stoppok2008 20130107 1434259132 Label:
Datum VÖ:
Best.-Nr.:  

Titel:

Grundsound / Indigo 2008
Februar 2008
90685-2

DEN ANDEREN WEG
NA GUT (Oh well)
NUR EIN HERZ
DIE KÖNIGIN
MAN WILL JA NUR
ICH WARTETE
DR. PILLEMANN
LAZARETT
OFFLINE
MIT DIR UND MIR
GOLDENER KÄFIG
WILLI MOLL IN AFRIKA
OH SCHATZ
COOL DURCH ZUFALL


Info der Plattenfirma:
Keine Preisabsprachen! Kein Billigstrom! Keine Energiekrise! Stefan Stoppok liefert „Sensationsstrom“. Der fließt grün und groovig aus dem Hirn ins Herz und wieder zurück. Weniger reißend als hinreißend, also mit allen Anzeichen von Leidenschaft. Reichlich und rockig, als perfekter Kreislauf eines Rockpoeten aus dem verschütteten Land der Querdenker und Direktdichter, der auf der Bühne gereift ist und mit diesem Album erneut seine Unverwechselbarkeit und Unabhängigkeit triumphieren lässt. Seinen mit Ironie gefütterten Überlebenswitz sowieso. Wann hörte sich der Ruhrpott schon mal an, als sei er – musikalisch gesehen – der 51. US-Bundesstaat, als stammten die umgefärbten Blutsbrüder des Blues und Rock aus einem deutschen Vorort? Eben!
Manche gehen ins Kloster, um zum Persönlichkeitskern vorzustoßen. Bei Stefan Stoppok, dem fingerflinken Gitarristen mit der frechen Lippe, waren es wohl vor einigen Jahren endgültig die Erfahrungen seiner Solo-Ausflüge, die bei ihm den Erkenntnisschalter umlegten und ihn Stück für Stück näher an künstlerische Freiheiten ohne Netz und doppelten Boden brachte. Und ihn gleichzeitig entfernte von den Korsettstangen einer „normalen“ Rock-Band, die „nicht wirklich reagieren konnte“ auf spontane Launen auf der Bühne. Heute schätzt er „Energie, die sich laut aber auch leise vermittelt, parteilos und unabhängig“. Eine Erkenntnis, die er in famosen Duo-Konzerten mit Langzeit-Partner und Groß-Bassist Reggie Worthy ebenso ausloten konnte wie in den herrlichen „Artgenossen“-Abenteuern, wo sich Speed-Folk, Post-Polka und Kammer-Rock als reizende Großfamilie umarmten.
„Sensationsstrom“ ist das Trafowerk dieser Erfahrungen. Pendelt vom Folk-gestützten „Solo“-Album eines sattelfesten Gitarristen und den zuletzt veröffentlichten „Hits“ als Ruhrpott-Rückschau nun wieder hinein in die Urzelle des Rock’n’Roll, in minimaler Besetzung, als Ausgangsbasis mit allen Freiräumen. Ähnlich wie beim australischen John Butler Trio ist es eine Begegnung mit Rock der dritten Art. Mit Mitspielern, die abheben: der schon erwähnte Parade-Bassist Reggie Worthy, der verblüffenden Neuentdeckung am Schlagzeug, Benny Greb und Mittexter und Keyboarder Danny Dziuk – ebenfalls nicht erst seit gestern dabei – gelingt es diesmal mehr denn je, Stoppoks Soloqualitäten auf die Großleinwand zu werfen.
Vereint in der lässigen Lust auf Groove, Stromgitarre und Dynamik wurde das Gold früherer Rock-Tradition so spielerisch aufpoliert, dass man selbst bei der Coverversion des „Fleetwood Mac“-Hits „Oh Well“ staunt über solche Gegenwärtigkeit jenseits angeschmockter Erinnerung. „Ich hätte diese Platte“, räumt ihr Macher ein, „nicht so entspannt vor vier Jahren machen können.“ Stoppok bleibt sich treu und erfindet sich neu.
Mit den Fingern in der Steckdose (oder waren es die Wunden und Wunder dieser Zeit?) hört man besser. So sind diese 14 Lieder eine erhellende Energiespende in lausigen Zeiten. Die Welt ist krank. Stoppok singt sie uns gesund. Naja, reicht zumindest Wunderpillen (und beweist in „Dr. Pillemann“, dass man auch ein Wortungetüm wie „Supersonderhilfsprogramm“ geschmeidig einblenden kann) und fordert auf: „Komm ins Lazarett“. Letztendlich komme es in Zeiten, wo jeder sich selbst der Fernste ist, nur auf zwei Dinge an: „Liebe und Selberdenken“. Man weiß: Unterhaltung kommt bei ihm immer von Haltung.
Also lässt der offene Mundwerker Gesinnungsgenossen an der Hammelherde der Abstumpfungslieferanten vorbeiziehen („Den anderen Weg“ ist programmatischer Auftakt mit schwingender Gitarren-Atmosphäre), watscht höhnend die „Königin der hohlen Sprüche“ ab, um im nächsten Song mit raunzender Katerstimme zur Herzdruckmassage zu greifen. „Fass dir ein Herz“ appelliert er dann, und höre: Es kitschelt nix, weil er gefühlvoll nicht mit gefühlig verwechselt. „Jemand, der fühlt“, sagt er und schließt sich ein, könnte heute leicht einsam werden. Ist die Touristen-Häme „Willi Moll in Afrika“ dann am Ende ein Beweis für eine zunehmend drastischere Grundhaltung? Nöö, lächelt Stoppok entspannt, denn das sei ein „uraltes Lied, das immer noch aktuell ist“. Mit Bernie Conrads für dessen „Autobahnband“ bereits schon mal vor ´zig Jahren aufgenommen. Auch damals schon habe man an den Untergang der Zivilisation geglaubt, aber es sei wohl eher so, „wie man sich die Hölle vorstellt: Es hört einfach nicht auf.“
Seinen Glauben an bessere Zeiten, den aufrechten Gang und die heilende Kraft der Ironie, an das Flapsige, Wahre, Gute, lässt er sich aber nicht nehmen. Stoppok bleibt eben hoffnungsloser Romantiker. Und die Hoffnung stirbt bekanntlich auch schon ziemlich lange zuletzt. Was bei diesem Hoffnungsträger wirklich kein Schaden wäre.
(Andreas Radlmaier)

 


   
   
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