defunes 20121204 1053188922 Verlag:
ISBN-Code:   

Eckdaten:

Militzke Leipzig 2007
9 783861 897798

Autor: Oliver & Patrick de Funes
254 Seiten
Sprache: Deutsch
Größe: 24 x 16 x 2,2 cm
broschiert


Auch als limitierte Auflage mit der
DVD "Rabbi Jakob" erhältlich!


Wenn man als Fan auf ein Buch gewartet hat, dann auf dieses hier. Über den französischen Kultschauspieler Louis de Funes, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 25 Mal gejährt hat, gibt es in deutscher Sprache insgesamt drei Bücher. Eines von 1980 aus dem Heyne-Verlag (unvollständig, da es die Karriere des kleinen Franzosen nur bis 1979 beschreibt), ein weiteres aus dem Jahre 2003, bei dem das Preis/Leistungs-Verhältnis extrem weit auseinander klafft (über dieses fehlerhafte und extrem schlecht aufgemachte Buch sollte man am besten nicht viele Worte verlieren), und jetzt dieses: "Der Querkopf - Erinnerungen seiner Söhne". Es ist bereits im vergangenen Herbst erschienen.
Auch wenn man den Eindruck nicht los wird, dass die Welt des Kinos nur aus Hollywood besteht, so weiß der interessierte Film-Fan natürlich, dass dem nicht so ist. Klassiker kommen nicht nur aus der Traumfabrik, sondern auch aus Italien, England, Tschechien und natürlich aus unserem Nachbarland Frankreich. In einer Vielzahl von Straßenfegern hat Louis de Funes die Hauptrolle gespielt. Erinnern wir uns nur an die "Gendarmen"-Filme, die im malerischen St. Tropez entstanden sind. Zwischen 1964 und 1982 hat er in der Rolle des Gendarm Ludovic Cruchot insgesamt sechs Mal vor der Kamera gestanden. Oder denken wir an Filme wie "Der Querkopf", "Rabbi Jakob", "Jo - Hasch mich, ich bin der Mörder" und natürlich "Oscar". Wer möchte bestreiten, dass diese Filme heute zu den Klassikern der Filmgeschichte zählen? Als Darsteller berühmt geworden ist de Funes für seine cholerische Ader, sein Grimassenschneiden und seine stets unkonventionelle Art, Probleme zu lösen. Ein echter Quer- und Hitzkopf. Wer denkt da nicht sofort daran, wie er seine Untergebenen in "Der Gendarm von St. Tropez" schikaniert hat? Er spielte stets Persönlichkeiten... Respektspersonen, vor denen andere kuschen. Denkt man an Louis de Funes, denkt man automatisch an diesen kleinen Wüterich, der leicht die Nerven verlor, dabei aber trotzdem sympathisch war. Doch war er auch im realen Leben so? Keineswegs!
Wer anders als seine Söhne hätten einen tieferen Einblick in das Privatleben de Funes' geben können? Vielleicht noch seine Ehefrau, Jeanne (die hier ebenfalls zu Wort kommt). Oliver und Patrick de Funes haben ihrem Vater ein Denkmal in Buchform gesetzt. Es zeigt den privaten Louis de Funes, den liebevollen Ehemann, den treusorgenden Vater und Großvater, den netten Nachbarn und Freund des kleinen Mannes. Ohne schwülstig oder gar schmierig zu wirken, zeichnet es das Leben eines Mannes auf, der gar nicht so hitzig war, wie er sich auf der Leinwand immer gezeigt hat. Seine Söhne beschreiben ihn als "Faxenmacher" hinter den Kulissen des Sets, wie er mit kleinen Sketchen und Imitationen seine Schauspielkollegen in den Drehpausen zum Lachen gebracht, und somit das Arbeitsklima stets auf einer angenehmen Temperatur gehalten hat. Es zeigt ihn als überzeugten Kleingärtner und Umweltschützer (sein Garten war sein Rückzugsgebiet und Entspannung nach großen Drehs), als freundlichen Gastgeber und Kumpel. Es zeigt ihn aber auch als Menschen, der lieber zurückgezogen lebte, fast schon menschenscheu. Er mochte keine Menschenmassen, weil er Angst hatte, dass der Grat zwischen Sympathie und Veralbern nur sehr schmal sein könnte: Was wäre, wenn ihn plötzlich einer erkennt, alle auf ihn zustürmen und ihn nicht als Menschen, sondern als den Clown sehen, der ihnen gefälligst irgendwelche Faxen vorzumachen hat? Er wollte, dass die Leute seine Kunst auf der Leinwand, ihn privat aber nicht als die gespielte Figur sehen. Das Buch räumt auch mit Gerüchten auf, die von Kollegen und der Boulevard-Presse in die Welt gesetzt worden sind. So ist zu Lebezeiten de Funes' immer geschrieben worden, er sei auch am Filmset ein Tyrann. Die Gebrüder de Funes zeigen anhand vieler Beispiele auf, dass Perfektionismus nicht gleich Tyrannei ist. Er wurde für seine Auffassung von Arbeit und Professionalität von vielen seiner Kollegen geschätzt, teilweise rissen sie sich sogar darum, mit ihm vor der Kamera stehen zu dürfen.
"Der Querkopf - Erinnerungen seiner Söhne" ist kein Buch, das auf Effekthascherei aus ist. So ist ein Abschnitt über seinen Tod komplett ausgelassen worden. Es berichtet nur bis kurz vor seinem Ende, läßt ihn als Menschen so in Erinnerung bleiben, wie viele ihn noch in Erinnerung haben. Keine Sensationslust befriedigenden Ausführungen über den Sterbetag, über das wie und warum. Einzig ein Abschnitt über seine ersten beiden Herzinfarkte ist in dem Buch enthalten. Es zeigt auf, wie er sich nicht hat hängen lassen, wie er wieder aufgestanden ist um seinen Weg weiter zu gehen. Es gibt Mut für andere, die vielleicht das gleiche Schicksal erlitten haben. Auch hier wird nicht dramatisiert, nicht aufgebauscht... es wird sogar mit einem Augenzwinkern sein Aufenthalt in der Klinik beschrieben, wie er mit anderen Patienten Erfahrungsaustausch betrieb, sich mit ihnen in Gespräche über den Alltag begab und wie er nach seiner Entlassung an seiner Rückkehr vor die Kamera arbeitete. Louis de Funes war ein Weltstar. Seine Filme kannten keine Grenzen, sein Humor ebenso wenig. Er war hier wie nebenan ein Liebling der Massen. Sein letzter Film ist 26 Jahre her, und vergessen ist er bis heute nicht. Zurecht! Ich kann das hier beschriebene Buch nur jedem empfehlen, der sich gerne die Filme von ihm angeschaut, und ihn als Darsteller gern gehabt hat. Es ist wunderbar geschrieben, wird an keiner Stelle langweilig und man kann nicht aufhören, es zu lesen (es wurde manchmal wirklich 3:00 Uhr morgens, als ich das Buch zur seite legen MUSSTE). Wenn man die letzte Seite gelesen hat, überkommt einen automatisch eine Traurigkeit. Nicht nur, weil es schon zu Ende ist, sondern weil die Ära Louis de Funes schon seit einem Vierteljahrhundert zu Ende ist, und wir den kleinen, sympathischen Choleriker nur noch im TV oder auf DVD zurück in unsere Welt holen können. Neues wird es nicht mehr geben, was bei der Klasse eines Louis de Funes wirklich mehr als schade ist.
(Christian Reder)

 


   
   
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