas anfangen konnten, herumexperimentiert. Das war noch ohne Zielrichtung in Bezug auf den Film und gefiel Leopold sofort sehr gut. Er hat unsere "Musikskizzen" auch mit nach Chile und USA genommen, als er dort drehte und als er später im Schnitt saß, bekamen wir vorläufige Szenen, wo er dann schon einige unserer Musikskizzen im Kopf hatte, die wir dann neu auf die Bilder arrangierten. Mit der Zeit merkten wir aber, dass die Stücke, die mit Dean Reeds Stimme arbeiteten, nicht ausreichten und begannen, an eigenen instrumentalen Kompositionen zu arbeiten. Da hat man mehr Freiheit und Möglichkeiten, den Film mit Musik zu strukturieren, mit musikalischen Motiven zu arbeiten etc...
Oft hatten wir etwas fertig arrangiert und gaben das Leopold, da hatten sich die Szenen schon wieder verändert und wir mussten noch mal ran und so ging es immer einige Male hin und her, bis die Szenen schließlich fertig waren. Es war eine sehr enge Zusammenarbeit mit Leopold Grün und Dirk Uhlig, dem Cutter.

War von Anfang an geplant, eine eigenständige Soundtrack-CD zu produzieren? Falls nicht, was führte letztendlich zu der Entscheidung?

Jan: Zunächst nicht, aber als wir dann merkten, dass die Songs genügend Substanz für eine eigene Veröffentlichung auf CD haben, war das auch keine Frage mehr. Wir haben allerdings die Stücke aus dem Film neu arrangiert, "richtige Songs" daraus gemacht, zum Teil auch Gesang oder Instrumente hinzugefügt, die im Film nicht vorkommen. Uns war wichtig, dass die CD auch unabhängig vom Film funktioniert. Auf ihr sind deshalb auch einige zusätzliche Songs, die in der langen Zeit entstanden sind, aber im Film dann doch keine Verwendung fanden.

Welches Ziel habt ihr euch persönlich gesetzt, als ihr die Aufgabe übernommen habt und wie nah seid ihr ihm letztendlich eurer Meinung nach gekommen?

Olivier: Wir wollten natürlich einen emotionalen Soundtrack kreieren. Unser Ziel war einerseits, mit dem Soundtrack dem Film eine ganz eigene Identität zu verleihen und andererseits, seine Struktur zu unterstützen, Themenblöcke zu trennen, den Zuschauer auch einmal heraus zu reißen, ihm die Möglichkeit zu geben, seinen eigenen Gedanken nachzuhängen oder sich zu verlieren. Dem Regisseur war außerdem die Relevanz der Themen für ein heutiges Publikum sehr wichtig und das drückt sich eben auch in der Filmmusik aus. Wir sind mit dem Ergebnis auf jeden Fall sehr zufrieden.

Hat sich euer Verhältnis zu Dean Reed und seiner Musik im Laufe der Arbeiten verändert und wie?

Olivier: Am Anfang wussten wir ja nicht viel, aber im Laufe der Arbeit hat sich unser Bild insofern verändert, dass es vielschichtiger wurde. Als Person finden wir ihn ungeheuer faszinierend. Das Spannende sind ja gerade die Risse in der Biografie. So ist er in Chile wahnsinnig authentisch, da hat man das Gefühl, hier gehört er hin, hier hat er etwas bewirkt und gleichzeitig gibt es dann Spagettiwestern mit Szenen, die aus heutiger Sicht eher skurril anmuten. Und auch musikalisch gibt es aus unserer Sicht bei ihm die authentische und die skurrile, karikaturhafte Seite. Künstlerisch sind wir da also eher zwiegespalten. Als Person hat er aber eine Seite, vor der wir Respekt haben. Er hat ja tatsächlich viel angepackt, ist herumgekommen, hat geschauspielert, gesungen und Regie geführt, sich für seine Ideale eingesetzt. Gleichzeitig hat er etwas von einer tragischen Figur, die irgendwann nicht mehr in die Zeit gepasst hat.

Die Idee, alte Aufnahmen in neue Gewänder zu kleiden, ist so neu nicht. Es ist uns allerdings nie untergekommen, daß Lieder so radikal in andere Stile transferiert werden konnten, ohne den Charakter des Protagonisten dabei zu tangieren, wie das bei "Revolucionarios" der Fall ist. Woran könnte es liegen, daß euch das gelungen ist und lag das in eurer Absicht?

Jan: Wenn Ihr das so seht, freut uns das natürlich, wir haben uns da aber gar nicht so viele Gedanken gemacht, sondern einfach mit den musikalischen Elementen seiner Musik gearbeitet, mit denen wir persönlich etwas anfangen konnten und versucht, damit Musik zu machen, die dem Film dient und die uns entspricht.

Ihr habt für den Soundtrack hauptsächlich sehr alte Reed-Songs verwendet und umgearbeitet. Warum?

Jan: Nachdem wir seine Platten durchgehört hatten, war relativ schnell klar, dass wir vor allem einen Bezug zu seinen frühen Songs haben, deren Wurzeln im Rock`n` Roll, Country und lateinamerikanischen Revolutionssong liegen. Die fanden wir am authentischsten. Die neueren Sachen waren einfach nicht unser Ding. Und Leopold, dem Regisseur ging es ähnlich.

Wir haben uns ein wenig gewundert, daß für den Teil des Films, der sich mit Dean Reeds letztem Projekt ("Bloody Heart") befaßt, sein Song "Wounded Knee in 73" keine Verwendung fand, obwohl sich das doch eigentlich angeboten hätte. War diese Entscheidung eine bewußte und wenn ja, warum?

Olivier: Der Song war sicherlich mal im Gespräch, es gab aber auch immer wieder rechtliche und finanzielle Fragen zu bedenken und aus diesen Gründen hat sich das Team entschieden, sich auf wenige Songs Dean Reeds zu beschränken.

Rückblickend: Wie hat sich eure Beteiligung an dem Gesamtprojekt auf euer Leben und eure Karriere ausgewirkt? Und wie geht es jetzt weiter?

Jan: Es hat uns viel Zeit und Herzblut gekostet, viel Spaß gemacht und war 2 ½ Jahre sehr präsent. Schön ist natürlich, dass die Musik auch auf CD erschienen ist. Selbstverständlich würden wir, sobald das Angebot da ist, uns mit dem nächsten Soundtrack auseinander setzen. Unabhängig davon werden wir bald anfangen, an einem eigenen neuen Album zu arbeiten.

Wir danken herzlich für das Gespräch!

 

Interview: Knechtel Family
Foto: Monomango

   
   
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